Die Totenpost
In memoriam Walter Benjamin.
Vorbemerkung
Im Jahre 1946 landeten in meinem Zimmer in New York unangemeldet sieben Fässer, die angefüllt waren mit den Briefen, Dokumenten, Bildern, Tagebüchern und Andenken der letzten vier Generationen meiner Vorfahren. Meine Eltern hatten diese Fässer kurz vor dem Kriege abgesandt, und zwar an eine Auslandsadresse, die sie selbst noch erreichten, während die Fässer in die Kriegswirren gerieten, unerwartete Odysseen durch alle Meere zu bestehen hatten und erst nach dem Kriege ihren Bestimmungsort erreichten. Dort freilich fanden sie die alten Leute nicht mehr vor — die waren unterdessen gestorben — aber gierig, irgendwo Ruhe zu finden, stöberten sie meine Adresse auf, und eines Tages waren sie da und verlangten die den Toten zustehenden Ehren.
Bei der Öffnung dieser „Totenfässer“ stürzte nun die ganze Vergangenheit (selbst die dem Überfallenen bis dahin unbekannte) wie eine Sturzwelle in das Zimmer. Die Elegien bestehen nun aus Begegnungen mit den Toten und aus der Beschreibung des verzweifelten Versuchs des so Überfallenen, jedem, ehe er zum zweiten und endgültigen Male sterben muss, noch einmal sein Recht, mindestens seinen Platz in der (unterwegs vollkommen durcheinander geratenen) Reihenfolge der Geschlechter zukommen zu lassen. Also eine Art von Totenfeier.
Die Totenpost Elegien 1946-1952
Nach fünfzehnjährigen Irrfahrten standen
im Jahre 1946 die mit Briefen und Bildern
der letzten Geschlechter erfüllten Fässer
in seinem New Yorker Zimmer.
1. Die Ankunft
Kaum hatten sich die Höhlen seiner Seeleentvölkert von dem kreischenden Gewühlder blutgen Schatten, als ein neuer Schwarm,auch er laut krächzend, einflog und die leerenNistplätze suchend, jeden FelsenritzVoll Eifersucht umkreiste.Dieses Malkein Volk von Tausenden, auch nicht der Haufeder gestern erst Verbrannten, kaum ein Punktzuerst am Horizont, aber reißendzur Wolke wachsend, und zuletzt auch siemissgünstig lärmend und mit Riesenschwingendie Sonne ihm verdunkelnd. Unverscheuchtumflattern sie ihm heut noch sein Gesicht.
Die Totenfässer
Da standen sie mit ihrer Schattenfrachtund waren da. Erstaunt und voller Misstraunvor so viel Stille. Daß sie selbst einmalzuhaus gewesen (anderswo, im fernenverlornen Erdteil) und vor fünfzehn Jahren(am ersten Sturmtag ihrer Überfahrt)von Wand zu Wand und auf- und niederrollendihr Schicksal noch beklagten — alles diesist längst vergessen. Nur die Meeresind heute ihr Zuhause. Herrenlos,verflucht zum Immerweiter, ohne Hoffnungdie Reise hin, den Weg zurück, von Bootzu Boot geworfen, gestern noch gemeinsamund heute alleine fahrend, dieses Mal mitWaffenfrachten, nächstes Mal mit Öl,mit Erz die nächste Reise — also warendie sieben Fässer fünfzehn Jahre langumhergeirrt. Und dennoch unbeirrbar,und nur, um doch noch eines Tags bei mirals Sieger einzulaufen.Unerwünschte,sehr unwillkommne Gäste seid Ihr mir,Ihr Sieben aus dem Orkus! Wer verriet Euchauf hoher See mein heimliches Versteck?Und wer befahl, den unbewehrten Enkelim Schlaf zu überfallen? Was erhofft Ihr?Trost vom Untröstlichen? Gerühmt zu seinvom Ungerühmten? Opferdienst vom Opfer?Betrognes Glück! Werft Euer Steuer umzu neuer Fahrt! Bei Toten ist für Totekein Trost, kein Ruhm, kein Opfer und kein Grab.
