ZOOM 1/1996
Januar
1996

Dem Heer ist nichts zu teuer

Zahlreiche innenpolitische Offensiven aus der Wiener Dampfschiffgasse, wo der Verteidigungsminister sein Kommando führt, konterkarieren den Sparkurs der Bundesregierung. Über Fasslabends Konsolidierungspaket.

Ob Frauen zum Heer oder die internationale Einsetzbarkeit österreichischer Einheiten, die Zivildienstverlängerung oder weitere Rüstungsbeschaffungen, die Jahre 96/97 bringen dem PR-Fachmann Fasslabend reiche Ernte. Die wahre Kunst dabei war, all diese Projekte an den Strudeln der Spardiskussion vorbei zu führen und sie trotzdem durchzusetzen. Nebenbei wurden der Innenminister und seine Thesen zu Wehrpflicht und Umrüstung niederkartetscht. Einem versuchte eine Diskussion zu wehrpolitischen Sachfragen anzuleiern. Die Sicherheitsexperten machten eine Diskussion daraus, ob Linke wie Einem solche Fragen überhaupt diskutieren dürfen sollen. Die darauffolgenden Scharmützel verfehlten die gute Absicht, eine sicherheitspolitische Diskussion anzuregen.

Während im Sozial-, Bildungs- oder Kulturbudget Einsparungen durchgeführt werden, wird das Verteidigungsbudget 1996 um 500 Millionen auf 20,743 Milliarden und 1997 um noch einmal 100 Millionen steigen. Rechnet man die Kasernenmilliarde aus dem Bautenministerium ein, so wird Fasslabend für dieses Jahr 22,2 und im Folgejahr 22,3 Milliarden Schilling zur Verfügung haben. Angesichts dieser Entwicklung mußte selbst Fasslabends Pressesprecher zugeben, beim Sparpaket „nicht zu den absoluten Verlierern zu gehören“.

Der Beitrag des Verteidigungsministers zum Weltfrauentag lautete: „Beim Zugang von Frauen zum Bundesheer handelt es sich um die Freiheit für Frauen in Österreich“. Gleich von den Frauen schlechthin zu sprechen, war leicht übertrieben. Aber die jahrelange Aktivität einer Einzelnen hat sich am 8. März ’96 bezahlt gemacht. Die heimliche Förderung des Bundesheers durch Wehrpolitiker wie den Minister einerseits und die ständige Bezugnahme auf die Aktivitäten Frau Scherzers andererseits – unter dem Motto „die Frauen drängen ins Heer, wir können es ihnen nicht mehr verwehren.“ – erinnerten an bestellte und inszenierte Scheinbürgerinitiativen in totalitären Regimen. Am Ende glauben es die Herren Wehrpolitiker wirklich selbst noch, daß die Öffnung des Bundesheeres für Frauen ein Akt der Gleichberechtigung ist. So wurde der Weltfrauentag nicht einmal zum Scherzerinnen-, sondern nur zum Scherzertag.

Für diese Gleichberechtigung ist dem Heer nichts zu teuer. Bei 22 Milliarden Verteidigungsbudget fallen die 200 oder 300 Millionen, die Frauen beim Bundesheer kosten werden, kaum ins Gewicht. Unter Umständen können die notwendigen Baumaßnahmen (für Hygieneeinrichtungen ...) aus der jährlichen Wehrmilliarde des Bautenministeriums finanziert werden.

Unter dem Titel Äußere Sicherheit wird im Koalitionsübereinkommen drei Absätze lang über die internationale Einsetzbarkeit österreichischer Soldaten und die Vorbereitung der Kooperation mit NATO und WEU räsoniert. Das geplante Sicherheitskooperationsgesetz soll sowohl die Kooperationen im Rahmen der NATO-Partnerschaft für den Frieden als auch internationale Beteiligungen wie an IFOR-Einsätzen den entsprechenden Verfassungsrahmen verleihen. Die Partnerschaft für den Frieden kann als Wartezimmer für zukünftige NATO-Mitiglieder charakterisiert werden. Von Anpassung der Rüstungsbeschaffungspolitik, Standardisierung der Kommunikation, Leit- und Führungsstruktur bis hin zu gemeinsamen NATO-Manövern auf österreichischen Truppenübungsplätzen reicht das Integrationsbündel dieser sogenannten Partnerschaft. Es handelt sich um ungleiche Partner. Österreich zahlt, paßt sich an und bereitet sich auf die Mitgliedschaft vor. Die NATO bestimmt Politik, Strategie und Taktik. Die Kosten, die der Republik aus diesem sicherheitspolitischen Monsterprojekt erwachsen werden, sind noch nicht absehbar. Eines ist jedoch jetzt schon klar: die Republik übernimmt sie.

Die Rüstungsbeschaffungspläne des Ressorts sind ambitioniert wie eh und je: neue Kampfpanzer, Kampfhubschrauber und neue Abfangjäger. Die Einkaufsliste wird noch länger werden. Ist Österreich erst NATO oder WEU-Mitglied, geht es erst richtig los. Für die nächsten zehn Jahre sind 50 Milliarden Schilling im Verteidigungsbudget für Rüstungsbeschaffungen vorgesehen.

Ein weiterer Erfolg für Fasslabend ist die Verlängerung des Zivildienstes auf zwölf Monate. Diese belastet nicht einmal sein Budget. Die 100 bis 150 Millionen Mehrausgaben die die einmonatige Verlängerung kostet, wird vom Innenministerium abgedeckt. Den politischen Erfolg kann der von der Wehrpflicht befreite Verteidigungsminister für sich verbuchen. Die SPÖ kann ihre Parteitagsbeschlüsse über gleiche Länge von Wehr- und Zivildienst endgültig archivieren. Um bei der Sicherheitspolitik zu punkten, fällt ihr gegenüber dem Koalitionspartner das Sparargument schon seit Jahren nicht mehr ein.

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