

Als vor einigen Monaten im Österreichischen Nationalrat die Krise der Hochschulen zur Debatte stand, wurden die Namen Joseph Schumpeter und Friedrich A. Hayek als Beispiele für den hohen Ruf der österreichischen Wissenschaft hervorgehoben. Von Seiten der äußersten Linken kam der Einwurf, daß beide (...)

Akademikerfabrik für die Stagnation
Nach einer 20jährigen Periode des allgemeinen Desinteresses an der Qualität des österreichischen Bildungssystems, die den für die Bedürfnisse der Nachkriegskonjunkturen ausreichenden Stand der durchschnittlichen Berufsqualifikationen reflektierte, setzte 1965 die Reformdiskussion ein. Unmittelbar (...)

Hager, fast ausgemergelt, braungebrannt und impulsiv macht Ivan Illich alles nur nicht den Eindruck eines katholischen Geistlichen. Der Sohn eines kroatischen Katholiken und einer spanischen Jüdin, der seit zehn Jahren das „Centro Intercultural de Documentacion“ (CIDOC) in Cuernavaca, 70 km von (...)

Von 1919 bis 1930 gab es in Wien einen antisemitischen Geheimbund, der Juden, d.h. also liberale Intellektuelle, aus Öffentlichen Stellungen drängte und CV-er wie schlagende Burschenschafter auf freiwerdende Positionen hievte. Dieser Verein hieß „Deutsche Gemeinschaft“ und war ein Aftermieter des (...)

An der philosophischen Fakultät der Wiener Universität sollte 1970 ein Lehrstuhl für Soziologie besetzt werden, ebenso wie an der juridischen ein dritter; die beiden bestehenden sind durch Prof. Rosenmayr und Prof. Reichhardt okkupiert, beide Anhänger einer empirischen Soziologie, der kritische (...)

Mit der Außerdienststellung der acht Belgrader Professoren im Jänner 1975 hat die Verfolgung des Praxis-Kreises einen neuen Höhepunkt erreicht — wenn auch, wie man befürchten muß, keinen Endpunkt. Das NEUE FORVM war seit jeher mit der Praxis verbunden: die Professoren Rudi Supek/Zagreb und Mihailo (...)

Die Geschichte der Ersten Republik ist schlimmer, als man in der Schule lernt. Die peinlichen Episoden werden verdrängt. Mit Psychoanalyse und Neopositivismus entwickelten sich in dem 1918 klein gewordenen Österreich später weltumspannend gewordene Geistesrichtungen. Ihre Liquidierung geschah (...)

Die Professoren trafen sich in aller Heimlichkeit. Der spätere Unterrichtsminister und letzte Obmann der Christlichsozialen Partei, Emmerich Czermak, führte das Protokoll. Man diskutierte, wie der Kollege von der juridischen Fakultät, der Strafrechtler Stephan Brassloff, „auf immer“ von der Wiener (...)

Drei- oder vierhundert österreichische Hochschullehrer und Studenten veranstalteten eine Unterschriftensammlung für türkische Hochschullehrer und Studenten — was Botschafter Erdem Erner als Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Türkei zurückwies: eine authentische Interpretation der (...)

In »Heidegger im Kontext«‚ Argument-Sonderband 205, veröffentlichte G.L. Kurzbiographien der Philosophen im Deutschen Reich in den Grenzen von 1937; hier ergänzt er diejenigen auf dem Gebiet des heutigen Österreich, die Bearbeitung der übrigen besetzten Gebiete erhoffen wir noch. Wieder in: Michael (...)

Ein Handbuch über die »Österreichische Literatur im Nationalsozialismus« ist im Entstehen, auf der Basis von Archivmaterial, das die Forschungsgruppe des Grazer Germanisten Uwe Baur bisher nicht frei zugänglich machen will oder darf. Derfens des? oder derfens des nicht derfen? Eine Frage der (...)

