Heft 4-5/2006
März
2006

Zur Einleitung

Hoamatland, Hoamatland,
i hab di so gern,
wia a Kinderl sei Muata,
wia a Hinderl sein Herrn,

etc. etc.

Die vorliegende Ausgabe der Context XXI widmet sich dem Nationalsozialismus in Oberösterreich — den Kontinuitäten und den Aktualisierungen. Die einen stecken mit dem Kopf im Gestern fest, die anderen tun was dagegen, und die dritten holen die Ideologie ins dritte Jahrtausend und peppen sie mit „Heimseiten“ auf. Der lange rechte Arm reckt sich in Industrie, Städtebau, Architektur, Sport, und nicht zuletzt in die Köpfe der OberösterreicherInnen.

Dementsprechend breit sind die Themen unserer Artikel. Thomas Rammerstorfer hat einen Überblick über die wichtigsten Daten in der oberösterreichischen Geschichte ab 1938 zusammengestellt. Doch Antisemitismus und Deutschtümelei sind keine Erfindung der Nazis. Franz Stelzhamer und Friedrich Ludwig Jahn lebten beide vor mehr als hundert Jahren und waren Wegbereiter und Nachplapperer rechten Gedankenguts. Das stört in Oberösterreich nicht viele — der eine ist Autor der Landeshymne („Hoamatland“), der andere lieferte den ideologischen Überbau für den ÖTB (Österreichischer Turnerbund), der in Oberösterreich besonders stark ist. Darüber schreiben Ludwig Laher und Kathi Renner. Heribert Schiedel schreibt über die „Milchunruhen“ in Bad Ischl, wo Nazis und KommunistInnen unter den Parolen „’Heil Hitler!’ und ’Hoch Stalin!’“ gemeinsam gegen Displaced Persons vorgingen.

In „Der Holocaust und Steyr“ bricht Karl Ramsmaier gesicht- und namenlose Zahlen soweit herunter, dass aus Ermordeten wieder Menschen mit Geschichten werden. Wie zäh sich Relikte des Nationalsozialismus in Straßennamen und Denkmälern halten, zeigt Leo Furtlehner in seinem Artikel „Braune Flecken.“ Er hat eine Anzahl von Namen herausgegriffen - Kernstock, Langoth, Jahn und Pausinger etwa. Der Denunziantin Margarethe Pausinger ist ein ganzer Artikel gewidmet („Der Konflikt um die NS-Denunziantin Margarethe Pausinger“). Robert Eiter geht es aber nicht nur um ihre Rolle als stramme Nationalsozialistin, sondern um den Umgang mit ihr als Ehrenbürgerin der Stadt Lambach. Karl Ramsmaier schlägt in dieselbe Kerbe und schreibt in seinem Artikel über „Den Umgang mit der NS-Geschichte nach 1945 in Garsten.“

Und damit geht es munter in die Gegenwart. „Zwischen High Society und Naziszene“ bewegt sich der Verschwörungstheoretiker Gerhoch Reisegger. Manuela Wimmer schreibt über den Welser, der sowohl Links als auch Rechts mit seinen kruden Ideen beliefert. So ist er auch in islamistischen Kreisen beliebt, wenn er über israelische und amerikanische Geheimdienste spricht, die für die Anschläge auf das World Trade Center verantwortlich seien. Das braune Unwesen beschränkt sich bekanntlich nicht auf Oberösterreich. So berichtet „Den Kärntner Konsens angreifen! Schluss mit dem Ulrichsbergtreffen!“ über das Treffen auf dem Ulrichsberg in Kärnten, wo sich vieles tummelt, was unter das Verbotsgesetz fallen sollte. Die „Braunzone OÖ“ beschreibt Manuela Wimmer - das Vorgehen der Polizei gegen Neonazis und FaschistInnen steht in einem skandalösen Missverhältnis zur Kriminalisierung von Antifas. Es braucht erst die Aufregung überregionaler Medien, um gegen Nazis vorgehen zu können, die im KZ Mauthausen mit dem Hitler-Gruß posierten - wiewohl der Polizei derartige Fotos schon lange bekannt gewesen wären. Auch die wohl aktivste Gruppe von Neonazis, der „Bund freier Jugend“ (BfJ), wird in all ihrer Grausigkeit vorgestellt. Dazu passend liefert „Eine kleine Auswahl oberösterreichischer Rechtsextremer“ einen Abriss über die bekanntesten und einflussreichsten oberösterreichischen Nazis und Neonazis.

Birgitt Wagner rezensiert das Buch „Die KZ-Gedenkstätte Mauthausen 1945 bis zur Gegenwart“ von Bertrand Perz. Das Neuerscheinen der DVD veranlasst Thomas Rammerstorfer, den Film „Hasenjagd. Vor lauter Feigheit gibt es kein Erbarmen“ zu rezensieren und allen ganz besonders ans Herz zu legen. Etwas off topic, aber nicht minder sehenswert ist der Film „Black Gold,“ rezensiert von Benjamin Rosendahl. Die Bilder für diese Ausgabe stammen vom DÖW und von Kathi Renner.

Diese Nummer will vor allen Dingen bewusst machen, was es an Nachwirkungen der NS-Herrschaft in Oberösterreich gibt. Das Bundesland verdankt seinen Wohlstand nicht der Klugheit und Umsicht der OberösterreicherInnen, sondern zu einem guten Teil seiner Hinwendung zum Nationalsozialismus. Vor allem die Industrialisierung Oberösterreichs im Nationalsozialismus, insbesondere durch den Arbeitseinsatz von KZ-Häftlingen und ZwangsarbeiterInnen, war die wichtigste Grundlage für die wirtschaftliche „Erfolgsgeschichte“ des Landes. Diese Schwerpunktsetzung fand die Kulturplattform Oberösterreich zu unserer großen Freude eines Preises wert, und so ist diese Nummer aus dem KUPF-Innovationstopf und im weiteren Sinn vom Land Oberösterreich gefördert. Näheres auf www.kupf.at.

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