Regieren durch Folter
Nicht alle Bischöfe haben Neigung zum Martyrium. Aber es gibt welche: Der brasilianische Bischof Helder Camara wird vom ebenso stupiden wie bösartigen Militärregime als „Bolschewik“ klassifiziert. Sein Sekretär wurde bereits ermordet, früher oder später mag es ihm ähnlich ergehen. So benützte er die Gelegenheit einer Europareise, um, solange es ihm noch möglich ist, über die Folter in seinem Land zu sprechen. Im Pariser Palais des Sports hörten ihn Ende Mai Tausende junge Katholiken, aber auch kirchliche Honoratioren, z. B. fast alle französischen Bischöfe und Kardinäle. Wir bringen die wesentlichen Passagen nach einer Tonbandaufzeichnung, da er ohne Manuskript sprach. — Dom Helder, der mehrfach im NEUEN FORVM zu lesen war („Christen plündern Christen, Zur politischen Ökonomie Lateinamerikas“, NF März/April 1968; „Ändert die Erste Welt“, NF Mitte März 1970), hat auf Einladung Bundeskanzler Kreiskys die Mitgliedschaft im Kuratorium des Wiener Instituts für Entwicklungsfragen akzeptiert, er sprach im Mai auf der Salzburger Tagung dieses Instituts.