FORVM, No. 125
Mai
1964

Peking vor der Türe

Karl Marx schrieb im „Achtzehnten Brumaire des Louis Bonaparte“, anknüpfend an Hegel und Heine, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen, das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce, und er schloß daran diese geschichtsphilosophische Betrachtung:

Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen. Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden. Und wenn sie eben damit beschäftigt scheinen, sich und die Dinge umzuwälzen, noch nicht Dagewesenes zu schaffen, gerade in solchen Epochen revolutionärer Krise beschwören sie ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf, entlehnen ihnen Namen, Schlachtparole, Kostüm, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neue Weltgeschichtsszene aufzuführen. So maskierte sich Luther als Apostel Paulus, die Revolution von 1789-1914 drapierte sich abwechselnd als römische Republik und als römisches Kaisertum, und die Revolution von 1848 wußte nichts Besseres zu tun, als hier 1789, dort die revolutionäre Überlieferung von 1793-1795 zu parodieren ... Die Totenerweckung in jenen Revolutionen diente also dazu, die neuen Kämpfe zu verherrlichen, nicht die alten zu parodieren, die gegebene Aufgabe in der Phantasie zu übertreiben, nicht vor ihrer Lösung in der Wirklichkeit zurückzuflüchten, den Geist der Revolution wiederzufinden, nicht ihr Gespenst wieder umgehen zu machen.

Es ist kein Zufall, daß Michail Suslow in seiner Anklagerede vom 14. Februar 1964 gegen die chinesischen Genossen an diese Worte von Marx erinnerte. Auch der zwischen Moskau und Peking ausgebrochene „offene politische Kampf“ wird nach außen hin als Stück aus der Vor- und Frühzeit des Kommunismus aufgeführt, und was den Beteiligten als Tragödie gelten mag, erscheint dem Beschauer als Farce. Chruschtschew und Mao machen einander die Rolle von Marx und Lenin streitig und kostümieren zugleich ihren Gegenspieler als Bösewicht aus der Geschichte des Kommunismus, von Bakunin über Bernstein, Kautsky, Plechanow bis zu Trotzki, Stalin und Tito. Der Text dazu wird den Kämpfen innerhalb der Ersten Internationale, der Spaltung der russischen Sozialdemokratie, der Gründungszeit der Komintern, der Auseinandersetzung mit Trotzki oder dem Bruch mit Tito erborgt — und tatsächlich hat der heutige Streit zwischen „Mehrheit“ und „Minderheit“ in der Internationalen Kommunistischen Bewegung vieles gemeinsam mit den folgenschweren Kontroversen von früher, besonders mit Lenins Spaltung der Zweiten Internationale.

Nicht genug damit. Die streitenden Parteien greifen immer tiefer in den historischen Fundus. Mao Tse-tung wird in der Rolle eines Dschingis-Khan gesehen, Chruschtschew mit selbstherrlichen Zaren oder gar mit Wilhelm II. verglichen. Das Ende des Stücks ist noch nicht abzusehen und auch den Autoren und Akteuren unbekannt. Die Frage bleibt offen, ob darin bloß das Gespenst des Kommunismus beschworen oder tatsächlich der „Geist der Revolution“ wiederbelebt wird und ob in dem Stück der Kommunismus oder die „Tradition aller toten Geschlechter“ als Kostüm fungiert.

Auch wenn die „überlieferten Umstände“ und die traditionellen Gegensätze zwischen Rußland und China auf deren heutige Beziehungen einwirken, so bleibt ihr Streit im eigentlichen Sinn ein kommunistischer Konflikt, in dem Macht von Ideologie nicht zu trennen und die Ideologie selbst eine Macht ist, die Macht aber als Beweis dieser Ideologie und zur Aufrechterhaltung der Herrschaft einer kommunistischen Elite dienen muß. Es geht dabei nicht ausschließlich um herkömmliche Beziehungen zweier Großmächte, sondern um das Verhältnis von kommunistischen Ländern, das nach marxistisch-leninistischer Lehre anders und besser als zwischen traditionellen Staaten funktionieren soll, sowie um die beste und schnellste Verwirklichung der kommunistischen Ziele, den Aufbau der kommunistischen Zukunftsgesellschaft im Innern und den Sieg der Weltrevolution nach außen.

Radio statt Gulasch

Während Chruschtschew die Auffassung vertritt, etwa im neuen Parteiprogramm 1961, daß erst der erfolgreiche „Aufbau des Kommunismus“ die Machtbasis für den erstrebten „Triumph des Kommunismus im Weltmaßstab“ schaffen müsse, ist Mao überzeugt, daß erst der Sieg der Weltrevolution die Bedingungen für die Vollendung der kommunistischen Gesellschaft in jedem Land herbeiführen werde. Moskau sieht in der materiellen Machtbasis und in den „materiellen Interessen“ den bestimmenden Faktor der Weltgeschichte, d.h. in Sputniks und Gulasch. Peking wiederum setzt auf das revolutionäre Bewußtsein der Massen als prägende Kraft der Zukunft und hält Propagandapamphlete und Radiosendungen für wirksamere Waffen als Atombomben.

