FŒHN, Heft 18
 
1993

Die Genommenklatura in Tirol

Das Kapital läßt sich die geschickte Tarnung der wahren Verhältnisse einiges kosten. Gemessen an den Profiten, die die Geldsäcke aus diesem System ziehen, ist’s freilich nur ein Spottgeld, das sie fürs demokratische Eingeräusch übrig haben. Den echten Preis für die Gaukeleien, die die Parteien vor uns abziehen, zahlen ja wir, und das nicht nur im übertragenen Sinne. Nicht genug damit, daß uns lasterweis’ Sand in die Augen gekippt wird, haben wir diesen auch noch selbst zu blechen. Bei mehr als 1500 Millionen Steuerschillingen, mit denen die Parteien sich Jahr für Jahr aus den Budgets bedienen, können sich die Industriellen einigermaßen zurücklehnen. Es darf angesichts der Zahlungen der VÖI, von denen in diesem Heft die Rede ist, niemals vergessen werden, daß es sich dabei nur um Prämien für ihre Leute handelt.

Oben sitzen soviel ihre Leute, daß die Industriellen sich fast nicht davor erwehren. Das geht von der FPÖ-Spitze bis hinunter zur ÖVP-Frauenbewegung.. und vom Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) bis hinauf zum ÖVP-Landeshauptmann. Dieses breite Angebot mag sogar ein wenig auf den Preis drücken. Da gibt’s dann für das Freiheitliche Frauenreferat nur noch quasi Aufmerksamkeiten oder auch für die Fraktion Christlicher Gewerkschafter in den Innsbrucker Stadtwerken oder die Turn- und Sportunion der ÖVP oder für ein ÖAAB-Faschingskränzchen da und eine ÖAAB-Weihnachtsfeier dort. Die echte finanzielle Beteiligung an den Erfolgen der Industriellen fängt dann bei den Studentenvertretern an, aus denen man einmal etwas Großes machen kann. Da gibt’s Prozente, oder sagen wir besser Promille, für den RFS und verschiedene ÖVP-Fraktionen, wobei die reaktionäre JES (Junge Europäische Studenteninitiative) stets am besten bedient wird.

Über Gratifikationen freuen können sich auch der ÖVP-Akademikerbund und der ÖVP-Seniorenbund und ‚Ihr aufrichtig ergebener Thoman‘ vom Tiroler AAB (aus einem Bittschreiben an den VÖI-Präsidenten vom 2.8.73). Selbst gelernte, von klein auf abgerichtete ÖVPler könnten noch zu wenig kurstreu sein, wenn sie sich nicht immer wieder an VÖI-Happen orientieren könnten.

Schreiben des VÖI-Geschäftsführers an die JES (1982)

 

Harald S. steht am Alu-Strangpresswerk beim Thöni in Telfs. Mit mehr als 1000 Schilling fördert er jedes Jahr über den Mitgliedsbeitrag des Fabrikbesitzers die VÖI. Und finanziert damit eine ÖVP mit, die seinen Lebensinteressen im Wege steht, und eine FPÖ, vor der er sich schon fürchten muß.

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