FORVM, No. 387/394
September
1986

„Hat nun verkauft ...

Was war das „Forvm“ doch für eine traditionsreiche Zeitung! In den fünfziger Jahren von Friedrich Torberg gegründet, im bisweilen angeblich von CIA-Geldern unterstützten konservativen Eck angesiedelt, aber für derlei Zeiten erstaunlich offen und dialogbereit ausgerichtet.

Und erst gegen Ende der sechziger und in den siebziger Jahren, nachdem es Günther Nenning (der Torberg anfangs nicht nur bei der Brecht-Blockade unterstützt hatte) in diesem Eck nicht mehr ausgehalten hatte! Da war das „Neue Forvm“ Brennpunkt des Dialogs zwischen Christen und Marxisten, zwischen Sozialdemokratie und Neuer Linker, Brutstätte des Anti-Bundesheer-Volksbegehrens, ein Faktor der innenpolitischen Szene, der sehr verhaßt, aber auch schr beachtet war.

Doch in den achtziger Jahren, da ist das „Neue Forvm“ Schritt um Schritt bedeutungsloser geworden. Günther Nenning hat durch seine autokratische Art viele Freunde verstimmt, ıst selbst nach mancherlei Bocksprüngen immer eindimensional „grüner“ und dadurch isolierter geworden. Leider — und auch durch die prinzipiell geistes-, kultur- und intellektuellenfeindliche Haltung anderer Kräfte — hat auch das von Nenning in jeder Hinsicht lebende „Neue Forvm“ seine Strahlkraft eingebüßt und ist zuletzt zu einem Hausblatt des Konrad-Lorenz-Volksbegehrens verkommen. Die Leserschaft wurde geringer, dıe subventionen blieben aus, der Schuldenberg wuchs.

Nenning hat nun das große Erbe verkauft. Um einen ganzen Schilling. Gerhard Mayer, ehemaliger „profil“-Redakteur und Inhaber eines Satz- und Druckzentrums, hat es erworben und siınnt um Konzepte für eine offene, anspruchsvolle und dennoch nichtelitäre Monatsschrift. Andere Zeiten — andere Blätter: Das Konzept des „Forvm“ wird es nicht sein können, auch nicht das ursprüngliche des „Neuen Forvms“. Ob sich etwas zwischen „Zukunft“, „Falter“ und Zeitgeistblättern halten kann, ist fraglich. Zu wünschen wäre es Mayer und Österreich.

Peter Pelinka, 22.8.1986, AZ

P. S. In Zukunft ist jeder Wiener ein Falter. Ich habe Mayer gleich angerufen und zu seinem Erwerb gratuliert.

G.O.
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