Die Chinesen leiten die von ihnen kritisierten Fehler Chruschtschews aus einem „falschen Bewußtsein“ ab, einer zu optimistischen Einschätzung des heutigen Entwicklungsstandes der Sowjetgesellschaft und eines infolgedessen voreiligen Verzichts auf die „Diktatur des Proletariats“. Sie sehen deshalb nur eine Möglichkeit zur Beilegung des sowjetisch-chinesischen Konflikts, nämlich die Änderung des falschen Bewußtseins der Sowjetführer und die Übernahme des „richtigen Bewußtseins“ der chinesischen „Marxisten-Leninisten“. Chruschtschew wirft den Chinesen wiederum vor, daß sie sich bisher als unfähig erwiesen haben, ihre Wirtschaft und Gesellschaft zu entwickeln und dies mit revolutionären Phrasen zu tarnen versuchen.

Suslow formulierte diesen Vorwurf mit einer der Politischen Wissenschaft bekannten Regel über den Zusammenhang von Innenpolitik und Aggressivität totalitärer Staaten, indem er davon sprach, „daß der abenteuerliche Kurs der chinesischen Führer in der internationalen Arena mit ihren Fehlern in der Innenpolitik zusammenhängt“ („Prawda“, 3. April 1964). Nach sowjetischer Auffassung können die Differenzen folglich nur durch eine Änderung der „schlechten Wirklichkeit“ in China beseitigt werden, oder wie es Chruschtschew farbiger formuliert hat: nur dann, wenn die Chinesen statt Atombomben Hosen und Reis produzieren.

Natürlich ist die Auffassung, daß „falsches Bewußtsein“ hier, „schlechte Wirklichkeit“ dort, die alleinigen Ursachen des Konflikts seien und dieser mit jenen aufgehoben werden könne, ebenso vereinfachend und falsch wie die Behauptung der Sowjetführer, sie allein seien friedliebend und Mao atomkriegslüstern, oder der Anspruch der Chinesen, sie allein wahrten das wirkliche Erbe Lenins gegen den Revisionismus Chruschtschews.

Mao folgte anfangs unter der Parole der „Hundert Blumen“ dieser Wendung, die aber, wie in Polen und Ungarn, auch in China zu Eruptionen führte und die labile Herrschaft der chinesischen Kommunisten in einen „Kampf auf Leben und Tod mit dem Feinde“ (Liu Schao-tschi) stürzte, worauf Mao 1958 mit dem Experiment der Volkskommunen wieder auf die bewährten Methoden Stalins zurückgriff. Moskau kritisierte dies sofort als Gefährdung der wirtschaftlichen Entwicklung des Ostblocks sowie des mühsam geschaffenen Propagandabilds eines „liberalen“ Kommunismus. Die Chinesen warfen hingegen den Sowjetführern vor, daß sie den „Aufbau des Kommunismus“ unter Benachteiligung und auf Kosten der anderen kommunistischen Länder vorantrieben; der von ihnen unternommene Versuch eines „friedlichen Übergangs“ zum Kommunismus mittels „Volksstaat“ und „Partei des ganzen Volkes“ würde einem „Rückfall in den Kapitalismus“ in der Sowjetunion Vorschub leisten und die von Marx, Lenin und Stalin geforderte „Diktatur des Proletariats“ verraten.

Die tatsächliche oder eingebildete Gefährdung der Herrschaft Maos in China durch Chruschtschews „Revisionismus“ — ausgedrückt in dem Verlangen chinesischer „Rechtsopportunisten“, auch hierin dem „sowjetischen Vorbild“ zu folgen — bewog die chinesische Führung zur öffentlichen ideologischen Herausforderung an die „Revisionisten“. Als sich dies als wirkungslos erwies, strebte Peking selbst nach der Führung in der Internationalen Kommunistischen Bewegung, um dieser einen auch den chinesischen Interessen entsprechenden Kurs vorschreiben zu können. Die Sowjetführung, durch die chinesischen Ausfälle sichtlich irritiert, suchte Peking durch politische und wirtschaftliche Druckmaßnahmen auf ihre Linie zu bringen, aber weder der Rückzug sowjetischer Techniker aus China 1960 noch die Förderung der Unruhe in Sinkiang 1962, weder die Schritte zur Isolierung der Chinesen im Weltkommunismus 1961 noch der mit dem Moskauer Vertrag 1963 unternommene Versuch zu einem weltweiten „Containment“ Chinas führten zum Erfolg.

