Wir danken – die Zweite
Wie zu des Schicksals Hohne erreicht mich kurz nach Abfassung der Kolumne „Wir danken“ folgende Nachricht mit Strompost: „apropos beichtstuhl: in floridsdorf gibts eine kirche, da hängt ein transparent dran mit ‚sucht vergebung und liebt einander‘ oder so irgendwas, und drunter steht: Bank Austria Creditanstalt ...“
Wer will mich da widerlegen? Habe ich nicht gesagt, in Kaffeehäusern und Kirchen gäbe es die sprachliche Anschmiererei nicht und das gelte noch vielmehr für die Kirchen? Es muss für diesen manifesten Widerspruch zu meinem Text doch eine Auflösung geben!
Aber offensichtlich ist die Sache nicht ganz so einfach. Wir haben zwar den Bereich des Heiligen schon lange verlassen und geglaubt, dies gelte für die ganze Gesellschaft; das Heilige sei zur Privatsache verkommen. Aber offensichtlich wurden nur die Plätze getauscht. Das Heilige ist nun nicht mehr Sache der Kirche als der Stellvertreterin Gottes, es hat den Platz getauscht und sich in der Bank als der Stellvertreterin des Markts breit gemacht.
Insofern wäre alles wieder in Ordnung.
Mein Fehler war nur der, zu glauben, dass es Plätze gibt, an denen wir uns wohl fühlen können; oder an denen sich andre aufhalten können, die sich dort wohl fühlen wollen. Was uns betrifft, so stellen wir nur fest, dass das Heilige uns diesen Platz nicht anbietet, nicht in der Kirchenbank, nicht in der Bankenkirche.
Wir werden uns wohl selbst einen Platz erobern, ihn weihen und heiligen müssen.
