FORVM, No. 444
Dezember
1990

Der Friedrichshof

Heimatroman

Vor Überraschungen sind weder Freund noch Feind sicher. Als im ORF einmal Bruno Kreiskys Alterssitz auf Mallorca gefilmt wurde, sah man in der guten Stube des Altkanzlers sein Bildnis von der Malerhand Otto Muehls. Unter den kühnen Versuchen, aus dem bürgerlichen Alltag auszubrechen, hat sich seit 1970 allein die Muehl-Kommune durchgesetzt. Europaweit als „Sex-Farm“ verfemt, gehen von ihr Erregungen aus, die sich bis auf die Pyrenäenhalbinsel ausbreiteten und Diplomaten in Verlegenheit stürzten.

Seinerzeit, als die Muehl-Kommune noch sexualkommunistisch war und den Horror der Spießer bedeutete, hatte das „Profil“ übereifrig einen Vergleich mit dem Fall Jim Jones gezogen, dem kollektiven Selbstmord einer fanatischen Sekte im Dschungel von Guayana. Anstatt sich auszurotten, bereitet am Neusiedler See die Gemeinschaft derzeit gewisse Reformen vor, sie führt das Privateinkommen ein und verzichtet auf die „freie Sexualität“. Prompt erhält Otto Muehl, früher der schreckliche „Sex-Bonze“, ein schmeichelhaftes Porträt im österreichischen Nachrichtenmagazin, wo er sich als der weise alte Herr im Burgenland profiliert („König Ottos Glück und Ende“ ist der burgtheaterische Titel des Artikels).

Den Taten der Kommune fehlt es ja nie an schallverstärkter äußerer Resonanz. Medieneffekte sind die starke Seite dieser vielseitigen Organisation, die gar nicht leicht zu enträtseln ist. Worte und Werke habe sich hier in epischen Dimensionen immer gegenseitig aufgeputscht. Muehl besitzt das Zeug zum „Great Communicator“, während er seinen Gegnern wie ein kleiner Diktator erscheint. Unheimlich wirkt, daß sich die Gemeinschaft ihre eigenen Gesetze macht. Sie fügt sich zwar unauffällig in die mißtrauische Umwelt ein, fordert diese dann aber mit widersprüchlichen Botschaften heraus.

Einen Zickzack-Weg legte die Muehl-Kommune zurück. Einst ein „Durchlauferhitzer“ für Zufluchtsuchende aus der Hippie-Generation, ist aus einer Wiener Wohngemeinschaft ein Multi geworden, der sich neuerdings mit den unangenehmen Folgen seines Erfolgs beschäftigt. Was ist das für ein Gebilde? Die Versuchsstation eines Menschenfressers? Oder ein Überbleibsel aus den stürmischen — und kreativen — Jahren der westlichen Kulturrevolution? Jedenfalls ein Unikat, auf das heute auch der Begriff „Kommune“ kaum noch paßt. Fotos aus den alten Zeiten zeigen die Ausgelassenheit eines Negerkrals, mit Tamtam und Palaver. Der (angebliche) „Fick ohne Probleme“ hat stets die Öffentlichkeit elektrisiert, die Promiskuität war jedoch eingebettet in die konkrete Utopie des engen Zusammenlebens.

Daß der Kommune-Gedanke nicht nur utopisch ist, sondern auch zu eng konzipiert war, zugeschneidert auf die heißen Wünsche junger Leute, stellt sich jetzt heraus. Die Kinder der Kommunarden sind inzwischen erwachsen geworden, das Miteinander spielte sich längst in der Rangordnung der berüchtigten „Struktur“ ab, wie bei Hofe, die „freie Sexualität“ verwandelte sich in einen gestreßten Wettbewerb um den Fick voller Probleme. Wenn auch Muehls Urkommunismus die „Vollversorgung“ (den Lebensunterhalt) garantiert hat, so blieb doch im Konfliktfall dem Mitglied kein anderes Recht als das auf Austritt.

Wörtlich genommen, gibt es die „Muehl-Kommune“ nicht mehr. Und von einer „Aktions-Analytischen Organisation“, kurz „AAO“, wie die Gruppe sich ursprünglich nannte, kann seit Ende der siebziger Jahre keine Rede sein. „Wir sind ein emotionelles Unternehmen“, erläutert cool ein Veteran den Sachverhalt, daß nunmehr die Ohne-Muehl-Kommune von einem Extrem ins andere fällt.

Einfach lästig ist die muehlianische Gemeinschafts-Doktrin geworden, der spartanische Umhang für eine „AG Kapital“ mit Großgrundbesitz im Burgenland (Friedrichshof) und auf den Kanarischen Inseln (El Cabrito). Das Gesamtvermögen läßt sich auf ungefähr 1 Milliarde Schilling schätzen, der Personalstand beträgt 300 Erwachsene und 120 Kinder.

Otto Muehl hatte 1977, in seiner Autobiographie „Weg aus dem Sumpf“, locker behauptet: „Die AAO ist heute auch ohne mich lebensfähig“. 13 Jahre später wird die Probe aufs Exempel gemacht. Im Zeichen des Machtverlusts ist Muehl in bescheidenere Gemächer in seiner „Hofburg“ Friedrichshof, dem Wohnpark in der Parndorfer Heide, umquartiert worden. Wo sind die Zeiten, als er seine engsten Begleiter zur Gartenarbeit verdonnert hat? Seit dem 65. Geburtstag bezieht er eine schmale Künstlerpension, sein einziges regelmäßiges Einkommen. Gespannt beobachtet er, wie und ob sich die Gemeinschaft von seiner Leitung emanzipiert.

Eine globale „Zukunft der AAO“ wurde einst im früheren Zentralorgan, den „AA-Nachrichten“, phantasievoll verkündet: „Die Erde wird ein verändertes Antlitz aufweisen“. Als Menschheitsretter muß sich Otto Muehl damals gefühlt haben. Derzeit sind die Kommunarden um ihre eigene Zukunft besorgt. Paradox, daß der Reichtum dieser Leute ihnen ernste Schwierigkeiten macht.

Ein heißes Wochenende, August 1990. In München berät der „Kooperationsrat“, in den die Gruppen in Zürich, Düsseldorf, München und am Friedrichshof Abgeordnete wählten. Die Maske brüderlicher Eintracht fällt. Messer werden gewetzt, man prangert Verschwendung und Fehlinvestitionen an. Eine Budgetdebatte mit Anklagen, genau wie in staatlichen Volksvertretungen. „Jede weitere Ausgabe macht uns bankrott‘“, dröhnt gräßlich der allgemeine Angstschrei. Man könnte die beiden Prunkstücke flüssig machen, den Wohnpark Friedrichshof und den Feriensitz El Cabrito auf der Insel La Gomera.

Die Zentrale am Friedrichshof erwirtschaftet ein Defizit, das von den werktätigen Gruppen bezahlt wird. Die gefährliche Drohung, den Geldhahn abzudrehen, kommt von den Keilern, die mit dem Verkauf von Versicherungspolizzen und Bauherrenmodellen das Gemeinschaftseigentum vermehren. Kaum dankt der „Papst“ ab und ist sein Evangelium diskreditiert, beginnen die Ringkämpfe der Interessenten.

