MOZ, Nummer 41
Mai
1989

Laßt uns synergieren

Die Herren bei der „Mediaprint“ sind äusserst geschäftig. Neben dem „Tusch“-Deal wird die „Magazin-Holding“ komplettiert, weitere Kaufabsichten im Druck- und Medienbereich werden kolportiert. Der lange Weg zu 20% Umsatzrendite.

Synergie ist das Zauberwort der Mannen aus dem Ruhrgebiet. Synergie steht für das Schlagwort „zwanzigprozentige Umsatzrendite“, die die Politik der „WAZ“, sprich „Mediaprint“, sprich „Krone“ und „KURIER AG“ hierzulande zu bestimmen beginnt.

Und die KollegInnenschaft in Unruhe versetzt.

Mit der „Bundesländer“ und dem Raiffeisenkonzern war man umzugehen gewohnt, auch Dichands Schrullen waren erträglich. Industriellenvereinigung, Kammer und Wirtschaftsbund, kein Problem.

Auch, so weit es den „Vorwärts“ betraf — die SPÖ blieb leidlich und zahlte. Sogar Sinowatz wurde ertragen.

Mit dem Einfall der Nordländer und ihrer Knete fand die Medienidylle ihr flottes Ende. Stückchenweise, salamitaktisch.

Mitte März hat es die „Wochenpresse“ erwischt, die mit einem taktischen Sidestep gerade noch Allerschlimmstes verhinderte. Die Lindengasse stand im Zeichen des Kampfes.

Zum Zwecke der Profitmaximierung zeigte sich die Führungsgarnitur der „KURIER AG“ versucht, die Pensionierung des Anzeigenleiters der „Wochenpresse“ heimtückisch auszunutzen und deren Anzeigenabteilung mit der des „Basta“ zu fusionieren. Die „Basta“-Brüder, die auf Fellner hören, sollten dem Wochenmagazin vorgesetzt werden.

Das war zuviel.

In einer kurzfristig anberaumten Redaktionsversammlung wurde mit Streik gedroht, der bereits fertige Vertrag blieb ununterschrieben und zurückgestellt, nicht ad acta gelegt jedoch.

Die nächste Chance kommt bestimmt.

Nicht nur wird dem Magazin kein neuer Anzeigenleiter beigestellt, zu allem Überdruß kündigte auch noch dessen Stellvertreter per 1.3., um zur „AZ“ überzulaufen.

Kenner der Szene und schlaue Strategen wähnen in der „Wochenpresse“-Attacke den Testfall, denn hier hätte es nur die Schwächsten getroffen. Stagnierende bzw. sinkende Auflage, finanziell marod und psychologisch geschwächt — durchaus geeignete Voraussetzungen für den Coup.

Scheinbar.

Die Auflehnung hatte erst einmal Erfolg.

„profil“-Unabhängigkeit

Weniger erfolgreich blieb das „profil“ in seinem Bestreben, nicht in die sogenannte „Magazin-Holding“ aufgenommen zu werden, die der „Rennbahn-Express GmbH“ („Basta“, „Rennbahn-Express“) sowie der „Wochenpresse“ bereits seit 1988 gemeinsames Dach ist. Die berühmte, von den Herausgebern allseits gepredigte Unabhängigkeit des „Unabhängigen Nachrichtenmagazins“ scheint damit etwas mitgenommen. Auch „profil“-Schwester „trend“ wandert mit in die neue Umgebung.

Die „Magazin-Holding“ wurde, wer denkt sich’s noch anders, zwecks steigender Profitrate gegründet. Mit der „profil“-Verweigerung kam bis jetzt allerdings keine so rechte Freude auf. Das soll jetzt anders werden.

Gemeinsam möchte man nunmehr seine Wege gehen. Die Gruppe kann sich auch sehen lassen: „profil“, „trend“, „Basta“, „Rennbahn-Express“, „Wochenpresse“, all dies in einer Hand gelenkt. Unter der schützenden Obhut der WAZ-Mannen.

Da läßt sich’s trefflich synergieren.

