„Wendezeit“
In Heft 4 dieser Zeitschrift (Juli 1985) haben wir an die blutigen Anfänge der in Innsbruck lebenden Schriftstellerin Ingeborg Teuffenbach erinnert und Proben aus ihrem Schaffen vorgezeigt.
Dem Reichsjugendführer und späteren Gauleiter von Wien, Baldur von Schirach, war ihr erstes Lyrikbändchen gleich ein Vorwort wert und der Reichsminister für Volksaufklärung, Joseph Goebbels, (der sich beim Lesen dieser Gedichte „manchmal kaum der Tränen erwehren“ konnte) zeichnete es 1938 mit dem Deutschen Buchpreis aus. Teuffenbachs lyrisches Hauptwerk »Saat und Reife« schmückt die vom Führer ganz offiziell angenommene Widmung „Für Adolf Hitler“ und ist vom damaligen Wiener Gauleiter Odilo Globocnik eingeleitet. (Globocnik war 1933 nach der Ermordung eines jüdischen Geschäftsmannes in Wien nach Nazideutschland geflüchtet und 1938 zum Gauleiter von Wien bestellt worden. 1939 wurde er wegen bekanntgewordener Devisenschiebereien wieder abgesetzt und wechselte als Brigadeführer zur SS. In der Folge brachte er es zum SS- und Polizeiführer von Lublin, dem die Menschenvernichtungslager Belzec, Sobibor, Treblinka und Majdanek unterstanden.) Er lobte 1938 die martialischen Gesänge der Ingeborg Teuffenbach in den höchsten Tönen und dankte „dieser Frau, daß sie uns allen diese Gedichte geschenkt hat, die ebenso schön in ihrer Sprache sind, wie sie auch ein Denkmal bauen für die alte illegale Garde der Ostmark und ihre Treue zu Adolf Hitler“.
Die solchermaßen Geehrte hat bis zum Zeitpunkt unserer Offenlegung den Tatbestand immer durch Lügen sonder Zahl in Abrede zu stellen versucht. Statt 24 wollte sie 1938 erst 17 gewesen sein, statt drei Auflagen von »Saat und Reife« begehrt, wollte sie nur eine zugelassen haben, ihr 1938 erschienenes Buch »Kärntner Heimat« wollte sie schon vor dem Anschluß, den 1943 erschienenen Lyrikband »Verborgenes Bildnis« erst nach dem Zusammenbruch und die »Gedichte zum Krieg« unter dem Titel »Verpflichtung« überhaupt nie herausgebracht haben, den 1941 aus der Hand eines SS-Oberführers empfangenen »Raimund-Preis« (Bericht darüber in: »Völkischer Beobachter«, 1. Juni 1941) wollte sie schon 1939 und den 1944 empfangenen Lyrikpreis des Landes Kärnten erst 1945 empfangen haben. So suchte sie durch die Hinausdrängung verräterischer Daten aus den Jahren der NS-Zeit ihre Taten aus der NS-Zeit zu verstecken.
Es ist Frau Teuffenbach im FOEHN nicht vorgeworfen worden, daß sie ein verbrecherisches Regime angefeuert hat, bloß, daß sie uns unaufhörlich vorgelogen hat, sie hätte dies nicht getan.