Daß sich eines Tages alle Mitglieder in einer paradiesischen Gemeinschaft rund um Big Otto versammeln, war bisher das große Endziel. Doch nun führen die Gruppen im Ausland Klage über die Ausbeutung durch die Zentrale. „Unsere revolutionäre Phase ist vorbei“, kommentiert am Friedrichshof der Ruheständler Muehl aus seiner Sicht die Freignisse. Revolutionär ist aber auch, daß sich die werktätigen Gruppen nicht mehr vertrösten lassen. Der Wohnpark Friedrichshof ist ausgebaut worden, der Feriensitz El Cabrito, eine Bananenplantage, die dem Schah von Persien zu teuer war, wurde aufgekauft. Unterdessen hausten die Geldverdiener im Ausland auf engstem Raum, mit einem Kleiderbügel im Schrank.

Die privilegierte alte Garde um Muehl herum sieht im Umsturz das Werk leichtsinniger Yuppies, deren Träume sich auf geile Autos richten. Tatsache ist, daß Otto, Schicksalslenker und „Great Communicator“, im kritischen Moment den Überblick verloren hatte. In den Aufbauleistungen erfolgreicher als das Comecon, erfährt die Gemeinschaft ihren Umbruch simultan mit dem Einsturz der östlichen Planwirtschaften. „Gemeinschaftseigentum ist immer ein Betrug“, rechnet Othmar Bauer, ein alter Kämpfer an Muehls Seite, im nachhinein mit dem System ab. Ehemals der „internationale Wirtschaftsorganisator“‘, mußte Bauer beim Austritt im Vorjahr um sein „Auszugsgeld“ (die Abfertigung) schwer kämpfen.

Othmar Bauer beschreibt aus eigener Erfahrung die fast mystische Selbstpreisgabe jedes Einzelnen: „Es gibt Verkäufer, die Millionen umsetzen und in der Gruppe in Panik ausbrechen, weil sie sagen: Was soll ich machen, wenn ich ausziehe? Wovon soll ich leben?“ Diese Hysteriker waren sich gar nicht bewußt, wieviel sie für die Gesamtheit verdienen. Jetzt wird gerechnet.

„Neues Denken“ heißt neuerdings die Parole, sie verlangt den Mitgliedern ab, sich das „alte Denken“ schleunig abzugewöhnen. Wie eh und je wird der ideologische Gleichschritt geübt. Ohne ein bisserl moralische Gymnastik geht es nicht. Es sind die Ja-Sager von Gestern („JAAA, Otto!“), die heute als smarte Wendehälse den ersten Stein auf den abgedankten Leithammel werfen. Freilich, das „neue Denken“ hat einige unangenehme Widersprüche zu lösen.

Nach der Heimkehr vom Münchner „Kooperationsrat“ war den Gesichtern der Delegierten die Erleichterung über einen vorläufigen Kompromiß anzumerken. „Menschliche Bindungen von Jahren werden doch nicht so rasch zerstört“, trösteten sich die Bewohner des Friedrichshofs, von denen viele im Fall des Falles vor dem Nichts stünden. Mütter mit Kindern leben dort, für welche die Gesamtheit verantwortlich ist.

Zur Debatte steht, was Rousseau das Recht eines Volkes genannt hat: den Gesellschaftsvertrag zu kündigen. Dies ist die Theorie, in der Praxis wären dann jedoch ein paar Rechnungen offen. Daß die Kommune ihre Grundsätze dramatisch in Frage stellt, passiert nicht zum ersten Mal. Aber erstmals befindet sich Muehl als stiller Beobachter außerhalb des Spielfelds, wo die Mannschaft über die Spielregeln palavert.

„Sein Prinzip ist: Ich muß gewinnen“, urteilt Othmar Bauer über Otto, den alten Kumpel. Muehls Verteidiger hingegen sagen, öfters habe er schon die Leitung zurückgelegt, sei jedoch mit Bitten um Rat und Unterstützung belagert worden. Im Rückzug des Häuptlings, einem mühsamen Vorgang, liegt die Chance für den nötigen Neubeginn. Die Kommune braucht eine Verfassung. Wie soll eine Gemeinschaft überleben, die sich total mit dem Leben eines älteren Herrn identifiziert? Muehl, um eine Generation älter als seine Jünger, erlebt jetzt den „Aufstand der Söhne“.

Der „Vatermord“ war ein Bestandteil im Spiel der Aktions-Analyse. In der Realität scheint das Hinscheiden des Kommunevaters unvorstellbar gewesen zu sein. Ob es nach Otto Muehl eine Zukunft geben wird, das hätte längst die Schicksalsfrage sein müssen. Daß daran nicht einmal gedacht werden durfte, erklärt sich aus dem apokalyptischen Denken der Muehlianer. Sie lebten in der Gewißheit: Die Welt geht unter, wir sind auf der Arche Noah. Nur die „Kleinfamilienmenschen“ werden sterben, an Krebs oder an Aids oder einfach an ihrem tödlichen Frust. In den „AA-Nachrichten“ wurde gepredigt: „Die gesellschaftliche Idee der AAO ist insofern perfekt, als sie alle Grundbedürfnisse des Menschen befriedigt“. Bei einer ärztlichen Generaluntersuchung stellte sich aber heraus, daß die Kommunarden überdurchschnittlich an Streßsymptomen litten.

In den letzten Jahren, als das Unbehagen nicht mehr zu unterdrücken war, präsentierte der Hofstaat Ottos kleinen Sohn Autila als Kronprinzen, um das Charisma des Häuptlings in einer ottonischen Dynastie zu verewigen. Das Kollektiv, in dem die Familie überwunden werden sollte, erwies sich als eine feudal organisierte Sippe, aufgebaut auf dem Erbgang und anderen familialen Gebräuchen.

Direkter Anlaß für Muehls Abdankung sind Ermittlungen des Staatsanwalts in Eısenstadt, betreffend einen Sexualtatbestand. Ein Kreis von Ex-Kommunarden in der Bundesrepublik erstattete die Anzeige, sie haben sich verschworen, die „freie Sexualität“ — Muehls Schlachtruf — als Herrschaftsinstrument zu entlarven. „Ganz schön schiach, die Sache“, meint ein Kenner der Verhältnisse. Den weiblichen Teil der Friedrichshofer Jugend nahm der Häuptling sexuell in Beschlag, First Lady Claudia den männlichen.

„Ich dachte echt, wenn Otto stirbt, muß ich mich umbringen“, gesteht eines der Mädchen, denen er herzlich nahe und zu nahe getreten ist. Ende der achtziger Jahre malte Muehl eine schwarzhumorige Bilderserie „Unfälle im Haushalt“, sie läßt zarte Anspielungen auf Zwischenfälle in seinem erotischen Haushalt erraten, welchen nun die Strafverfolgungsbehörde nachgeht. Der Schöpfer eines paradoxen Systems, in dem alles auf seine — aber umgedrehte — Weise streng geregelt ist, vermochte der Versuchung des Sündenfalls nicht zu widerstehen.