Nicht nur lockt eine koordinierte Aufteilung der einzelnen Zielgruppen, streng nach dem Profitschema, weniger nach dem Niveau, auch diverseste Marketing-Methoden sollen aufeinander abgestimmt werden.

Und, nicht zu vergessen, die Zusammenlegung der Anzeigenabteilungen verspricht eine Menge an Vorteilen.

Daß die „Wochenpresse“-Generalprobe noch nicht ganz geklappt hat, soll niemanden vergrämen. Historisch gesehen ist die Sache bereits entschieden.

Wenn sich auch die Arbeitnehmerbewegung besonders anstrengen sollte. Die Belegschaften zeigen sich, verständlicherweise, murrig.

Verstärkte inhaltliche Orientierung der Printprodukte an Marktbedingungen — sprich: offenem Meinungsmarkt — wird folgen. Ließ sich unter der Regentschaft der Versicherungen, Verbände usw. noch individuell kreierte Berichterstattung betreiben (wenn es dem Gegner schadet und uns nützt), herrsche nunmehr das eherne Gesetz der puren Ökonomie.

Was für die Parteien die WählerInnenstimmen, sei für die Medien der Profit.

Gesellschaftliche Erosionsprozesse erfordern mitunter praktischen Nachholbedarf.

Was die gehabte Parteienstruktur anknabbert, kann allemal noch so etwas wie Medien formen.

Der Widerstand des „profil“, bzw. des Herrn Enickl („Er will sich natürlich nicht reinregieren lassen“), seines Zeichens dortselbst Geschäftsführer, währte so auch nicht einmal ein Jahr. „Jetzt haben sie ihn weichgeklopft“, weiß einer zu berichten.

Dafür wird er auch, neben den Herren Morawetz und Fellner, in der neuen Geschäftsführung der „Magazin-Holding“ sitzen, die zum Zeitpunkt der Geschichtsverfassung noch von Michael Grabner besetzt gehalten wird.

Was dem „bäuerlichen, erdigen, umsichtigen und bedächtigen“ Kaufmann allerdings, wie zu hören ist, nicht viel Freude bereiten soll. Solch persönliche Attribute muten auch — im Vergleich zu Gepflogenheiten, wie sie sich im Ruhrgebiet ereignen — etwas seltsam an.

„KURIER“-Grande Loudon, dem nicht unbedingt die Fama eines genialen Geschäftsmannes vorauseilt, soll überhaupt seines Vertrages verlustig gehen. F. F. Wolf steht bereit, in seine Stapfen zu steigen.

Die WAZler rühren um.

Im Moment prüft das Kartellgericht die Rechtmäßigkeit des Zusammenschlusses. Wie aus dem Justizpalast zu hören ist, könne man da keine richtigen Auskünfte geben, da das „Anzeigeverfahren“ noch läuft. Und nicht alle Medienmacher neigen ob des Synergierens zur Zufriedenheit.

Auch andernorts treibt’s die „Mediaprint“, diesmal in der reinen KroKuWAZ-Form.

Mit den diversen aktuellen Druckereien noch ungenügend gesättigt, strebt sie zu neuen Taten. Bis zum MOZ-Redaktionsschluß leider noch unbestätigt, laut Gerücht äußerst verdichtet jedoch, gingen 48% der „Tusch-Druck“ in den Besitz der „Mediaprint“ über. Nach dem „Vorwärts“ die nächste Druckerei.

Da sich die neue Errungenschaft nicht zur klassischen Zeitungsproduktion eignet, gedenkt man, die gemeinsame Fernsehbeilage von „Krone“ und „KURIER“ dort herzustellen. Tatort: Neudörfl im Burgenland.

Was für die „Elbemühl“, eine weitere Druckerei, fatale Folgen haben wird, produzierte sie doch bis dato die Millionenauflage des Fernsehmagazins. Drei Tage lang die Woche hindurch.

Damit wäre der nächste Fall programmiert, die WAZ kann weiter shoppen.

Denn wer könnte etwas dagegen einzuwenden haben, kauft ein Unternehmen ein anderes, das kurz vorm Zusperren steht?

Die WAZ sichert Arbeitsplätze, wessen sie nebenbei noch frönt, mag nicht interessieren.

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