Heft 7-8/2001 — 1/2002
Februar
2002

„als unbegründet abzuweisen“

Dieser Text wurde 1999 geschrieben. Er bezieht sich lediglich auf eine Form des — strukturell rassistischen — Ausschlusses und der massiven Benachteilung von ausländischen Studierenden. Aufgrund der Entwicklungen mit Einführung der Studiengebühren und das heißt, der doppelten Studiengebühren für AusländerInnen, scheint die Problematik des Studienplatznachweises ein vernachlässigbarer Teil innerhalb einer verschärften Ausschlussmaschinerie zu sein. Dennoch zeigt sich an diesem Beispiel, dass eine rassistische Gesetzgebung mit den Interessen der Universitäten durchwegs konvergent ist.

Schon für Studierende, die aus Österreich kommen, oder für „Gäste“ aus der EU sind die ersten Schritte an die Universität nicht unbedingt ein Kinderspiel: intransparente Begrifflichkeiten, abweisende Bürokratie, zum Verirren einladende Uni-Gebäude, etc. Für Studierende aber, die aus anderen Teilen der Welt kommen, sind zusätzlich noch massive rechtliche Hürden für die Zulassung an der Uni gesetzt, an denen viele scheitern — die Folgen: Verlust der Aufenthaltserlaubnis, Illegalisierung, etc.

Das UniStG sieht vor, dass ausländische Studierende neben der „allgemeinen Universitätsreife“, sprich Matura oder anerkannter gleichwertiger Schulabschluss — in Fällen, bei denen es keine Anerkennung des Schulabschlusses gibt, muss bereits der Abschluss eines Studiums an einer anerkannten postsekundären Bildungseinrichtung vorgewiesen werden — noch die „besondere Universitätsreife“, das heißt den Nachweis eines Studienplatzes an einer Universität des Landes in der die „allgemeine Universitätsreife“ erbracht wird, erbringen müssen, (natürlich müssen sie auch ausreichende Deutschkenntnisse nachweisen). Argumentiert wird diese einigermaßen absurd anmutende Regelung - warum muss mensch einen Studienplatz dort haben, wo er/sie (zumindest für eine gewisse Zeit) gar nicht studieren will, um dort studieren zu können wo er/sie will? — damit, dass sonst sämtliche Studierenden aus Deutschland, die dem dortigen Numerus Clausus entgehen wollen, an österreichische Universitäten strömen würden.
Diese Klauseln — abgesehen davon, dass auch jedes Dokument übersetzt und mehrfach beglaubigt werden muß — führen dazu, daß viele der Anträge ausländischer Studierender auf Zulassung zum Studium abgewiesen werden. Einige von ihnen stellen sich daraufhin auf die Füße, versuchen zu belegen, daß sie alle notwendigen Unterlagen eingereicht haben und legen Berufung ein. Diese „Fälle“ werden dann im „Senat“, dem höchsten Kollegialorgan der Universität besprochen. Nein, besprochen wäre zuviel gesagt — es liegt zu jeder Berufung eine Stellungnahme der Rechtsabteilung der Universität vor und nach deren Empfehlung wird dann — zumeist — entschieden. In meiner zweijährigen Teilnahme an diesen Sitzungen als Mitglied des Senats war ich immer wieder empört über die Rigidität, mit der hier vorgegangen wurde. Die Universität hat dabei ein leichtes Spiel, sie kann sich immer auf den Gesetzgeber berufen und hat darüber hinaus auch kein übermäßiges Interesse an zusätzlichen Studierenden.

Folgende zwei „Fälle“ (ich würde gerne „Geschichten“ sagen, aber dazu reichen meine Informationen nicht aus) dokumentieren m.E. ganz gut, welche Absurditäten eine solche Regelung mit sich bringen kann.

S. stammt aus Bosnien. Er kam 1993 als Kriegsflüchtling nach Deutschland und machte dort 1998 sein Abitur. Im Sommer 1998 war seine Aufenthaltsbewilligung abgelaufen und er ging nach Bosnien zurück. Seit 1. Oktober 1998 ist er als ordentlicher Hörer für Medizin an der Universität Tuzla inskribiert. Es scheinen die Voraussetzungen da zu sein: das Abitur, der Studienplatz an einer Universität seines Herkunftslandes, ... Aber nein, so einfach ist es nicht. Der Studienplatz muß in jenem Land nachgewiesen werden, in dem das Abitur gemacht wurde, in diesem Fall in Deutschland. Leider nicht! Dass S. ja nicht aus Jux und Tollerei 5 Jahre seines Lebens in Deutschland verbracht hat, sondern vor dem Krieg in seiner Heimat geflüchtet ist, und auch nicht zum Spaß wieder gegangen ist, sondern nicht mehr bleiben durfte, spielt hier keine Rolle ...

E. ist Türkin. In der Türkei werden Studienplätze nach Ablegen einer Aufnahmeprüfung von einer zentralen Stelle vergeben. E. hat diese Prüfung bestanden und einen Studienplatz für Spanische Sprache und Literatur zugewiesen bekommen. Da sie schon wusste, dass sie im Sommersemester in Wien studieren möchte, inskribierte sie im Herbst nicht in der Türkei, sondern entschied sich dafür, einen Deutschkurs zu besuchen, um auf das Studium in Österreich gut vorbereitet zu sein. Auch hier, könnte mensch meinen, sind die nötigen Nachweise erbracht. Irrtum: Es reicht nicht, einen Studienplatz zugewiesen zu bekommen, E. hätte ihn auch gleich in Anspruch nehmen müssen und zwar schon im Herbst, da es in der Türkei keine Einteilung in Semester gibt und sie somit ihren Studienplatz fürs ganze Jahr verspielt hat. Mit dieser aberwitzigen Unterscheidung zwischen Zuweisung und Inanspruchnahme eines Studienplatzes, heißt es also für E.: Zurück an den Start!

Die Tatsachen sprechen eine andere Sprache als die beliebten Slogans zu „studentischer Mobilität“, Internationalisierung der Wissenschaften, interkultureller Austausch, etc. Die Zahl der ausländischen StudentInnen, die nicht aus EU-Ländern kommen, ist in den letzten Jahren zurückgegangen, nicht zuletzt auch aufgrund der verschärften Aufenthaltsbestimmungen.

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