Muehls Glaubwürdigkeit, die Grundlage seiner Autorität, höhlten diese Eskapaden aus. Vor Tische hatte man’s ja ganz anders gelesen. Mit der „freien“ Sexualität war eine ehrliche gemeint, befreit von Sentimentalität, Eitelkeit und Eifersucht. Ein offenes Spiel menschlichen Begehrens, bei dem niemand Ansprüche anmelden kann. Am wenigsten die Männer, denn in der Praxis herrschte Damenwahl. Dementsprechend wurde die Rolle des leiblichen Vaters geschmälert. Der Erzieher Muehl verdammte das Patriarchat, er setzte sich fürs „Kinderaufwachsen“ und gegen die Dressur ein. Den Kindern in der Gruppe sollte erspart bleiben, im ehelichen Zank zwischen dem alleinseligmachenden Papa und der verschlingenden Mama zerrissen zu werden. Auf dem Programm stand die vaterlose Pädagogik, die dem Kind Gefühlsbindungen nicht nur mit zwei Erwachsenen ermöglicht.

Tja, die Kinder der Kommunarden waren in den siebziger Jahren noch klein. Jetzt erst, nachdem der Übervater entthront worden ist, ermittelt man — aus finanziellen Gründen — durch Blutproben die „richtigen“ Väter, wie das „Profil“ berichtet.

Der Tod der Familie, des Horts aller Neurosen, gehörte zu den starken Parolen um 1970, die man auf dem Friedrichshof energisch in die Tat umgesetzt hat. Doch mit dem Ende von Ehe und „Kleinfamilie“ ergab sich eine Lücke, die von Otto massiv geschlossen wurde. Er übernahm die Aufgabe, antiautoritär und dennoch Autorität zu sein. In den „AA-Nachrichten“ wurde ausführlich begründet, warum die Gruppe eine strapazierfähige Respektsperson an der Spitze benötigt.

Das Fiasko liegt auf der Hand. Mit der heranwachsenden Generation konfrontiert, nahm der Kommunevater patriarchalische Allüren an, er verwickelte sich auf seine alten Tage in den kleinfamiliären Kernkomplex, ins rivalitätsgeprägte Dreieck Papa/Mama/Nachwuchs, das doch im Geltungsbereich der „freien Sexualität“ auf ewig erledigt sein sollte. Erotische Besitzansprüche, Eifersucht, die Skala spießiger Leidenschaften ... der Sexualkommunist führte sich eklig auf wie der Haustyrann in einem altmodischen Sittendrama. Richtig „bourgeois“!

Schwerer noch als diese jämmerlichen Unsitten wiegt die Unfähigkeit der Gemeinschaft, ihnen entgegenzutreten. Am Friedrichshof schiebt man die Verantwortung auf Muehls Serail ab, auf seine vier ständigen Begleiterinnen, mit dem stolzen Titel „Mütter“, die den Hofstaat in der Hand hatten. Sie hätten sich „Adelsmanieren“ zugelegt, für die es sonst ein Jahrtausend braucht. Der „emotionelle Muskelmann“ Otto sei in eine „emotionelle Falle“ getappt. Mama & Papa, übrigens der Titel einer alten Materialaktion Muehls, erdrückten die guten Vorsätze. Andere reden vom „Michael Jackson-Effekt“ den der Friedrichshofer Superstar bei der empfänglichen Jugend bewirkt habe.

Warum ist es dem Häuptling gelungen, in zwei Jahrzehnten Überlebenskampf an der Spitze zu bleiben? Machtmittel besaß Muehl nie, außer seinen beachtlichen sozialen und taktischen Talenten. Indem er gewissermaßen die Herztöne der Gruppe abhorchte und ihre Stimmungen regierte, befriedigte der Hauptdarsteller den Hunger nach Schicksal. „Alle waren wahnsinnig“, erklärt Othmar Bauer retrospektiv, „ich muß gestehen, ich war wahnsinnig“.

Big Otto stellt abwechselnd den Schamanen, den Räuberhauptmann, den Sklaventreiber, den Sittenrichter dar ... und den Vortänzer, Musiker, Maler, Regisseur. Nicht zu vergessen: den Potenzhirschen, der mit seiner biologisch gesunden Erbmasse prahlt, was schlecht zu progressiven Ideen paßt. Ein Augenzeuge erinnert sich von früher an einen der therapeutischen „Selbstdarstellungsabende“, an denen die Kommunarden wie an einer unheiligen Messe teilgenommen haben.

Auftritt Ottos: „Wenn wir bei den Wölfen wären, würde ich euch töten. Seid froh, daß ihr mitficken dürft“. Das ging an die Adresse der Männer, die Frauen waren begeistert. Unbewußt wurde Freuds „Totem und Tabu“ nachgespielt, der düstere Mythos der Urhorde, wo dem Urvater die Weiber gehören, Mütter und Töchter, bis ihn die erniedrigten Söhne in Stücke reißen.

Die Anbetung des großen Phallus! Wie kam es, daß in der Kommune rund 20 Jahre lang die „Zweierbeziehungen“ wie eine Krankheit behandelt wurden? Die Liebe aller, besonders die der Frauen, hing an dem Urzeuger. Weibliche Stellungnahmen bezeichnender Art finden sich in den „AA-Nachrichten“, Jahrgang 1976. Die beiden Bekenntnisse, von der Schweizerischen Claudia und der Amerikanerin Brooke, differieren auffallend im Tonfall.

Unter dem Titel „Mein Otto“ schüttete Claudia ihr Herz aus: „Er gehört uns allen, und er wird nicht eines Tages plötzlich sagen, ich liebe eine andere, du bist mir zu alt und häßlich“. Schutz vor Liebesentzug, das bedeutet hier die „freie Sexualität“. Brooke hingegen betrachtete das verherrlichte Mannsbild mit eher skeptischen Augen („Otto, wie er wirklich ist“). Sie konstatierte nüchtern, daß Othmar Bauer mehr für die Kommune leiste als Muehl und zweifelte auch dessen menschliche Größe leise an: „Wenn man glaubt, im Otto Sicherheit und einen Ersatzvater zu finden, greift man ins Leere.“

Im selben Jahrgang der lebhaften „AA-Nachrichten“ wird die kurzlebige Protestbewegung „Frauen-Forderung“ am Friedrichshof beschrieben, eine Improvisation, um bei den feministischen Tendenzen des Zeitalters mitzuhalten. Zuguterletzt siegte logischerweise das ottonische Patriarchat. Die weiblichen Attacken gegen männliche Bevormundung trafen spontan jene Burschen, die sich hervorgetan hatten und dem Chef gefährlich werden konnten. Zu Muehls stehenden Redewendungen gehört seitdem das Lob der Frauen und ihrer Überlegenheit in allen Belangen. Im Alltag der Kommune herrscht freilich die übliche Arbeitsteilung der Geschlechter.

Schlicht und kokett, wie es seine Art ist, beurteilt Otto Muehl im „Profil“ sein gemeinschaftsgestaltendes Lebenswerk: „Freud hat nicht so viel Erfolg gehabt.“ Er mißt sich gern mit großen Namen, er hat Ikonen von Stalin, Hitler, van Gogh und Kronprinz Charles gemalt. Der Vergleich mit dem Autor der „Traumdeutung“ bezieht sich auf Muehls psychotherapeutische Ambitionen in Sachen „Selbstdarstellung“ und „Aktionsanalyse“, einer „wilden“ Seelenheilkunde, die aber einiges von den heutigen Körpertherapien vorweggenommen hat. Muehl in seiner unnachahmlichen Bescheidenheit: „300 Leute wurden Hochverdiener — ohne meine Therapie hätten sie nie im Leben so viel verdient“.

