FORVM, No. 251
November
1974

Ökogorillas

Chicago-Mafia in Chile

Offener Brief an Professor Arnold Harberger, Leiter des Zentrums für Lateinamerikanische Studien, University of Chicago

Starnberg, 6. August 1974
Hiroschima-Tag

Als Dein früherer Schüler habe ich das Interview, das Du der Zeitung El Mercurio (Santiago de Chile) gegeben hast, natürlich mit Interesse gelesen. Es ist mir bekannt, was Du in fast zwei Jahrzehnten für die Wirtschaft und die Ökonomen Chiles getan hast, und ich war daher nicht sonderlich überrascht von Deiner Erklärung, unter der gegenwärtigen Militärjunta hätte Chile „in relativ kurzer Zeit und um einen relativ geringen Preis ein großes wirtschaftliches Chaos überwunden“. Ich würde gerne diesen spektakulären Erfolg, und insbesondere den Preis, den er dem chilenischen Volk abverlangt hät, gemeinsam mit Dir einer genaueren Prüfung unterziehen.

Dein Interview hat mir Längstvergessenes wieder in Erinnerung gerufen. Ich erinnerte mich plötzlich an die erste Gruppe chilenischer Ökonomiestudenten, die Mitte der fünfziger Jahre in Chicago eintraf. Die Studenten kamen im Rahmen eines langfristigen Abkommens, das (von Dir, soweit ich weiß) zwischen der Katholischen Universität von Chile (die ich in meiner damaligen Naivität für die führende Universität des Landes hielt) und der Abteilung für Ökonomie an der Universität Chicago ausgehandelt worden war. Mit einem Schlag wurden Chile und seine Wirtschaft bei uns zum täglichen Gesprächsthema. Ich entsinne mich noch gut, wie Du und andere meiner weisen, weitblickenden Lehrer über ihre Reisen nach Chile berichteten und uns von dessen absurden Versuchen erzählten, über seine unterentwickelten Verhältnisse zu leben, unter Beibehaltung eines viel zu großen staatlichen Sektors (Anathema für den Ökonomielehrstuhl, im Sinne von Milton Friedmans „Capitalism and Freedom“), einer aufgeblähten Bürokratie und eines viel zu großzügigen Sozialversicherungssystems.

Viele der neuangekommenen chilenischen Studenten, wie auch ich selbst, arbeiteten als Forschungsassistenten in sogenannten Workshops. Deren wichtigstes war das Geld-Workshop unter der Leitung von Milton Friedman, der später die Arbeiten dieser Gruppe unter dem Titel Studies in the Quantity Theory of Money (Studien zur Geldmengentheorie) herausgab.

Diese Arbeit erhob den Anspruch, zu beweisen, daß — historisch gesehen — Geldumlaufmenge und Preisniveau sich proportional und simultan (oder in geringem Abstand) im Einklang mit der sogenannten Geldmengentheorie ändern, nach der 1920 von Irving Fisher aufgestellten Formel MV = PT, das heißt, Geldmenge mal Umlaufsgeschwindigkeit ist gleich Preise mal Umsatz von Waren und Dienstleistungen. Da nach der Theorie und nach den Messungen von Friedman & Co. die Geldumlaufsgeschwindigkeit und die Menge der Waren und Dienstleistungen sich nur langsam ändern, hängen die Preise zwangsläufig von der Geldmenge ab — daher der Name Geldmengentheorie. Die „technisch notwendige“, das heißt „unpolitische“ Schlußfolgerung, die Friedman & Co. uns nach wie vor aufzudrängen versuchen, lautet, die Inflation habe nichts mit dem Preisdiktat der Monopole zu tun (das es, wie Du, Arnold Harberger, „bewiesen“ hast, zumindest in den USA nicht gibt), sondern komme einfach daher, daß zuviel Geld im Umlauf sei, vor allem infolge übermäßiger Staatsausgaben, deren Einschränkung das Hauptanliegen Deines Workshops über Staatsfinanzen war, Arnold Harberger. Und darüber, erinnere Dich, hast Du mich arbeiten lassen. Die Aufgabe, die Du mir stelltest, bestand darin, die Profitrate in den Vereinigten Staaten zu errechnen, die Deiner Schätzung nach zwischen sechs und zehn Prozent liegen sollte. Ich jedoch ermittelte sogleich eine Profitrate von mehr als 30 Prozent in einem bestimmten Industriezweig (Drogen und Kosmetika), und Du meintest, ich müßte mich geirrt haben. Unsere Workshops sowie viele von uns höheren Semestern — Chilenen und andere — waren passenderweise im Souterrain des Social Science Building in Chicago untergebracht, an dessen Eingang auf Nr. 1126 der 59. Straße die Inschrift zu lesen war: Science is Measurement — Wissen ist Messen.

Ich bin vorzeitig aus Deinem Workshop ausgeschieden, weil ich Deine wissenschaftlichen Normen nicht schlucken konnte, und ich erinnere mich, was Du mir zum Abschied sagtest: Ich würde nie ein ordentlicher Ökonom werden, zumindest nicht in Deinem Sinne; und ich sollte mich nach einem Lehrerposten an einem kleinen liberalen humanistischen Gymnasium umsehen. Dieser gute Ratschlag widerspiegelte nicht nur Dein persönliches Urteil, sondern die Auffassung der ganzen Ökonomieabteilung der Universität Chicago unter der Leitung von Milton Friedman und Ted Schultz, die Generationen von Studenten zu überzeugen versuchten, daß sie, um zu lernen, nicht lesen sollten (oder zumindest nicht weiter als bis zum dritten Kapitel von Adam Smiths „Wealth of Nations", bzw. nicht mehr als die Fußnoten von Alfred Marshalls „Principles of Exonomics“), sondern nur das nötige Instrumentarium erwerben, um die in partiellem Gleichgewicht befindliche Welt zu messen. Schon einige Jahre früher, als ich meine Prüfungen in Wirtschaftstheorie (Friedmans Gebiet) und Staatsfinanzen (Dein Gebiet) nach neun Monaten statt der üblichen zwei Jahre ablegte, erhielt ich zugleich mit der offiziellen Mitteilung, daß ich die Prüfungen bestanden hätte, einen Brief vom Lehrstuhl, in dem mir — in meinem und im allgemeinen Interesse — geraten wurde, mein Studium nicht fortzusetzen, weil ich es auf längere Sicht nicht schaffen würde.

Nachdem ich Dein Workshop verlassen und Gale Johnson (den nachmaligen Dekan der Gesellschaftswissenschaften) als Lehrer gewählt hatte, legte ich die Skizze meiner Dissertation über sowjetische Landwirtschaft vor. Die Abteilung akzeptierte das Thema, doch gab man mir privat den Rat, das Projekt lieber nicht auszuführen, weil mit Sicherheit zu erwarten wäre, daß ich zu keinem befriedigenden Resultat kommen würde. Nach Ansicht des Lehrstuhls war zwar das Projekt in Ordnung, nicht aber der Kandidat. Seine Flucht aus der Ökonomie-Abteilung im dritten Stock hinunter in den ersten, in die weniger stickige Luft der Anthropologen, wurde auch nicht geschätzt. Wenn dieser unwillige Kandidat, nachdem er mehrmals bei der Prüfung in Welthandel durchgefallen war, sie schließlich doch bestand, so verdankte er dies zum Teil seiner Hartnäckigkeit, zum Teil den paar keynesianischen und sonstigen Freunden, die er noch in der Abteilung hatte.