Die Fragen
Und stehen heute noch. Kaum angerührt,doch etwas schon vertrauter. Denn ein Zeichenträgt jedes von der Reise. —Warum hängtdies Bündel Tang, besetzt mit Anemonen,aus Deinen Ritzen? Welcher Sturm hat sosein Spiel mit Dir getrieben? — Und Ihr beide,besät mit Etiketten: was verrätder rote Stempel „Sidney“? Habt Ihr wirklichdort unten übernachtet? — Und Du, Vier,in Rio de Janeiro? Welcher Irrtumverschlug Dich in den Speicher? — Und Dich, Fünf,nach Kanada? — Und, Sechs, Dein Eisenreifen,massiv und blinkend, schwedische Faktur:Wer hat Dir ausgeholfen? — Böse, Sieben,klafft Deine Wunde? Wessen Beil hat soDich zugerichtet? Wessen Hoffnung hast Duso arg enttäuscht? Und wo, auf welchem Kai,verströmtest Du vorzeitig Deine Schatten? -Und Acht, Fass Acht, wo bist Du? Denn der Frachtschein(vor fünfzehn Jahrn vom Vater ausgestellt)verzeichnet acht. — Als einziges untäuschbardurch falsche Hoffnung?Oder hat das MeerDich so verführt, daß bei dem Rufe „Landen“schon nichts mehr in Dir aufklingt? Und befährstals Tramp auch heute noch die alten Straßen?Wo bist Du jetzt? Wo fährst Du? Welchem Zieleziellos entgegen? —Oder wäre etwavielleicht auch dies: Dein Wandern, schon vorbei?Und träumend rollst Du längst auf dunklem Grundeschon hin und her, von grünem Moos geschmücktund schön besteckt mit Muscheln? Deine Reisewar wirklich nun am Ziel? Und Deine Totensind wirklich tot, wie sich’s gebührt: zum zweitenund letzten Mal gestorben? Und Berlinist Schlamm geworden? Breslau die Behausungvon Tintenfisch und Qualle? Und die Krabbedurchwandert friedevoll das Briefpapierdes vorigen Jahrhunderts?Steigt zuweilenein Bläschen Fichtenduft aus Schreiberhauals Silberperle an die Oberfläche?Acht Fässer nennt der Schein. Wo bist Du, Acht?
Der Überfall
Aus sieben Fässern quolls. — Und hingehocktdrei Nächte lang und zwei nachtgleiche Tagesaß er am Boden. Aus den Fässern flossendie Ströme des Gewesenen, und sie trugenihm Botschaft zu und Namen. Wasserfällevon Ansichtskarten sprangen übern Rand,und Briefregatten trieben um die Wetteund Flotten von Depeschen auf ihn zuund türmten sich in schäumender Liebkosungum seine Knie, als gelte ihre Gieralleine ihm — und war doch nur ihr nie mehrerhofftes Glück, nach so viel Wartejahrenmißgegönnten Sterbens, doch zuletzt die Klippezu finden, wo ihr Schiffbruch noch gelang.Und er am Boden: ach, nur Atemnotund Angst und Abwehr! Und mit beiden Händenzum Schein die Brandung schlagend.Aber jedeskam, unabweisbar, segelnd doch zurück,und lag in seinem Schoß als stummer Vorwurf.Und selbst der nie zuvor geöffneteuralte Umschlag sah ihn flehend anum erste und um letzte Kenntnisnahme.
2. Die Post
Noch einmal schreiben
Ein schweres Konvolut in schöner Schrift:„Das Zeitwort im Chinesischen: Geneseund derivierte Formen.“ Und am Rand,von eigner Hand und dreimal unterstrichen:„Kapitel Sieben unverantwortbar.Noch einmal schreiben!“ —Über diesem Urteilverstarb im Jahre 1860Großvaters Vater. —Lieber Urgroßahn!erlass mir den Gehorsam. Welches Zeitworthat heute Recht auf Zukunft, wo die Zeitin Trümmern liegt, und mehr als ein Kapitel,und dieses Mal verantwortbar, von unsrergeschwärzten Hand geschrieben werden muß?
Der Schattenriss
Ein Arbeitstisch, aus schwarzem Glanzpapierbehutsam ausgeschnitten. — Und als Text:„Bei bessren Honoraren folgt massivder schwere Tisch der leichten Tischidee.“Ein Arbeitstisch? O nein, nicht irgendeiner.Der Tisch für mich. Das einz´ge Stück Zuhaus,das übrigblieb und ungefragt den weitenWeg zu mir hergefunden. — Ja, Du bist’s,Du altes Stück! Und dies hier ist Dein Urbild.Er durfte sich’s erlauben. Denn wer täglichsich so verschenkte, ach, dem konnt es schon,dem durft es schon passieren, daß er manchmal(selbst seiner Frau) auf den Geburtstagstischnur Schatten legen konnte.Und wie listiger sie versteckte: zwischen Wäschestückenund Taschentüchern (Dingen, die uns nieGeschenke schienen), bis aus einem plötzlichder Schattenriss entrollte. Und wie ernster selbst zuerst den Überraschten spielte,um dann mit uns zu jubeln. Ach, wie liebtenwir Kinder diese Streiche! Der Geburtstagschien wochenlang verlängert. Denn da gabskein Ding in keinem Laden, das sehr langeder Lockung solchen schwarzen Ebenbildssich widersetzen konnte. Eines Tages,noch widerspenstig, stand im Korridordas Schaukelpferd. Der schwarze Geigenkastenauf dem Klavier. Und selbst das Fahrrad kamdem ausgeschnittnen Vorbild nachgeradeltund lehnte an der Wand, als hätt es nieje anderswo gestanden. —Lieber alterzerbrochner Arbeitstisch! So bist auch Duzur Welt gekommen: mächtig angezogenvon solchem kleinen Schatten. Diesem hier,so frisch und heut noch lockend. Habt Ihr beidennicht längst vielleicht die Rollen ausgetauscht?Bist Du nicht heut der Schatten? Und alleine,aus Glanzpapier geschnitten, die Ideeblieb unzerstört und etwas wen’ger sterblich?
