FORVM, No. 423/424
März
1989

Die Rückkehr ins Zentrum der Welt

Ansichten eines Belehrten

es ist nicht gut, wenn sklaven bücher lesen. bildung zerstört ihre instinkte und verwirrt ihren geist. glauben sie mir: sie sind im irrtum, sie täuschen sich —

was ein sklave werden soll, das hat erziehung nötig. die ausbildung seiner fertigkeiten und die erziehung zu ordnung und moral. ein sklave muß wissen, daß er sklave ist. er muß es wissen und für richtig halten. er muß seinen stolz im gehorsam finden, seine ehre in seiner fertigkeit, seine würde in der genügsamkeit. gehorsam, geschicklichkeit und genügsamkeit, das sind die tugenden eines glücklichen sklaven.

hören sie: ich will, daß sie mich verstehen. ich will, daß sie das begreifen. ich werde ihnen zur illustration eine geschichte erzählen, eine geschichte, ja, und es ist eine wahre geschichte*, kein märchen, keine fabel, keine so-als-ob-geschichte, sondern die wahrheit, und dann urteilen sie selbst —

* als je eine gewesen ist

ich bin einmal ein kind gewesen, von armen eltern, ja, genauso wie im märchen, und begabt. so arm und so begabt, daß der pfarrer beschloß, erbarmen mit mir zu haben und mich, der ich kaum schon begriffen hatte, daß ich am leben und die welt ein verdammt eigensinniges material sei, ins bischöflich-christliche internat steckte zwecks heranziehung zum pfaffenberuf. war aber nichts damit.

ich glaubte als kind schon nicht an gott, weder an den schöpfer, noch an den richter, noch gar an den erlöser. es schien mir widersinnig zu behaupten, ein gott sei vor der welt dagewesen, und diese von ihm aus dem nichts erschaffen worden. sowenig ich mir die ewigkeit und das nichts vorstellen konnte, so wenig war mir die existenz eines übernatürlichen wesens vor aller zeit denkbar. zwei unmöglichkeiten also, und wenn ich schon gezwungen war zu glauben, so wollte ich doch lieber an die ewige existenz der welt glauben, als an die doppelte unglaubwürdigkeit eines gottes, der ja nicht weniger im beweisnotstand gegenüber der ewigkeit war, sondern zudem auch noch das nichts zur voraussetzung hatte.

wenn dieser gedankengang für ein kind im alter von kaum vierzehn jahren reichlich pragmatisch erscheint, muß man sich vor augen halten, daß meine skepsis nicht aus heiterem himmel gefallen war. von jeher bin ich von einem geist besessen gewesen, der mich dazu getrieben hat, mir immer wieder dieselbe frage zu stellen: warum lügen sich die leute dauernd an? ich schämte mich für meine eltern, für meine lehrer, für meine ganze umgebung, denn ich fühlte, daß sie verächtlich waren, daß sie selber sich alle ausnahmslos verachteten, daß einer den anderen im grunde für einen heuchler und dummkopf hielt, und das alles nur aus dem einen grunde, daß jeder jeden belog und betrog, und daß jeder es wußte.

ihren gipfelpunkt erreichte die die ganze gesellschaft wie honigsüßer sirup überziehende heuchelei vor ihrem heiligsten: sie krochen in schwarzen scharen hinauf zur kirche, die wie eine burg hoch über dem dorf stand, manche tagtäglich in aller herrgottsfrüh, und knieten auf den harten bänken und streckten in unendlicher schafsdämlichkeit ihre lapprigen zungen aus den schandmäulern, den leib ihres gottes in form eines münzgroßen, klebrigen oblatenblättchens zu empfangen. da waren sie alle lammfromm und konnten keiner fliege was zuleide tun, und je mehr einer zu hause die seinen malträtierte, desto schleimiger troff ihm vor dem pfarrer der honig aus dem maul. die erwachsenen waren mir nichts als erbärmliche heuchler. und dummköpfe noch dazu, schienen sie doch zu glauben, niemand sei in der lage, in ihr sogenanntes herz zu sehen. die skepsis gegen alles, was mir von dieser seite nahegebracht wurde, lag mir also wie im blut, und ich machte kein hehl daraus, daß ich nicht daran dachte, mich mit dem gott und seinem kult zum narren machen zu lassen. so ist es nur eine frage der zeit gewesen, bis man mich unter einem fadenscheinigen vorwand aus jener kaderschmiede des anachronismus verbannte.

obwohl ich keinen augenblick versucht gewesen bin, mein dasein dem irdischen zu entfremden, war ich nach diesen drei jahren doch schon infiziert mit einem denken, das im kopf eines sklaven unheil erzeugen muß. man hatte mir beigebracht, daß die welt nichts anderes sei als das szenarium, in welchem ich mich vor dem richtergott zu bewähren habe. daß es letztlich also allein auf mich und meine seele ankomme, die gerettet werden müsse. der wert des nächsten, so las ich aus allem heraus, liege einzig darin, mir gelegenheit zu geben, gott meinen guten willen zu beweisen. so wie gott mich erschaffen habe, um ihm um meiner eigenen seele willen zu dienen, so sei die ganze welt nichts als ein riesiges theater, inszeniert ausschließlich um meinetwillen. und zuletzt, so der umkehrschluß, wäre auch gott nur dazu da, mich zu rechtfertigen.