Auf unsere Offenlegung hin hat T. nun in die von ihr mitbegründete und von ihr mitherausgegebene, aus Steuergeldem bezahlte Zeitschrift, die sich »InN« nennt und »Zeitschrift für Literatur«, hat in deren Impressum folgende Offenlegung nach § 25 Mediengesetz hineinschreiben lassen: „InN veröffentlicht literarische und kulturpolitische Texte und ist dem Pazifismus und Antifaschismus verpflichtet.“

Schwubidiwup. Simsalabim. Das immer schon nach dem Winde gehängte Mäntelchen verkehrt herum angelegt, und fertig ist die neue Frau. Aus der lärmenden Kriegshetzerin,
Den tapferen Sinn beim Gang zur Front zu zeigen, / fällt uns im Weh des Abschieds selbst nicht schwer, / eh nicht des Sieges rote Fahnen steigen / gibt es für uns kein andres Wünschen mehr.(Aus: »Die jungen Kämpfer an Deutschland«)
die sie, da sie sie verleugnet, auch nie hat überwinden können, ist auf dem Zeitungspapier eine Pazifistin, aus der glühenden Nationalsozialistin,
Wir sagen oft für uns allein, von Zeit zu Zeit in uns hinein: Heil Hitler!Kein Fremder hört etwas davon, nur in dem Ohr klingt lang der Ton: Heil Hitler!(Aus: »Der Gruß«)
die sie, da sie sie verleugnet, auch nie hat hinter sich lassen können, ist, wenn auch keine gestandene, so doch eine geschrieben gestandene Antifaschistin geworden.
Der Redaktion des FOEHN sind jüngst Dokumente zugegangen, die den ersten Teil der Überlaufbahn von Ingeborg Teuffenbach illustrieren. Es handelt sich dabei um Aktenstücke aus der Reichsschrifttumskammer und aus dem Parteiarchiv der NSDAP. Wir wollen sie, da die Geschichte mit unserer seinerzeitigen umfänglichen Darstellung leider immer noch kein Ende gefunden hat, den Freunden des FOEHN und denen, die ihn als dessen Gegner lesen, nicht vorenthalten.
Bis ins Frühjahr 1945 war Teuffenbach Partei- und Kriegshymnikerin, bis Juli 1985 hat sie drei Viertel ihrer Schreibtischverbrechen geleugnet und sich fürs nichtleugbare vierte ein bißchen (wörtlich:) „geschämt“, seit Heft 4 unserer Zeitschrift aber ist Frau Ingeborg Teuffenbach in 6020 Innsbruck stolze Besitzerin eines Antifaschismus und eines Pazifismus. Weshalb sich eine Zeitschrift mit dem Literaturverständnis des »InN« auf solche Sachen verpflichten sollte, verstehe ich nicht, aber nur zu gut, daß Frau T. ihre beiden Neuerwerbungen den zig Lesern ihres Druckerzeugnisses nicht länger vorenthalten möchte.
Der fliehende Wechsel von der seinerzeitigen zur nunmehrigen Verpflichtung ist, bei aller Verzögerung, ein uns, die sich nur auf die ersten 71 Lebensjahre der Künstlerin Stützenden, regelrecht entwaffnender Geniestreich.
Was tut Ingeborg Teuffenbach mit ihren ehemals blutigen, aber zwischenzeitlich in Unschuld notdürftig gewaschenen Händen? Sie legt sie in den Schoß. Sie führt sich ihren eigenen Untaten gegenüber als Pazifistin auf. Sie hat ihren Frieden mit ihrer Vergangenheit gemacht.
Die Antifaschistin Teuffenbach beschäftigt kein Gedanke mehr an die Faschistin Teuffenbach. Niemals vergessen, heißt die Devise, das Mäntelchen nach dem Wind zu hängen. (Der Föhn freilich, der FOEHN tut’s arg zerzausen.)




(...) In den Jahren der Kampfzeit war ich Kulturreferentin des BDM im Gau Kämten. In dieser Zeit entstanden alle meine politischen Kampfgedichte, die ich in ungezählten illegalen Veranstaltungen und Feierstunden vortrug.
Die erste Veröffentlichung eines Großteils dieser Gedichte erfolgte in dem illegalen Band: Bekenntnisse österr. Jugend, das 28 Gedichte von mir u. 7 Gedichte anderer Mitglieder der Hjt. enthält.
Nach dem Umbruch hat der Reichsjugendführer diesen Gedichtband unter dem Titel »Das Lied der Getreuen« herausgegeben, der am 1. Mai 1938 mit dem Literaturpreis des Reichspropagandaministeriums ausgezeichnet wurde. (...)

