Mario Erdheim

Ethnologe und Psychoanlaytiker in Zürich.

Beiträge von Mario Erdheim
MOZ, Nummer 29
Interview

Erinnern, vergessen ...

April
1988

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Mario Erdheim (* 25. Dezember 1940 in Quito) ist ein Schweizer Ethnologe und Psychoanalytiker. Seine Forschungsschwerpunkte sind die sozio-kulturellen Ursachen unbewusster Prozesse und deren Einflüsse auf die menschlichen Kulturen.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erdheims Mutter stammte aus Zürich, sein Vater aus Wien. Durch die Heirat hatte die Mutter die Schweizer Staatsbürgerschaft verloren, sie entflohen als jüdische Familie[2] nach Ecuador. Erdheim erhielt in einer der ältesten katholischen Kirchen Lateinamerikas, der Iglesia de Balbanera, die Taufe und besuchte bis zu seinem neunten Lebensjahr auch den katholischen Religionsunterricht. Er wurde in einem ausschließlich spanisch sprechenden Umfeld erzogen. Nach dem Tod seines Vaters verließ die Mutter mit ihrem Sohn Ecuador und zog 1953 in die Schweiz zurück, nach Zürich. Dort konvertierte er mit fast dreizehn Jahren zum Judentum.[3] Im Jahre 1961 absolvierte er erfolgreich seine Matura.

Von 1962 bis 1972 folgten Studien[4] der Ethnologie, Geschichte und Psychologie in Wien, Basel und Madrid. Ab dem Jahre 1970 ließ sich Erdheim in Zürich zum Psychoanalytiker ausbilden. Seine Dissertation wurde 1972 in Basel angenommen; der Titel lautete Prestige und Kulturwandel. Eine Studie zum Verhältnis subjektiver und objektiver Faktoren des kulturellen Wandels zur Klassengesellschaft bei den Azteken.[5] Von 1972 bis 1975 arbeitete Erdheim in Zürich als Gymnasiallehrer für Geschichte. Von 1977 bis 1978 besuchte er Ecuador.

In weiterer Folge führten ihn mehrere Forschungsaufenthalte zunächst nach Mexiko, bevor er als Lehrbeauftragter für Psychologie mit Schwerpunkt Ethnopsychoanalyse und Ethnopsychiatrie an die Universität Zürich ging. Im Jahre 1985 wurde er von der Universität in Frankfurt am Main habilitiert. Erdheim hatte Gastprofessuren an den Universitäten Frankfurt am Main, Salzburg, Wien und Darmstadt inne, ehe er nach Zürich zurückkehrte, wo er seit 1975 eine psychoanalytische Praxis betreibt.

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Prestige und Kulturwandel. Eine Studie zum Verhältnis subjektiver und objektiver Faktoren des kulturellen Wandels zur Klassengesellschaft bei den Azteken. Focus-Verlag, Wiesbaden 1973, ISBN 3-920352-91-2.
  • Die gesellschaftliche Produktion von Unbewußtheit. Eine Einführung in den ethnopsychoanalytischen Prozess. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-518-28065-1.
  • Das Eigene und das Fremde. Über ethnische Identität. In: Psyche. 46 (8), 1992, S. 730–744
  • Psychoanalyse, Adoleszenz und Nachträglichkeit. In: Psyche. 47 (10), 1993, S. 934–950
  • Die Veränderung der psychischen Dynamik durch historische Prozesse am Beispiel von Dorothea Schlegels »Florentin«. In: Psyche. 51 (9-10), 1997, S. 905–925.
  • Psychoanalyse und Unbewußtheit in der Kultur – Aufsätze 1980-1987. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-518-28254-9.
  • Omnipotenz als Möglichkeitssinn. In: Freie Assoziation. 4, 2001.
  • Sigmund Freud, Zwei Fallberichte. Zweite, unveränderte Auflage. Psychologie Fischer, Februar 2007. ISBN 978-3-596-10450-5, Einleitung von Mario Erdheim (S. 7–94).
  • Die Bedeutung der Migration in jüdischen Lebensentwürfen. In: Konferenz: „Rezeptionen der Shoah und ihre Auswirkungen auf die Praxis“ 2. – 5. November 2008 Frankfurt am Main [5] S. 32–38.

Interviews[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gerhard Stumm, Alfred Pritz, Paul Gumhalter, Nora Nemeskeri, Martin Voracek (Hrsg.): Personenlexikon der Psychotherapie. Springer-Verlag, Heidelberg / Wien / New York 2006, ISBN 978-3-211-83818-1, S. 121–122 (auf books.google.de [1])
  2. Regula Freuler, Theres Lüthi: Interview. Psychoanalytiker Mario Erdheim: «Wer sich nicht einfühlen kann, kann auch nicht richtig denken». Neue Zürcher Zeitung (NZZ), 28. Dezember 2019
  3. Fabian Richter: Identität, Ethnizität und Nationalismus in Kurdistan: Festschrift zum 65. Geburtstag von Prof. Dr. Ferhad Ibrahim Seyder. LIT Verlag, Münster 2016, ISBN 978-3-643-13234-5, S. 91 (auf books.google.de [2])
  4. Arnold Groh: Theories of Culture. Routledge, New York 2019, ISBN 978-1-138-66865-2, S. 139–140 (auf books.google.de [3])
  5. Kathrin Hörter: Die Frage der Kultur: Interkulturalität in Theorie und Praxis der Psychoanalyse. Springer-Verlag, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-531-18016-8, S. 157–158 (auf books.google.de [4])