gott aus dieser milchmädchenrechnung hinausgekürzt, blieb unter dem strich — ich. ich als der mittelpunkt und das ziel des daseins. daß sich alles um mich zu drehen habe, diese vorstellung vom dasein, diese anmaßende sicht der welt beherrschte von da an mein denken und mein selbstwertgefühl.

ich hatte also einen beruf zu erlernen, und sie werden sich denken können, daß ich, der mittelpunkt der welt, herzlich wenig interesse an irgendwelchen berufen hatte. ich fühlte mich nicht zu jedwelchen berufen berufen, und so wie ich die widerwärtige, störrische welt nur erduldete und auf einen tag in der zukunft zu warten mich eingerichtet hatte, an dem ich von der widerwärtigkeit des kindseins endlich erlöst und erwachsen wäre, so nahm ich die versuche meiner trainer, mir meinen platz als sklave samt der dazu nötigen einstellung einzubläuen, zwar widerwillig, aber mich in geduld fassend hin. meine begabung erleichterte mir dies, war ich doch nie gezwungen, mich auch nur im mindesten zu engagieren, um die fertigkeiten des sklaven zu erlernen. es handelte sich nur darum, zu tun, was von mir verlangt war.

das wichtigste, was ein sklave zu lernen und zu akzeptieren hat, ist, daß er nicht für sich selber auf der welt ist. daß eın sklave richtig konditioniert wurde, zeigt sich darin, daß er todunglücklich wird, sowie ihm sein lebensvorwand, die arbeit entzogen wird. der existenzielle jammer, der einen durchschnittsbürger angesichts eines nutzlosen, weil keinem dienst geweihten lebens überfällt und in den selbstmord treibt, ist nichts anderes als der ausdruck richtiger konditionierung. die identität des sklaven muß hundertprozentig mit der vorstellung seiner brauchbarkeit verknüpft werden, so daß er zugrunde gehen müßte am gefühl, überflüssig zu sein. auf diesem innersten überzeugungskern der wertlosigkeit, ja des verbrecherischen der bloßen existenz für sich, muß die gesamte wertstruktur einer sklavengesellschaft aufgebaut sein. es muß in der skala der sklavischen psyche alles, was nicht eindeutig einem definierbaren zweck und verwertbaren nutzen dient, als das sinnlose angst- und abwehrgefühle hervorrufen, als deren folge, wie allgemein bekannt, der aggressive reflex resultiert. nur ein solcher sklave ist richtig konditioniert, dem alles luxuriöse als das unanständige gilt. jawohl! als das verdammungswürdige und lasterhafte, als erscheinung der dekadenz und der krankhaftigkeit!

erkennen sie das muster? — ich sehe, sie begreifen: kulturfeindlichkeit, richtig, und antiliberalismus, genau, und antihumanismus, jawohl! die ganze skala reaktionärer grundhaltungen resultiert bis hin zum faschismus direkt und folgerichtig aus der sklavenmoral. aber vom sklaven toleranz zu fordern heißt, seine konditionierung ad absurdum zu führen! Ihm gar bildung, die für sein dasein vollkommen nutzlos ist, als einen höheren (!) wert ans herz zu legen, das ist der erste und nur um den preis der nihilistischen demoralisation rückgängig zu machende schritt zur dekonditionierung der sklavischen psyche. — aber lassen sie mich zu meiner geschichte zurückkommen, die meine behauptungen vielleicht besser zu illustrieren vermag, als alle theoretischen ausführungen:

ich tat, was von mir gefordert war. ich folgte dem buchstaben des gesetzes, nicht aber seinem geist. ihr habt meinen körper, sagte ich, aber meine seele kriegt ihr nicht. ihr könnt mir befehlen, aber mein einverständnis erzwingen könnt ihr nicht. ihr beleidigt und bedroht mich, ihr gebt mir hausarrest und blamiert mich vor der versammelten klasse — tut was ihr wollt, aber brechen könnt ihr meinen widerstand nicht. aus mir werdet ihr keinen untermenschen machen.

keinen untermenschen! begreifen sie meinen hochmut? verstehen sie schon, was ich sagen will? das antiquierte humanistische bildungsideal hatte mich in den wenigen monaten, da ich mit ihm in berührung gekommen war, verdorben. die saat war auf fruchtbaren boden gefallen. mir schwebte ein bild von mir selbst vor, das der realität der bürgerlichen sklavenhaltung fundamental entgegengesetzt war. der umfassend gebildete mensch, dessen ziel die allseitige vervollkommnung seiner fähigkeiten und anlagen sein sollte, so daß er zuletzt als sein eigenes kunstwerk dastünde, der ordinären materie gleichsam schon entrückt und als halbgott über die erde wandelnd. was für eine lächerliche anmaßung für einen, der im begriff war, zum spezialisierten sklaven ausgebildet zu werden!

