Drucken wie gelogen
Standard, 28. Jänner 1991:
Besonders gefährdet sind jetzt die Kormorane — wenn man sie nicht fängt und säubert, verenden sieDer Standard / Die Zeitung für Leser
Kleine Zeitung, 28. Jänner 1991:
Öko-Katastrophe im Golf: Das Öl verklebt die Federn der Wasservögel’Die neue Kleine / Wir machen unsere eigene Zeitung
AZ, 28. Jänner 1991:
Meer am Golf: „Leben für Jahrzehnte zerstört“AZ / Der bessere Kopf oder Hier weht ein frischer Wind
Vorarlberger Nachrichten, 28. Jänner 1991:
Hunderte, Tausende Vögel sterben einen langsamen grausamen Tod.Vorarlberger Nachrichten / Wir schärfen den Blick
Kurier, 28. Jänner 1991:
Der „Ölpest-Terror“, zu dem Diktator Saddam Hussein im Golfkrieg ausholt, droht die schlimmste Umwelt-Katastrophe dieses Jahrhunderts zu werden.’Kurier / Wo mans ungeschminkt erfährt
Salzburger Nachrichten, 28. Jänner 1991:
Tier- und Pflanzenwelt im Golf auf Jahrzehnte vernichtetSalzburger Nachrichten / Qualität für kritische Leser
Tiroler Tageszeitung, 29. Jänner 1991
Für die Tiere im und am Persischen Golf gibt es kaum Rettungschancen.Tiroler Tageszeitung / unabhängig - objektiv - bodenständig
Presse, 28. Jänner 1991:
Nun gehört auch die Umwelt zu den Opfern des Golfkrieges. Das Bild zeigt einen Kormoran, dessen Gefieder mit Öl verklebt ist.Die Presse / Der tägliche Vorsprung
Volksstimme, 27. Jänner 1991:
Ölüberzogener Schwimmvogel im Persischen Golf.Volksstimme / Die linke Tageszeitung
Neue Zeit, 27. Jänner 1991:
’Ein Vogel versucht durch den Öl-Teppich zu schwimmen.’Neue Zeit / Die andere Zeitung
Kleine Zeitung, 27. Jänner 1991:
Die ökologische Katastrophe bahnt sich an: Ein Vogel hat sich im Ölteppich gefangenKleine Zeitung / Die Kleine ist wie keine
Nicht um eine „Ölpest“ (Standard) bzw. „Ölpest“ (Kleine Zeitung) bzw. „Ölpest“ (AZ) bzw. „Ölpest“ (Vorarlberger Nachrichten) bzw. „Ölpest“ (Kurier) bzw. „Ölpest“ (Salzburger Nachrichten) bzw. „Ölpest“ (Tiroler Tageszeitung) bzw. „Ölpest“ (Presse) bzw. „Ölpest“ (Volksstimme) bzw. „Ölpest“ (Neue Zeit) bzw. „Ölpest“ (Kärntner Tageszeitung) bzw. „Ölpest“ (Neues Volksblatt) bzw. „Ölpest“ (Kronenzeitung) bzw. „Ölpest“ (Oberösterreichische Nachrichten) bzw. „Ölpest“ (Profil) bzw. „Ölpest“ (Wochenpresse) handelt sichs da, sondern um eine Druckerschwärze-Pest!
Einzig die Neue Tiroler Zeitung (NTZ) hat nicht von der Ölpest geschrieben. Und hat kein Propagandafoto gebracht. Weil sie ein Jahr vorher eingegangen ist.
Alle diese Fotos sind gelogen. Sie sind aus dem Archiv geholt worden: Als Fernsehen und Zeitungen die Bilder vom im Öl verendenen Kormoran spielten, gab es überhaupt noch kein ausgelaufenes Öl an den Golfküsten. Die amerikanische Agentur Associated Press, nach Aussagen des ehemaligen US-Geheimdienst-Agenten Ph. Agee, eine vom CIA unterwanderte Organisation (daher besser: AssoCIAted Press), hatte sie unters Volk gestreut. (Die Nachrichtenagentur hat das später zugegeben.) Nebenbei: Ein Teil des ausgeflossenen Öls stammt aus einem Ölterminal, das alliierte Kampfflugzeuge in Brand gebombt haben. Die US-’Streitkräfte’ haben außerdem zwei Öltanker vor der kuwaitischen Küste beschossen.