Das genügte natürlich nicht, um mir die Anerkennung der herrschenden Mächte zu erwerben, wie sie einem meiner Kollegen zuteil wurde, der zur gleichen Zeit eine methodologisch ähnliche Dissertation über Brasilien schrieb: Er arbeitete dann jahrelang für die Rockefeller Foundation und begleitete Nelson Rockefeller, als dieser im Auftrag Nixons Lateinamerika bereiste (die Frucht dieser Reise war der Rockefeller Report, dessen wichtigste Empfehlung lautete, die „Entwicklung“ Lateinamerikas durch verstärkte Militär- und Polizeihilfe zu fördern); schließlich wurde er mit der Präsidentschaft der Michigan State University belohnt, wo er John A. Hannah nachfolgte, dem Hauptverantwortlichen für das gemeinsam mit dem CIA ausgearbeitete Polizeiprojekt für Vietnam.

Ich erinnere mich auch, wie ich Dich im Wirtschaftsklub von Santiago bei einem Ökonomenbankett traf, nachdem wir beide nach Chile gegangen waren und dort jeder eine chilenische Frau kennenlernten und geheiratet hatten. Nach dem Essen fuhren wir im Auto zur Katholischen Universität, wo Du wieder eine Vorlesung zelebriertest; ich hatte inzwischen gemerkt, daß es nicht die führende Universität Chiles war, sondern die reaktionäre Hochschulbastion der Bourgeoisie und ein Sprungbrett für deren Söhne. Du versuchtest mich zu überzeugen, daß die Fahrpreise der städtischen Autobusse in Santiago nicht kostendeckend seien und daher dem öffentlichen Interesse zuwiderliefen. Dies war ein Mikro-Argument und Bestandteil eines größeren, das ich schon seinerzeit an der Universität Chicago gehört hatte, in dem Sinne, daß Sozialversicherung und andere Volkserrungenschaften Verzerrungen darstellten, die die Marktfreiheit und das Marktgleichgewicht störten. Ich erwiderte, diese kleinen sozialen Vorteile kompensierten nur in geringem Maß die Ausbeutung durch die kapitalistische Marktwirtschaft, und bestätigte damit zweifellos Dein früheres Urteil, daß ich unverbesserlich sei und unfähig, das für Dich und Deinesgleichen normale Maß an Gleichgewicht zu finden.

Unsere Wege trennten sich mehr und mehr. Du fuhrst fort, auf dem reaktionärsten Ökonomielehrstuhl Chiles vor Generationen von Studenten die Wunder der „freien Marktwirtschaft“ zu preisen, und organisiertest die Ausbildung von „Experten“ an der Katholischen Universität von Chile und an der Universität Chicago (die eine wie die andere die reaktionärste ihres Landes), in der Hoffnung, die erstere in den Stand zu setzen, Deine Weisheit ohne den technischen Beistand der letzteren zu vermitteln.

Ich hingegen widmete mich dem Studium der wachsenden Rückständigkeit Chiles und anderer lateinamerikanischer Länder infolge ihrer Abhängigkeit vom ausländischen, hauptsächlich nordamerikanischem Kapital und der mit diesem verbundenen einheimischen Monopolbourgeoisie. Im Gegensatz zu Dir brachte mich meine politökonomische Tätigkeit in Kontakt mit dem Volk und mit den Kräften, die dann 1970 bis 1973 Allendes Regierung der Volkseinheit bildeten, wie auch mit der außerparlamentarischen Linksopposition jener Jahre. So beispielsweise ermöglichte mir Clodomiro Almeyda, später Allendes Außenminister, im Jahre 1967 nach Chile zurückzukehren und an der Nationalen (nicht der Katholischen) Universität Chiles zu arbeiten. Pedro Vuscorich, später Wirtschaftsminister, und Salvador Allende, damals Senatspräsident, kamen mitten in der Nacht zum Flughafen, um für mich die Einreise nach Chile zu erreichen; das war 1968, als ich, im Besitz eines offiziellen UNO-Passes, unmittelbar nach meiner Ankunft verhaftet und zum Chef der politischen Polizei gebracht wurde, der mir während des Verhörs den dicken, vom CIA gelieferten Akt über mich zeigte und mir dann befahl, das Land mit dem nächsten Flugzeug zu verlassen. Ich konnte nicht zu Dir kommen und Dir persönlich davon erzählen, weil mir die Regierung der Vereinigten Staaten seit meiner Ausreise nach Lateinamerika im Jahre 1962 hartnäckig die Wiedereinreise in „God’s own country“ verweigert, mit der Begründung, ich hätte schon als Student den Militärdienst im Koreakrieg (dem Vietnam meiner Generation) abgelehnt und später privat und öffentlich Ansichten geäußert, die für den Generalprokurator der USA den Beweis lieferten, daß meine Anwesenheit in den Vereinigten Staaten nicht im Interesse des Landes läge und sogar eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen könnte!

Also schreibe ich Dir aus Anlaß des Interviews, das Du der Zeitung El Mercurio gewährtest und das am 14. Juli 1974 erschienen ist. Die Übereinstimmung Deiner Ansichten mit denen des Mercurio ist selbstverständlich kein Zufall. Die knapp zwanzig Jahre, die Du der Sache gewidmet hast, sind natürlich sehr bescheiden im Vergleich zum Mercurio, der 1827 gegründet wurde und seither die Interessen der chilenischen (aber auch der britischen und in jüngster Zeit der amerikanischen) herrschenden Klasse vertritt. Der gegenwärtige Eigentümer, Augustin „Dunny“ Edwards, ist unter anderem Vizepräsident der Pepsi Cola Company, nach deren US-Generaldirektion er unmittelbar auf Allendes Wahl hin flüchtete. Dunnys Großvater, der ebenfalls Augustin Edwards hieß, propagierte und finanzierte bereits die militärische Konterrevolution von 1891 gegen die damals relativ fortschrittliche Regierung Balmaceda, weil sie die in britischem Besitz befindlichen Salpetergruben verstaatlichen wollte. Während Dunnys Abwesenheit, in den Jahren 1970 bis 1973, stand an der Spitze des Mercurio Edwards’ Vertrauensmann Fernando Leniz, der sein Bestes tat, um Allende zu stürzen, und der dann als Belohnung von der Militärjunta zum Wirtschaftsminister ernannt wurde.

Kurz vor Leniz’ Ernennung, am 2. November 1973, schrieb Wall Street Journal in einem Kommentar: „Eine Anzahl chilenischer Ökonomen, die an der Universität Chicago studiert haben und in Santiago als ‚Chicagoer Schule‘ bekannt sind, warten ungeduldig darauf, losgelassen zu werden. Dies wäre ein Experiment, das auch wir mit akademischem Interesse verfolgen würden.“ Minister Leniz nahm diese Leute in sein Amt und ließ sie auf die chilenische Wirtschaft los. Da sie natürlich nur „Technokraten“ sind, mußten sie mit den politischen Beratern und Ideologen der Militärjunta ein harmonisches Team bilden. Der prominenteste dieser Berater ist, laut Financial Times (dem Londoner Äquivalent des Wall Street Journal) vom 19. Oktober 1973, der Professor der Universidad Catolica Jaime Guzman, der auch der faschistischen Terrororganisation Patria y Libertad angehört, er hat die ersten Dekrete der Junta entworfen, in denen die Regierung Allende für „unrechtmäßig“ erklärt wurde, und ist Mitglied der Kommission, die mit der Ausarbeitung einer Ständestaats-Verfassung beauftragt ist. Er und andere Ideologen seines Schlages wurden nicht an der Universität Chicago ausgebildet, sondern vom Opus Dei, der berüchtigten halbgeheimen Gesellschaft im faschistischen Franco-Spanien.