sie kannten alle methoden. der leiter der schule war hj-führer und ss-unteroffizier gewesen. seine mannschaft bestand aus verkrachten existenzen, neurotikern, cholerikern, sadisten und schwulen, die einer meute scharfgemachter hunde gleich auf uns losfuhren. in ihrer diktion waren wir nichts als ein haufen idioten und mißgeburten, drückeberger und hinterhältige schweine, ein faules, säuisches pack. sie gaben sich die redlichste mühe, uns begreiflich zu machen, daß wir keinerlei ansprüche aus unserem dasein abzuleiten hätten, daß es vielmehr ein eklatanter irrtum des schicksals sei, daß wir überhaupt am leben waren.

ich verstand mich als souverän in gefangenschaft, und für jede mißhandlung meiner hochfahrenden persönlichkeit rächte ich mich — durch lektüre. ich las mich in eine innere emigration hinein. alles, was nur entfernt an subversion erinnerte, war mir recht. unter diesen bedingungen hieß das: alles von kafka bis brecht, vom kommunistischen manifest bis zur maobibel, selbst handke war vor diesem hintergrund ein molotowcocktail. was spielte es für eine rolle, daß ich nur das wenigste verstand und überhaupt nicht in der lage war, es einzuschätzen und abzuwägen! die essenz, der traum von einem anderen menschsein war überall herauszulesen, und daß ich überhaupt alle diese leute las, war an sich widerstand. daß die bomben und granaten im arsenal meiner waffenkammer sich letztlich alle als blindgänger erweisen würden — wer konnte damals davon eine ahnung haben?

ich bin, wie sie sehen, ein durchaus geglücktes produkt des politischen flügels der aufklärung gewesen. in mir schwelte die revolte, und mit jedem tag wuchs in meinem gehirn das arsenal der vernichtenden argumente. nicht die kenntnis des charakters der herrschenden ordnung entnahm ich den büchern, sondern die argumentative bestärkung meiner verstiegenen vorstellungen. die ungerechtigkeit des vorherrschenden ordnungsprinzips war mir in meiner kindheit schon zur sinnlichen gewißheit geworden. bin ich nicht mit einer mischung aus ängstlicher bewunderung und verzehrendem neid in meinen frühen schülerjahren schon vor dem fernsehapparat gekauert und habe die fäuste geballt für meine freunde, die studenten, die sich draußen in den straßen, die die welt bedeuten, mit der gesamten bürgerkriegsarmee der bourgeoisie anlegten? ist mir etwa nicht von allem anfang an bewußt gewesen, daß jener aufstand meine sache war?

ich bedurfte keiner belehrungen hinsichtlich der verwerflichkeit der obersten werte dieser real existierenden gesellschaft, und nur eines hätte mich vor der mich seither wie ein dämon beherrschenden idee der revolution bewahren können: die gewißheit, daß die ordnung der welt eine unveränderliche sei. ich habe keine zweifel, daß ich mich zuletzt in einem stoischen fatalismus zurechtgefunden hätte als einer der milliarden gesichtslosen, die diese erde bevölkern.

die sozialen verhältnisse meiner heimat waren eingebettet in eine landschaft wie das fatum selbst. gewaltige gebirge umschlossen ein tiefgelegenes tal und reduzierten die welt auf ein paar quadratkilometer wald und wiese mit einem flecken himmel darüber. an regentagen näßten die zwischen den gebirgszügen wie in einem schafpferch zusammengetriebenen wolken die schindeldächer der an die hänge geschmiegten häuser. wie das dorf der fatalität dieser landschaft unterworfen war, so waren wir der fatalität der sozialen ordnung des dorfes unterworfen gewesen. wir waren arm und als landlose verachtet. selbst der erbärmlichste bauer mit zweieinhalb kühen im stall genoß mehr ansehen als ein dahergelaufener proletarier. in der existenz des zugewanderten arbeiters verachteten die dörfler die neue zeit des industrialismus, in der der mensch nicht mehr auf eigenen füßen und auf eigenem land steht, sondern von der gnade fremder herren abhängig und wie ein dahergewehtes blatt eine unsichere und daher zweifelhafte existenz ist.

nun wissen wir aufgeklärten, daß das subjekt, das so einzigartige individuum, zuerst produkt eines szenariums objektiver voraussetzungen und ereignisse ist, und daß der zufall in der konstitution des unverwechselbaren einzelnen die vielleicht prägnanteste rolle spielt. wir, die wir im laboratorium unserer vorstellung das subjekt zum objekt unserer untersuchungen und experimente machen, wissen das, aber das subjekt selbst, jeder einzelne von uns weiß davon vorerst einmal gar nichts. wir sind. was wir sind liegt nicht in unserer macht, noch wie wir sind. ein leicht erregbares nervensystem reagiert anders auf seine umwelt als ein träges. ein starker, gut durchbluteter körper wird ein anderes selbstwertgefühl zulassen als ein kränkelnder, mit einem schwachen immunsystem ausgestatteter organismus. analog dazu kann entsprechendes vom sozialen klima gesagt werden, in das man hineingeboren ist.

