Amelie Lanier, 4. Abschnitt
Juli
2012
8.7.2012

Protokoll 23

Kooperation 2

11. KAPITEL: Kooperation

Verglichen mit einer gleich großen Summe vereinzelter individueller Arbeitstage, produziert der kombinierte Arbeitstag größre Massen von Gebrauchswert und vermindert daher die zur Produktion eines bestimmten Nutzeffekts nötig Arbeitszeit.

(S 348, Absatz 2)

Es wird hier durchgehend behauptet ist, daß die kooperierenden Arbeiter mehr Arbeit verrichten, als alle einzelnen zusammengezählt, und diese Behauptung gilt eben nicht für alle Arten von Arbeiten. Irgendwie werden der Zusammenarbeit hier wundersame Kräfte zugeschrieben, die nicht unbedingt der strengen Prüfung standhalten ...

Während heute die Rolle der Kooperation sowohl durch Maschinen als auch durch Outsourcing eher gering ist und sie in gewisse Bereiche abgedrängt wird (Wissenschaft & Forschung, Bautätigkeit), so war sie sicherlich in der Frühzeit des Kapitalismus ein wichtiges Moment, um Manufakturen zu ermöglichen und Kapitalkonzentration zu befördern. Das wiederum setzte eine Menge an freigesetzten Arbeitern voraus, die für solche Gemeinschaftsunternehmen zur Verfügung standen.

Der Gesamtwert dieser Arbeitskräfte oder die Lohnsumme der Arbeiter für den Tag, die Woche usw., muß daher in der Tasche des Kapitalisten vereint sein, bevor die Arbeitskräfte selbst im Produktionsprozeß vereint werden. Zahlung von 300 Arbeitern auf einmal, auch nur für einen Tag, bedingt mehr Kapitalauslage als Zahlung weniger Arbeiter Woche für Woche, während des ganzen Jahrs.

(S 349, Absatz 2)

Erstens hat daher der Kapitalist, der diese Summe vorschießen kann, einen Konkurrenzvorteil gegenüber denjenigen, die dazu nicht in der Lage sind. Daran ist zu erinnern gegen die Vorstellung, mit etwas Eigeninitiative und In-die-Hände-Spucken könnte man ein Unternehmen aus dem Boden stampfe und sich gegen diejenigen durchsetzen, die bereits über erfolgreiches Kapital verfügen.
Zweitens werden aber auch für den Welthandel wichtige oder nützliche Dinge nicht gebaut, weil vor Ort niemand in der Lage ist, diese Summe vorzuschießen, und konkurrierende Interessen andere hindern, die Investition zu tätigen. (Beispiel: angestrebte Kanalbauten zur Entlastung des Panamakanals oder der Straße von Malakka.)

Mit der Kooperation vieler Lohnarbeiter entwickelt sich das Kommando des Kapitals zum Erheischnis für Ausführung des Arbeitsprozesses selbst, zu einer wirklichen Produktionsbedingung. Der Befehl des Kapitalisten auf dem Produktionsfeld wird jetzt so unentbehrlich wie der Befehl des Generals auf dem Schlachtfeld.

(S 350, Absatz 2)

In der Frühzeit des Kapitalismus lag das Problem darin, genug Leute zusammenzukriegen, um mit ihrer Arbeit die eigene Kapitalakkumulation zu vollziehen – heute hat sich das Verhältnis umgekehrt: Man muß genug Kapital vorschießen können, um die nötige Anzahl von Lohnarbeitern zusammenzukriegen, um überhaupt in die Konkurrenz einsteigen zu können. Es geht nicht nur um den „Befehl“, sondern vor allem um die Kohle, um ihn ausüben zu können.
(Eine Ausnahme sind neue Wirtschaftszweige, wo am Anfang wirklich noch eine Idee genügt.)

„Leitung“:

Diese Funktion der Leitung, Überwachung und Vermittlung, wird zur Funktion des Kapitals, sobald die ihm untergeordnete Arbeit kooperativ wird.

(S 350, Absatz 3)

Hier ergaben sich Mißverständnisse über die Natur dieser „Leitung“, die der Kapitalist übernimmt und die man ihm abschauen muß, um effizient produzieren zu können. So kam es ja auch, daß Lenin meinte, man müsse „von den Kapitalisten lernen“.
Genauso, wie es von der konkreten Arbeit abhängt, ob und wie Kooperation für ihre Verrichtung dienlich ist, so hängt es von der Produktionsweise ab, wie diese Leitung oder Lenkung von Arbeitsprozessen beschaffen ist.

Mit der Masse der gleichzeitig beschäftigten Arbeiter wächst ihr Widerstand und damit notwendig der Druck des Kapitals zur Bewältigung dieses Widerstands.

(S 350, Absatz 4)

Auch diese Stelle gibt Anlaß für Mißverständnisse – als ob es einen quasi physikalischen Automatismus für Widerstand der Ausgebeuteten gäbe.

Bei Betrachtung der kapitalistischen Produktionsweise identifiziert er dagegen die Funktion der Leitung, soweit sie aus der Natur des gemeinschaftlichen Arbeitsprozesses entspringt, mit derselben Funktion, soweit sie durch den kapitalistischen und daher antagonistischen Charakter dieses Prozesses bedingt wird. Der Kapitalist ist nicht Kapitalist, weil er industrieller Leiter ist, sondern er wird industrieller Befehlshaber, weil er Kapitalist ist. Der Oberbefehl in der Industrie wird Attribut des Kapitals.

(S 352, Absatz 1)

So gelten ja auch heute die Manager als die, die den Gewinn des Betriebes erwirtschaften und deshalb besonders gut bezahlt werden müssen.

Die Beispiele auf S 353 für vorkapitalistische Konzentration von Arbeitskräften erwähnen nur Prunkbauten, es wurden aber doch auch nützliche Dinge gebaut, wie Straßen (1 & 2), Brücken (1 & 2) und Kanäle (1 & 2), Urbarmachung von Land usw. ...

Die Kooperation bleibt die Grundform der kapitalistischen Produktionsweise, obgleich ihre einfache Gestalt selbst als besondre Form neben ihren weiterentwickelten Formen erscheint.

(S 355, Absatz 2)

Während es in den Frühzeiten des Kapitalismus wichtig war, viele Leute für den Arbeitsprozeß zusammenzubringen, findet im Zuge der Entwicklung dieser Produktionsweise zusehends die Ersetzung von Leuten durch Maschinen statt. Dem widmen sich die nächsten Kapitel.

Im RealSozialismus hat dieses Kooperationskapitel Mißverständnisse im Zusammenhang damit, was „Produktivkräfte“ heißt, hervorgebracht: Fortschritt heißt: möglichst große Betriebe. Arbeit ist das höchste Bedürfnis des Menschen, die braucht er unbedingt. Zusammen macht man alles besser.

Das Kooperationskapitel ist länger, als es die darin ausgedrückten Gedanken erheischen. Eine gewisse Begeisterung über die Effekte der Kooperation ist beim Autor unstreitig feststellbar. Vielleicht hätte Marx gerne mehr Mitarbeiter/Helfer bei der Abfassung des Kapitals gehabt, und das kommt so zu Ausdruck ...

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