Ein anderer „Berater“ ist Walter Rauff, ein ehemaliger SS-Offizier (über seine Vergangenheit siehe Kasten. — Anm. d. Red.), dessen Auslieferung die Bundesrepublik verlangt hat, die aber nicht gewährt wurde. El Mercurio leitartikelte im Juni 1974 unter dem Titel Konstitutionelles Statut: „Eine der heikelsten und größten Aufgaben der Regierungsjunta ist der Umbau des Staates mit dem Ziel, dem Land politische Machtorgane mit genau umrissenen Aufgaben und der für das öffentliche Wohl erforderlichen Autorität zu geben. Dies ist die fundamentale Rolle der Regierungsjunta und schließt eo ipso die Vorstellung aus, daß das gegenwärtige Regime nur ein provisorisches sei ... Die Voraussetzung für ein schlagkräftigeres, besser koordiniertes und wirksameres Vorgehen der Regierung ist gerade die unbeugsame Durchführung der Wirtschafts- und Steuerpolitik der Junta.“

Es gibt also sowohl eine alte Tradition wie einen aktuellen Anlaß für das „zufällige“ Interview, das Du so bereitwillig gegeben hast und das El Mercurio stolz unter einem vierspaltigen Titel veröffentlicht hat.

Arnold Harberger: Welche Maßstäbe — von Wissenschaft ganz zu schweigen — hast Du angelegt, als Du dem Mercurio erklärtest: „Ich bin wirklich überrascht, daß Chile imstande war, ein so großes Wirtschaftschaos in so kurzer Zeit und um einen relativ geringen Preis zu überwinden ... Der Mindestlohn ist nun, real gerechnet, auf dem Niveau von 1970 und somit höher, als er in der letzten Periode des früheren Regimes war ... Die gegenwärtige Arbeitslosenrate erscheint normal, wenn wir berücksichtigen, aus welch einer Lage das Land sich erhebt ... Meiner Meinung nach gab es keine Alternative zur sofortigen Aufhebung jeglicher Preisbindung.“

Die Preiskontrolle in Chile wurde nicht von der Regierung Allende erfunden. Sie wurde vor dreißig Jahren von den Regierungen Aguirre Cerda und Juan Antonio Rios eingeführt und von allen nachfolgenden Regierungen, auch den ganz rechts stehenden, beibehalten. Die „Freigabe“ der Preise hat zu deren Ansteigen auf das Fünffache seit September 1973 geführt, wie das Militärregime selbst zugibt; dabei sind die Preise von Massenkonsumgütern, besonders von Lebensmitteln, auf das Zehn- bis Fünfzehnfache angestiegen. Brot, für das verstärkte Nachfrage besteht, da viele andere Lebensmittel für einen Großteil der Konsumenten unerschwinglich geworden sind, hat sich seit September 1973 auf das Zweiundzwanzigfache verteuert. Der Autobustarif wurde von September 1973 bis Februar 1974 auf das Zehnfache angehoben und im Mai abermals verdoppelt, so daß die monatlichen Fahrtkosten mit städtischen Autobussen — bei vier Fahrten täglich — sich auf rund 6.000 Escudos belaufen, das ist die Hälfte bis ein Drittel des offiziellen Existenzminimums (sueldo vital) für eine Familie.

Du weißt, daß der „Mindestlohn“ in Chile, wie in den meisten unterentwickelten Ländern, kein Maßstab für die faktischen Löhne ist, und noch weniger für jene Einkommen, die nicht durch Gesetze oder, wie in diesem Fall, durch Dekrete geregelt sind. Nehmen wir die sorgfältigen Berechnungen Michel Chosudowskys (von der Universidad Catolica im Jänner 1974 hektographiert herausgegeben und Dir daher wahrscheinlich bekannt!); aus der Schätzung des Einkommens, das bei den Preisen vom November 1973 notwendig gewesen wäre, um einer Familie den Standard der Jahre 1968/69 zu sichern (d.h. nach dem unter der christdemokratischen Regierung seit 1966 eingetretenen Rückgang und vor dem Anstieg unter Allende), zog er folgenden Schluß: „Ein Gesamteinkommen von 31.210 Escudos würde einer fünfköpfigen Familie in Santiago bei den Preisen vom November 1973 einen Lebensstandard ermöglichen, wie er durch das Lebensminimum plus Familienbeihilfe in den Jahren 1968/69 gegeben war. Dies würde fast eine Verdoppelung des gegenwärtigen Mindesteinkommens von 16.320 Escudos erfordern; damit wären aber die Probleme der Armut und Unterernährung der ärmsten Volksschichten noch nicht gelöst.“

Arnold Harberger. Du scheinst auch nicht zu wissen, was Fernando Leniz, Wirtschaftsminister und ehemaliger Chefredakteur des Mercurio, in einem Interview mit der Zeitung Ercilla gesagt hat: „Die Wurzel des Problems liegt darin, daß man in den Jahren der Unidad Popular Löhne gezahlt hat, die ein die Produktionskapazität des Landes übersteigendes Konsumniveau zur Folge hatten.“ Ercilla: „Die Kaufkraft hat also derart abgenommen, daß sie jetzt unter dem Niveau von 1970 liegt?“ Leniz: „Ja, weil nämlich die Ausgaben ein solches Ausmaß angenommen hatten, daß es unmöglich war, das Konsumniveau von 1970 aufrechtzuerhalten.“

Die chilenische Jesuitenzeitschrift Mensaje veröffentlichte einen Artikel von Ruiz Tagle, demzufolge die Preise der wichtigsten Konsumgüter in den ersten drei Monaten der Junta-Herrschaft um schätzungsweise 400 bis 500 Prozent gestiegen sind, die Nominallöhne aber nur um 67 Prozent, unbeschadet des gesetzlichen „Mindestlohns“.

Die CEPCH (Vereinigung der chilenischen Privatangestellten) klagte am 7. Dezember 1973, daß ihre Mitglieder unter der Junta-Herrschaft einen 60prozentigen Reallohnverlust erlitten hätten. Dann kam die „Lohnangleichung“ im Jänner 1974. Franz Hinkelammert, Ex-Professor der Universidad Catolica, errechnete aus den widersprüchlichen Angaben der Regierung, daß die neuen Löhne real um 37 Prozent unter denen vom Oktober 1972 lagen.