Mittlerweile sind Sigurd Paul Scheichl, bekanntes RFS-Mitglied und Hauptausschuß-Kandidat in den 60er Jahren, und Ingeborg Teuffenbach, NSDAP-Mitglied mit der Nummer 6.223.137, die alleinigen Besitzer und Verleger des vor einem Jahr schon auf eine Auflage von 750 Stück herabgesackten »InN«. Wer von den beiden da gegen wen neuerdings Antifaschist ist?
T. jedenfalls probt inzwischen schon fleißig ihren Antifaschismus in der »Tiroler Tageszeitung«. Auf der „Kulturseite“ genannten Seite bespricht sie mit Vorliebe Theaterstücke und Bücher über Ereignisse und Persönlichkeiten aus der NS-Zeit. Weil ihr das die Möglichkeit bietet, sie zu bewältigen, wünscht man sich, weil ihr das erlaubt, unbehelligt und in aller Öffentlichkeit jener Großen Zeit des dutzendjährigen Reiches nachzurennen und uns dabei vorzumachen, sie bewältige sie gerade, muß man annehmen.
Ein Beispiel für diesen Antifaschismus, der, so unverhofft sie in ihrem hohen Alter noch dazu gekommen ist, so billig auch ist, wollen wir uns aus der Nähe ansehen. Er gipfelt am 5. September 1987 in der Besprechung einer Lebensbeschreibung der Anne Frank. Bekanntlich hat nicht ihre Ermordung, sondern ihr Tagebuch und die Verfilmung ihres Lebens und ihrer Ermordung Millionen Menschen gerührt. Gewesene und gebliebene Nazis sind noch viele Jahre nachher plärrend aus den Kinos gestürzt. Festgehalten ist das Wort einer von den Filmbildern geschüttelten Ehemaligen, wonach man dieses eine Mädchen doch hätte verschonen sollen.
Teuffenbach, nicht die ehemalige, sondern die nunmehrige, schreibt folgenden antifaschistischen Satz in die »Tiroler Tageszeitung« hinein: „Was die Menschheit von heute am kurzen Leben des unschuldigen Judenkindes, das mit den Eltern in einem Versteck untergetaucht, fast gerettet, aber in letzter Minute doch ins Todeslager verschleppt wurde, rührt, hat das Gewissen und die Trauer der Zeitgenossen und ihrer Kinder wachgerüttelt. Es hat unser Bewußtsein geprägt.“
Wer lesen kann, der lese!
Dieses eine Judenkind sei unschuldig gewesen, sagt Teuffenbach. Noch heute bringt Teuffenbach, die Frau eines SS-Hauptsturmführers, deren Hauptwerk vom Verantwortlichen für die Judenausrottung im Generalgouvernement (Polen) eingeleitet ist, noch heute bringt sie nur über die Lippen, daß Anne Frank ins Todeslager verschleppt, nicht aber, daß sie umgebracht!, getötet!, ermordet! worden ist. Und sie spricht von Zeitgenossen, wo sie von Tätern sprechen müßte! Die Opfer und ihre Zeitgenossen! Ingeborg Teuffenbach war eine Zeitgenossin der von ihr in einen verbrecherischen Krieg gehetzten und dort in millionenfacher Zahl hingeschlachteten Soldaten, war eine Zeitgenossin der dem von ihr aufs äußerste angetriebenen Regime zum Opfer Gefallenen.
Das ist Teuffenbach. Was aber ist Antifaschismus und was Pazifismus?
Pazifismus ist eine der heutigen politischen Entwicklung völlig unangemessene Haltung. Den Vorbereitern eines neuen Weltkrieges mit Pazifismus zu kommen, ist, was sie sich gewünscht haben. Der Untergrabung der Unabhängigkeit Österreichs von außen her und von innen her mit Friedensliebe zu begegnen, heißt, der neuerlichen Auslieferung unseres Landes auf halbem Weg entgegenkommen.