Die Ungeladenen
Blicklos die Brille, fingerlos der Ringund ohne Schloß der Schlüssel: ungeladenbesetzten die drei Gäste meinen Tisch,und jedes fragte seines. Erst der Schlüssel:„Wo blieb mein Schloß?“ Und dann der Fingerring:„Wo blieb mein Menschenfinger?“ Und die Brille:„Wo blieb mein Augenpaar?“ Und saßen wartend,drei ungeladne Gäste, mir am Tisch.Sehr leicht zu höhnen, sprach ich. Euer Daseinreicht nicht einmal zum Sterben. Und nur unsverdankt Ihr Eure Dauer. Ewigkeitist mangelhaft. —Und schob sie übern Rand.
Was blieb
Und diese Karte, Mutter, hast Du selbstdie Karte je gelesen?„Beste Wünschezum zweiten Kind!“ (Ja, dieses zweite Kindbist Du gewesen.)Wie entsetzlich sauber,fast heute noch verwendbar, sicher nieberührt seit Deiner Ankunft, ach, beinaheunsterblich schon, die Karte Dich und unsund alle überlebt hat! Denn wie Zunderzerfiel das Kommende. Und selbst das heutnoch kaum Geglaubte: schwarzumrahmt die letzteErwähnung Deines Namens ist schon Staub.
Die Arbeit
Kein Früher oder Später. Zeitgenossensind alle Toten. Schamlos hat der Sturmdie Schatten durchgeschüttelt. Wie verschlungneSeepflanzen hängen Jahre, die sich niebegegnet waren und entferntesteGeschlechter ineinander. Hier und daein ahnenloses Stück, herausgehaunaus seiner Kette.Also sitzt er ordnendund knotet und entknotet: ob vielleichtein letztes Mal die Kette noch gelingt.
Die Begegnung
Und dann ein Bogen, rosa und liniert,mit einem Satz in Schönschrift (doch mit scheußlichverklextem Ringel-„s“):„Ich möchte Schlittschuhmit Schnörkeln wie an Vaters“. Und mein Name.Wunschzettel also. —Und dies ausgerissneGlied meines Lebens hat nun vierzig Jahremit Toten nur im Schattenreich gewohnt.„Was treibst den Du da unten?“ fragt ich ihn,„rechtzeitig fahnenflüchtig?“„Gut laviert?“entgegnete der Knabe, „Du da oben,erfolgreich überwintert?“Also neidischaufs Leben er, und ich auf seinen Tod,verspotteten einander Kind und Alter.
Der falsche Gang
In Mutters Bündel hockte unberührt(für wen verwahrt und gegen wen versiegelt?)ein zweites Bündel mit der Aufschrift: „Briefevon meiner Mutter“. Und in diesem saßverschnürt ein drittes mit der gleichen Aufschrift.So weisen, uns zum Spotte, die verfluchtenDämonen der Erinnerung den Gangin falsche Richtung: Embryonenhaftim Kinde sitzt die Mutter, und die Muttergebiert die Ahnin. Immer noch gewesnerentspringt’s dem Schoße der Vergangenheit.
Die verschlossene Zukunft
Und dann ein Brief, noch heute zukunftsvoll,nie abgesandt (die grüne Marke „Preussen“harrt heute noch vergeblich auf den Stempel).Ich ließ ihn ungeöffnet. Wer ihn schrieb,wird niemand mehr erfahren. Nur den Namendes ahnungslosen Mädchens, das den Briefnie lesen durfte:„Fräulein Anna Krüger,hochwohlgeboren, Offenbach a. M.,Am Platze Nr. 7“ hab ich sinnlosmir abgeschrieben. —Liebes Fräulein Krüger,wo liegt Ihr Grab? Und war Ihr Herz verzagt,als dieser Brief nie ankam? So viele Tageund so viel Wochen, so viel Jahre nicht?Wie lang hielt Ihre Hoffnung? Ach, zum Tröstenist’s heut, nach hundert Jahren, viel zu spät!Ich weiß, ich weiß! Und dennoch solln Sie’s wissen:Geschrieben hat der Mann. Hier ist der Brief.Und wichtig war es ihm. Sonst hätt’ er niemalsden schon verschlossnen doch nicht abgesandtund dennoch aufgehoben. Ach, das hättenSie damals wissen sollen: Nur am letzten,am allerletzten Mut hat’s ihm gefehlt.