Der Lohnangleichung im Februar und März folgte eine wahre Preisexplosion, die offiziell zugegebene Inflationsrate in den ersten vier Monaten 1974 betrug 87 Prozent. Die Teuerung betraf vor allem Lebensmittel, so daß auch die nominelle Lohnerhöhung sehr bald wieder absorbiert war. Für März schätzte Choswdousky das Familien-Exitenzminimum auf 70.000 Escudos, während der Mindestlohn 18.000 und das von der Regierung anerkannte Existenzminimum 13.200 Escudos betrugen. Zugleich haben die Militärs und ihre „Technokraten“ die Einkommen der Reichsten wie auch ihre eigenen gewaltig erhöht, so daß der Anteil der arbeitenden Bevölkerung auf die Hälfte bis ein Drittel seiner früheren 50 Prozent zurückgegangen ist. Du aber sagst in Deinem Mercurio-Interview, die Löhne lägen „immer noch über dem Gleichgewichtsniveau“. Vielleicht können Deine Schüler, diese Balance-Artisten, der Junta helfen, die Löhne auf den Spitzen der Bajonette zu balançieren.

Du würdest sicher dem guten Rat beipflichten, den ein kleiner Textilfabrikant erhalten hat. Er berichtet: „In den letzten drei Monaten haben wir keinen einzigen größeren Auftrag hereinbekommen. Am Monatsende hatte ich nicht genug Geld, um die Löhne auszuzahlen. Ich suchte bei einer Bank um Kredit an, wo man mir sagte, alle Kredite seien gesperrt, doch könne ich mich ans Wirtschaftsministerium wenden. Dies tat ich. Ein Oberst suchte mich auf; als ich ihm sagte, ich hätte kein Geld für die Löhne, antwortete er: ‚Sagen Sie den Leuten, sie sollen die Fernsehapparate verkaufen, die ihnen ihr teurer Allende verschafft hat. Und wenn es ihnen nicht paßt, melden Sie’s mir — wir werden ein paar von ihnen erschießen, und Sie werden sehen, wie die anderen parieren!‘“ (Zitiert in Chile Monitor, Nr. 3/1974.)

Ich weiß, daß Du fast zwei Jahrzehnte gearbeitet hast, um einen „normalen“ Stand der Arbeitslosigkeit zu erreichen. Unter der konservativen Regierung Alessandri (1958 bis 1964) schwankte die Arbeitslosenrate in Groß-Santiago zwischen fünf und 9,5 Prozent. Unter der christdemokratischen Regierung Frei stieg sie von 5,5 Prozent in den Jahren 1964 bis 1966 auf mehr als sechs Prozent in den Jahren 1967 bis 1969 und erreichte 1970 8,3 Prozent. Die Regierung Allende senkte die Arbeitslosenrate im ersten Jahr auf 3,8 und in den beiden folgenden Jahren auf 3,6 Prozent. Im Februar 1974 war die Arbeitslosigkeit bei den Mitgliedern des nach dem Putsch von der Junta verbotenen Gewerkschaftsverbandes CUT auf 24,6 Prozent gestiegen, der Gesamtdurchschnitt, einschließlich der unorganisierten Arbeiter, betrug mehr als 18 Prozent. Der niedrigste Stand der Arbeitslosigkeit in Chile seit dem Machtantritt der Junta, welche ja die Registrierung von Arbeitslosen oder die Beantwortung von soziologischen Umfragen nicht gerade ermutigt, betrug 15 Prozent. Natürlich rechnet die Junta die Zehntausenden Arbeiter und Angestellten, die aus politischen Gründen entlassen wurden, nicht zu den Arbeitslosen. Wie der Budgetdirektor bekanntgab, wurden allein in den ersten drei Monaten nach dem Putsch 19.200 Beamte aus dem Staatsdienst entlassen (und durch 19.000 Angestellte aus der Privatwirtschaft ersetzt, während die Gefeuerten, da sie auf der schwarzen Liste standen, beschäftigungslos blieben). Zugleich verloren sie alle Ansprüche aus der Arbeitslosen-, Kranken- und Altersversicherung. Doch der Junta-Chef General Pinochet verspricht noch mehr „Normalität“: Er hat die Aufnahme weiteren Personals in den Staatsdienst verboten und eine Reduzierung der Beamtenschaft um 20 Prozent bis Ende 1975 angekündigt — das sind hunderttausend Personen, die für die Tätigkeit in der Privatwirtschaft frei werden sollen!

Wie sollen diese Posten eingespart werden? Eine Möglichkeit besteht darin, den Abbau der chilenischen Sozialversicherung, die lange Zeit die fortgeschrittenste in Lateinamerika war, zu beschleunigen, so wie Du das seit 20 Jahren empfiehlst. Das Ende des Chaos ist in Sicht, Dein Traum von der Normalisierung geht in Erfüllung, und so schnell!

Wie steht es nun mit den niedrigen Kosten? Der Lebensmittelkonsum und die Ausgaben dafür sind drastisch zurückgegangen, zweifellos aus Streben nach „Gleichgewicht“. Auf der Angebotseite erklärt sich dies einfach aus dem Sinken der Agrarproduktion, erst infolge des Frächterstreiks (keine Lieferungen), dann infolge des militärischen Terrors auf dem Land während der Saatzeit im vergangenen Frühling (der auf der südlichen Halbkugel im September beginnt) und der starken Einschränkung der Lebensmittelimporte zwecks Ausgleichs der inländischen und der ausländischen Preise (nicht der Löhne) zur Herstellung des „Gleichgewichts im Außenhandel“. Auf der Nachfrageseite kommt der Rückgang des Lebensmittelkonsums natürlich nicht von einem neuen „Ernährungsgleichgewicht“, sondern vom Steigen der Lebensmittelpreise und dem Sinken der Masseneinkommen. Da staatliche Lebensmittelsubventionierung ebenfalls „gleichgewichtsstörend“ ist, muß sie abgeschafft werden, wie El Mercurio am 18. Mai forderte. Was Fleisch betrifft, dessen Einfuhr von früheren Regierungen durch periodische fleischlose Tage oder Wochen gebremst wurde, haben die Importe völlig aufgehört; und General Pinochet erklärte, Verkaufseinschränkungen seien nicht mehr notwendig, da nun auf dem Markt Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage herrsche! Das heißt, die „Nachfrage“ ist versiegt, weil die Leute sich Fleisch nicht mehr leisten können. Unter Allende erhielt jedes Kind täglich einen halben Liter Milch gratis zugeteilt; dieses Programm wurde unmittelbar nach dem Militärputsch eingestellt.

Der „relativ geringe Preis“ besteht unter anderem darin, daß heute Chilenen in wachsender Zahl buchstäblich Hungers sterben. Die Säuglingssterblichkeitsrate ist auf eine seit Jahrzehnten nicht mehr bekannte Höhe hinaufgeschnellt. Und das Innenministerium zeigt sich, laut El Mercurio, alarmiert über die Zunahme der Morde (jene der Militärs und der faschistischen Totschlägerbanden natürlich nicht gerechnet) und der Raubüberfälle seit September 1973, was dem Ministerium angesichts des von der Junta verhängten nächtlichen Ausgehverbots besonders überraschend erscheint.

