Wurzelwerk, Wurzelwerk 13
August
1982
BRD

Ökokur Teichkultur

Anwendung von Teichen in der Abwasserreinigung

Zur Behandlung häuslicher und landwirtschaftlicher Abwässer werden seit je Teiche benutzt.

Schon die Antike kannte in ihren Kulturkreisen Fischteiche, welche mit Abwassern gespeist wurden; im 19. Jahrhundert gab es in Mitteleuropa zahllose Anlagen dieser Art. Seit langem bekannt sind anaerobe Teiche zur Behandlung von Abwässern verschiedener Herkunft.

Bis vor wenigen Jahren richtete man solche Anlagen jedoch mehr zufällig als aus planerischer Absicht ein. Erst nach 1950, als Auslegungs- und Betriebsdaten in ausreichendem Maße erarbeitet worden waren und zur Verfügung standen, erfuhr die Teichtechnik einen großen Aufschwung. Sie gewann durch Erforschung auch ihrer Grundlagen so an Bedeutung, daß sie in den letzten Jahren zu einem wichtigen Verfahren der Abwasserbehandlung wurde.

Zwischen Pol und Äquator sind tausende solcher Anlagen in Betrieb. Die weltweite Erfahrung hat gezeigt, daß auch im ungünstigen Klima durch geeignete Maßnahmen ein erfolgreicher Betrieb möglich ist. Die Anschlußwerte reichen von wenigen hundert bis zu einigen hunderttausend Einwohnergleichwerten.

Die Entwicklung der Abwasserteich-Technik hat zu einer Reihe charakteristischer Teicharten geführt:

  • Anaerobe Abwaserteiche
  • Aerobe Abwasserteiche
  • Fakultative Abwaseteiche
  • Abwasserfischteiche

Der anaerobe Teich ist eine Faulanlage. Schon mit geringer künstlicher Belüftung — wobei der Teich eben anaerob bleibt— werden durch Gärung anstelle der Faulung hohe Stoffumsätze erzielt.

Aerobe Teiche können bei technischer Belüftung höher belastet oder kleiner gehalten werden als natürlich mit Sauerstoff versorgte Teiche.

Dies gilt auch für fakultative Teiche, die nur in der wasserspiegelnahen Region aerob, nahe der Sohle aber anaerob sind. Die meisten technisch belüfteten Teiche sind aus wirtschaftlichen Gründen fakultative Teiche.

Abwasserfischteiche wirken stark keimvermindernd. Als größträumige aller Teichtypen sind Abwasserfischteiche ideale Kläranlagen.

Diese Arten der Abwasserteiche sind für unterschiedliche Abwässer mehr oder weniger gut geeignet. Deshalb werden sie in der Praxis häufig miteinander kombiniert.

Biologische Vorgänge im aeroben Abwasserteich

Die biologischen Vorgänge in belüfteten Teichen sind denen in biologisch wirkenden Kläranlagen ähnlich, sie laufen jedoch bei einem stark verminderten Schlammgehalt ab; dafür erstrecken sie sich über sehr lange Zeiträume. Weil aber das Produkt aus Schlammgehalt und Zeit ― die Schlammarbeit ― bei beiden Verfahren etwa gleich groß ist, ist auch die Wirkung etwa gleich. Belüftete Teiche ähneln darin Flüssen und Seen.

Viele Teichanlagen werden im saisonbedingten Aufstau betrieben. Besonders in solchen, aber auch in ständig durchflossenen Teichen stellt sich im Laufe der Zeit eine Lebensgemeinschaft von nahezu konstant bleibender Artenzusammensetzung ein, welche für den Abbau der Verschmutzung sorgt. In einem nicht von Abwasser durchflossenen Stapelteich ergibt sich durch die fortwährende Belüftung eine biozönotische Abfolge von Organismen, welche bei Bakterien beginnt und über Flagellaten, Blau- und Grünalgen bis zu Daphnia-Kleinkrebsen führt, welche für das abschlieBende Klarwasserstadium kennzeichnend sind.

Entwicklung der Abwasserteiche

Gestapelte Abwässer brauchen nur solange etwas intensiver belüftet zu werden, bis sich diese Lebensgemeinschaft aus Algen und Kleinkrebsen einstellt. Danach wird ein Teil des Sauerstoffbedarfes von den grünen Algen assimilatorisch gedeckt, aber nur tagsüber; nachts wird auch von grünen Algen Sauerstoff verbraucht. Deshalb kann auch nur am Tag Belüftungsenergie gespart werden.

Der die Reinigung des Abwassers besorgende belebte Schlamm ist durch die mitgeteilte Belüftungsenergie teils in Schwebe, teils aber auch auf der Teichsohle abgelagert, dort aber in so dünner Schicht, daß die Versorgung mit Nährstoffen und mit Sauerstoff aus dem vorbeistreichenden Wasser gewährleistet ist. Der Sauerstoffbedarf des Schlammes ist wegen seiner nur niedrigen Belastung mit abzubauenden Schmutzstoffen so gering, daß das natürliche Umgebungsreservoir Wasser durch die Belüftung immer mit Sauerstoff aufgefüllt bleibt.

Außer im Schwebezustand wird der Schlamm überwiegend im Liegen stabilisiert, wobei wenig Energie für gelegentliche Umschichtungen genügt. Der Anfall an überschüssigem Schlamm ist so minimal, seine Humifizierung so weitgehend, daß im Teich eine nur dünne Schicht hinterbleibt, die erst nach Jahren beseitigt zu werden braucht.

Abwasserteiche können für jedes biologisch behandelbare Abwasser verwendet werden, angefangen beim gewöhnlichen häuslichen Abwasser über Abwässer aus Gewerbe und Landwirtschaft bis zum schwierigeren Industrieabwasser: Molkereien, Schlachtereien, Zucker- und Konservenfabriken, Textil- und Papierindustrie, usw.

In zunehmendem Maße gewinnen Abwasserteiche nach bestehenden, aber in ihrer Wirkung nicht mehr ausreichenden Kläranlagen an Bedeutung. Wegen ihrer enormen Pufferkapazität sind Teichanlagen besonders gut in der Lage, Überlastungsdurchschläge solcher Kläranlagen aufzufangen und abzubauen. Ein nachgeschalteter Abwasserteich vermag z.B. das gesamte Regenwasser aufzufangen, welches gewöhnlich aus dem Kanalnetz direkt in den Vorfluter abgeleitet wird. Als nachgeschaltete Algenteiche zur Entfernung der eutrophierenden Nährstoffe Phosphor und Nitrat sind solche Anlagen bereits den Methoden der weitergehenden Abwasserreinigung zuzurechnen. Sie stehen als Vorstufe z.B. einer Grundwasseranreicherung an der Grenze der Techniken zur Trinkwasseraufbereitung.

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