Die Pazifisten wenden sich gegen den Rüstungswahnsinn wie man sich in Innsbruck gegen Norden wendet, um die Frau Hitt zu sehen. Auch die NSDAP trat im Jahre 1932 mit der Losung auf: „Mit Hitler gegen den Rüstungswahnsinn der Welt!“ Das ist ein Pazifismus, der nichts kostet. Außer eine Menge Menschenleben. Den Pazifismus, den sich Kurt Schuschnigg vor 50 Jahren geleistet hat, hat Österreich mit 300.000 Toten und schließlich Europa mit zig Millionen Toten bezahlt. So gesehen hat Ingeborg Teuffenbach nur von den den Anschluß von gestern aktiv Vorbereitenden zu den den Anschluß von morgen friedlich Hinnehmenden gewechselt. Den ständigen Neutralitätsverletzungen von innen und von außen wie dem Verrat österreichischer Interessen an EG und NATO pazifistisch gegenüberzustehen, heißt aber letztlich, die in Gang befindlichen Bestrebungen, diesen Staat neuerlich auszulöschen, zu befördern. Die überwiegende Mehrheit der Soldaten des Österreichischen Bundesheeres von 1938 und der Großteil der Bevölkerung waren — im Gegensatz zu den heute unters Volk gebrachten Behauptungen — bereit, sich den deutschen Truppen entgegenzustellen, wurden aber von Schuschnigg zum Pazifismus verdonnert! „Widerstandswille“, sagte Bundeskanzler Leopold Figl 1947 als Zeuge vor Gericht, „war im Volk vorhanden, besonders in den letzten Tagen. Wenn man das Volk aufgerufen hätte, wären 80 bis 90% mitgegangen.“
Krieg ist das Grauslichste, was es gibt. Dem stellt man sich nicht als Pazifist entgegen. Den Menschen einzureden, man könnte mit Friedensliebe dem Krieg begegnen, heißt, ihn ermöglichen, heißt, sie dem ewigen Frieden preisgeben.
Die Pazifisten haben ihren Frieden mit den Unterdrückern gemacht und sprechen den Unterdrückten das Recht ab, sich ihrer Peiniger zu entledigen. Das Volk von Afghanistan aber wird sich nicht mit pazifistischen Reden, sondern nur mit der Waffe in der Hand befreien können. Wer einen dauerhaften und demokratischen Frieden will, muß für den Kampf gegen die Verhältnisse sein, die den Krieg wieder unausweichlich mit sich bringen.
Es gibt Antifaschisten, die in jedem Kärntner Anzug einen Faschisten sehen, mit dem Terror der Regime in Rumänien oder Polen aber durchaus einverstanden sind, und es gibt ganze, willigst geförderte Forschungsinstitute, die ihre antifaschistische Nase so tief in die Geschichte der NS-Zeit hineingesteckt haben, daß sie gar nicht mehr heraussehen. Antifaschismus, wie wir ihn verstehen, ist keine Aversion gegen Lederstiefel und altmodische braune Hemden, sondern Kampf gegen die brutale Politik des Geldes, hier und heute. Den Antifaschisten von damals, den wirklichen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern, gerecht werden heute nicht die, die sich in Detailfragen des Hitlerfaschismus verbeißen, sondern die, die sich mit aller Kraft den bedrohlichen Entwicklungen der Gegenwart entgegenstellen. Zum Antifaschismus gehört, Antifaschisten vom Schlage der Scheichl und Teuffenbach übers Maul zu fahren. Antifaschismus ist keine Anstecknadel, die man sich schmuck aufs Revers heftet, ist mehr als ein großes Wort, das man ins Impressum einer kleinen Zeitung hineinschreibt, bedeutet Kampf den Verhältnissen, die den Faschismus wieder unweigerlich mit sich bringen.