Und wie steht es mit anderen Aspekten der relativ niedrigen Kosten? Zwei Wochen vor Deinem Interview veröffentlichte El Mercurio vielsagende Angaben über die chilenische Industrieproduktion im April 1974, verglichen mit dem Stand vom April 1973. In der Erdöl- und der Metallindustrie, den Domänen des Großkapitals, das in wachsendem Maß mit ausländischem Kapital verflochten ist, soll die Produktion erheblich gestiegen sein. „Anderseits ist ein starker Rückgang zu verzeichnen im Druck- und Verlagswesen (minus 40,3 Prozent) [die verbrannten Bücher sind offenbar nicht ersetzt worden!], in der Getränkeindustrie (minus 19,7 Prozent), in der Bekleidungsindustrie (minus 16 Prozent), bei Möbeln und Zubehör (minus 14,9 Prozent), Gummiprodukten (minus 13,2 Prozent), Papier [dessen Produktion von der im Besitz der Familie Alessandri befindlichen Papierindustrie vorsätzlich gebremst worden war, um der Regierung Allende Schwierigkeiten zu machen] (minus 12,7 Prozent) und bei elektrischen Haushaltsgeräten (minus 10,7 Prozent).“

Laut Business Week (wo Dein Kollege Milton Friedman abwechselnd mit Paul Samuelson eine ständige Kolumne hat) vom 17. November 1973 berichtete eine große Supermarket-Kette (es gibt nur zwei in Chile), ihr Absatz sei — in Escudos — um 20 Prozent gestiegen, die Warenmenge sei jedoch um 40 Prozent gesunken! Die Zeitung La Tercera meldete am 5. Dezember 1973, AMPICH (die Vereinigung mittlerer und kleiner Industrieller und Handwerker, der vielleicht auch der vorhin zitierte Textilfabrikant angehört) klage über einen 80prozentigen Umsatzrückgang ihrer Mitglieder. Ich entsinne mich, sogar im Mercurio gelesen zu haben, nach der „Warenknappheit“ unter Allende seien nun Schaufenster und Regale wieder voll von Waren, leider aber sei der Absatz von Bekleidung selbst im Vergleich zur Zeit der „Knappheit“ um ein Drittel gesunken, da die Leute nur große Augen hätten, aber kein Geld, um zu kaufen. Die Einzelhandelskammer, deren Präsident Rafael Cumsille zusammen mit Leon Villarin, dem Führer der Frächter, einer der Hauptorganisatoren der Streiks und Boykotte war, mit denen man die Regierung Allende zu Fall bringen wollte, beschwerte sich bei der Junta und Deinen Schülern, Arnold Harberger, die neue Wirtschaftspolitik „nütze nur den Großen, nicht den Kleinen“ und treibe viele ihrer Mitglieder in den Bankrott. Selbst Orlando Sáez, Präsident des chilenischen Industriellenverbandes, ist von diesem Posten und von dem eines Wirtschaftsberaters des Außenministeriums, auf den er unmittelbar nach dem Putsch berufen worden war, zurückgetreten.

Diese Erklärungen und Rücktritte widerspiegeln die wachsende Unzufriedenheit und Besorgnis in Teilen der Mittelschichten und der Bourgeoisie (während die Opposition der Volksmassen sich natürlich in anderen Formen äußert). Aus diesem Grund, und vielleicht auch um die „Öffentlichkeit“ auf bevorstehende neue Maßnahmen vorzubereiten, inszenieren die Junta und ihre Wortführer eine „Aufklärungskampagne“, in der das Interview mit Dir nur ein kleines, aber gut hineinpassendes Mosaiksteinchen ist. So wurde Raúl Sahli, der Nachfolger von Orlando Sáez als Präsident des Industriellenverbandes, von Ercilla gefragt: „Warum ist Orlando Séez von der Präsidentschaft des Industriellenverbandes zurückgetreten? Es heißt, wegen der Unzufriedenheit vieler Unternehmer ...?“ Darauf erhielt Ercilla nur die ausweichende Antwort: „Er möchte sich wieder ganz seiner privaten Tätigkeit widmen.“ Ercilla: „Aber die Bilanz der ersten sieben Monate ist für viele unbefriedigend.“ Sahli: „Nein, sie ist nicht so schlecht.“ Zur Zeitung Que Pasa sagte Sahli: „Wir Industriellen sind für eine soziale Marktpolitik. Seit 50 Jahren haben wir eine freie Wirtschaft verlangt. Und das verwirklicht diese Regierung, indem sie erst Preisfreiheit gewährte, was wir alle begrüßten, und dann Konkurrenzfreiheit, die notwendig ist, damit die Preisfreiheit funktioniert. Wir sehen ein, daß in einem kleinen Land wie Chile die Konkurrenz aus dem Ausland kommen muß ... Es geht um neue Produktionszweige, um die Koordinierung mehrerer Betriebe zur Herstellung eines Produkts, um die Entwicklung hocheffizienter Großunternehmen durch Zusammenschluß mehrerer kleinerer Firmen oder durch Bildung von Kooperativen. Monopole? Jawohl. Nur mit Monopolen sind wir auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig. Innerhalb des Landes würden die Monopole nicht als solche wirken, da sie mit importierten Produkten zu konkurrieren hätten.“ Und wieder zu Ercilla: „Das Schlimmste ist, daß sich weder die Unternehmer noch die Konsumenten auf die neue Realität eingestellt haben. Es fehlt die Mentalität des nordamerikanischen Publikums. Es ist alles eine Frage der Mentalität.“ Amen.

Fernando Leniz, Ex-Produktionsleiter des Papiermonopols Alessandri & Edwards und Ex-Chefredakteur des Mercurio, ist in seinen „Erklärungen“ auch recht offen. Frage von Ercilla: „Kann man nach acht Monaten von einem Erfolg oder von einem Fehlschlag der gegenwärtigen Wirtschaftspolitik sprechen?“ Leniz: „Von einem Fehlschlag kann man nicht sprechen, und schon von Erfolg zu sprechen wäre zu unbescheiden. Die Resultate werden sich erst nach einem erheblich längeren Zeitraum zeigen ...“ Ercilla: „Apropos Zeitraum ... Man könnte sagen, daß die bisherigen Ergebnisse (der Wirtschaftspolitik) das Werk der Junta sind. Trotzdem reden Sie weiterhin von der Hinterlassenschaft der Unidad Popular. Wann wird die Junta ihre Verantwortung übernehmen?“ Leniz: „Wenn alle Nachwirkungen des Erbes der Vergangenheit, der Tätigkeit der Unidad Popular, verschwunden sind. Vielleicht in zwei Jahren, ich weiß nicht ... Zwei Jahre lang wird es notwendig sein, das Konsumniveau unter der Kurve des Bruttonationalprodukts zu halten.“

Weiter sagst Du, Arnold Harberger: „Ich habe ein recht klares Bild, denn ich kenne die chilenische Wirtschaft ... Ich glaube, für eine kleine Wirtschaft wie die chilenische ist der beste Schutz gegen Monopolsituationen der Wettbewerb auf dem Weltmarkt ... Die Ineffizienz und die inneren Kosten (der Sozialversicherung) widerspiegeln sich im Wechselkurs. Die Gleichgewichtsrate ist höher, wenn solche Probleme vorhanden sind ... Von nun an sehe ich die Möglichkeit eines stetigen Wachstums der Produktion und überhaupt der Wirtschaft in Chile ... Meiner Meinung nach besteht das Problem darin, ob die Regierung und die Bevölkerung imstande sein werden, die richtige Einstellung zu finden und zu bewahren.“ Nun, wenigstens die Regierung erweist sich dazu recht wohl imstande:

Der Wechselkurs wurde durch dreizehnmalige Abwertung des Escudo dem „Gleichgewicht“ näher gebracht, damit erhöhten sich die Importpreise für Lebensmittel auf das Zehnfache und für andere wichtige Produkte auf das Fünffache, während die Einführung eines günstigeren „parallelen“ Touristenwechselkurses Auslandsreisen für die Wohlhabenden billiger macht und die Profitausfuhr fördert. Der Internationale Währungsfonds und die Interamerican Bank in Washington sowie Regierungen, Banken und Firmen in Amerika und Europa belohnten diesen Gleichgewichtsakt mit Krediten und Darlehen in der Höhe von 700 Millionen Dollar für die Militärjunta; der Regierung Allende wurden solche Kredite wegen seiner „ungenügenden Rationalität“ verweigert.