aber auch später, wenn man ist, was man geworden ist, besteht kaum grund, von verdienst oder schuld zu reden, denn die meisten wichtigen, sozusagen strategischen entscheidungen fallen in einem zustand der entscheidungsunfähigkeit, und nur durch die tatsache, daß selten mit einer weichenstellung auch schon alle dispositionen getroffen sind, daß es also immer wieder möglichkeiten zu kleinen und größeren kurskorrekturen gibt, erwächst uns das gefühl einer relativen macht über unser schicksal und also die befriedigende vorstellung von uns als selbstbestimmten individuen. tatsächlich aber sind wir nichts als in der milch unserer verhältnisse strampelnde frösche, und weniger wir selbst, als der fettgehalt der milch, in die wir geworfen sind, entscheidet darüber, ob unser strampeln jemals erfolg haben wird.

ich war, um vom allgemeinen wieder ins konkrete zurückzukommen, weniger vom klima meiner sozialen umgebung, als von der konstitution meines nervensystems dazu befähigt, ein trotziges selbstbewußtsein zu entwickeln. ohne auf die ursachen meiner veranlagungen näher einzugehen, sei gesagt, daß ich zwar früh um meine intellektuelle begabung wußte, diese aber erst allmählich als einen, die sozialen und körperlichen benachteiligungen kompensierenden vorzug zu schätzen lernte. in jener frühen zeit, da ich meinem verstand als einem teuflischen einflüsterer ausgeliefert gewesen bin, der alle meine versuche, die kluft zwischen mir und meiner engsten umwelt zu überwinden vereitelte und statt integration eine immer größere distanz und kälte schuf, in jener frühen zeit wäre eine andere, den objektiven bedingungen meiner existenz besser angepasste konditionierung noch möglich gewesen. ich hätte einer werden können, wie mein ernährer vor mir gewesen ist —

ein kräftiger, wenngleich nervöser mann, den eine aus schier unerschöpflichen quellen gespeiste innere wut zu einem machte, den man besser mit einiger vorsicht behandelte. er war jähzornig und anmaßend im umgang mit seinesgleichen, und das zusammenleben mit ihm in einer familie war ein ständiges wechselbad der leidenschaften. dennoch ist es schwer zu sagen, was er wirklich gewesen ist, was er wirklich dachte und fühlte, denn alles, was er tat und von sich gab, schien gemacht, für ein publikum bestimmt und hatte etwas theatralisches, so als verberge sich in seinem inneren eine zweite, von der äußeren rätselhaft verschiedene person.

im umgang mit sozial höhergestellten war er geschickt, scheute sich aber nicht, eine herausforderung anzunehmen und seinen platz zu behaupten. er ist dabei allerdings nie über das ihm zuträgliche maß hinausgegangen. man muß, so sagte er immer wieder, dem anderen sein gesicht lassen. es war dies aber weniger eine aus der moral, als vielmehr aus dem gefühl für die grenzen seiner macht abgeleitete maxime.

klug genug also, sich nicht mit der macht anzulegen, war er anderseits aber doch nicht ehrlos genug zum speichellecker. so ist er auch durch faschismus und krieg hindurchgegangen als einer der vielen, die wie er darauf konditioniert waren, den kopf nicht aus der masse zu heben. ich glaube, mein ernährer hätte, so ihm das befohlen worden wäre, ebenso gefangene erschossen oder juden in die gaskammern transportiert wie alle anderen. sollte er je zeuge von mißhandlungen jüdischer zivilisten geworden sein — er hat nie dergleichen erwähnt —, er wäre mir durchaus als einer der hämischen lacher am straßenrand vorstellbar.

mein ernährer war weder ein held, noch war er ein feigling. wie alle kannte er die angst und war, wenn es unvermeidlich erschien, mutig genug, sie zu überwinden. er war sklave, nichts weiter, und ein wort wie pflicht habe ich ihn nie sagen hören. ein sklave kennt ein solches wort nicht. ein sklave gehorcht. zu gehorchen war meinem ernährer eine selbstverständlichkeit, und alles, worüber er dabei nachdachte, war, ob ein befehl seiner stellung in der sklavenhierarchie angemessen war oder nicht. ein gewissen hatte er wohl nur insoferne, als er um die einhaltung der in seiner sozialen umgebung gültigen konventionen bemüht gewesen ist.

sie verstehen, was ich damit sagen will: mein ernährer war weder aufrührerisch, noch war er unterwürfig. er war weder ausgeprägt unglücklich, noch war er glücklich. er ist ein kluger, für seine stellung richtig konditionierter sklave gewesen. was will man mehr?

ich aber war der sklaverei überdrüssig.