Konrad Lorenz und die Ethologie
I. Vorwort Über die Zeit des Nationalsozialismus gibt es zu verschiedensten Themenbereichen massenhaft Literatur. Nicht wirklich fündig werden die Suchenden unter dem Schlagwort „Wissenschaftsgeschichte des 3. Reiches“ sowie deren Randbereiche, etwa „Hochschulen im NS“ oder „Wissenschaftspolitik (...)

Im Morgengrauen des 6. Februar 2000, der 292. Tag des Streiks der StudentInnen der Öffentlichen Universität Mexikos (UNAM - Universidad Nacional Autónoma de México), saßen 998 StudentInnen im Gefängnis. Die Militärpolizei (Policía Federal Preventiva) hatte mit Einverständnis des Rektors de la Fuente (...)

„Por una educación popular y gratuita!“
Mexico, das Land, das ab Dezember 2000 vom früheren Coca Cola-Manager Vicente Fox regiert werden wird, der dem politischen System mit dem Wahlsieg seiner rechtspopulistischen Partei der Nationalen Aktion (PAN) einen bilderbuchmäßigen Demokratisierungsschub bescherte, war in den vergangenen Jahren (...)

Bildungspolitik heute heißt offiziell dafür Sorge zu tragen, daß dem nationalen Standort genügend Eliten entspringen, die ihrerseits wiederum dafür Sorge tragen, daß der Standort selbst in Zukunft attraktiv bleibt. Studierende sind diesem nationalen Konsens mehr oder weniger ausgeliefert oder (...)

Bildung der Elite
Lehrende und Lernende mischen sich in die laufende Universitäts-Reform ein — leider zumeist falsch. Lehrende und Lernende beklagen Studiengebühren, Mittelkürzungen, Reglementierungen, Studienzeitverkürzungen, vermehrten Prüfungsdruck, usw. Und immer wieder begründen sie ihre Kritik nicht nur mit den (...)

Zur gleichnamigen Broschüre über Rechtsextremismus, Rassismus undAntisemitismus an der Universität, die von Context XXI in Zusammenarbeit mit dem Republikanischen Club, LICRA, der ÖH und Mitarbeitern des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes herausgebracht wurde. Am 5. März (...)

Zur Rechtfertigung von Studiengebühren hat der Indikator „Kosten je StudentIn“ Hochkonjunktur. Die Schwächen der Indikatorenbildung und der Interpretation sind nebensächlich — ob nun mehr oder weniger: die eigentlichen politischen Fragen werden verdrängt. „Bei uns studiert man am längsten — (...)

Praxis, die: Tätigkeit, Ausübung, Erfahrung
Ein Versuch, die übliche Perspektive universtärer Bildungstheorien durch etwas zu ergänzen, was meist völlig ausgeblendet ist: die konkrete Anschauung dessen, was StudentInnen tun, wenn sie studieren. Die folgenden Gedanken zu einer Beschreibung studentischer Praxis entstanden aus der Motivation (...)

Seit Jahrzehnten ist die Österreichische HochschülerInnenschaft ein wichtiger Bezugspunkt politischer Aktivität an den Universitäten. Mit dem geplanten strukturellen Umbau der Universitäten geht auch ein radikaler Bedeutungsverlust der ÖH einher. Ein paar Gedanken zur Zukunft studentischer (...)

Die heutige Universität ist eine Institution mit der unerklärten, aber deshalb nicht weniger verbindlichen Aufgabe, Reflexion zu verhindern. Das ist die Zuspitzung, die der traditionelle Auftrag der Universität, Erkenntnis zu verhindern, mittlerweile erfahren hat. Die traditionelle Universität (...)

Wie soll das Zusammengehen: hier der Hort von Aufklärung, dort organisierte Unmündigkeit, hier Wissenschaft, dort Ideologie? Die Selbstwahrnehmung von Universitätsangehörigen steht nicht selten einer Sensibilisierung gegenüber Rechtsextremismus im Wege. Historische Phänomene wie Demokratisierung, (...)