Die neue Regierung hat 200 staatliche und halbstaatliche Unternehmen den früheren Privateigentümern zurückgegeben — und Minister Leniz hat 1.000 halbstaatliche Firmen zu Schleuderpreisen zum Verkauf angeboten, für jedermann zu haben, ob er ein früherer Eigentümer ist oder nicht (Süddeutsche Zeitung, 20. Oktober 1973 und 28. Mai 1974). Zum „Schutz gegen monopolistische Situationen“ hat die Regierung alle Importrestriktionen aufgehoben und den internationalen Monopolen das Tor zum chilenischen Markt weit geöffnet. Die Junta hat die Klauseln gestrichen, die Chile gegen gewisse mißbräuchliche Praktiken ausländischer Investoren geschützt hatten, und damit ihre internationalen Verpflichtungen gemäß Artikel 24 des Andenpakts mit Bolivien, Ecuador, Peru, Kolumbien und Venezuela verletzt — das letztgenannte Land hat entschieden dagegen protestiert. Damit hat die chilenische Militärjunta, ebenso wie das Marcos-Regime auf den Philippinen, die Kontrolle der ausländischen Investitionen in ihrem Land aufgegeben, entgegen den Empfehlungen der UNCTAD (UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung) und des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen. Diese Maßnahme und das „beide Seiten befriedigende“ Abkommen mit den internationalen Kupferkonzernen, für die verstaatlichten Kupferminen eine „gerechte Entschädigung“ zu zahlen (nachdem die Regierung Allende bereits die privaten Schulden dieser Firmen, die größer waren als deren Buchwert, übernommen und in die Staatsschuld einverleibt hatte), sind Teil eines Gleichgewichtsaktes, den die Militärjunta anläßlich einer Konferenz multinationaler Konzerndirektoren in Chile Ende Juni dieses Jahres (ungefähr zur Zeit Deines Besuchs, Arnold Harberger) vollbracht hat.

El Mercurio (24. Juni 1974) leitartikelt dazu: „Der Chile-Besuch einer starken Gruppe ausländischer Unternehmer hat die Frage der ausländischen Investitionen und der Art und Weise, wie sie zu behandeln seien, auf die Tagesordnung gesetzt ... Der Beschluß der Regierung, jedes Opfer zu bringen, das der Wirtschaftsstabilisierung dient, bietet die Gewähr, daß unser Land sich langsam, aber sicher einer Normalisierung nähert, auf die die ausländischen Investoren größten Wert legen ... Die politische Ruhe und die Wahrung der heute diktierten Normen bieten eine zusätzliche Garantie für den Investor, die er nur selten findet, die ihm aber heute die chilenische Militärregierung bietet.“ Mit geringen Kosten, wie Du, Arnold Harberger, sagst.

Die folgende Liste der Wirtschaftszweige, wo Ausländer am günstigsten investieren können, gaben am 4. Februar 1974 der Minister Fernando Leniz und sein Berater Raul Sáez dem berüchtigten Council of the Americas, in dem unter der Leitung Rockefellers die wichtigsten nordamerikanischen Monopole mit Interessen in Lateinamerika vertreten sind: „Bergbau, Erdöl, Erdgas, chemische Industrie, Eisen und Stahl, Kohle und Kohlenderivate, Landwirtschaft, Agrarexport, Aufforstung, Zellulose, Fremdenverkehr ...“ Miteinem Wort, es handelt sieh vor allem um die Rohstoffe, mit denen Chile in „relativem Vorteil“ wäre, da sie in der gegenwärtigen großen Akkumulationskrise für den Imperialismus von größtem Interesse sind, wie es auch in den Krisen von 1873 und 1929 der Fall war. Selbst Henry Kissinger, dem es noch vor kurzem nichts ausgemacht hätte, wenn Lateinamerika im Meer versunken wäre, weil es seine Gleichgewichtspolitik nicht berührte, ist nun nach Tlalteloco geeilt, um sein wiedererwachtes Interesse zu demonstrieren.

Du, Arnold Harberger, und Raul Sáez, der Präsident des chilenischen Industriellenverbandes, Ihr sagt, es sei alles eine Frage der „Einstellung“ und der „Mentalität“. Das Militärregime und das vom Mercurio repräsentierte „Volk“ haben bereits ausreichend bewiesen, daß sie die richtige Einstellung gefunden haben. Wie aber steht es mit der Einstellung der übrigen Bevölkerung, der Arbeiter, der Angestellten, der Bauern, der Gewerbetreibenden und eines Teiles der Industriellen samt Frauen und Kindern, und mit dem Preis, den sie zu zahlen haben? Wenn sie, wie Herrn Sahlis Konsumenten, zu unwissend sind, um aus eigenem die richtige Einstellung zu finden, was hat das Militärregime getan, um ihre Einstellung zu ändern, und welchen Preis hat es dafür verlangt?

Ein Teil dieses Preises, abgesehen von der Not der Bevölkerung, ist auf der ganzen Welt wohlbekannt: Die Gewerkschaften, mit ihrer alten Kampftradition, wurden verboten; es wurden neue, gelbe Gewerkschaften gegründet, doch deren Vertreter wurden von der Generalversammlung der ILO in Genf (Internationale Arbeitsorganisation, die Gewerkschafts-, Unternehmer- und Regierungsvertreter aus mehr als 100 Ländern im Verhältnis von 25:25:50 umfaßt) nicht zugelassen und von allen Gewerkschaftsorganisationen der Welt, die AFL-CIO inbegriffen, einstimmig zurückgewiesen. In Chile sind seit September 1973 alle Streiks verboten; Organisatoren von wilden Streiks in Häfen, auf Baustellen und in Betrieben wurden erschossen; die Arbeitswoche wurde um zehn Prozent verlängert — ohne Lohnerhöhung für die zusätzliche Arbeit, aber bei gleichzeitiger Erhöhung der Abzüge — mit der Begründung, für die Wiederherstellung des Gleichgewichts müsse jedermann Opfer bringen.