Der Größenwahn ist das Futter, von dem sich die Kommune noch üppiger nährt als andere soziale Verbindungen. Muehl, der seiner Gemeinschaft nicht nur den Namen gegeben hat, ist immer wieder in der Lage, die ärgsten Erwartungen seiner Anschwärzer zu bestätigen, speziell der Spezialisten im „Stern“ und im „Spiegel“, die seinen Lebenswandel argwöhnisch im Auge behalten. Ihre Enthüllungen über sexuelle Ausbeutung, Big Business und Machtrausch ergänzen gewissermaßen das Gesamtkunstwerk Muehl-Kommune. Eine psychische Kraft wird freigesetzt, die von Zeit zu Zeit das gesunde und ungesunde Volksempfinden mobilisiert hat.

Leserbriefe in einem alten „Spiegel“ der siebziger Jahre reagierten auf eine einschlägige Reportage: „Dieser Rattenfänger vom Friedrichshof trillert auf seinem Schwanz“, schrieb ein Leser aus Krefeld. Eine Dame aus Norwegen: „Ich bin der Meinung, daß die Sexualität zu unseren primitivsten Trieben gehört“. Ein Student aus Nürnberg parodierte den Slang der Hamburger Berichterstattung: „Schreiende Menschen gleich Irrenhaus, Österreich gleich Adolf Hitler, kahle Köpfe gleich KZ. Das ist die AAO“. Eine ängstliche Frau aus Schwalbach warnte: „Weiß Pontifex Otto, in welcher Gefahr er schwebt?“

Lange bevor Otto Muehl als Kommunevater amtierte, hatte er über Massenmedien und Fragen der Massenunterhaltung reiflich nachgedacht. „Ich hasse Leute, die sich zu Verkehrsunfällen drängen, um Blut zu sehen“, notierte Muehl 1962, ein unbekannter kleiner Maler, der bald damit Aufsehen erregen wird, daß er bei seinen Materialaktionen Blut vergießt. „Daß sie mit ihren Töchtern schlafen, sich gegenseitig erschlagen, Schulmädchen unter die Röcke greifen, Jungfrauen schänden und zerstückeln, Orgien feiern, das lesen sie gierig in der Zeitung.“

Prophetische Worte! Schockierendes war und ist in führenden Organen der Weltpresse über die Gemeinschaft zu lesen. Der Friedrichshof, den eine „Berliner Mauer“ paranoid von der Umwelt abgrenzt, ist selbst eine Art Massenmedium, das Jubelmeldungen ausstrahlt, von Verleumdungen eingedeckt wird und mit dem Rest der Menschheit in einem langjährigen Propagandafeldzug liegt.

Das Fernsehen, in der Kommune verpönt, wird durch Muehls Darbietungen live ersetzt. Der unerschöpfliche Animateur pflegt ein Repertoire, das auch zwischenmenschliche Verstrickungen im Stil von Serien wıe „Dallas“ und „Denver Clan“ einschließt. Ohne die Arbeit ihres Haupt-und Selbstdarstellers wäre die Gruppe an Monotonie erstickt.

Zum Friedrichshof gehören nicht nur Sex & Crime, sondern auch das Basteln, Malen, Tanzen und Filmen (mit der Videokamera), immer nach den Vorgaben des Meisters. Ein Psychogramm Muehls skizziert Othmar Bauer aus naher Kenntnis: „Er kann dich nicht in Ruhe lassen ... Er ist so ein überbordender Mensch, der in jede Intimsphäre eindringt, daß es faszinierend war.“ Andererseits ist Big Otto die „Geisel“ seiner Gefolgschaft, sie greift mit Polypenarmen nach ihm, weil sie sich von ihm Anregung und Aufregung erwartet.

Daß in ihm ein Clown steckt, weiß man von seinen legendären Auftritten in den sechziger Jahren, mit denen er sich den Namen des „Großen Schmutzigen“ gemacht hatte, von seinen Materialaktionen, für die er sich auf Chaplin und den infantilen Sadismus des Slapstick beruft. (Apropos Charlie, hatte der nicht Skandale mit Teenies?) In der Autobiographie „Weg aus dem Sumpf“ erzählt Muehl einen Vorfall aus seiner Kindheit, bei dem er sich vor Mutter und einer Besucherin höchst theatralisch produzierte: „Ich bekam Angst. Irgendetwas arbeitet in mir, was ich nicht unter Kontrolle hatte.“

In seinem Buch wehrte sich Muehl dagegen, stereotyp von der veröffentlichten Meinung als der „Allesbeherrscher“ hingestellt zu werden. Ihm mangle doch jede Neigung zum Organisieren und Verwalten ... Das Fundament seiner Macht liegt tatsächlich woanders. In der Fähigkeit, den Erzfeind einer geschlossenen Gesellschaft zu vertreiben: die Langeweile! Ottos Auftritte, bald unbeschwert, bald erschreckend, schlugen alle in Bann. Elementare Wunsch- und Alpträume auszuagieren, dafür bietet sich der alte Aktionist an, in der Bandbreite des Erhabenen, Lächerlichen und Grausamen.

Sinn und Inhalt des Zusammenlebens haben sich allerdings allmählich gewandelt. Den traditionellen Mittelpunkt bildeten früher die abendlichen „Selbstdarstellungen“ im Kreise der Genossen, die sich ursprünglich als therapeutische Gemeinde vereinigt hatten, um unter Ottos Regie ihre Komplexe rauszulassen. Eine Katharsis, die das Miteinander entlasten sollte. Grimassen, Schreie, Verrenkungen ... öffne dich, schonungslos! Fremde Leute, die das Gebrülle zufällig hörten, alarmierten einmal die Mordkommission.

„Wir sind zu einem richtigen Psychonest geworden“, bemerkte Muehl einstens in der Wiener Praterstraße, der Keimzelle der Kommune. Was ist davon geblieben? Der neugebaute SD-Saal am Friedrichshof, mit technischem Luxus für eine Bühne ausgerüstet, bleibt nun allabendlich leer und unbenützt.

Daß die Abdankung des Häuptlings und der Umschwung zum „neuen Denken“ in den Begriffen des Privateinkommens hoch an der Zeit waren, ist evident. Trotz des Wohlstands herrschte dicke Luft. Das Mißvergnügen an der urväterlichen Ordnung des Gemeinschaftseigentums wurde allgemein. Othmar Bauer weiß noch, wie er mit fliegendem Puls Zigarren aus Muehls Schlafzimmer in El Cabrito geräubert hat und über die Mauern des Friedrichshofs geklettert ist, um in ein Wirtshaus zu gehen. „Man hat nichts, man ist nichts, und man ist am Arsch. In der Kommune wurde man so gehalten, daß man nicht bemerkt hat, daß man inzwischen erwachsen wurde und sehr viel mehr verkraften kann.“

So war es: Keine Rauchwaren für die Erwachsenen, keine Schokolade für die Kleinen, die süßen Dinge nur für die Leitung hoch oben ... Doch nun ist es zu Ende mit den Tugenden des Konsumverzichts, die Kinder verderben sich die Zähne, aufgehoben sind die eisernen Normen der „freien Sexualität“.

