Schriftsteller und Tagespresse
Anläßlich des im Juni abgehaltenen Internationalen PEN-Kongresses in Wien erschien im FORVM unter dem Titel „Über die Machtlosigkeit des Literaten“ ein polemischer Aufsatz von Alexander Lernet-Holenia, der beträchtliche und widersprüchliche Reaktionen hervorrief. Daß dies nicht nur an der eigenwilligen Betrachtungsweise des Autors lag, sondern vor allem an der Aktualität und Hitze des von ihm aufgegriffenen Themas, hat sich erst dieser Tage wieder bestätigt: die Österreichische Schriftstellervereinigung veranstaltete unter dem Titel „Macht und Ohnmacht des Schriftstellers“ einen Vortrags- und Diskussionsabend, an dem auch Alexander Lernet-Holenia das Wort ergriff, und zwar durchaus im Sinne seines im Juni-Heft des FORVM publizierten Artikels (auf den er sich auch berief). Wir geben seinen Ausführungen, die nicht minder eigenwillig sind als die vorangegangenen es waren, im nachfolgenden aus dreierlei Motiven Raum: zunächst aus dem im FORVM geübten Prinzip der freien Meinungsäußerung, die wir am allerwenigsten einer Persönlichkeit wie Lernet-Holenia versagen möchten; sodann, um die von ihm so kampflustig verfochtene Meinung, daß ein Schriftsteller im heutigen Österreich mit kampflustig verfochtenen Meinungen nirgends ankäme, via facti zu dementieren, und schließlich um eines andern Dementis willen, gerichtet gegen jene Sorte der von Lernet-Holenia apastrophierten Tagespresse, die aus seiner hier eingenommenen Position mit gewohnter Hurtigkeit ein allzu billiges Kapital schlagen wollte.