Das Haar
Und daran hing (mit dem gummierten Randzufällig angeklebt) reinlich beschriftetein kleiner Umschlag: „Clara, sieben Monat“.Und darin eine Strähne, weißlich blond.O fernstes Kind! O liebste Mutter! Einmalim fremden Erdteil wirst Du elend Dichzu Tode quälen!Ach, von Deinem letztenund längst schon wieder weiß gewordnen Haarverblieb mir nichts. Und nicht einmal die Asche.
Danke und Adieu
Darunter lag ein angegilbtes Photo,Daguerrotyp: ein Ehepaar, Florenzals Hintergrundsattrappe. Hochzeitsreiseum 1870. — Er Pince-nezund schon behäbig. — Sie: kaum achtzehnjährig,ein sehr erregend in Pariser Stilgeschnürtes Mädchen. Doch ihr Blick verdüstert,als hätte sie auf andre Dinge Rechtals Kirchen und Museen, und zum Liebenbestimmt auf einen Bessren. — Heute schon,schon heute hasst sie ihn, als hätt sie allezukünftge Qual im Voraus destilliert.Wie kläglich ist’s, so spät Prophet zu sein,und nur noch klagen dürfen. Sieben Kindervon diesem ungeliebten Manne stehnihr noch bevor, und mit ihm zwanzig Jahre.Bedenke: zwanzig Jahre Tag für Tagund siebentausend Nächte, wo sie heut schon,schon heut, am ersten Morgen, ohne Schamden Weg verrät, den sie in zwanzig Jahrenbetreten wird. (Vor sechzig Jahrn betrat.)Blick fort, vertrotztes Mädchen! Was erhoffst Duvon mir, dem Fremden? Sieh, ich bin schon grau,und Du erst achtzehn. Oder gilt Dein Blickenvielleicht ganz andren Dingen? Einem Hausweit hinter mir? Und ich, noch ungeborenund noch für lange Zeit nicht vorgesehn,bin Luft in Deinen Augen? Ach die Redevon „früher“ oder „später“, „jung“ und „alt“scheint unentwirrbar.Dennoch, liebe Ahnin,in diesen Zeiten, die nun vor Dir stehn,wirst Du die Pflicht erfüllen, ohne dieauch ich nicht da sein werde. —Danke, Ahnin,für Mühen und für Schmerzen. Und adieu.
Die Fichte
Und dann ein Aussichtsturm „Luisenhöhe“gestempelt „Schierke“. —„Liebe Mutter“, schreibt er,sechshundertdreizehn Meter überm Meerschweb ich nun über Dir.“Die Unterschriftist wild umrankt von Schleifen. Erste Ferien.Das Jahr hieß „Einundachzig“. Er war zehn,Die eingelegten Fichtennadeln duftenwie Wald im letzten Herbst. Die siebzig Jahresind nie gewesen. Harzig steigt der Stammim fremden Land durchs fremdmöblierte Zimmerins fremdeste Jahrhundert. Ach, der Grußhat still Euch überdauert, und das Totebeschämte Euer Leben. Wo seid Ihr?
Die kurzsichtige Frage
Ach, Vaters Schul- und Ferientage stiegenmit Schlittschuhbahn und erstem Figaroso deutlich mir vor Augen, daß ich angstvolldas Bild befragte: „Sprich, wer bist Du, Kind?Der Vater oder ich?“ —„Kurzsicht’ge Frage“,erwiderte der Knabe. „Kannst denn Duden Ahnen noch vom Urahn unterscheiden?“
Das Liebesamulett
Und dann ein Wisch (die Handschrift scheint schon beinahdie Zitterschrift des altgewordnen Manns,die dreißig Jahre später mir so oftschlaflose Nächte machte). Und er lautet,datiert aus Breslau, 1906den dritten März:„Bis fünf Uhr frühe saß ichan seinem Bett. Und alle Nase langrief er nach Wasser. Doch, gottlob, das Fieberist nun vorbei. Nun sitzt er schon und bautsich Iglus aus den Kissen.“Und P.S.:„Anbei in Kurzschrift einige Notizen,die ich bei Nacht an seinem Bett entwarf.Ich zweifle noch. Doch eines Tages könntensie brauchbar werden.“(Ja, „Notizen“ schrieb er.Drei Jahre später waren sie ein Buch,und wohl sein bestes. — Und das Kind, das damalsbis fünf Uhr früh und alle Nase langnach Wasser rief, war ich.)Doch diesen Zettelverwahr ich gut als Liebesamulett.
Dunkles Land
Rückwärts erobernd hab ich gut den Wegzu Euch gebahnt. Und Eure Kindheit leuchtetvertraut vor meinem Auge.Nur die eignebleibt dunkles Land und uneroberbar.