Gleichfalls passé dürfte das gegenseitige Denunzieren sein, ein obligater Gruppensport, der aus der Absicht hervorging, sich untereinander nichts zu verheimlichen. Auch die „Struktur“ kommt ab, jene Himmelsleiter (oder Hackordnung), an deren Spitze stets Big Otto stand und dann die Mitglieder von oben nach unten gezählt wurden. Jeder hatte sich dem Wettbewerb um die allgemeine Gunst Tag und Nacht zu stellen, zweifelsohne eine harte Kur. Die Vollversammlung diskutierte das Privatmenschliche, analog zur bürgerlichen Welt, wo Meinungsumfragen regelmäßig die Beliebtheit der Politiker testen.

Aus der großen Politik hielt sich der Friedrichshof heraus, er pflegte nützliche Kontakte. Intern hat er eine politisierte Öffentlichkeit entwickelt, die extremistisch das Intimste erfaßt. Logisch (aber grausam), die Promiskuität bis ins Seelische auszudehnen. Das Lockvögeln der nicht ganz so freien Liebe, wo übrigens Homosexualität ein Tabu ist, verlangt einen Preis: Fremde Finger wühlen in meinen Wunden. „Die Hölle, das sind die anderen“ — richtig?

Das Resultat, wie es die Aussteiger schildern, ist ein mörderisches Klima gewesen, „Intrigen bis ins Bett“. So gesehen, vollführte die Muehl-Kommune ein ehrgeizig angelegtes Experiment mit den Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des Zusammenlebens.

„Zuerst glaubte ich, ich müßte mich den anderen gegenüber stellen, dann glaubte ich, ich müßte sie erschlagen, dann glaubte ich, man müßte mit ihnen zusammen etwas machen, seither glaube ich, ich müßte mit ihnen zusammen leben.“ Otto Muehl 1973 im „Neuen Forvm“ über den Werdegang vom Künstler und Bürgerschreck zum Stifter einer Gemeinschaft, die irgendwo in der Mitte zwischen Andy Warhols „Factory“ und einer Kolchose liegt.

Ist es zulässig, fürs Schiefe und Schlimme allein den Anführer verantwortlich zu machen? Daß Haß und Liebe auf seine Person projiziert werden, gehörte zum gruppentherapeutischen Konzept der „Selbstdarstellungen“. Das Gefühlsklima gibt den Ausschlag. Wer schwitzte, mußte ausziehen. Muehl saß nicht auf einem Thron, er bewegte sich inmitten des großen Schwarms, der anscheinend aus lauter Schwärmern bestand. Weil sich die Gruppe einem Einzigen überantwortete, kann er für alles zur Rechenschaft gezogen werden. Big Otto zieht daraus den Vorteil, daß es in der Geschichte der Kommune nichts gibt, was nicht Stempel seiner Persönlichkeit trägt.

Eine Anklage: „Otto hat uns angelogen. Am Anfang waren Leute da, um zusammenzuleben, um ein Leben aufzubauen ... das ist ganz frei: wie. Und er hat das Wie festgelegt.“ Eine Ex-Kommunardin sagt das, die Frau, mit der Othmar Bauer noch auf dem Friedrichshof eine dort und damals „skandalöse“ Zweierbeziehung anknüpfte.

In vielerlei Hinsicht der Architekt des Wohnparks, wo er den mehrstöckigen „Lili-Bau“ plante, ist Bauer kurz vor der Wende im Streit ausgezogen, um sich als freischaffender Künstler zu etablieren. Muehl erwähnte ihn in seiner Autobiographie als einen der beiden treuen Mitkämpfer, die „heute noch“ (1977) dabei sind. Zuletzt hatte sich in Othmars kleiner Hütte am Teich die unzufriedene Jugend versammelt, bis sie dann alle vor Ottos Fuchtel flüchteten.

„Die ganzen Jahre habe ich das Gefühl gehabt, es stimmt was nicht“, erklärt Bauer. „Aber ich konnte nicht sprechen.“ Die Eheleute, die auf La Gomera heimlich geheiratet hatten, worüber sich das Establishment der Ottonen zutiefst empörte, reden über die Vergangenheit. Die Frau über Muehl: „Großartig im privaten Kontakt. Otto konnte auf jede Spinnerei, jede Verrücktheit verständnisvoll eingehen. Er hat mir irre geholfen.“ Othmars Einrede: „Das war totale Doppelstrategie. Wenn jemand wahnsinnig wurde, dann war Otto der total Gute. Aber daß die Leute verrückt geworden sind, daran war er schuld.“

Papa lieb, Papa böse. Zwei Fassaden des Patriarchats, das einmal Gott und einmal Teufel spielt. Oder beides in einem, wie in dem überlieferten Ausbruch teuflischen Größenwahns in El Cabrito: „Gott hat keine Zweierbeziehung. Otto hat keine Zweierbeziehung. Deshalb ist Otto Gott.“ Ein vielsagender Satz, auch wenn in Wahrheit der Häuptling öfters das Privileg einer privaten Love Story in Anspruch nahm. Mit „Rudelbumsen“ darf man die ottonische Doktrin der „freien Sexualität“ nicht verwechseln, sie ist der Ausdruck eines gefühlsasketischen Liebesverbots, das sich sogar auf die Mutter-Kind-Beziehung („schleimig“) erstreckt. Die Promiskuität bedeutet eine „soziale Pflicht“, kein Vergnügen, wie Muehl 1984 gesagt hat. Den Überschuß an Liebesbedürfnissen absorbieren die Gesamtheit und ihr Urvater, besser als ein normaler Mensch es könnte. Am Altar dieser höheren Instanz, welche wie Gottvater fürs Wohlergehen aller sorgt, opferte das Mitglied seine privaten Interessen auf.

Typisch ist die Menschentraube, die an Big Otto wie an einem Rebstock hängt. Um ihn, der nie allein zu sprechen ist, scharen sich Kinder und Erwachsene, ein Ansturm, vor dem seine Zimmer versperrt werden mußten, wenigstens in der Ära vor der Abdankung. So haben sich die Kranken und die Siechen um Jesus Christus gedrängt, von dem Muehl Ikonen im Strich der Comix malte.

Die Muehl-Kommune, ein „emotionelles Unternehmen“, ist ihre eigene Religion gewesen, in der Person des Chefs hat sie sich selbst vergöttert. In den „AA-Nachrichten“ findet sich die adaptierte Version der biblischen Mär vom Reichen, dem Kamel und dem Nadelöhr.

„Du müßtest deinen Jaguar verkaufen, das Tennisspielen aufgeben, dein Haus am Wolfgangsee verkaufen, deine Wohnung aufgeben, deine Frau und Kinder davon überzeugen, daß ihr nun alle in die Kommune zieht“: Muehls evangelische Anleitung zum seligen Leben für einen Neugierigen, der wissen wollte, wie man beitritt.

Was ist da passiert? Das Zusammenleben der Kommunarden sollte fließende Kommunikation sein, doch der „Great Communicator“ hielt sämtliche Kanäle besetzt. Als Animateur, Cheftherapeut und Schicksalslenker blieb er ständig auf Sendung. Der Sog seiner Ideen hörte nicht auf, die Gruppe zu bezaubern, im Laufe der Jahre ergossen sich Wortmassen über die Durstigen. Eine Dynamik ist dabei in Bewegung gesetzt worden, auf deren Wogen Otto Muehl wie der fliegende Holländer ritt. Die Gemeinschaft ist im Kontext der Zeitgeschichte zu würdigen, als paralleles Phänomen zur ORF-„Orgel“ des Generalintendanten Gerd Bacher und dem „heavy small talk“ des Journalistenkanzlers Bruno Kreisky.