das wertsystem des christentums, entkleidet allerdings seines im bild des gekreuzigten erlösers versinnlichten salto mortale ins jenseitige Jerusalem, gepaart mit der romantischen verstiegenheit pubertierender intellektueller — auf den begriff gebracht: der unter dem banner des fortschritts zäh geführte kampf der intelligentia um die längst verlorene macht hatte mich verdorben. ich hatte mich mit dem krieg der intelligentia gegen die lauthals lachenden usurpatoren, die im olymp des aktiensystems den blicken sterblicher längst entzogene bourgeoisie, identifiziert, ohne zu begreifen, daß ich nicht für mich selbst in den krieg gezogen war, sondern als der wasserträger, als der nützliche idiot, als das feigenblatt der machtansprüche einer sklavenkaste, die zu feig war, ihren machtgelüsten geradeheraus ins gesicht zu sehen. sie waren meine helden, die junge garde der intelligenz, die sich auf den straßen der welt mit den prätorianergarden der bourgeoisie herumschlugen und sich einbildeten, sie brächten das system zu fall, indem sie einige mitglieder der politischen klasse ins schwitzen brachten.

ich war stolz auf mich. draußen kämpften die studenten, die tupamaros, der vietkong, aber hier, in der vorläufigen gefangenschaft meines lehrlingsdaseins leistete ich das meine im großen kampf. ich hatte die besten verbündeten. von marx bis onkel ho, von che bis rudi dutschke sah ich mich berechtigt, alle revolutionäre als meine genossen zu betrachten. auch der leiter der bibliothek der arbeiterkammer war auf meiner seite, und ein student namens benno vom spartakus-bund, der mich regelmäBig vor der schule abpaßte, um mir einen stapel flugblätter und streitschriften in die hand zu drücken und mich zu protestversammlungen auf der universität einzuladen. wenn ich irgend konnte, ging ich hin.

es war auf diesen versammlungen viel von freiheit, solidarität und klassenkampf die rede, von imperialismus und diktatur des proletariats, und wenn ich mit der konkretion all dieser schnellen begriffe meine schwierigkeiten hatte, war mir doch, als stellten sie den schlüssel zu meiner erlösung dar. allerdings war ich, der ich mich als den fleischgewordenen sinn dieser schlagworte begriff, von der freundlichen herablassung, mit der mich die wichtigen, in der ganzen pracht ihrer bärte und langen haare und weitschweifigen reden ungeheuer beeindruckenden revolutionäre behandelten, nicht begeistert. aber immerhin: sie vertraten meine sache, obwohl sie als die zukünftigen angehörigen einer privilegierten sklavenkaste zu solcher solidarität keinerlei zwingende gründe hatten. diese selbstlosigkeit im dienst der gerechten sache besänftigte mich, und ihre herablassung schien mir insoferne gerechtfertigt, als ich so jung war, so wenig wußte und unwillkürlich ins stottern kam, wenn mich einer etwas fragte.

sie wußten — ich ahnte nur; sie revoltierten — ich war nur renitent; sie schwangen rote fahnen und nannten sich in aller öffentlichkeit kommunisten — ich warf nur symbolische knallkörper durchs fenster des lehrerzimmers und verursachte kurzschlüsse in den stromversorgungsanlagen der lehrwerkstätte. ich war meine revolte nur symbolisch, sie aber standen im kampf und im leben. so sah ich dinge.

ich denke, sie ahnen schon, worauf das hinauslaufen wird. während ich den teufel an der vordertür bekämpfte, schlich sich beelzebub durch die weit geöffnete hintertür meines proletarischen minderwertigkeitsgefühls. ich bekannte mich zu meinem sklaventum, indem ich mich auf die spielregeln der intelligentia einließ. so habe ich mir die oktoberrevolution als proletarische revolution verkaufen lassen. in wahrheit aber hat es nie eine proletarische revolution gegeben. das proletariat ist immer nur der mob gewesen, den man, nachdem die schlacht geschlagen, das böse besiegt gewesen ist, wieder an die werkbänke zurückgeschickt hat. niemand, weder die pfaffen, noch die bourgeoisie, noch die intellektuellen haben jemals ein interesse an der befreiung der sklaven gehabt. das ist die wahrheit. es hat niemals eine proletarische revolution gegeben! aber woher, frage ich sie, konnte ich das damals wissen? ich hatte nur die bücher der intellektuellen gelesen. ich kannte die geschichte nur aus ihren darstellungen und hatte selbst noch längst keinen überblick, so daß ich mich darauf verlassen mußte, was mir gesagt wurde. keine sinnliche erfahrung konnte mich über die perfidie des machtspiels eines besseren belehren.

gewiß: es gab ahnungen, es gab fragen, es gab unerklärliches. die diktatur des proletariats zum beispiel. worin, so fragte ich, besteht denn nun die diktatur des proletariats? ich sehe nirgends ein proletariat an der macht, weder in der realität, noch in der leninistischen konzeption des proletarischen staates.

