Liebe Leserin, lieber Leser!
Context XXI erscheint in einer Republik, in der die Existenz von Antisemitismus am liebsten geleugnet wird, und deren Botschaften, wie in Beirut, Veranstaltungen mit Rednern von der Judenmördertruppe Hisbollah unterstützen, während jenen Menschen, welche der Vernichtungsmaschinerie der Nazis den Gehorsam verweigerten, nach wie vor die adäquate Anerkennung versagt bleibt. Neben der Denunziation dieser Zustände bieten wir Ihnen auch im vorliegenden Heft wieder einige ausführlichere theoretische Überlegungen, die sich, sei es in der Auseinandersetzung mit dem jüdischen Messianismus, sei es in der Kritik am Stalinismus, der Überwindung eben jener Zustände in der kapitalen, staatlich organisierten und postnationalsozialistischen Welt verpflichtet fühlen.
Auf unserer Homepage finden Sie eine Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Wehrdienstverweigerung, Gewaltfreiheit und Flüchtlingsbetreuung zur Kündigung ihrer Herausgeberschaft von Context XXI, welche die Notwendigkeit der Trennung auch aus Sicht der Redaktion nochmals deutlich vor Augen führt. Ebenfalls auf unserer Homepage finden Sie eine Entgegnung auf eben jene Stellungnahme von Hannah Fröhlich für die Context XXI-Redaktion. Das Thema Krieg und Frieden wird sich auch ohne die Herausgeberschaft der Arge weiterhin in Context XXI finden, so auch in dieser Ausgabe mit Ausführungen zu einer Psychopathologie des Friedens.
Wir haben die Ausstellung Gastarbajteri, die noch bis zum 11. April im Wien-Museum zu sehen ist, als Anlass genommen, Ihnen einen kleinen Schwerpunkt zu Migration, Rassismus und Antirassismus zu präsentieren. Den Leserinnen und Lesern von Context XXI bieten wir eine Führung durch Gastarbajteri mit unserem Redakteur Thomas Schmidinger an. Ort und Zeit finden Sie auf Seite 13. Unser Schwerpunkt setzt sich aber nicht nur mit der Ausstellung auseinander, sondern auch mit der in den letzten Monaten mehrfach in die Schlagzeilen geratenen Firma European Homecare, die das Menschenverwaltungslager in Traiskirchen betreut. Neben der exemplarischen Beschreibung des europäischen Migrationsregimes in Spanien finden Sie auch eine theoretische Auseinandersetzung mit jenen Ausprägungen des Antirassismus, die mit einer Kritik an der rassifizierenden Kollektivierung von Individuen nichts mehr gemein hat, sondern im Beharren auf schützenswerten kollektiven Identitäten stets beim Angriff auf den Lieblingsfeind der moralischen Weltgemeinschaft landet: Israel.
Sehr gefreut hat uns die Aufmerksamkeit, welche die Context XXI-Sondernummer zu Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus gefunden hat, die als Begleitheft zu dem gleichnamigen, von LICRA-Österreich in Kooperation mit zahlreichen weiteren Institutionen veranstaltetem Symposium als Heft 6-7/2003 erschienen ist und nach wie vor bei der Redaktion bestellt werden kann. Vom Online-Standard über den Bund bis zu diversen feministischen Internetseiten haben sowohl das Heft als auch die Veranstaltungen des Symposiums positive bis begeisterte Reaktionen hervorgerufen. Dem starken Interesse an dem Thema hoffen wir auch in diesem Heft mit dem Beitrag über sowjetische Widerstandskämpferinnen entsprechen zu können.
Die Abbildungen in diesem Heft stammen von den Ausstellungen Gastarbajteri und Brecht & Piscator, aus dem Band „Blutigrot und silbrig hell ...“ Bild, Symbolik und Agitation der frühen Arbeiterbewegung, erschienen im Böhlau-Verlag und aus der Broschüre Roter Oktober. 70 Jahre Russische Revolution. Die Titelgraphik stammt in diesem Heft erstmals nicht von diE nOt, sondern von no*signal.
Ich darf mich an dieser Stelle von Ihnen, geschätze Leserin und geschätzer Leser, wieder einmal als koordinierender Redakteur und Redaktionsmitglied verabschieden.
Ab der nächsten Ausgabe wird Katrin Auer die Funktion der koordinierenden Redakteurin übernehmen.