Immerhin, die AAO (wie sich die Gruppe nannte) erbrachte den einzigen nennenswerten Beitrag Österreichs zur Kulturrevolution der siebziger Jahre, eine verblüffende Mischung aus Maoismus, Wilhelm Reichs „Sex Pol“ und Wiener Underground. Heute empfinden Besucher den Friedrichshof als „spätkapitalistisches Rentnerparadies“, geschäftige Herren in mondänen Anzügen fallen kaum mehr auf. Ein ketzerisches Kloster war es, wo Brüder und Schwestern unter dem Gelübde der Armut, des Gehorsams und der Unkeuschheit lebten. Ein Asyl für die Getriebenen aus den Randschichten und für die Sprößlinge eines seelenlosen Wirtschaftswunders. Eine Insiderin zitiert Schicksale aus dem Schutt Nachkriegseuropas: „Viele hatten eine instabile Kindheit, Heimkinder, Mutter Hure, von der Mutter getrennt, Vater irgendwoanders ... Oder faschistisches Elternhaus, die Eltern von Hitler begeistert.“

Urängste provozierte seinerzeit das forsche Auftreten der Kommunarden mit Glatze und Latzhose, im scharfen Kontrast zu den langen Haaren und wallenden Gewändern der Hippies. Der abrasierte Kopf, bedeutet das nicht die Tonsur, aber auch das Straflager und überhaupt ein Stigma der Schande? Wer sich selbst brandmarkt, überwindet selbstbewußt den Fluch, den andere auf ihn schleudern. Der Ausgestoßene ist er, vor dem die bürgerliche Herde erschrickt.

Ein Theater der Symbole, auf das sich Muehl, der Maler und Aktionist, blendend verstanden hat. Die Abzeichen der Demut (Glatze) und der manuellen Arbeit (Latzhose) stellte er streitbar der narzißtischen Haschisch-Romantik entgegen. Ähnlich konzipierte er die Technik der „Aktions-Analyse“, seiner hausgemachten Gruppentherapie.

„Die gesamte Selbstdarstellung ist als eine Oper aufzufassen, in der es keine Diskussionen gibt“, dozierte Muehl 1976 in den „AA-Nachrichten“ zu einem Zeitpunkt, als Diskutieren die Leidenschaft einer politisierten Jugend war. Der Vergleich der Aktions-Analyse mit der Oper verrät das Temperament eines Künstlers, auf das auch die Schnappschüsse von den alten Gruppentherapien hindeuten, eine gelungene „fotografia buffa“, die ja in den Muehl-Reportagen der Illustrierten bis heute gern reproduziert wird, als eine Art Volkskunst sozusagen.

Pittoreske Szenen, mit lebendigen nackten Leibern, spontan arrangiert, orgiastisch mit der Unschuld von Adam & Eva, keineswegs museal, doch an Vor-Bilder in Museen erinnernd, zugleich äußerst lebensnahe. Diese Momentaufnahmen von den „Selbstdarstellungen“ sind durchaus ein Gegenstück zu Andy Warhols „Chelsea Girls“. Eine Ex-Kommunardin klagt über Big Otto: „Ich fürchte, wir waren Farbflecke, aufgewühlt unter seinem kraftvollen Pinsel.“ Ein Manierist ist hier am Werk, derselbe Geist wie in der Malerei Muehls, einerseits auf der Suche nach Harmonie, andererseits mit der Tendenz zum Grotesken, Verzerrten und Exaltierten, wie man es in den Van Gogh-Paraphrasen studieren kann. Die gleiche diabolisch wirkende Unruhe zeigt sich in allen Äußerungen des unermüdlichen „Lebensgestalters“.

„AA-Wehrkonzept“ heißt ein Artikel im Zentralorgan „AA-Nachrichten“, das sich sonst mit Pädagogik, Psychologie und der Propaganda für den sozialistischen Aufbau der Kolchose Friedrichshof beschäftigt hat. Nach einigen konstruktiven Überlegungen zur Milizarmee folgen Gedanken zur Reform der Vereinten Nationen. An Chruschtschow wird erinnert, der um 1960 in der Generalversammlung vor aller Welt mit dem Schuh auf den Tisch schlug. Warum nicht die UNO im Geiste der AAO in eine „globale Selbstdarstellungsrunde“ umfunktionieren? Terroristen, Untergrundkämpfer und gefährliche Diktatoren hätten aufzutreten. „Sie sollten ermuntert werden, ihr aggressives politisches Konzept in extremster Weise darzustellen. Fidel Castro sollte mit Händen vorzeigen, wie er den amerikanischen Kapitalismus erwürgt.“

Ein schlagendes Beispiel für die Technik der „Selbstdarstellung“! Da ging es ja um die Frage, wieviel Haß ein Mensch wirklich verträgt. Symbolisches Agieren lag dem bildenden Künstler Muehl näher als der abstrakte Wortwechsel in der „talking cure“. Auf verbale Art Probleme zu lösen, lehnte die Aktions-Analyse ab. Der nackte Mensch, wie ein Kleinkind auf Lunge, Rumpf und Gliedmaßen angewiesen, liefert sich den Zuschauern aus, die seine Aggressionen aufzufangen haben. Zorn und Wut aus der Kindheit werden körperlich intensiviert und bildlich erledigt („Muttermord“ und „Vatermord“). Der Erwachsene erlebt eine Neugeburt, nicht länger als Produkt von Mama & Papa, sondern als Mitglied der Gruppe, dieser Schicksalsgemeinschaft, die sich als Vorhut einer verjüngten Menschheit betrachtet.

Später hatte Muehl einige Mühe, vom hohen Roß des AA-Wunderheilers herunterzukommen. Zur Massenabfertigung scheinen die SD-Abende verflacht worden zu sein. Anfangs freilich hieß es: „Die Schädigung ist sozial, und sie kann geheilt werden. Die Technik der Aktions-Analysen war „wild“, sie widersprach den keuschen Regeln der professionellen Psychotherapie, brachte jedoch Geld und Zulauf ein.

Soziale Schwerarbeit ist — streckenweise — am Friedrichshof geleistet worden. Als geschlossene Gesellschaft beschwor die Kommune aber gewisse schlimme Befürchtungen herauf, sie wurden durch Aussagen der Aussteiger bekräftigt. Von der University of Chicago kommen nun analoge Enthüllungen, nach dem Selbstmord des greisen Bruno Bettelheim, des Kinderpsychologen und „heiligen Arztes“. Er sei ein „Brutalheim“ und seine Nervenheilanstalt für Kinder eine Welt „à la Orwell“ gewesen, mit Zensur der Briefe und der Lektüre. „Du bist verrückt, nur ich kann dich heilen“, hatte der ärztliche Tyrann einen Schulknaben eingeschüchtert. Noch tollere Sprüche werden dem rettenden Diktator am Friedrichshof in den Mund gelegt.

Vergleichbar sind diese Skandale, weil sowohl der anerkannte Psychoanalytiker Bettelheim als auch der „wilde“ Autodidakt Muehl in Wort und Schrift einfach des Guten zuviel versprochen haben. Wer der Routine abschwört, riskiert einiges. Methoden, die man der AAO ankreidete, werden heute in „Shock Camps“ und in der Drogentherapie guten Gewissens verwendet.