die diktatur des proletariats, so wurde mir erklärt von genossen, die es wissen mußten, wohnten sie doch inmitten bis zur decke vollgestopfter bücherregale, die sie alle, alle nicht nur gelesen, sondern selbstverständlich studiert und seziert und analysiert hatten, die diktatur des proletariats bestehe in der durch die partei wissenschaftlich, und eben darauf komme es an, wissenschaftlich also, und damit objektiv erfaßten und im parteiprogramm formulierten wahrnehmung und verteidigung der interessen des proletariats als klasse. der einzelne proletarier, so die genossen, wisse regelmäßig zuwenig über seine objektiven historischen interessen und aufgaben. er sei, das dürfe man ihm nicht verübeln, mit seinem tagewerk beschäftigt und daher kaum in der lage, über seinen unmittelbaren horizont hinauszublicken und so seinem subjektivistischen und also schlechten bewußttsein unterworfen. der proletarier bringe es wie der verwirrte kleinbürger höchstens zum terrorismus, niemals aber zur revolution. nur die besten kader, die avantgarde des proletariats sei fähig, unterstützt und geleitet durch die partei, ein bewußtsein seiner objektiven lage und der großen, komplizierten und gefahrvollen historischen aufgabe zu entwickeln.

im übrigen sei die diktatur des proletariats, verwirklicht in der diktatur der partei, verwirklicht in der diktatur des zentralkomitees, verwirklicht in der diktatur des politbüros (der ewige zankapfel zwischen den guten, spricht gemäßigt zentralistischen, und den bösen, sprich rigid zentralistischen kommunisten) nur ein übergang in das letztendgültige reich des guten jenseits der geschichte. nachdem der klassenfeind endgültig besiegt sei und also keine bedrohung mehr darstelle, würde dann der staat mittels demokratie abgetragen, worauf die partei, da nun ja überflüssig, sich selber auflöse. fortan werde es dann weder staat, noch partei, noch proletariat mehr geben, sondern nur noch das freie, sich selbst bestimmende volk.

wissenschaftlich also. das leuchtete mir ein. von wissenschaft konnte ich nichts wissen, und solange ich alle diese bücher nicht gelesen und verstanden hatte, konnte ich von der hochkomplizierten aufgabe meiner befreiung selbstverständlich keine ahnung haben. her also mit der dialektik, der materialistischen wie der historischen, her mit hegel, marx, engels, lenin, trotzky, gramsci, lukács, sartre, bloch, mandel, bahro —

ich denke, das einzige, was die befreiung der gesellschaft aus der sklaverei zu einer derart komplizierten, ja geradezu unlösbaren aufgabe macht, ist der jahrtausendealte kampf gegen den egoismus. in der kulturgeschichte der menschheit ist das egoistische interesse des einzelnen an seinem eigenen überleben nie kultiviert, sondern immerzu verfemt worden. das schafft immer wieder dieselbe paradoxe situation, daß jene, die — endlich zum bekenntnis ihres eigeninteresses gekommen gegen die unterdrückung ihrer selbstbestimmung — den aufstand wagen, dies im namen einer besseren, weil weniger egoistischen menschheit tun und somit, bevor sie noch den kampf aufgenommen haben, schon sich selber schwächen und verraten. der grund dafür liegt in der abstrusen vorstellung, der unterdrückte müsse seinen aufstand legitimieren, den unterdrücker ins unrecht setzen, um selber ins recht zu kommen. so beginnt jeder aufstand mit der ächtung des eigenen motivs, und so endet jeder aufstand in der demoralisation. und so züchtet man in der organisation des aufstands schon die sklaverei der zukunft heran, und die ideologie der befreiung enthält so immer schon alle argumente und rechtfertigungen der zukünftigen unterdrückung.

indem die herren uns moral, oder vernunft wie neuerdings, predigen, tun sie nichts anderes, als ihrer identität zum sieg zu verhelfen. es soll keine andere sprache, und damit keine andere spielregel mehr geben als die ihre. ihre moral ist ihre waffe, die sie dem gegner, dem heutigen wie dem zukünftigen, dem realen wie dem potenziellen aufzuschwatzen versuchen. es geht ihnen nicht um die vernunft, denn die vernunft selbst hat keinen wert. sie ist nur das mittel zum zweck. es geht ihnen darum, mit ihren waffen zu kämpfen. dagegen ist aber nichts anderes zu sagen, als daß das argument nur dort zählt, wo es nicht um existenzielles geht. der show-down aber, der kampf um die selbstbehauptung ist immer ein kampf aus fleisch und blut, und argumente sind in diesem kampf nichts weiter als taktische schachzüge, die den gegner psychologisch in die defensive zwingen sollen. darum ist die mission des moralischen humanismus von vorneherein gescheitert. pallas athene ist und bleibt bewaffnet.

