Graue Eminenzen — dunkle Existenzen
Patmos Verlag, Düsseldorf 1998, 196 S, öS 291,—
Anläßlich der jüngsten Morde bei der päpstlichen Garde, denen auch eine Frau zu Opfer fiel, kommt ein Buch gerade zurecht, um in Erinnerung zu rufen, daß es im Vatikan nie ohne kleinere und größere Skandale abgegangen ist. Unterschiedlich war und ist nur das Ausmaß, in dem diese verschleiert und begraben werden konnten und können. Man denke zum Beispiel an den berüchtigten Bankrott der Banco Ambrosiano, der im Zusammenhang mit der Bank „Institut für religiöse Werke“ (IOR) stand. Das Institut unterstand damals direkt dem Papst.
Stehle war der langjährige Korrespondent der Zeitung „Die Zeit“ in Italien, Spezialgebiet Vatikan, und hat ein kleines, feines Buch über diverse Figuren in den Zwischenreichen, die neben den offiziellen existieren, geschrieben.
Gleich in seinem ersten Porträt bringt er einen Prälaten des Vatikans in Erinnerung, der es als kleiner Beherrscher von Intrigen und Devisen sehr weit brachte, bis sich der Verdacht auf Devisenvergehen, wie ihn die italienischen Behörden des längeren hegten, bestätigte und ihn stürzte. Die mangelnde Dankbarkeit des Vatikans für seine inoffiziellen Dienste veranlaßte ihn später, für den berühmten Schlüsselroman von Roger Peyrefitte „Die Schlüssel von St. Peter“ die nötigen Hintergrundinformationen zu liefern. Dazu kommt, daß er aller Wahrscheinlichkeit nach auch für die Sowjetunion zumindest zeitweise gearbeitet hat.
Der berüchtigte Bischof Hudal kommt genauso vor wie Hochstapler und Kriegsgewinnler verschiedenster Provenienz.
Ein Hinweis in Sachen Gladio: Das Kapitel 16 beschäftigt sich mit dem Papstattentat vom 13.5.1981 und führt zum Schluß wieder zu jenem Untergrund des Kalten Krieges, der soviel Stoff für unsere Broschüre „Es muß nicht immer Gladio sein“ lieferte. Ein gewisser Oral Celik, wegen Rauschgifthandel in Frankreich verhaftet und wegen seiner vermuteten Komplizenschaft bei dem Attentat an Italien ausgeliefert, benennt einen belgischen Dominikaner Felix Morlion als den Auftraggeber. Allerdings kommen diese Aussagen nach 1991, nachdem also die Stay-Behind-Netze aufgeflogen und viele der Kalten Krieger bereits verstorben sind.
Damit wird niemandem weh getan und die Spuren ins Nirgendwo vermehren sich.