„Verzichte auf deine Persönlichkeit und auf deine Individualität, du hast nämlich keine. Sei leichtgläubig, mach alles, was man dir sagt, keine Widerrede. Du hast bis jetzt nur Blödsinn gemacht, zwanzig, vierzig, fünfzig oder gar sechzig Jahre lang“, erläuterte Muehl mit der ihm eigenen, nie ganz ernsthaften Drastik. Er instruierte die zahlenden Gäste der Aktions-Analysen: „Ich höre mir nur das an, was mich beeindruckt, langweile ich mich, so gehe ich zur Selbstdarstellung über, oder ich gehe einfach weg.“

Wieso ist einer/eine in die Muehl-Kommune gegangen? Wie hielt es der Mensch dort aus? Viele sind wieder ausgezogen, nicht wenige enttäuscht, es gab ein Kommen und Gehen. Wer aber gerade einzog, mußte das Gefühl haben, die Trennlinie in eine verbotene Zone mutig zu überschreiten. Er (oder sie) genoß den Trotz des verlorenen Sohnes (respektive Tochter). Auch die AAO nährte sich vom blutigen Generationskonflikt um 1970. Elternvereinigungen warnten vor der „Jugendsekte“, sie wurde mit Bhagwan und orientalischen Kinderverschleppern in einen Topf geworfen. Entrüstet haben sich nicht nur die Moralapostel.

Die wütende Kritik an Muehls sozialem Handeln kam primär von der Linken, wo seine Prämissen theoretisch schwer anzufechten waren. Was hätte man gegen wunderschöne Begriffe wie „direkte Demokratie“, „bewußte Lebenspraxis“, „gemeinsame Arbeit“ einwenden können? (Außer, daß sie allzu deutlich modisch gewesen sind.) Umso bissiger wurden die Auswüchse attackiert. Das klassische Scheltwort „faschistisch“ flog hin und her. In Frankfurt, Berlin, Hamburg ereiferten sich Wohngemeinschaften. Boshaft heizten die „AA-Nachrichten“ den Streit an: „Wie schaut der sexuelle Alltag von Rudi Dutschke und Cohn-Bendit aus?“ Womit den Neidern aufs Brot geschmiert wurde, Big Otto sitze selig wie Tannhäuser im Venusberg.

Wichtiger als der Anreiz der Promiskuität dürfte die Suche nach einer überlebensgroßen Vaterfigur gewesen sein, die mit der einen Hand streichelt und mit der anderen schlägt. Mehr als eine Metapher: Streicheln und Schlagen gehörten tatsächlich zur Körpertherapie. „Du kennst dich nicht mehr aus“, besagte die danteske Warnung, mit der in AAO-Zeiten der Ankömmling auf dem Friedrichshof empfangen wurde.

Eine logische Folge des antiautoritären Proteststurms der sechziger Jahre war, daß sich neue Autoritäten ausbilden mußten. Streetfighter, Pop-Sänger, Propheten, die sich öffentlich in Kampf und Fehde zu bewähren hatten, anstelle der formalen Respektspersonen mit Krawatte, Bierbauch und im offiziösen Talar. Wer ein Panier ergriff und eine Parole ausrief, konnte auf Gefolgschaft rechnen. Wie groß der Bedarf gewesen ist, erwies sich im massenhaften Aufsehen um einen doch so esoterischen Künstler wie Josef Beuys.

Otto Muehl, tatkräftiger Tagträumer, von der Parteien Haß und Gunst zerrissen, hat die Tiefen seiner Zeit voll ausgekostet. In der Schar der Volksredner, Fahnenschwinger und Zukunftsmusiker fiel er auf, weil er unglaublich praktische Patentrezepte im Hier und Jetzt und für die ganze Welt anzubieten hatte: „Tu dies! Tu das! Und du bist glücklich!“

Eine Wohngemeinschaft mit gemeinsamer Kassa und flexiblem Partnertausch einzurichten, konnte seinerzeit nicht besonders originell sein. In Westberlin hatte es die „Kommune 1“ gegeben, ein ideologisches Mekka der Studentenbewegung. Muehl tat den entscheidenden Schritt, indem er das Grundstück in der Parndorfer Heide kaufte und mit der Gruppe aus Wien in die Ruinen des alten Friedrichshofs übersiedelte. Dem Wind und Wetter der burgenländischen Natur ausgesetzt, blieb gar nichts anderes übrig, als den großen Sprung vorwärts in den sozialistischen Aufbau zu wagen. Über der konkreten Utopie schwebte aber bald der Pleitegeier.

Mitte der siebziger Jahre verfügte die AAO über Ableger in halb Europa, sie hatte 500 und noch mehr Mitglieder. Zwischen Wien und der Nordsee spannte sich ein Netz von „AA-Magazinen“, es gab den „AA-Multiservice“, den „AA-Verlag“, die „AA-Druckerei“, ein „AA-Restaurant“ in Genf und das Transportunternehmen mit dem flotten Firmentitel „AA-Ruckzuck“. Lauter Initiativen im Rahmen der damals verbreiteten Versuche, unabhängig vom kapitalistischen System zu wirtschaften, natürlich immer auf der Grundlage des Gemeinschaftseigentums.

Was kleine Wohngemeinschaften mit Töpferei und Weberei unternahmen, machten die Muehlianer im Großen. Wie ein aggressiver Konzern, echt größenwahnsinnig, besetzten sie den alternativen Markt, wo allerdings der Bankrott blühte. „Ruckzuck“ und die anderen Firmen traten eilig den Rückzug ins Nichts an. „Der Arbeiter in der AAO tut sich nicht weh“, mußte der Häuptling bedauernd konstatieren. Ende der siebziger Jahre führte der Friedrichshof erstmals — kurzfristig — das Privateinkommen mit Berufstätigkeit der Mitglieder ein. Die AAO verschwand, die Kommune taufte sich in „Kultur- und Freizeitzentrum“ harmlos um, während man in Wirklichkeit lukrative Fischzüge auf dem Finanzmarkt vorbereitete.

Erstaunlich, so schnelles Reagieren! Von der „gemeinsamen Arbeit“ behend der Umstieg in die Maklerbüros! Das Leitwort der muehlianischen Sprachregelung hieß auf einmal: „Realität“, es hätte auch „Der Rubel rollt“ oder „money talks“ heißen können.

In jenen Zeiten hatte Otto Muehl einen Tagtraum. Einen Alptraum, der sich wie ein verkleideter Wunschtraum liest. Die literarische Phantasie Muehls von 1976 zum Thema „Vampirismus“, brillant geschrieben, sagt prophetisch etwas aus über die Hintergründe der bevorstehenden ökonomischen Abenteuer in der Welt des großen Geldes. Unheimliches ist im Gange. „Die Vampire kennen keine Gnade.“ Anfangs wird kritisch erläutert, in dem Aberglauben stecke ein oraler Defekt der „Kleinfamilienmenschen“, ihre infantile Leidenschaft, den Nächsten bis aufs Blut auszusaugen.