mein aufstand, um es auf den punkt zu bringen, bedarf keiner moralischen oder vernünftigen legitimation. die knechtschaft nicht länger dulden zu wollen genügt. so wie ich die folgen der knechtschaft zu tragen habe, so trage ich auch folgen des aufstands, und es liegt einzig an mir, das eine gegen das andere abzuwägen. das ergebnis solchen denkens ist aber nicht die barbarei, sondern ihr genaues gegenteil: nur wer um sein ausschließlich egoistisch motiviertes interesse am dasein weiß und es offen als die triebkraft all seiner vorstellungen und handlungen akzeptiert, kann zu einer höhe der verhaltenskultur kommen, die mit recht als eine zivilisierte bezeichnet werden darf. die verherrlichung des selbstlosen motivs ist die verherrlichung der lüge und dient immer nur der vorbereitung oder der festigung des verrats und der tyrannei. die selbstlosigkeit ist immer nur der schafspelz der wölfe.

ich bin immer unvernünftig gewesen. ich habe es nie verstanden, mein denken von meinem handeln abzutrennen. auch war mir mein nutzloses, der pragmatischen vernunft stets widersprechendes denken immer wertvoller als die trügerische aufgehobenheit im schoß der sklavengesellschaft.

nie, von meiner frühesten kindheit an nicht, habe ich mich als lebenslänglichen sklaven denken können. immer war mir mein sklavendasein nur ein vorläufiges gewesen, das einmal ein ende haben müsse, wenn auch dieses ende und die alternative mir nie vorstellbar gewesen ist. das mag daran liegen, daß mich all die dinge, die man den sklaven als ersatz für ihr ungelebtes leben anbietet, für mich immer schon ohne wert gewesen sind. das notwendige ist notwendig, aber alles andere ist mir immer ohne wert gewesen. es hat mich nie befriedigt. vielleicht liegt das an der mangelnden erziehung in meiner kindheit. ich bin nämlich, das sollten sie wissen, um sich ein urteil bilden zu können über mich und meine geschichte, nicht zeitgemäß konditioniert worden. man hat mich nicht fürs bravsein belohnt, sondern nur fürs bössein bestraft. ich hatte schlicht zu tun was man mir sagte, und das ohne widerspruch.

so sind mir alle die dinge, diese eintönige unendlichkeit aus unterhaltungen und zerstreuungen und fetischen, nach denen unsere sklavengesellschaft lechzt, nie positiv besetzt worden, und eben darum lassen sie mich alle im grunde kalt und unbefriedigt.

da ich meinen ernährern egal gewesen bin, und ihre fürsorge nur eine vor dritten geheuchelte gewesen ist, man will sich nichts vorwerfen lassen, bin ich mir selber in dem sinn egal gewesen, daß ich für mich selbst keine phantasie entwickelt habe. so ist mir meine zukunft immer ein großes loch gewesen, eine unvorstellbarkeit, und im grunde habe ich alles, was ich je geleistet habe, nur in der hoffnung auf die einzige belohnung getan, die mich je befriedigen könnte.

man wird aber nie geliebt, weil man es nötig hat.

ich denke, sie können sich vorstellen, daß ich, als ich diese tatsache zu begreifen begann, alles tat, meine augen davor zu verschließen. nur so nämlıch ist mir erklärlich, daß ich jene langen, entnervenden jahre das possenspiel der revolution mitgespielt habe. ich hatte ganz einfach einen heillosen schrecken bekommen, als ich begriff, daß ich völlig allein in einer welt stand, deren ökonomisches und damit politisches system man nur als die institutionalisierte feindseligkeit empfinden und beschreiben kann. da sah ich mich doch lieber eingebunden in die verschwörerische kameraderie einer gruppe, die sich die abschaffung dieser und die errichtung einer liebenswerteren welt zum ziel gesetzt hatte.

ich bin, sagte ich, nie vernünftig gewesen, und am wenigsten war ich es in dieser zeit. ich wußte, daß wir keine chance hatten. ich wußte es und machte doch weiter, immer weiter, jahr um jahr. es war zermürbend, es war frustrierend, es war vollkommen sinnlos. aber die gruppe gab die illusion von wärme, die eigene existenz bekam einen anschein von größe, die askese erhielt ihren sinn. wir hatten unser leben dem kampf gegen eine wahnsinnige ordnung und also der objektiv und moralisch richtigen sache geweiht. damit waren wir, die wir alle auf die eine oder andere weise für die sklaverei verdorben waren, gerechtfertigt, und keiner sah sich genötigt, der wahrheit ins gesicht zu sehen.

ich bin ein tüchtiger sklave gewesen. widerspenstig zwar, und politisch, das heißt aufrührerisch — in jede abteilung habe ich unruhe gebracht, überall ein hetzer und provokateur, aber tüchtig. tag für tag an den maschinen, selten krank, selten blau — zuverlässig und verantwortungsvoll. meine vorgesetzten waren im großen und ganzen zufrieden mit mir, blieben meine sklavenkollegen doch weitgehend immun gegen mein gift. nur ich selber war nahe daran, an mir zugrunde zu gehen.

