Robert Zöchling
Oktober
1992
Absatz:

Forum ± Recht

Erstmals im JURIDIKUM: Hinweise auf rechts- und politische Beiträge in anderen periodisch erscheinenden Medien. Oder haben Sie uns wirklich zugetraut, daß wir nur lesen, was wir selber publizieren?

Ein „fast-schon-Sonderheft“ zum Thema „Rechtsbetrachtungen von links“ hat sich das deutsche „Forum Recht“ (Nr. 3/1992) gegönnt. In einem Beitrag unter dem Titel „Rechtstheorie — Wissenschaftstheorie der Rechtswissenschaft?“ befaßt sich Regina Franke mit dem, was hierzulande als Kritik des Rechtspositivismus geläufig ist (vgl. dazu den Beitrag von Felix Ehrnhöfer in JURIDIKUM 2 bis 4/90): Rechtstheorie als Wissenschaftstheorie (a.W.) verleihe der rechtstheoretischen Forschung einen ausschließlich instrumentellen Charakter indem sie das „emanzipatorische Interesse an einer zwischenmenschlichen Verständigung über den Sachrichtigkeitsgehalt des Rechts“ ausschließe. Schließlich wird noch — unter Verwendung eines Zitats von Karl-Ludwig Kunz auf einen interessanten Umstand aufmerksam gemacht: „Darüber hinaus offenbart sich ein verblüffender Funktionszusammenhang zwischen der Rechtstheorie a.W. und der modernen Art von Legitimierung staatlichen Handelns: »Die bürokratische, auf formallogische Widerspruchsfreiheit und Effizienz ihrer Anordnungen bedachte Staatsherrschaft beruft sich zu ihrer Selbstrechtfertigung auf eine formale wissenschaftliche Rationalität, wohingegen die Wissenschaft — die analytische Rechtstheorie — die Rationalität der bürokratischen Staatsherrschaft bestätigt. Der formale Rationalitätsbegriff, an dem staatliches Handeln sich eigentlich legitimieren sollte, wird so von vornherein von der Wissenschaft in den Begriff des bürokratisch organisierten Staates inkorporiert«“. Oder: Wie es der Gärtner verbockt hat. In der selben Ausgabe des „Forum Recht“: Gefahr und Risiko, Rechtstheorie nach Marx: eingeklemmt zwischen Basis und Überbau — „Fraglos ist die Geschichte der marxistischen Rechtstheorie eine Geschichte der Irrtümer (...). Trotzdem gibt es in den Trümmern eben auch viel bemerkenswertes, das nun konstruktiv und kritisch aufgearbeitet werden muß. Denn die Rechtswirklichkeit unserer (der Deutschen, Anm.) großen Einheit schreit geradezu nach schonungsloser und fundierter Kritik ...“, Strategien der feministischen Rechtspolitik, Naturrecht und Rechtspositivismus.

Reichlich Auseinanderserzung mit rechtstheoretischen und -politischen Fragen wird auch im Wiener FORVM (ohne Recht hintendran) getrieben: In einem „Traktat übers gegenwärtige Legiferieren abseits des Normenmaterials“ geht Alfred J. Noll den Wandlungen des Gleichheitsrechts und der Funktion des jeweiligen Höchstgerichts nach: „(...) wie kommt es schließlich zur heute sichtbaren ‚Hypertrophie des Gleichheitssatzes‘ — und der daraus folgenden Beschränkung des Gesetzgebers?“ Im ersten Teil (FORVM 460/461) geht es um den „Eigentumsbürger im Kampf gegen die Verwaltung“, die Machtverhältnisse am Ende des Habsburger Staates, das Prinzip der „abstrakten Gleichheit“ vor dem Gesetz wider die feudalen Vorrechte als Konstitutionsbedingung der bürgerlichen Eigentumsgesellschaft — Zwischentitel: „Eigentum vor Gleichheit“. Der zweite Teil (FORVM 462-464) behandelt den Weg „Von der abstrakten Gleichheit zum substantiellen Gleichheitssatz (1918 bis 1938)“: „Das (abstrakte, Anm.) Gleichheitsgebot erinnerte aber — kaum führte man es im Munde — immer auch an bestehende materielle Ungleichheit, und es fehlte nicht an Versuchen, das Gleichheitsgebot — aus welch Gründen auch immer — zu materialisieren. Mit der Zerstörung der Monarchie und der Errichtung der Republik wandelte sich das Interesse: Was sich vordem als Motor gesellschaftlicher Emanzipation des Bürgertums erwiesen hatte, wurde nunmehr zur Bestandsgarantie gesellschaftlicher Ungleichheit umformuliert“. Es folgt die Darstellung des weiteren Schicksals der Gleichheit in austro- und nazifaschistischer Diktatur: „zum — nur — »rechtsstaatlichen« sog. Willkürverbot total pervertiert (...) wird der »allgemeine Gleichheitssatz« zu einer zugleich antidemokratischen und antirechtlichen Waffe“. Der Beitrag wird im nächsten FORVM fortgesetzt. Ebenfalls im FORVM (Ausgaben 458/459, 460/461, 462-464): Ein Beitrag von Richard Soyer zur gegenwärtig sich hinschleppenden Strafprozeß-Reformdebatte: Polizei-Gerichtsbarkeit und Strafprozeßreform, Geschädigte und Strafprozeßreform, Verdächtige und Strafprozeßreform.

  • Forum Recht: Recht & Billig Verlag, Falkstraße 13, D-W-4800 Bielefeld I, Tel. (06) 0521/6 76 96. Einzelheft 4,— DM, Abonnement (4 Ausgaben) 16,— DM.
  • FORVM: Erhältlich im gutsortierten Zeitschriftenhandel. Bestelladresse: Museumstraße 5, 1070 Wien. Einzelheft 30,— öS/5,— DM, Abonnement 180,— öS/30,— DM.

aus: Juridikum 4/92, Seite 40

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