FORVM, No. 120
Dezember
1963

John Fitzgerald Kennedy

Das furchtbare Ereignis ist noch zu nah, und ich bin noch zu sehr ergriffen, als daß ich in der Lage wäre, hier ein abgerundetes Bild der Persönlichkeit des Präsidenten zu geben.

Ich bin ihm dreimal in meinem Leben begegnet, aber Begegnungen allein sind in diesem Fall vielleicht nicht das Wesentliche. Das Wesentliche ist vielmehr, daß ich durch mein Amt geradezu täglich Gelegenheit hatte, die Tätigkeit des Präsidenten zu verfolgen. Aus dieser Perspektive kann ich nur eines sagen: Ich glaube, daß Präsident Kennedy eine der größten politischen Persönlichkeiten der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts war.

Er hat diese Größe in den drei Jahren seiner Regierungstätigkeit gezeigt. Er ist in der Weltpolitik mit einem ganz neuen, großen Konzept hervorgetreten, und er war zugleich, trotz seiner großen Jugend, ein großer Realist. Er hat verstanden, worum es in dieser Welt heute geht.

Er hatte die größte Verantwortung zu tragen, die jemals einem einzelnen Menschen zu tragen auferlegt war. Denn niemals zuvor in dieser Welt hat es so furchtbare Möglichkeiten der Vernichtung gegeben, niemals zuvor hat ein Land über solche Möglichkeiten der Vernichtung verfügt, und niemals zuvor hat ein einziger Mensch die Möglichkeit gehabt, diese Kräfte der Zerstörung zu mobilisieren. Das alles hat in ihm ein Gefühl der Verantwortung entstehen lassen, das jeder, der ihm begegnet ist, gespürt hat. Ich habe noch nie einen so jungen Menschen so voll Ernst gesehen wie den ermordeten Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Dennoch war er zugleich die Verkörperung der jungen Generation Amerikas und der jungen Generation unserer Welt überhaupt, offen und aufgeschlossen für alles Neue, bereit zur Zusammenarbeit und zur Freundschaft. Er war die Verkörperung der jungen Generation in ihren besten Eigenschaften.

Ich glaube, daß man die Situation nach dem Tode des Präsidenten nicht dramatisieren darf, aber die Wahrheit gebietet doch, zu sagen, daß sich in der Weltpolitik in den letzten Wochen vieles verändert hat. Deutschland hat einen neuen Regierungschef, England hat einen neuen Regierungschef, und nun haben die Vereinigten Staaten einen neuen Präsidenten.

Es wird nicht leichter werden in den nächsten Wochen und Monaten. Alle werden dringend des guten Rates kluger Leute bedürfen. Wir werden es uns nicht leisten können, darauf zu verzichten, so viel miteinander zusammenzuarbeiten, als es nur irgend möglich ist. Denn nur durch solche Zusammenarbeit werden wir die großen Probleme meistern können, die sich in den nächsten Wochen und Monaten stellen werden.

Leicht wird es nicht werden.

Die Welt hat ja durchaus keinen Überfluß an Männern mit großen Konzepten. Wir haben nur ganz selten das große Glück, daß an der Spitze eines großen und mächtigen Staates ein Mann steht, der eine klare Vorstellung hat von dem, was sein soll, und der unbeirrt diesem Ziel zustrebt. Das hat John F. Kennedy getan, und als ein solcher Mann — dessen bin ich gewiß — wird er in die Geschichte eingehen.

Obenstehender Text ist die vom Außenminister autorisierte Druckfassung einer Fernsehansprache.

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