Der Abklatsch
Aus blassem Photo lugte, halb von Fremdennoch zugedeckt, doch freundlich schon im Gruß,ein Augenpaar, von altersher geläufig,und Stirn und Wange waren ebenfallsvertraute Gegend. Nur der Eigentümerwar unbekannt, und alle Suche blieb(und selbst im dunklen Land der Kindheit) ohneden Mann mit diesen Zügen. —Amüsiertbesah er mich: „Mein Sohn, so wirst Du niemalsdie Antwort finden“, sprach er. „Denn Du suchstin falschem Land. Befrage Deinen Spiegel.“Und siehe da: Aus meinem Spiegel tratder so Vertraute staunend mir entgegenund Zug um Zug des Bildes Ebenbild.„Gefällt Dir das?“ so fragte voller Zweifelder alte Herr, „sehr wenig scheinst Du mirDu selbst zu sein. Was Du und Deine Eltern,Geschwister, Frau und Freunde Dein Gesichtund Deine Züge nannten — ach wie langeist das schon im Gebrauch! Denn meines selbstwar nur ein Abklatsch, unter tausend eines,von plumper Hand dem Urbild abgeformtund fortgeworfen. —Blindlings streut der Töpferdie Masken in die Winde. Wann und wound wem sie zufliegt, wer als erster Trägersie seine nennt — geliebter Ururenkel —,kein Grund zum Neide! ‚Früher‘ oder ‚später‘sind bloße Worte. Oben gilt alleindie allererste Fassung, nur das Vorbild(und sicher ist auch dies längst abgenutztdurch täglichen Gebrauch und unerkennbar).Wir beide, Du und ich, ob auch getrenntdurch hundertjährige Kluft, wir zählen gleich,wir zählen nichts und höchstens (wenn Dich Wortenoch trösten können) als ein Bruderpaar.“So scherzend übers Tal der hundert Jahreder ältre Bruder. Finster hört ich zu.Und seitwärts blickend, seine Schadenfreudemit meiner strafend, riß ich ihn entzwei.
Das Silberröhrchen I
Ein Kästchen, schwer zu öffnen. Und in rosawattiertem Bett ein kleines Silberrohr,gestempelt „sana“. Und darunter, winzig„Dum spiro spero“. —Rätselhaftes Ding,ich wende Dich von rechts nach links und lesevergeblich Deinen Wahlspruch. Welchem Zweckhast Du gedient? Vielleicht als Silberfassungum eine Pfeife? Oder warst Du einstdas Mundstück einer Flöte? Irgendetwasfür irgendwen sehr Ungewöhnlichesmußt Du bedeutet haben. Denn wer hätteDich sonst so weich und rosa auswattiertwie ein Juwel für ewig aufgehoben?
Die beneidete Sitte I
Gieß Opfer aus für Vater und für Mutterim Totental, dass Gleiches einst Dein Sohnmit Gleichem Dir vergelte —so verlangtedas Totenbuch Ägyptens. Und wie fröhlichund zuversichtlich Kind und Kindeskindzu Tale zog, die Körbe hochgeschichtetmit Schalen und mit Krügen, um den Dienstsorgfältig zu erfüllen. Lärmend kehrtendie Kinder dann nach Hause. Reichlich schiendas Totenvolk gesättigt und das Lebenversöhnt durch die Erfüllung. —Ach, wie wüst,und neben ihrem Dienst wie ungesittetsind unsre Opfer! Niemals vorgesehnund niemals wiederholbar! Welche Speisenerquickten unsre Toten? Welcher Wahnkann uns versöhnen? Also ausgestoßenund ohne Hoffnung müssen wir’s bestehn.
Die Abgelebten
Wie viele Jahre war ich, ohne jemich umzuwenden, immer weiter nurund weiter noch geflogen, herkunftslos,mutwillig ohne Ahnen, keine Stelle„zuhause“ nennend (höchstens das noch niegekannte Ziel) —und irgendwo weit hintenauf kahlem Aste blicklos hingehockt,im Kreise seiner Kinder, schlief uraltdas Ahnentier: die Eule meines Ursprungs. —Da sind sie nun, die längst schon Abgelebten,und lärmender als jemals über Nachtmir nachgejagt in ungebrochner Reiseund flügelschlagend und mit scharfem Krähnerklären sie, kein Anspruch sei verjährbar,sie hätten mühsam nur mich hier entdeckt,und hier und jetzt (daß die Ruinen rauchen,was kümmert sie’s?) hätt ich bereit zu stehnzu stündlicher Verfügung. Widerredescheint keiner zu erwarten. Welchen Dienstsie mir befehlen, blieb mir unbekannt.Ich fragte viel. Ich hörte nichts: Sie scheinenso taub zu sein wie lärmend. Also steh ichumschwirrt in ihrer Mitte und besiegt.