Die im folgenden vorgestellte Untersuchung wurde 1996 abgeschlossen. Die Ergebnisse könnten deswegen veraltet erscheinen. Doch handelt es sich um breit erhobene Daten, die auf grundlegende Muster der Meinungsmilieus unter Studierenden hinweisen. Insbesondere neuere, allerdings nicht so intensive (...)

Die französische Universität zwischen Vichy-Tabuisierung, Shoah-Verleugnung und Neuer Rechter. Alexander Emanuely: Sie sind als Flüchtlingskind nach Frankreich gekommen und haben als U-Boot überlebt. Sie waren also schon sehr früh auf lebensgefährliche Art und Weise mit dem Rassismus und (...)

„Despertá pueblo hijo de la gran puta!“*
Die Ursprünge von Rassismus in Lateinamerika Die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Rassismus in Guatemala sind Teil einer Ideologie, die in ganz Lateinamerika im Zuge des europäischen Kolonisierungsprozesses (Ende des fünfzehnten bis zum ersten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts) (...)

Als ich die Grenze nach Österreich überquert habe, hatte ich ein Ziel: Studieren, und als Diplom-Ingenieur in mein Heimatland zurückkehren. Immerhin haben es vor mir ein Onkel und eine Tante geschafft und vor kurzem ihr Studium im Ausland absolviert. 5 Jahre im Ausland — das schafft für mich eine (...)

Dieser Text wurde 1999 geschrieben. Er bezieht sich lediglich auf eine Form des — strukturell rassistischen — Ausschlusses und der massiven Benachteilung von ausländischen Studierenden. Aufgrund der Entwicklungen mit Einführung der Studiengebühren und das heißt, der doppelten Studiengebühren für (...)

1. Ich entsinne mich noch gut einer kleinen Episode, die sich anlässlich einer Audimax-Besetzung an der Universität Wien im Oktober 1995 zutrug. Es handelte sich damals um einen eintägigen „Warnstreik“, ausgerufen von der ersten linken ÖH-Exekutive der Geschichte, um einen bundesweiten Aktionstag, (...)

Siegfrieds Nase
Statement anläßlich einer Podiumsdiskussion mit Bele Marx & Gilles Mussard, Rainer Fuchs, Herbert Posch, Gerhard Scheit, Katharina Wegan; Moderation: Florian Ruttner; 18.10.2006 im Hörsaal 33 der Universität Wien. Die sich über mehrere Dekaden hinziehende Kontroverse um das Gefallenendenkmal (...)

Dieser Tage zeigt sich einmal mehr das „Elend im Studentenmilieu“, gegen das schon die Situationistische Internationale zu einer Zeit polemisiert hat, als eine andere Welt greifbar schien, nämlich kurz vor der 68er-Bewegung. Damals wie heute trifft ihre Analyse, die das Dilemma der (...)

Zerschlagt die Universität
1. Die Universität kann nicht funktionieren, also muss man verhindern, dass sie funktioniert, damit diese Funktionsunfähigkeit ans Tageslicht kommt. Keine irgendwie geartete Reform kann diese Institution lebensfähig machen; also muss man die Reformen bekämpfen, sowohl hinsichtlich ihrer (...)

Zerschlagt die Hochschülerschaft, wählt VSSTÖ
Wir dokumentieren ein Flugblatt des Verbandes sozialistischer StudentInnen, ca. aus dem Jahre 1970, in dem sowohl auf Gorz Bezug genommen als auch die Rolle der Wissensproduktion im Rahmen der gesamtgesellschaftlichen Arbeitsteilung ins Visier genommen wird. Interessant der offensichtlich vom (...)

Dragomir Olujić zählte zur Kerngruppe der Protagonisten der jugoslawischen Studentenbewegung. Er wurde 1948 in der Vojvodina geboren. Olujić begann 1967 in Belgrad Politische Wissenschaften zu studieren. Nach den Protesten im Juni 1968 engagierte er sich in der studentischen Neuen Linken und wurde (...)