Graphik von Otto Eder
(aus der Ausstellung „Kunst und Gewalt“, die vom 3.-7. bzw. 16.-21. Dezember 1974 in insgesamt hundert Orten und Betrieben Österreichs gezeigt wird. Sie besteht aus Siebdrucken, Radierungen und Holzschnitten, die zu öS 80,— pro Blatt erworben werden können, z.B. das obige! Man kann auch die ganze Ausstellung kaufen, d.s. ca. 40 Blatt zum Preis von öS 2.000,— ; Bestellungen an den Gestalter der Ausstellung, Erwin Puls, Schelleingasse 8/5, A-1040 Wien; Lieferung im Jänner 1975. — Veranstalter ist der Verein Forum Wien-Arena, die Organisation liegt bei der österreichischen Chile-Solidaritätsfront).
Bild: Otto Eder

Es wird Dich, Arnold Harberger, sicherlich freuen, daß die chilenische Militärjunta nun Dein vor zwei Jahrzehnten abgegebenes Urteil über meine wissenschaftlichen Fähigkeiten bestätigt hat. Sechs Studenten wurden bei ihrem Erscheinen im Haupteingang der Wirtschaftshochschule erschossen, um den übrigen eine Lektion zu erteilen, und andere, darunter der nordamerikanische Student Frank Terucchi, wurden zu Tode gefoltert.

Mehrere Fakultäten wurden gänzlich geschlossen; über andere, die verdächtig erschienen, wie die sozialwissenschaftliche, wurde eine Immatrikulationssperre verhängt; Studenten, die zu erscheinen wagten — und ihre Verhaftung riskierten, sofern sie nicht bereits verhaftet waren und daher nicht erscheinen konnten —, wurden exmatrikuliert und zum Militär eingezogen. Auch die Lehrpläne wurden entsprechend „ins Gleichgewicht gebracht“: Studenten haben zu studieren, nichts weiter!

Alle Parteien der Linken und des Zentrums, ob „marxistisch“ oder nicht, wurden verboten, und die übrigen können keine Tätigkeit ausüben. Die Wählerlisten wurden verbrannt, weil sie angeblich „gefälscht“ waren, und zu gegebener Zeit will die Junta neue anlegen, die nur von der Junta für würdig befundene Bürger enthalten sollen. Die Junta sagt, sie „entpolitisiere“ das Land — auf Wunsch des Volkes!

Angesichts der „Mentalität“ und der „Einstellung“ der chilenischen Bevölkerung, die zur Hälfte für Allende stimmte, die in wachsendem Maß unter Inflation, Arbeitslosigkeit, Bankrotten usw. zu leiden hat und die politisch immer mehr von den Methoden der Junta abgestoßen wird, kann keine dieser „gleichgewichtsfördernden“, „normalisierenden“ und „entpolitisierenden“ Maßnahmen durchgeführt werden ohne militärische Gewalt und politischen Terror. Der UNO-Hochkommissar für Flüchtlingshilfe, das Rote Kreuz, Amnesty International, die katholische Kirche, Diplomaten wie der schwedische Botschafter, das Russell-Tribunal und ähnliche Institutionen, internationale Kommissionen unabhängiger Juristen, auch Zeitungen, einschließlich solcher Blätter wie Newsweek und Washington Post, die nun von der Junta und deren Sprechern der „internationalen kommunistischen Verschwörung“ zugezählt werden, haben es unzählige Male bestätigt: Hunderttausende wurden verhaftet; die „Lebensbedingungen“ in den Anhaltelagern in der giftigen Salzwüste des Nordens und in der antarktischen Einöde des Südens sind unerträglich; von zehn Millionen Einwohnern, von denen nur ein Viertel männliche Erwachsene sind, wurden Zehntausende ermordet (10.000 nach dem Vertreter der Ford Foundation, 15.000 nach dem schwedischen Botschafter Edelstam), die Leichen aufgehängt, in den Fluß geworfen oder einfach liegen gelassen, zur Abschreckung der Bevölkerung; es wird systematisch gefoltert: mit modernsten Techniken, mit Folterknechten aus Brasilien, unter Nutzung der amerikanischen Erfahrungen aus Vietnam; es wird physische mit psychischer Tortur verbunden, indem man die in jeder Hinsicht unschuldigen Ehegatten und Kinder vor den Augen des zugleich verhöhnten und verspotteten Untersuchungshäftlings quält; systematisch werden Folterlager und -kammern in Tejas Verdes und anderswo errichtet, die nicht bloß zum Verhör politischer Kader dienen, sondern auch zur „Bearbeitung“ von Hunderttausenden Menschen, welche unter den fadenscheinigsten Vorwänden oder auch ohne einen solchen verhaftet werden, um sie weichzumachen, bevor man sie erschöpft, zerschlagen, lahm oder bewußtlos am Straßenrand, vor einem Bahnhof oder in der Nähe ihrer Wohnung aussetzt, nachdem man ihnen eingeschärft hat, ihren Angehörigen, Arbeitskollegen und Freunden nichts über ihre Erlebnisse zu erzählen. Der Terror hat keineswegs nachgelassen, sondern nimmt immer noch zu (am 1. August berichtete Le Monde von mehr als 10.000 Festnahmen in wenigen Tagen, die Hälfte davon wegen „Trunkenheit“).

Dies, Arnold Harberger, ist ein kleiner Teil des Preises, den das Programm der Gleichgewichtsherstellung und Normalisierung vom chilenischen Volk erfordert. Niemand kennt Zweck und Herkunft dieser Maßnahmen besser als Du. Nicht umsonst hast Du, dein Zentrum für lateinamerikanische Studien und Deine Ökonomieabteilung an der Universität Chicago, zwei Jahrzehnte darauf verwendet, die Ökonomieabteilung der Universidad Catolica de Chile zu organisieren, Generationen von Studenten und Professoren im wohlausgewogenen Gebrauch Deines Instrumentariums auszubilden und sie einer Gehirnwäsche zu unterziehen, damit sie an die „Normalität“ glauben, die Dir und Deinen Auftraggebern so teuer ist.

Den Militärs, ausgebildet vom Pentagon und beraten vom CIA, der am 7. September 1973 ein Team von Flugakrobaten der US Air Force herunterschickte (es ist unklar, ob zu den Feiern anläßlich des Tages der Streitkräfte am 18. September, die dann nicht stattfanden, oder um bei der Bombardierung des Moneda-Palastes zu helfen, die am 11. September erfolgreich durchgeführt wurde), folgten schließlich, auf Strömen von Blut des chilenischen Volkes schwimmend, Deine gelehrigen Schüler; sie erhielten Schlüsselpositionen in den Ministerien, in der Zentralbank und in anderen Institutionen, die damit befaßt sind, die chilenische Wirtschaft „ins Gleichgewicht zu bringen“, und dienen nun als „technische Experten“; man nennt sie „Chicago-Boys“. Du kannst stolz auf sie sein, wie Al Capone auf seine „Gang“, wie Deine akademischen Kollegen auf die Ausbildung der berüchtigten „Berkeley-Mafia“, welche die Zügel der indonesischen Wirtschaft in die Hand nahmen, nachdem das von Washington unterstützte Suharto-Regime das Inselreich 1965/66 im Blut von schätzungsweise einer Million indonesischer „Blutspender“ gebadet hatte.