Die beneidete Sitte II
Wie gut sie’s früher hatten: Mitternächtlich,zum Feste der Lemuren, stand der Herrdes Hauses auf, wusch dreimal seine Hände,und dreimal rufend: „Väterliche Manen,hinaus mit Euch! Zum zweiten Mal hinaus!Und nun zum dritten Male!“, spie er neungeweihte Bohnen über seinen Herd,und alles war bereinigt. Die noch eben,begierig, ihre Hausgewalt für heutund ewig zu beweisen, eifersüchtigauf Kind und Kindeskinder, unterm Dachgepoltert und im Ofenloch Grimassengeschnitten hatten — all ihr Ahnenspukstieg kraftlos durch den Rauchfang. Und getröstetdurchwanderte das Enkelkind als Herrund Meister seine Räume. —(Ovid Fasti 443 ff.)Aber wir,wir sittelos, wir glaubelos, wir ohnedie kleinste Hoffnung — ach wer lehrte unsdie Formel, die das Lärmen der Lemurenzum Schweigen brächte? Welcher Enkel musstemit solchen Schatten und so ungeschütztwie wir die Nacht durchwachen?Und doch kommemir keiner, mich zu trösten: nicht der Freund,und nicht einmal die Liebe. Glaubenlosheißt: glaubenlos für immer. Und auch diesehilflose Nacht verdämmert einst im Tag.Die benachbarten Tage
Angstbriefe fand ich: einen, undatiertvon seiner Mutter (damals sicher jüngerals heute Du):„Verlier nicht die Geduld!“ermahnt sie ihn. „Sehr reich wird Deine Zukunft!“Ja, reich ist sie geworden. — Aber leider,für unser spätes Auge, ach, wie nahund nachbarlich liegt heut der heiß erhofftezukünft’ge Tag beim Tage ihres Hoffens!Und nur ein sehr bemühtes Auge kannzwielichtig noch den Abstand unterscheiden.
Das Silberröhrchen II
Und dann ein Wisch: die hingeworfne Skizzezu einem Bettelbrief um fünfzig Markmit dem Vermerk „privatim“.„Sehr verehrter...“(der Name fehlt) „ich bin mir voll bewusst...“(drei Zeilen frei) „gewiss sehr ungewöhnlich...“(und dann energisch:) „Meine Mutter liegtmit Kehlkopfschnitt. Die Firma drängt auf Zahlungfür die Kanüle.“ — Und: „P.S.: Vielleichtdurch fünfzig Stunden Tacitus begleichbar.Mit bestem Dank im Voraus (oder nurverbindlichst dankend)“. Namen. Und: „Primaner“. — .Ihr armen Leute! Wer von Euch verdientedie erste Tröstung? Du, die kranke Frau,die nichts als sterben möchte und drei Wochendoch auf Kredit noch atmet? Sitzt Dein Sohnnicht liebend Dir am Bette? Hat nicht erdas erste Anrecht? Er, der siebzehnjähr’ge,der diesen Brief an Deinem Sterbebettausdenken mußte, und noch viele Wochen,nachdem Dir längst Dein Röhrchen nichts mehr half,mit Tacitus die vorgeschossne Summein Raten abbezahlte?(Selbst das Kind,das arme Opfer Deines Silberröhrchens,mit seinen fünfzig Stunden Tacitus,ist wenig zu beneiden.)Nur der Vaterscheint Hilfe nicht zu brauchen. — Herr ich hoffe,Sie haben diese Anstandspflicht sofortund ohne Quittung per expreß erledigt.
Die Söhne Noahs
Und dies und jenes las ich gerad nur an,der Söhne Noahs denkend, die den Vaterim Garten fanden, schlafend aufgedeckt,und abgedrehten Blickes (seine Schandeschon jetzt vergessend) schweigend in sein Hausund auf sein Lager trugen.Keiner habeden unerlaubten Anblick und die Tatjemals erwähnt. In stummem Einverständnisund liebender Vergeltung hätten siefortan den alten Mann mit siebenfacherSorgfalt betreut und siebenfach geehrt.Kein Gott, den sie bemühten. Eh die Himmeldie Schande noch bemerkten, war sie längst schongelöscht durch ihren zärtlichen Betrug.
