Raphael Gross

Raphael Gross (* 25. Dezember 1966 in Zürich) ist ein Schweizer Historiker und Präsident des Deutschen Historischen Museums.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Raphael Gross studierte von 1986 bis 1990 Geschichte, Philosophie und Literatur in Zürich, Berlin, Bielefeld und Cambridge. Danach war er Research Fellow am Franz-Rosenzweig-Institut der Hebräischen Universität Jerusalem und Stipendiat am Hamburger Institut für Sozialforschung. Im Jahr 1995 wurde er Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für Vergleichende Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Er wurde im Mai 1997 an der Universität Essen mit der Arbeit Carl Schmitt und die Juden. Strukturen einer deutschen Rechtslehre promoviert. Von 1997 bis 2001 war er wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der Ruhr-Universität Bochum. Von 2001 bis 2006 war er an der University of Sussex tätig, zuletzt als Reader in Geschichte sowie als Leiter des dortigen Zentrums für deutsch-jüdische Studien. Gross war von 2008 bis 2015 Honorarprofessor am Historischen Seminar der Universität Frankfurt. Bis 2015 war er Direktor des Leo Baeck Instituts in London (seit 2001), von 2006 bis Ende 2015 Direktor des Jüdischen Museums Frankfurt am Main, wo er unter anderem für die Ausstellungen Juden. Geld. Eine Vorstellung, Fritz Bauer – Der Staatsanwalt, 1938. Kunst, Künstler, Politik, Raub und Restitution und Ignatz Bubis. Ein jüdisches Leben in Deutschland verantwortlich zeichnete. Von 2007 bis 2015 war er auch Direktor des Fritz Bauer Instituts in Frankfurt am Main.[1] Ebenfalls bis 2015 war er zudem Mitherausgeber des Leo Baeck Institute Yearbook und Reader im Fachbereich Geschichte an der Queen Mary, University of London. Von 2015 bis 2017 leitete er das Dubnow-Institut (seit 2018: Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow) in Leipzig und war Professor an der dortigen Universität als Inhaber des Lehrstuhls für Jüdische Geschichte und Kultur.[2] Er war bis 2017 Herausgeber des Jahrbuchs des Simon-Dubnow-Instituts.[3]

Hervorgetreten ist Gross auch mit Publikationen zur deutsch-jüdischen Geschichte und zum Holocaust.

Am 24. November 2016 wurde Raphael Gross zum Präsidenten der Stiftung Deutsches Historisches Museum berufen und übernahm das Amt am 15. April 2017.[4]

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels berief Raphael Gross am 30. Januar 2020 in den Stiftungsrat des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels.[5]

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monografien

  • November 1938. Die Katastrophe vor der Katastrophe. C.H. Beck, München 2013, ISBN 978-3-406-65470-1.
  • Anständig geblieben. Nationalsozialistische Moral (= Schriftenreihe des Fritz-Bauer-Instituts, Frankfurt am Main, Studien- und Dokumentationszentrum zur Geschichte und Wirkung des Holocaust. Bd. 26). S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-10-028713-7 (Eine Rezensionsübersicht bei perlentaucher.de).
  • Carl Schmitt und die Juden. Eine deutsche Rechtslehre. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-518-58285-2 (Zugleich: Essen, Universität, Dissertation, 1997).

Herausgeberschaften

  • zusammen mit Lars Bang Larsen, Dorlis Blume, Alexia Pooth, Julia Voss und Dorothee Wierling: documenta. Politik und Kunst. Prestel, München, London, New York 2021, ISBN 978-3-7913-7920-3.
  • zusammen mit Wolfgang Brauneis: Die Liste der „Gottbegnadeten“. Künstler des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik. Prestel. München. London. New York 2021, ISBN 978-3-7913-7922-7.
  • zusammen mit Melanie Lyon und Harald Welzer: Von Luther zu Twitter. Medien und politische Öffentlichkeit. S. Fischer, Frankfurt am Main 2020, ISBN 978-3-10-397030-2.
  • zusammen mit Dorlis Blume, Monika Boll: Hannah Arendt und das 20. Jahrhundert. Piper, München 2020, ISBN 978-3-492-07035-5.
  • zusammen mit D. Blankenstein, B. Savoy und A. Scriba: Wilhelm und Alexander von Humboldt. Katalog, Darmstadt 2019, wbg Theiss, ISBN 978-3-8062-4046-7.
  • zusammen mit Felix Semmelroth: Erinnerungsstätte an der Frankfurter Großmarkthalle. Die Deportation der Juden 1941–1945. Prestel, München, London, New York 2016, ISBN 978-3-7913-5531-3.
  • zusammen mit Fritz Backhaus, Sabine Kößling, Mirjam Wenzel: Die Frankfurter Judengasse. Katalog zur Dauerausstellung des Jüdischen Museums Frankfurt. C.H. Beck, München 2016, ISBN 978-3-406-68987-1.
  • zusammen mit Werner Renz: Der Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963–1965). Kommentierte Quellenedition. Mit Abhandlungen von Sybille Steinbacher und Devin O. Pendas, Campus, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-593-39960-7.
  • zusammen mit Monika Boll: „Ich staune, dass Sie in dieser Luft atmen können“. Jüdische Intellektuelle in Deutschland nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2013.
  • zusammen mit Fritz Backhaus und Dmitrij Belkin: Bild Dir dein Volk! Axel Springer und die Juden. Wallstein, Göttingen 2012.
  • zusammen mit Fritz Backhaus und Dmitrij Belkin: Ausgerechnet Deutschland! Jüdisch-russische Einwanderung in die Bundesrepublik. Nicolai, Berlin 2010.
  • zusammen mit Werner Konitzer: Moralität des Bösen. Ethik und nationalsozialistische Verbrechen (= Jahrbuch 2009 zur Geschichte und Wirkung des Holocaust). Herausgegeben im Auftrag des Fritz-Bauer-Instituts. Campus, Frankfurt am Main u. a. 2009, ISBN 978-3-593-39021-5.
  • zusammen mit Monika Boll: Die Frankfurter Schule und Frankfurt. Eine Rückkehr nach Deutschland. Wallstein, Göttingen 2009, ISBN 978-3-8353-0566-3.
  • als Hrsg.: Geschichte, Geschichten: zum 20-Jahres-Jubiläum des Jüdischen Museums Frankfurt. Sozietäts Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-7973-1145-0.
  • zusammen mit Ben Barkow und Michael Lenarz: Novemberpogrom 1938. Die Augenzeugenberichte der Wiener Library, London. Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-633-54233-8.
  • zusammen mit Fritz Backhaus und Michael Lenarz: Ignatz Bubis. Ein jüdisches Leben in Deutschland. Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-633-54224-6.
  • zusammen mit Yfaat Weiss: Jüdische Geschichte als Allgemeine Geschichte. Festschrift für Dan Diner zum 60. Geburtstag. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2006, ISBN 3-525-36288-9.
  • zusammen mit Eva Lezzi und Marc Richter: „Eine Welt, die ihre Wirklichkeit verloren hatte...“. Jüdische Überlebende des Holocaust in der Schweiz. Limmat, Zürich 1999.
  • Autoren: Deborah Schultz und Erik Riedel: Erinnerung – Bild – Wort. Arnold Daghani und Charlotte Salomon. Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung im Jüdischen Museum in Frankfurt am Main 2012.
  • zusammen mit Moritz Epple, Johannes Fried und Janus Gudian: „Politisierung der Wissenschaft.“ Jüdische Wissenschaftler und ihrer Gegner an der Universität Frankfurt am Main vor und nach 1933. Wallstein, Göttingen 2016, ISBN 978-3-8353-1438-2.

Ausstellungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am Deutschen Historischen Museum

  • 2022: Richard Wagner und das deutsche Gefühl
  • 2022: Karl Marx und der Kapitalismus
  • 2021: Die Liste der Gottbegnadeten. Künstler des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik
  • 2021: Documenta. Politik und Kunst
  • 2020: Von Luther zu Twitter. Medien und politische Öffentlichkeit
  • 2020: Hannah Arendt und das 20. Jahrhundert
  • 2019: Wilhelm und Alexander von Humboldt
  • 2019: Weimar: Vom Wesen und Wert der Demokratie
  • 2018: Europa und das Meer
  • 2018: Sparen – Geschichte einer Deutschen Tugend

Am Jüdischen Museum Frankfurt am Main

  • 2014: Fritz Bauer – Der Staatsanwalt
  • 2013: 1938. Kunst, Künstler, Politik, Raub und Restitution
  • 2013: Juden. Geld. Eine Vorstellung
  • 2010: Else Lasker-Schüler. Die Bilder
  • 2010: Die Frankfurter Schule und Frankfurt. Eine Rückkehr nach Deutschland
  • 2007: Ignatz Bubis. Ein jüdisches Leben in Deutschland

Preise und Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2012: Robert Goldmann Stipendium der Stadt Reinheim für das Fritz Bauer Institut
  • 2013: Ignatz-Bubis-Preis für das Fritz Bauer Institut
  • 2013: Buber-Rosenzweig-Medaille für das Fritz Bauer Institut zusammen mit Mirjam Pressier
  • 2013: Wilhelm-Leuschner-Medaille[6]
  • 2016: Museumspreis der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen für die neue Dauerausstellung des Museums Judengasse in Frankfurt am Main
  • 2018: Moses Mendelssohn Award des Leo Baeck Institute New York[7]

Mitgliedschaften und Beiratstätigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aktuelles Forschungsprojekt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Tagebücher von Anne Frank (Kritische Edition), die in Großbritannien bei Cambridge University Press erscheinen wird.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Florian Leclerc: Raphael Gross verlässt Frankfurt, in: Frankfurter Rundschau, 28. März 2015, S. D8 (auch online verfügbar)
  2. Geschichte - Dubnow-Institut. Abgerufen am 10. Juli 2021.
  3. Jahrbuch des Dubnow-Instituts. Abgerufen am 7. August 2018 (englisch).
  4. Deutsches Historisches Museum: Historiker Raphael Gross zum neuen Präsidenten berufen (Abgerufen am 24. November 2016)
  5. Friedenspreis des Deutschen Buchhandels: Raphael Gross und Moritz Helmstaedter vervollständigen Stiftungsrat. 30. Januar 2020, abgerufen am 7. Mai 2020 (deutsch).
  6. Ministerpräsident Volker Bouffier verleiht Wilhelm Leuschner-Medaille (Memento vom 11. November 2013 im Internet Archive)
  7. Moses Mendelssohn Award for Raphael Gross after Lecture on Anne Frank. Abgerufen am 28. Mai 2020 (amerikanisches Englisch).
  8. Friedenspreis des Deutschen Buchhandels: Raphael Gross un... Abgerufen am 28. Mai 2020 (deutsch).
  9. Beratende Kommission. In: www.beratende-kommission.de. Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz, 2021, abgerufen am 14. Januar 2022.