Arnold Harberger, Du stimmst mit Wirtschaftsminister Leniz darin überein, daß Euer gemeinsames Programm kein Fehlschlag ist, aber auch noch nicht als voller Erfolg bezeichnet werden kann. Schließlich sagt der Präsident der chilenischen Industriellen, diese hätten ein solches Programm seit 50 Jahren gefordert; Du hast es 20 Jahre lang vorbereitet; und Deine Lenker und Henker, Leniz mit seinen „Chicago-Boys“ und Pinochet mit seinen Totschlägerbanden, haben erst ein Jahr Zeit gehabt, es in die Praxis umzusetzen. Sie brauchen mehr Zeit, um mehr Blut abzuzapfen. Auch das indonesische Modell, das schon 1971 in ganz Chile mit dem Schlagwort „Djakarta“, in roter Farbe auf die Wände gemalt, angekündigt wurde — und das Modell Brasilien (das heute, einige Ölscheichtümer ausgenommen, die größte Ungleichheit in der Einkommensverteilung aufweist) haben ebenfalls mehr Zeit gebraucht, um verwirklicht zu werden — worauf Leniz und Deine Schüler mit Recht hinweisen. Außerdem: Wie attraktiv Dir diese Modelle politökonomischen Gleichgewichts in Ländern mit mehr als 100 Millionen Einwohnern, zehnmal soviel wie Chile, von der Ausdehnung und dem Rohstoffreichtum ganz zu schweigen, auch scheinen mögen — Dein „bescheidenes“ Projekt für Chile muß ein wenig anders beschaffen sein, wenn es seinerseits als Modell für andere kleinere unterentwickelte Länder Lateinamerikas und der ganzen Welt dienen soll.

Es dauert länger, „den Arbeitsmarkt in Schuß zu bringen“, durch Sprengung der Gewerkschaften, durch mehr Arbeitslosigkeit, durch Lohnsenkung und Arbeitszeitverlängerung, die nicht nur die normale Ausbeutung ermöglichen, wie die Arbeiter sie seit jeher erlitten haben, sondern ein Maß an Super-Ausbeutung, das nicht einmal die Erneuerung der Arbeitskräfte zuläßt, welche Deinem bescheidenen Projekt zufolge ohnehin zum Teil überflüssig sind; es dauert länger, die Einkommensverteilung ausreichend zu konzentrieren, um einen „Binnenmarkt“ für einige wenige Kapitalgüter zu schaffen, die teilweise in Brasilien, kaum aber in Chile erzeugt werden können; es dauert länger, die angestrebte Zentralisation und Konzentration des Kapitals zu erreichen, weniger leistungsfähige Firmen zum Teufel gehen zu lassen und den Rest in — oder mit — Monopolen zu vereinigen, die der Konkurrenz auf dem Weltmarkt standhalten können, und wenn dies nicht möglich sein sollte, die Akkumulation als Anhängsel der Weltmonopole fortsetzen; es dauert länger, die chilenische Wirtschaft umzustrukturieren, Kapital- und Arbeitsressourcen umzuverteilen, die Erträge im Einklang mit den Produktionserfordernissen des imperialistischen Weltmarkts umzuleiten und mit Hilfe des Auslandskapitals für Exportzwecke jene Rohstoffe zu produzieren, die Chile in der Krise des imperialistischen Kapitalismus einen „relativen Vorteil“ bieten könnten; es dauert länger, mit Hilfe Deines Instrumentariums die „antiinflationäre“ und „freiwirtschaftliche“ Währungs- und Steuerpolitik zu schmieden, die notwendig ist, um „Preisanreize“ zu schaffen, so daß Industrielle und Großagrarier gern produzieren und die Konsumenten, unabhängig von ihrer Mentalität und Einstellung sich dem bescheidenen Projekt entsprechend im Konsum zurückhalten. Und wenn die Praxis sich hartnäckig weigert, der Theorie zu gehorchen, müssen die unwissenden Chilenen, deren rückständige Mentalität und Einstellung der Aufklärung durch die Universität Chicago ermangelt, zu Zehn- und Hunderttausenden, ja Millionen erschossen, gefoltert, ausgehungert, krank gemacht, ins Exil getrieben und aus dem Gleichgewicht gebracht werden, um das unerläßliche Gleichgewicht in der chilenischen Wirtschaft zu ermöglichen. Der staatliche Sektor muß absterben, aber der Staat muß gestärkt werden, auf daß er brutal-effiziente Macht zwecks Pflege und Förderung des privaten — und des ausländischen — Sektors ausüben kann.

Arnold Harberger & Co.: Euer bescheidenes Projekt zur Herstellung eines partiellen Gleichgewichts im allgemeinen Interesse ist nicht frei von inneren Widersprüchen. Außerdem könnt Ihr nicht das ganze Verdienst für Euch in Anspruch nehmen. Obwohl Du und Deine Kollegen und Schüler an der Ökonomieabteilung der Universität Chicago zwei Jahrzehnte für die Ausarbeitung des Programms und die Ausbildung derer, die es ausführen sollen, aufgewandt haben, bedurfte es einer neuen schweren politischen und wirtschaftlichen Krise des Kapitalismus, ähnlich jener der dreißiger Jahre, um die politischen und militärischen Kräfte für die Einsetzung eines Regimes zu mobilisieren, das bereit ist, Dein Gleichgewichtsprogramm und Deine Gleichgewichtsexperten in Chile auszuprobieren — und Dein Kollege Milton Friedman wartet immer noch darauf, seinen Anteil an diesem Programm im eigenen Land in die Praxis umzusetzen, zu Nutz und Frommen der amerikanischen Bourgeoisie, der Ihr alle so treu als bezahlte Lenker und Henker dient.

Was Euren ehemaligen Schüler betrifft, meine Herren Harberger, Friedman & Co., wie recht hattet Ihr doch, als Ihr vor 20 Jahren bemerktet und prophezeitet, daß ich Euren Auffassungen von Normalität nicht entsprechen würde; daß mir die Einstellung, die Mentalität und die Moral fehlen, die Ihr mit der Junta gemeinsam habt; daß ich mich nicht dazu eigne, die Gleichgewichtsbedingungen des Massen- und Völkermordes zu errechnen oder den Maßstäben Eurer blutigen Henker gerecht zu werden.

Venceremos!

André Gunder Frank
Dr. phil. in Ökonomie
University of Chicago 1957

Inflation in Chile

Der offizielle Preisindex ist in den ersten zehn Monaten der Junta-Herrschaft (September 1973 — Juni 1974) um 494 Prozent gestiegen; bereinigt man diese Ziffer von verschönernden Manipulationen, schnellt sie auf 1.048 Prozent hinauf. D.h. die Junta gibt zu, daß sich die Preise in den ersten zehn Monaten verfünffacht haben, während sie sich in Wirklichkeit verzehnfachten (Santiago Barrios: La „Restauration“ au Chili, in: Les Temps Modernes, Paris, Oktober 1974, S. 87). Eine Übersicht der Preissteigerungen einiger Grundnahrungsmittel entnehmen wir derselben Quelle:

  Preise (in Escudos) Steigerung (in Prozent)
  am 11. Sept. 1973 im Juni 1974  
Milch (ein l) 7 160 2.180
Brot (ein kg) 11,5 240 1.980
Speiseöl (ein l) 36,5 1.140 3.060
Zucker (ein kg) 25,5 350 1.300

Soweit der Stand vom Juni 1974. Im gleichen Monat kündigte die Junta aber weitere Preiserhöhungen an: für Milch um 100 Prozent, Brot um 80 Prozent, Speiseöl um 90 Prozent (Neue Zürcher Zeitung, 30. Juni 1974).

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