jeder neue job war eine neue niederlage vor der bornierten dummheit des subjektiven bewußtseins, das von seiner objektiv-historischen bestimmung so gar nichts wissen wollte. dazu kam, daß mich die ödnis des ewig gleichen meiner jobs in den wahnsinn trieb. es widerspricht meinem charakter, meinem selbstverständnis, meinem verstand, jeden tag dieselbe idiotie von vorne anzufangen.

jeder job wird letzten endes ein idiotenjob. das ist logisch. erst wenn jeder job von jedem idioten erledigt werden kann, ist das optimum der rentabilität eines sklaven erreicht. es gibt allerdings unterschiede. man kann nicht jeden job zu jeder zeit beliebig idiotisieren. avantgardetechnologien verlangen kreativität, kopfarbeit und engagement. das verringert das am markt feilgebotene angebot um die nützlichen idioten. fazit: es gibt immer interessantere und besser bezahlte jobs.

für sklaven meiner kategorie war der preis damals etwas höher als für den durchschnitt der jobs vergleichbarer sparten. in den siebziger jahren vollzog sich in der kommunikationstechnologie der übergang von der elektromechanischen zur elektronischen technologie. zwittergebilde kamen auf den markt, sogenannte halbelektronische anlagen mit zentralen digitalen gehirnen und einer aufs äußerste miniaturisierten elektromechanischen peripherie, dazu die tendenz zur multifunktionalität, die vielzahl der angebotenen modelle: in gewisser weise war es spannend. die kehrseite der technologie zerschlug allerdings alle illusionen: die bauteile sind heute zentral gefertigte module, an welchen vor ort nur mehr die jeweils erforderlichen spezifikationen vorgenommen werden müssen, bevor sie in das baukastensystem laut computerliste eingebaut werden. die arbeit in der peripherie des produktionsprozesses, also auf der baustelle, wird idiotisiert und vermindert und in die weitgehend automatisierte zentrale verlegt, wo sie billiger ist. so vollzieht sich in der ökonomie derselbe prozeß wie in der technologie. und so sinken die preise der sklaven.

erst als ich, in der nähe des sattsam bekannten dreißigsten jahres übrigens, endlich finanziell und nervlich ruiniert dastand, immer noch sklave, während die herren und damen genossen sich auf dem marsch durch die institutionen in diverse staatsämter verflüchtigt hatten und die revolution nur noch — falls überhaupt — als esoterisches hobby betrieben, rein akademisch, versteht sich, erst da begriff ich, was ich bis dahin nur als ein bohrendes unbehagen registriert, im dienst der sache aber negiert hatte: daß ich aus dem mittelpunkt der welt gefallen war. ich war mir selbst nicht mehr ziel meines daseins gewesen, sondern nur noch mittel zum zweck seiner revolution, die von allem anfang an als verrat konzipiert gewesen ist. was hielt mich noch in der sklaverei? doch nur diese schimäre proletarische revolution.

ich bin ein tüchtiger sklave gewesen, solange ich an etwas geglaubt habe. an irgendwas muß man ja glauben. anders wäre die sklaverei nicht aufrecht zu erhalten.

die meine habe ich aufrechterhalten mit dem glauben, es sei besser an die revolution zu glauben als an die unabänderlichkeit der sklaverei.

jetzt arbeite ich nicht mehr. jetzt gestatte ich mir die amoralität, nutzlos zu sein. ich lebe in der nische, die die macht aus machttaktischen und ökonomiepolitischen gründen temporär nutzlosen sklaven zugesteht, und meine amoralität besteht darin, seit jahren nichts anderes zu tun, als mir mein diesbezüglich schlechtes gewissen abzugewöhnen. indem ich mich selbst dekonditioniere, kehre ich zurück ins zentrum der welt. ich bin ich selbst jenseits jeder definition durch die nützlichkeit. ich bin um meiner selbst willen und bemühe mich, mich einen dreck um das geschrei der verwalter dieses irrenhauses zu kümmern.

es ist dies kein leichtes unternehmen, das dürfen sie mir glauben, kein ungefährliches, denn um mich herum kreist ein verrückt gewordenes universum. es ist einsam hier im mittelpunkt der welt. aber nicht diese existenzielle einsamkeit ist es, die mir zu schaffen macht. der soziale mensch ist ein genügsames tier. er kann und will auch nicht zwischen inhalt und form unterscheiden. die rituale der sozialität sind ihm auch schon ihr inhalt, und indem der irgendeine handvoll menschen und dinge, die ihm der zufall in die arme spielt, mit den farben seiner sehnsucht anmalt, fühlt er sich schon nicht mehr so allein in seinem solipsistischen universum. nein, das ist es nicht. es ist das gehirn, mein freund, dieses unersättliche instrument der objektivierung, das mich bedroht. nachdem es nun alles zernagt und zerfressen hat, fällt es mich selber an. das ist unausweichlich aber das wäre wiederum eine andere lange und desillusionierende geschichte, und die kellner, sehen sie, stellen schon die stühle auf die tische —

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