Die überall veröffentlichten Aufnahmen stammen in Wahrheit vom Auslaufen des Tankers ’Exxon Valdez’ vor Alaska im Jahre 1989. Aber wir wurden nicht von der CIA angeschmiert und nicht von den Agenturen Associated Press oder Reuters (die später nachgezogen hat), sondern von ORF, Kronenzeitung usw.:
Es sei die ’schlimmste Katastrophe dieser Art seit je’ (TT), eine ’Katastrophe wie nach Atom-Krieg. Milliarden droht Hunger.’ (Krone), die ’größte Umweltkatastrophe der Geschichte’ (Presse), die ’schlimmste Umweltkatastrophe dieses Jahrhunderts’ (Kurier).
Die ’Umwelt der Golfregion wird über Jahrzehnte zerstört sein’ (N. Volksblatt), es wird ’zehn oder zwanzig Jahre dauern’ (TT), es könnte ’Jahrzehnte dauern’ (SN), bis sich die Natur erholt, jedenfalls: ’In vier Tagen wird der gesamte Golf tot sein.’ (Kurier)
Für die Erhaltung dieser Presse kann man nur von oben sein. (Josef Cap bekommt fast rinnende Augen, wenn er davon spricht.)
Wir sind für das Eingehen dieser Presse. Falsche Nachrichten werden in Umlauf gebracht, um den Gegner im Krieg irrezuführen. Diese wurden nicht in Umlauf gesetzt, um den Kriegsgegner irrezuführen, sondern, um die Gegner dieses Krieges irrezuführen. Wir erinnern uns an die niedergemachte Milchpulverfabrik im Irak, die in allen Medien als C-Waffen-Fabrik stand, an die Mörderpanzer (mind. 6000 Getötete), die auf ’Bergepanzer’ getauft durch Tirol geleitet wurden, an den Schmäh, der Irak sei die viertstärkste Militärmacht der Welt, an das Bombardment einer militärischen Schaltzentrale in Badgad, die in Wahrheit ein Schutzraum für Zivilisten (500 tote Menschen) war — und mehr noch.
Das also ist die Meinungsvielfalt! Und die muß unbedingt erhalten bleiben? Anlügen lassen könnten wir uns doch auch von einer einzigen Zeitung! Oder bestehen Sie unbedingt auf rosa? Unbedingt auf Überformat? Eine jede Zeitung, die eingeht, ist eine weniger, die uns belügen kann. 1991 war ein gutes Jahr: Mit Volksstimme und AZ sind zwei weggefallen. 1992 ist ein schlechtes: Täglich alles kommt dazu.
Wenn hoffentlich nächstens Die Presse und Der Standard ins Gras beißen, sollten wir das feiern, nicht mit der Regierung betrauern. Sie werden ja auch mit Milliardensummen vom Staat unterstützt, weil sie für ihn so wichtig sind. Die Nachricht ist im Krieg die stärkste Waffe der Irreführung. Wenn man bereit ist, sich einzugestehen, daß in unserer Gesellschaft Krieg herrscht, ständiger, unaufhörlicher, von denen da oben gegen uns da herunten, wird man verstehen können, daß Nachrichten, die von oben kommen, nicht mitunter falsch sein können, sondern ganz gezielt falsch sein müssen.
Darum geht es in diesem Heft. Übrigens:
- (Faksimile: Kurier, 14.5.91)


Wer hat denn das alles ausgemacht? Warst du dabei, als das ausgemacht wurde? Ich nicht. Und ich bin auch nicht einverstanden damit, daß es so bleibt.

Kurier, 16.1.92

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