Postnazistische Anstalt
In memoriam Paul Stefanek I Das Institut für Theaterwissenschaft in Wien, wie ich es Ende der siebziger Jahre kennenlernte, erfüllte nicht nur allgemein die Kriterien einer postnazistischen Anstalt. Der familiäre Charakter, der hier den Ton angab; die unabwendbare Nähe und Vertrautheit im Umgang, (...)

Der Siegfriedskopf im Arkadenhof
Im Sommer 2006, ohne dass die Feierlichkeit an die große Glocke gehängt worden wäre (wohl aus Angst vor Auseinandersetzungen, wie noch zu erläutern sein wird), wurde ein Symbol des Rechtsextremismus an der Universität Wien, der Siegfriedskopf, aus der Aula in den neugestalteten Arkadenhof verlegt (...)

Wegen der ungenügenden Kapazität der Universitätsräumlichkeiten ereignen sich schon zu Beginn der 1960er Proteste (bis hin zu Krawallen). Sind diese noch von den rechten Organisationen getragen, so ändert sich das Bild in der zweiten Hälfte der 1960er. Neben der allgemein gesellschaftspolitischen und (...)

Do you remember Wissensfabrik?
12 Thesen und ein unausgewiesenes Zitat zur Universität in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung des postfordistischen Kapitalismus und deren Überwindung* Im Folgenden soll thesenartig der Stellenwert der gesellschaftlichen Arbeitsteilung für die Aufrechterhaltung aber auch für die Überwindung (...)

In den vergangenen Jahren wurden an den verschiedenen Universitäten zahlreiche Reformen umgesetzt, die auf eine grundlegende Umgestaltung der Universität zielen. Diese waren zwar von Protesten begleitet, die aber keine länger anhaltende Dynamik entfalteten. Im Herbst 2009 wurde von Studierenden (...)

Kommuniqué aus einer ausbleibenden Zukunft
Der hier vorliegende Text wurde im Zuge der Besetzung eines Teils der Universität von Santa Cruz vor einigen Wochen von dem Kollektiv research & destroy verfasst und Anfang Oktober 2009 online publiziert. Eine darauf einsetzende Diskussion des Kommuniqués kann auf der Website von AK Press (...)

Die soziale, ökologische und wirtschaftliche Krise der gegenwärtigen Gesellschaft macht „business as usual“ zu einer Drohung. Arbeitslosigkeit und Armut werden zunehmen, der Klimawandel ist kaum mehr zu bremsen, die Wachstumswirtschaft stößt an ihre Grenzen. Die Universität hat diese Entwicklungen (...)

Elitenbildung und Hochschulen im chinesischen Sozialismus
Rezensionsessay Joel Andreas: Rise of the Red Engineers: The Cultural Revolution and the Origins of China’s New Class, Stanford University Press 2009, 28 Euro Die Studierendenproteste in Österreich und Deutschland im Herbst 2009 haben die Fragen aufgeworfen, was der Sinn und Zweck von (...)

Münster: Westfälisches Dampfboot, 2010, 264 Seiten, Euro 24,90 Die Kritik der unternehmerischen Hochschule Spätestens seit den Studierendenprotesten in Österreich 2010 werden die Reformen des Hochschulsystems in einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen und diskutiert. Clemens Knobloch hat mit (...)

Hinter den Masken des Akademischen
Eine kurze „Typisierung“ der Akteure an deutschen Universitäten zwischen klassischen Hierarchisierungen und dem Versuch ihrer Umgestaltung nach betriebswirtschaftlichen Kriterien. In der Institution Universität liegt die klassische Dreiteilung von Forschung, Lehre und Verwaltung in der Natur der (...)

Der französische Philosoph Michel Foucault hat im Rahmen eines Vortrags vor der „Société française de philosophie“ am 27. Mai 1978 erstmals einen Gedanken ausgeführt, der in der Folge zentrale Bedeutung in seinem Werk bekommen hat: Kritik hat ihre Grundlage im Wunsch, „nicht so und nicht dafür und (...)