Der dunkle Rest
Und dann ein Brief aus ihrem achten Monat,ein Tochterbrief, geschrieben kurze Zeitbevor ich ankam. Doppelt unterstrichenund ominös die Aufschrift: „Ganz privat,nur für Mama! Und später erst zu öffnen!“(Wie deutlich ich sie vor mir seh, die altezu Tod erschreckte Dame, wie sie beinahden Umschlag aufbricht, doch beinahe nur,und angstvoll wieder fortschiebt und am liebstenden Inhalt erst erriete und umsonstdie Brauen faltet und zum zweiten Maleihn näherzieht und schon zur Nadel greiftund wiederum, und wieder nur beinahe,den Umschlag öffnet.)Also ward der Briefsehr spät erst aufgebrochen. Denn kein Augehat je die sieben Seiten, bis zum Randmit Schwermut angefüllt und Dunkelheiten,mit Widersinn und Unsinn, und diktiertvon Haß auf mich und Abscheu vor sich selber,jemals vor mir gelesen. Ach, selbst er,der stets zu trösten wußte, ach, selbst Vaterhat nie davon erfahren. Denn voll Hohnund Eifersucht (o, traurige Verstörung!)berichtet sie, er sitze nebenan,ganz ahnungslos und heiter, und erfindeein neues Bild vom Menschen. —Und erst ich,und ich alleine, heut nach fünfzig Jahren,bereits ergraut, zweimal so alt wie siein jenen Tagen (heut ein ältrer Trösterund Freund, so sollt man meinen) — ich alleinebin Zeuge dieses Jammers, den ich schuf.O, junge Frau! O, ärmste Mutter! Gerne,wie liebend gerne, käm ich heute noch,Abbitte tun. Begriff ich nur, womitich dies Dir damals antat. Schuld und Bosheitsuch ich vergebens. Was ich finde, istein Würmchen nur, ein Engerling, nicht ich,mir fremd und unerreichbar, ohne Namenim Dunkel hockend. Und sein Dasein hattenicht ich gewünscht; wie kräftig auch sein Lebenins Licht nun drängte. Ach, wie schlimm der WurmDein Erdreich unterwühlte, liebste Mutter,in vierzig langen Jahren hast Du’s niemich wissen lassen. Sicher hast Du’s eiligvergessen, als ich da-war. Herrlich schienmir immer Deine Nähe; schon die Fußbankvor Deinem Stuhl; und Winters Hand in Handdas Schlittschuhlaufen.(Oder irr ich, Mutter?und irgendetwas blieb, ein dunkler Restvon Hass und Feindschaft, niemals zugestanden,unüberbrückbar zwischen Dir und mir?)
Die Ausgelassene
Ein Kartengruß, belanglos. Und doch schlimmerals alles Tote. Denn die Senderinist heute noch (jetzt, da ich „heute“ schreibe)ein hundertjähr’ges Fräulein, das zuweilenauch mir noch Karten sendet, irgendwoaus einer Kammer in Johannesburg(wohin ihr Neffe, längst vorausgestorben,vor vierzig Jahren auf Brillantenjagdverschlagen ward). Und völlig unerstauntlebt dieser Geist dort weiter, und zuweilenauch mir noch Karten schreibend. Sicher lohntedem unmodernen Tod von dazumal,der wie ein Landbriefträger stets zu Fuß ging,die Mühe nicht, so weit für sie zu reisen.
Der Peitschenschlag
Und dann ein Brief. Kein Brief. Ein Peitschenschlag!„Hochwohlgeboren Frau Justizrat MeyerPotsdamerplatz.Ich kenn nicht Ihr Motiv.Doch dieses scheue und nervöse Mädchenmit Redensarten und Moralgeschwätzdem lärmenden und alten Fabrikantenins Bett zu jagen, ist gewissenlosund fast Erpressung.“Wie das Schicksalspielenden milden Mann empörte! Welch ein Tonaus diesem Mund! Respektlos und begeistert!Bist Du es, Vater? Wirklich? Warst auch Duals Jüngling Jüngling? Ach, wie gerne hätt ichDich so noch kennen mögen!Und dann folgtdas Schreckbild der Misere:„Reizlos sieund unaufweckbar; er robust und Weiberund Schnäpse liebend.“ — „Gottgewolltes Paar“,so fasst er sie zusammen, um am Endedie Zukunft zu enthüllen: Hysterienund ungeliebte Kinder, Sanatorienund Scheidung pro und contra und die Fluchtund, halb gespielt, den Selbstmord — alles richtig,kein Wort zuviel —und dennoch ganz umsonst,denn alles wurde Wahrheit. —Heute freilichschon nicht mehr wahr. Denn ihre Angst verging,der laute Fabrikant hat längst sein Lärmenschon eingestellt, die Tochter und der Sohn(auch sie bereits mit Kindern), deren KommenDu so verwünschtest, auch bereits verlöscht —und nichts kann mehr passieren. Hysterienund Sanatorien und der laute Mann,die ungeliebten Kinder, pro und contra,die vielen Fluchten und zuletzt die Flucht —nichts ist gewesen. Liebenswürdig lächelndund munter sprach sie neulich: „Gar nicht schlecht,so lang zu leben.“ Achtzig ist sie heute.Hochwohlgeboren Frau Justizrat Meyerund liebster Vater! Kraft- und folgelosseid beide Ihr geblieben. Nicht die Lügeund nicht die Wahrheit siegte. Nur die Zeit.
3. Der Abschied
Die Ordnung
Da liegt Ihr nun, sorgfältig aufgereihtin altbewährter Ordnung. Jeder wiederauf seinem Platz: die Ahnen linker Hand,und rechts die Kinder. Jeder darf noch einmalsich selber spüren. Tote, nutzt die Zeit!
