radiX, Nummer 2
Juni
1999

Liberaler Bauherr in Kurdistan

Mit dem Kauf der Strabag hat der Liberale Politiker und Bauherr H.P. Haselsteiner den Bau des Türkischen Monsterstaudamms am Euphrat geerbt.

In der Nähe der kurdischen Stadt Gazintep in Ostanatolien entsteht im Rahmen des „Entwicklungsprogrammes“ GAP ein gewaltiges Kraftwerksprojekt am Euphrat. Das Projekt drohte jahre­lang an der Finanzierung zu scheitern. Nun baut aber der österreichische Baukonzern Strabag gemeinsam mit der deutschen Philipp-Holzmann-Gruppe und der türkischen Gama Endüstri den Staudamm nahe der syrischen Grenze.

Vertreibungen von KurdInnen

Wie in vergleichbaren Fällen in Indien oder in Ägypten wird auch dieser riesige Stausee auf dem Siedlungsgebiet einer marginalisierten Minderheit errichtet. Die in Zukunft überschwemmten Gebiete des Euphrattales werden von KurdInnen bewohnt, deren Vertreibung nun auch der tür­kischen Regierung die Möglichkeit bietet soziale Strukturen der Zivilgesellschaft zu zerreißen und politi­schen Widerstand gegen die Regierung zu brechen. Nicht umsonst wehren sich gerade kurdische Parteien und Verbände — darunter die PKK — besonders stark gegen das Projekt.

Monsterstaudamm

Der Staudamm wird insgesamt eine Länge von 2,5 km umfassen. Sechs Turbinen werden 672 Megawatt Leistung erzeugen. Pro Jahr werden 2.500 Gigawattstunden Strom produziert werden. Zusätzlich sol­len 70.000 Hektar Landwirtschaftsfläche bewässert wer­den.

Ein solcher Monsterstaudamm ist aber auch mit gewalti­gen ökologischen Problemen verbunden. Riesige Flächen traditionell landwirtschaftlich genutzten Landes im Euphrat-Tal werden unter den Wassern des „Atatürk- Stausees“ verschwinden. Tausende Menschen werden dafür aus ihren Dörfern vertrieben. Die Folgen für den Wasserspiegel und das Mikroklima der Region wurden bislang nicht untersucht. Während der Stauzeit wird der Euphrat unterhalb der Staumauer monate- wenn nicht jahrelang empfindlich weniger Wasser führen, was Syrien und den Iraq bereits zu massiven Protesten herausgefor­dert hat.

Krieg ums Wasser?

Aufgrund der militärischen Stärke und der Unterstützung der Türkei durch die NATO besteht zwar keine akute Kriegsgefahr zwischen Syrien und der Türkei — Syrien wäre heillos unterlegen — auf Dauer nehmen die Konflikte zwischen den Staaten des Mittleren Osten aber zu. Das GAP-Projekt gießt hier Öl ins Feuer.

Denn auch nachdem der Atatürk-Stausee mit Wasser gefüllt sein wird, werden durch die Bewässerungsprojekte den Staaten am Unterlauf des Euphrat, also Syrien und der Iraq, weniger Wasser für ihre Felder bleiben. Nicht zu unterschätzen ist außerdem die militärische Bedeutung des Stausees, mit dem bei einem schnellen Auslaufen des Stausees riesige Teile Syriens und des Iraq verwüstet werden könnten. Selbiges gälte natürlich bei einer Zerstörung der Staumauer.

Österreichische Beteiligung

Dieses Großprojekt wurde bereits 1986 geplant, drohte aber mehrmals zu scheitern. Nur durch internationale Beteiligung kann es nun doch noch realisiert werden. Dabei sind österreichische Unternehmen groß eingestie­gen. Die Strabag — die kürzlich vom prominenten liberalen Politiker H.P. Haselsteiner gekauft wurde — hat dabei eine Reihe namhafter PartnerInnen ins Geschäft gezogen. An der rein österreichischen BetreiberInnengesellschaft sind auch die Salzburger Tauernkraftwerke mit 70% beteiligt, sowie die Verbund-Tochter Verbundplan. Der Betreibervertrag, den die österreichische BetreiberInnengesellschaft mit der Türkischen Regierung geschlossen hat, gilt für 15 Jahre und wird den beteiligten Firmen auf Kosten der Menschen Ostanatoliens so lange große Gewinne abwerfen.

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