„Dieses gegenseitige Übervorteilen, Hineinlegen, Ausbeuten, Überrunden, Fertigmachen, Übertrumpfen, Ausbooten, Niederschlagen drückt sich im Begriff freie Marktwirtschaft aus.“ Die Gedanken des einfühlsamen Autors wandern dann in eine andere Richtung. Er beginnt, die Blutsauger zu entschuldigen und zu bewundern. Muehl spricht mit mehrdeutiger Ironie. „Der arme Vampir kann sich nur am Leben halten, wenn er nachts aufsteht und ‚Mundraub‘ betreibt.“ Heimliche Gewissensbisse scheint der schwarze Humor in der zwiespältigen Fabel der beißenden Ungeheuer zu verarbeiten. Der ehemalige Aktionist sympathisiert mit ihrem „geilen Verlangen nach Blut“. Untergrundkämpfer sind sie, eine „revolutionäre Klasse, vor der sich die Lebenden, Blutreichen fürchten“.

Wofür stehen die Vampire, „diese verdammten Babys, die nicht sterben können“? Anhänger des Gemeinschaftseigentums dürften sie keine sein, obwohl sie „weder Freunde noch Zweierbeziehungen“ schonen, was irgendwie bekannt vorkommt. „Mit dem Wort Blutsauger werden auch Ausbeuter, Wucherer benannt.“ Vielleicht sind Muehls Vampire verdammt erfolgreiche Keiler, orale Triebtäter, die rund um die Uhr am Telefon hängen und mit verbalem Biß Geschäfte abschließen? Jedenfalls sieht so der Alltag in den Maklerbüros aus, wo Super-Verkäufer mit Provisionen für die Kommune Geld scheffeln. Bildlich ausgedrückt, zapfen sie der „blutreichen“ Außenwelt finanziellen Lebenssaft ab.

Komisch, daß ihr berufliches Dasein fern vom Friedrichshof an die Vampir-Phantasie erinnert. Konspirativ wie Untergrundkämpfer tarnen die Verkäufer am Arbeitsplatz ihre Identität als Kommunarden; wenn sie einem „Kleinfamilienmenschen“ (Achtung, Aids!) geschäftlich die Hand drücken, säubern sie sich sogleich sorgfältig mit einer Spezialseife die Hände. Diese tüchtigen Leute als „Vampire“ zu betrachten, dazu hätte Muehl heute, nach seiner Abdankung, persönlich mehr Grund. Sie stürzten ja das alte Regime.

In der Bankrott-Debatte im Sommer 1990, der zweiten in der Geschichte der Kommune, war einer der stärksten Vorwürfe jene Verschwendung, mit welcher der Ankauf und Ausbau des Feriensitzes El Cabrito betrieben worden sind. Aber als der Reaktor in Tschernobyl brannte und der radioaktive Staub Österreich erreicht hatte, im Jahr 1986, fiel blitzschnell die Entscheidung, um jeden Preis auf die Kanarischen Inseln zu übersiedeln, der Kinder wegen ... Eine typische Entscheidung, denn der Stamm der Ottonen befindet sich immer auf der Suche nach einem Versteck.

El Cabrito ist eine Felsenbucht, abgeschieden von der übrigen Insel. Sogar in Brasilien hatte man schon eine Ansiedlung erwogen. Zum Friedrichshof gelangt man über die „Römerstraße“, einen steinigen Feldweg quer durch die Parndorfer Heide, wo im Winter meterhoch der Schnee liegt. Nun droht hier eine wirkliche Gefahr. Sie kommt vom Autobahnbau, von der Hochleistungsstrecke zur ungarischen Grenze. Die projektierte Trasse der A4, abgesegnet in der Bundesregierung, würde am Wohnpark vorbeiführen und es nahelegen, ihn an eine Hotelkette abzustoßen.

Im äußeren Eindruck verrät der Friedrichshof nichts von den inneren Erschütterungen. Die Gemeinschaftsküche produziert Bio-Menüs, weiterhin gilt die Maxime: Im Dutzend ist es billiger! Otto Muehl, der Ruheständler, umgeben von Getreuen, sitzt in seinen Zimmern, malt, schreibt, entwirft Siebdrucke und arbeitet an einem burlesken Video über New York. Was führt er sonst im Schilde? Sein Reisepaß liegt beim Gericht. Versungen und vertan sind die Zeiten, als er auf El Cabrito, seinem „‚Club Mediterranée“, den Gastgeber für befreundete Malerfürsten spielte.

Eindeutig zur „Freizeitgesellschaft“ führen die Neuerungen in der Gemeinschaft, die sich einst dem Zusammenleben und Zusammenarbeiten verschrieben hatte. Jeder erarbeitet jetzt sein eigenes Geld, Erholung und Urlaub genießt man gemeinsam — und sparsam — im Kreise der alten Genossen. Die Ohne-Muehl-Kommune lockert das Miteinander in kleinere Gruppen auf, niemand hat mehr Anspruch auf Vollversorgung, was besonders die Frauen mit Kindern trifft. Mit dem früheren „Matriarchat“ ist es vorbei, viele andere Merkmale verschwinden, durch die sich die Gemeinschaft sendungsbewußt von den banalen Menschen abhob. Abzuwarten, ob der Zusammenhalt in Zukunft bewahrt bleibt.

Als ein auserwähltes Völkchen fühlten sich die von Big Ottos Frohbotschaft fanatisch Überzeugten. Daß sie so lange relativ unblutig miteinander ausgekommen sind, könnte man der Muehlschen Gruppentherapie als Pluspunkt zuschreiben. Den Kommunarden fiel es höllisch schwer, im eigenen Lager etwas Böses zu bemerken. Die Panik, umzingelt zu sein, preßte sie zusammen. Sie halten dicht, selbst Aussteiger haben Skrupel, den unausgesprochenen Eid zu brechen.

Stramme Disziplin wie auf dem Raumschiff Enterprise, unbeirrt steuert der Chefpilot den genial errechneten Kurs. Science Fiction, das war’s möglicherweise. Der Raumflugkörper landet auf einem fremden Planeten, tastet ihn nach Signalen ab. Ein autonomes System wollte die Kommune sein, auf der Hut vor der Gesellschaft draußen, doch auch gierig, sie Stück für Stück zu verschlucken. Bis an einen Punkt freilich, wo die kleine autarke Einheit vom Großen Ganzen assimiliert wird.

„Niemals hat jemand auf der Welt so verdreht gedacht wie wir“, sagt einer der Clowns in Becketts „Endspiel“. Eine generell menschliche Feststellung, natürlich. Daß es mit der Befreiung der Menschheit vom Frust der „Kleinfamilie“ nichts wird, steht fest. Ebenso, daß der Weltraumflug eine raffinierte optische Täuschung war. Das Raumschiff Enterprise dockt an. Als radikale Antithese baute sich die Gruppe auf, sie stellt jedoch ein Konzentrat gesellschaftlicher Trends dar, die malerisch wie in einer Vase gebündelt wurden.

Sollte das Spiel zu Ende gehen? Vom Spielzeug hängt das ab. Die Muehl-Kommune, dieser mysteriöse Organismus, hat abenteuerlich mit Sex, Macht, Kapital gespielt. Und noch mit einer Vielzahl interessanter Sachen, mit Kunst, Psychotherapie, Pädagogik, biologischem Anbau ... sowie mit der Vision einer Zukunft, die inzwischen ideologische Geistesgeschichte geworden ist.

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