Nutzt die Zeit
Sehr eng ist dieser Raum, ach, viel zu engefür so viel Tod. Und nur auf Zehenspitzen,wie zwischen Beeten, wag ich mich umher,um keinen zu verletzen. Ach, zu engesogar für uns, für die Lebendigen —und sind doch nur zwei späte kofferloseNachzügler Eurer Reihe.Darum, Tote,benutzt die Zeit! Sehr lange kann hier keinemObdach bewilligt werden. Morgen kehrtdie Lebende zurück. Und ihre Rechtesind stärker als die Euren. Jetzt schon rolltdurch Wind und Flocken irgendwo im Dunkelihr Autobus. Und wenn sich morgen stilldie Klinke senkt, muß Eure Frist schon langevorüber sein. Nichts darf der müden Frauverraten, daß Ihr hier wart. Euer Bettelnist ganz vergeblich. Diele, Tisch und Stuhlwird morgen Euch verleugnen. Keine Tränezu Euren Ehren fließen: Reiner Trug(ich warnte Euch! Ich hab Euch nichts versprochen!Ich bat Euch fort!) war Euer Aufenthalt.Und diese Nadel hier (ein kleines Beispiel),die sie seit langer Zeit, weiß ich, warum,doch gern hier liegen hatte — morgen liegt sieam alten Platze wieder. —Sieben Säckeerwarten Euch im Keller. Nutzt die Zeit!
Das zweite Sterben
In welchem Buch des Lebens hatte werdies vorgemerkt, daß Eure letzte Stundehier enden sollte? Hier im fernen Landund fremdesten Jahrhundert?Ach, wie gutdie Alten es begriffen: Jeder Tote- so lehrten sie — hat nach bemessner Fristzum zweiten Mal, und diesmal durch Gewaltzum letzten Mal zu sterben. Macht Euch fertig!Die Frist ist um. Schon leuchtet gegenüberdas erste Licht. In wenigen Minutennimmt Mac, der schwarze Heizer, ungestümund stürmisch Eure Seelen in Empfang.
Die Überlebende
Nur Du, gemalte Ahnfrau (namenlose,nur fern verwandte, ach, dem Vater schonkaum mehr vertraut, und nur dem schweren Rahmenzuliebe als Familie aufbewahrt) —nur Du wirst überleben.Mac hat ebenvoll Ehrfurcht und verschämt mich angefragt,ob er vielleicht an meiner statt die „Mutter“(so nennt er Dich), solang es mir beliebt,Dich auszuleihen, bei sich betreuen dürfte.Was ihn bewegt, Dich, Ahnfrau toten Volksaus fremdem Kontinent zu adoptieren -ich weiß es nicht. Doch ward der Handel raschzu Deinem Besten und zu seinem beinahunbänd’gen Glück durch Handschlag festgemacht.Denn Eines weiß ich sicher: Mac, der Gute,wird besser Dich betreuen, als Du’s jebei uns gekannt hast, und Dich besser liebenals unsereins, die wir als Rahmen nurund Last Dich weiterschleppten. —So beginnt denn,gemalte Ahnfrau, Deine Gnadenfristganz unverdient noch einmal: würdevollerals je zuvor, und neben unsrer kaumeinmaligen Dauer beinah schon unsterblich.So leb denn wohl! Schon heute abend wirst Dubei Mac im guten Zimmer überm Bettehrwürdig prangen. Und im Lauf der Jahrefür Kind und Kindeskinder: dunkles Volk,zur Stammesmutter werden. —Laß Dir’s gut gehnund grüße mir die Deinen, Deine neuevielköpfige Familie, und zuletztmit heißem Wunsch und unbekannterweisedas kommende Jahrhundert!Lebe wohl!
O, kehr zurück
Die Fenster auf! Denn Mac hat zuverlässigsein Wort gehalten. Unser Zimmer glühtvom Feuer des Gewesnen. Ungeschieden,als eine Flamme, steigt und fällt die Kraftdes hundertfachen Lebens. —Und nur Einer,vom Wirbelwind der Zeiten ungefragthochaufgeweht und auf der letzten Sprossedes eisigen Jahrhunderts abgesetzt-- tief unter ihm das Feuer — ich alleineblieb aufgespart, um dieser kalten Nachtdie Asche zu bezeugen.Welches Jahrmag dort, da unten, gelten? Welcher Monatund welches Land? In welchem Dialektrief dort der Negerknabe? Wohin rattertso eilig dieser Wagen? All dies kannnicht wirklich sein. Und nur die kalten StößeDezemberluft, und kratzend an der Wand,die Regenrinnen scheinen etwas Wahres.O, kehr zurück! So ahnenlos und dennochso abgesetzt in der entwöhnten Weltkann niemand weiterleben. Nur mit Deinervertrauten Stimme, dem geliebten Schrittim Nebenraum, und dann und wann der Fragehinüber und herüber, und zuletztim gleichen Raum, und nun kein Fragen mehr,nur noch die gleiche Antwort — so alleinewird Heut und Morgen, werden Tag und Nachtnoch einmal wirklich werden. Komm und übeGeduld mit mir. Denn etwas blieb ich dort.
