Gladio
Ähnlich der ZOOM 4+5/96 richten die Autorinnen ihr besonderes Augenmerk auf die intensive Zusammenarbeit zwischen dem Stay-behind-Netzwerk auf der einen und Rechtsextremen auf der anderen Seite. Sie beschränken sich dabei aber weitgehend auf die Situation in Italien, der BRD und Österreich. Dario N. Azzellini faßt das nie in deutscher Übersetzung erschienene Buch „La notte dei gladiatori“ zusammen, ergänzt um einige neuere italienische Entwicklungen. Olaf Goebels Überblick über den „Bund Deutscherjugend“ (BDJ) ist konziser als der Schnellschuß von Leo Müller aus dem Jahr 1991. Österreich ist mit Kurzbiographien jener österreichischen Nationalsozialisten (Höttl, Verbelen, Kowarik, ...) vertreten, von denen wohlbekannt ist, daß sie im Dienst von CIC, CIA und der Organisation Gehlen standen. Alles in allem ist der Sammelband eine brauchbare Ergänzung zur ZOOM-Broschüre über die „Fremden Heere West“ (Markus Perner), aber auch nicht mehr. Auch er läßt zum Teil mehr Fragen offen, als er Antworten gibt.
Die Existenz des Stay-behind-Netzes und seine Verstrickung in Mord und Staatsterror ist nicht mehr zu leugnen, die Faktenlage ist aber — mit Ausnahme Italiens — nach wie vor matt. Auch wenn bei einem Thema wie diesem die Quellenlage nie befriedigend sein wird, sollte es mitderweile möglich sein, zumindest hinsichtlich der unmittelbaren Nachkriegsjahre zu einem präziseren Bild zu kommen — wie es etwa Christopher Simpson in bezug auf die Rekrutierung (ehemaliger) Nationalsozialisten durch US-Geheimdienste gelungen ist. Nach wie vor fehlt es an einer zusammenfassenden Darstellung und historisch politischen Interpretation des Gladio-Netzes. Unklar bleibt auch, ob und inwieweit dieses, nach Zusammenbruch des Warschauer Paktes und der Marginalisierung kommunistischer Bewegungen in Westeuropa nutzlos geworden, in veränderter Form und mit neuer Aufgabenstellung weiterexistiert. Oder die Frage, welchen Tätigkeiten sich jene überflüssig gewordenen Gladiatoren zugewandt haben, die ihre Phantasien vom Partisanenkampf, für den sie ausgebildet wurden, nicht realisieren konnten.
Gladio — Die geheime Terrororganisation der Nato. Jens Mecklenburg (Hg.), Elefanten Press, Berlin 1997, öS 182,—
