Blut für Öl
Uranus Verlag, Wien 1998, 190 S, öS 198,—
Kronberger ist Journalist, Lektor und FPÖ-Abgeordneter im Europäischen Parlament und setzt sich für erneuerbare Energieträger ein, weil sie Frieden bringen und Kriege um Rohstoffreserven verhindern sollen, wie in den Kapiteln 6 und 7 nachzulesen ist. Das Vorwort verfaßte der SPD-Abgeordnete und EUROSOLAR-Präsident Scheer.
Das Buch dreht sich hauptsächlich um den teils versteckt, teils offen geführten Konkurrenzkampf um die Rohstoffreserven. Die interessanten Kapitel betreffen vor allem Afrika und Mittelasien. Aber die hier auftretenden, sich konkurrenzierenden Interessen lassen ein Aufrechterhalten der Nato und die Integration von Rußland in diese eher als notwendig erscheinen, um einen allgemeinen Krieg um Rohstoffe zu verhindern. Dieser Einwand widerspricht den Befürchtungen des Autors hinsichtlich der am Anfang des Kapitel 6 erwähnten Nato-Strategie. Es könnte außerdem auch passieren, daß die verschiedenen Konsortien nach einigen Auseinandersetzungen friedlich ihre Claims abstecken, wie bei Eric Ambler nachzulesen ist.
Mit einer kurzen historischen Einführung zum Rohstoff Erdöl und einer knappen Übersicht über die globalen Spannungsfelder in den Rohstoffregionen wird man rasch und aktuell informiert. Allerdings macht dieser Vorzug gleichzeitig auch den Nachteil dieses Buches aus. Es werden militärische, politische und soziale Probleme verkürzt und vereinfacht dargestellt. Da genügt dann der Bericht einer Zeitung, und schon ist die Geldgier eines US-Konzerns für Taten der Taliban-Milizen verantwortlich. Die EU wird wiederum als „fremdenergieabhängig“ von islamischen Ländern gesehen, ein latenter Zusammenhang zwischen Vorbereitungen zum Ersten Weltkrieg und Erdölinteressen konstruiert oder die Taxis von Paris 1914 und der Panzerangriff von Amiens, beide Geschehnisse in ihren Bedeutungen von der Militärgeschichte als Mythen entlarvt, als kriegsentscheidend dank Benzin dargestellt. Schließlich kommt dann noch der Satz über „die Hilfe des internationalen Finanzkapitals beim Aufstieg des deutschen Diktators“ (S.53). Soweit ich weiß, hat ein großer Teil des mündigen Wählervolkes der Weimarer Republik Hitler gewählt, und konservative Parteienvertreter machten ihn zum Kanzler. Und das Spendengeld kam von der deutschen Wirtschaft.
Ein wenig fühle ich mich an einen Autor im Dritten Reich, Anton Zischka, erinnert, der auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch publizierte. Sein Buch mit dem Titel „Wissenschaft bricht Monopol“ war ein Plädoyer für die Überwindung von Rohstoffknappheit und Erpreßbarkeit durch Erfindungsgeist, speziell durch den deutschen. Diesem Autor galt damals Kohleveredelung als Deutscher Ausweg aus der Energieabhängigkeit. Auch publizierte er ein Buch mit dem Titel „Ölkrieg“.
Was mich bei dem Buch von Kronberger auch ein wenig an diese Zeit erinnert, sind nicht nur das Thema Rohstoffkriege, sondern auch der verwendete Begriff „internationales Bankkapital“, der Titel „Blut für Öl“, das Wort „Blutopfer“ im Vorwort von Scheer und schließlich die Benützung des Buches „Mit der Ölwaffe zur Weltmacht“ von William F. Engdahl als Quelle. Das ist ein eher seltsames Werk, das hier anscheinend unkritisch benützt wird und Verschwörungsthesen breittritt (siehe z.B S.73). Hingegen bemängelt Scheer im Vorwort das als Quelle ausgewiesene Buch „Der Preis“ von Daniel Yergin, Professor in Harvard, weil dieses keine Alternativen biete. Das war aber auch gar nicht das Thema dieser seriösen Studie.
Seltsam erscheint auch, daß deutsche und österreichische Energiekonzerne in diesen Auseinandersetzungen nicht vorkommen, obwohl sie, alleine oder in Partnerschaft mit anderen Energieunternehmen, sehr wohl involviert sind.
Ob ein gesuchtes neues Katastrophenszenario eines globalen Atomkrieges um Erdölfelder in Verbindung mit globaler Erwärmung und Umweltverschmutzung als neue Motivation für ein Umdenken das hält, was der Autor sich davon implizit wohl verspricht, ist mehr als fraglich. Als Einzelkämpfer gegen die Lenker eines „politisch-energiewirtschaftlichen Komplexes“ erscheint er mir nicht, da viele Medien über die Verbindungen zwischen Ökonomie und Politik in den rohstoffreichen Ländern kontinuierlich berichten. Es hat mit dem Ende des Ostblockes einfach die Suche nach neuen Gleichgewichten eingesetzt, eine Neuorientierung der verschiedenen Geopolitiken ist am Entstehen. Vorher standen diese unter der Dominanz der einen Geopolitik, der des Kalten Krieges. Richtig ist aber, daß die Erdölreserven bei einer stetig ansteigenden Nachfrage nach Erdölprodukten gegen 2010 knapp werden. Ob über die verbleibenden Erdölreserven dann ein weltweiter Krieg geführt wird, bleibt zu bezweifeln. Ebenso ist der kontinuierliche Anstieg der Preise denkbar, durch welchen alternative Energietechnologien kostengünstiger werden und ein stetiges Umsteigen auf diese wahrscheinlicher wird. Völlig unklar aber bleibt bei einem solchen Szenario, ob diese Technologien den weltweiten Energiebedarf überhaupt decken können, wer diese beherrschen wird und wer in den Genuß dieser kommen wird.
Allgemein bleibt der Verdacht bestehen, daß es hier um ein Autarkieprojekt mit Hilfe neuer Technologien geht, ein Sich-Abkoppeln-Wollen aus der Welt der gegenseitigen Abhängigkeiten, sei es im Bereich der Energieträger, sei es aber auch im militärischen Bereich von der Nato.