Mit der Einschätzung der Sowjetführung, daß Atomwaffen und Automation und nicht die „Diktatur des Proletariats“ das Kräftepotential der modernen Welt bestimmen, korrespondiert das außenpolitische Axiom, daß der Hauptgegensatz unserer Zeit zwischen Kommunismus und Kapitalismus bestehe. Davon ausgehend richtet Moskau den Schwerpunkt seiner Aktivität auf die modernen Industrieländer, insbesondere Amerika, angefangen vom „wirtschaftlichen Wettbewerb“ bis zur Propagierung der Machtergreifung auf „parlamentarischem Weg“. Die Chinesen wiederum, von der größeren Wirksamkeit der Massen überzeugt, über die sie ja auch reichlich verfügen, sehen das „Sturmzentrum der Weltrevolution“ heute in Asien, Afrika und Lateinamerika. Sie predigen in Abwandlung der Marx’schen Dialektik von Bourgeoisie und Proletariat und Trotzkis Theorie der kombinierten Entwicklung, daß heute die am wenigsten entwickelten Länder, einschließlich Chinas, das größte revolutionäre Potential darstellen und früher als entwickeltere Länder in den kommunistischen Endzustand hineinspringen werden.

In diesem Zusammenhang war die jüngste Reise Tschu En-lais durch Afrika und Asien das Gegenstück zu Chruschtschews Besuch in Amerika 1959. Die Aufnahme von Beziehungen mit Paris und die Bemühungen um wirtschaftliche und diplomatische Verbindungen mit Japan, England, Westdeutschland und anderen Ländern der „Zwischenzone“ zeigen, daß die chinesische Außenpolitik nicht bloß auf rassische und antiweiße Ressentiments abstellt, sondern sich eigentlich an Stalins Vermächtnis von 1952 zu orientieren versucht, in welchem die Trennung Amerikas von seinen Verbündeten, in erster Linie von Japan und Deutschland, als Bedingung für die weitere Ausbreitung der Weltrevolution bezeichnet wurde; Chruschtschew hingegen suchte den direkten Kontakt und eine Übereinkunft mit Amerika zur gemeinsamen Kontrolle dieser „Zwischenzone“.

Die Internationale ist tot

Während der Erfolg des chinesischen Angriffs auf Indien im Oktober 1962 Peking in der Richtigkeit der Lehre von Mao bestärkte, daß auch weiterhin revolutionäre Vorstöße möglich seien, ohne einen Atomkrieg auszulösen, sieht Chruschtschew in dem Ausgang der von ihm entfesselten Kubakrise nur eine Bestätigung dafür, daß angesichts der Gefahren eines Atomkrieges der Kommunismus seine Ziele nur mit Hilfe der „friedlichen Koexistenz“ erreichen kann.

Der Konflikt zwischen den sowjetischen und chinesischen Genossen um den richtigen Weg für den Aufbau des Kommunismus und seiner globalen Ausbreitung spielte sich bisher hauptsächlich in den inneren Zirkeln der Internationalen Kommunistischen Bewegung und deren Frontorganisationen ab, und er wurde gleichzeitig zu einer erbitterten Auseinandersetzung um Aufgaben, Organisation und Führung des Weltkommunismus. Als Stalin, der mit Ausnahme des abgefallenen Tito von allen Parteien als höchste Autorität anerkannt werden mußte, gestorben war, gab es weder eine funktionsfähige Organisation noch eine Führungsinstanz für alle kommunistischen Parteien. Die längst abgestorbene Kominform wurde 1956 aufgelöst, ohne daß seither eine Nachfolge-Organisation geschaffen wurde. Chruschtschews zwiespältiges Vorgehen, den „eigenen Weg“ jeder Partei zwar anzuerkennen, zugleich aber die Beschlüsse des XX. und XXI. Parteitags für alle anderen Parteien als verbindlich zu erklären, bildete kaum eine tragfähige Basis für eine neue internationale Organisation.

Mit der Anerkennung des „eigenen Wegs“ stellte Moskau allerdings nicht nur die unterschiedlichen Bedingungen der kommunistischen Länder und Parteien in Rechnung, sondern wollte vor allem für sich selbst größere Bewegungsfreiheit zur Verfolgung der eigenen Interessen gewinnen. Obzwar die Chinesen schon 1956 nach den Eruptionen in Posen und Budapest den sowjetischen „Großmacht-Chauvinismus“ verurteilt hatten, war es dann Mao Tse-tung selbst, der 1957 in die Moskauer Deklaration die Formel von der führenden Stellung der KPdSU einfügte, um solcherart Verantwortung und Pflichten Moskaus gegenüber den anderen Parteien festzuhalten und für diese ein Mitsprache- und Kontrollrecht zu fordern.

Das 1957 mühsam hergestellte Gleichgewicht zwischen den für alle Parteien gültigen „allgemeinen Grundsätzen des Marxismus-Leninismus“ und den jeweiligen „nationalen Besonderheiten“ löste sich jedoch bereits mit Maos Experiment der Volkskommunen 1958 und Chruschtschews Siebenjahrplan 1959 wieder auf. Die Spannungen zwischen den Parteien über die richtige Innen- und Außenpolitik eines kommunistischen Landes griffen dabei auch immer mehr auf wirtschaftliche, kulturelle und militärische Bereiche über. So lehnte Mao 1958 entschieden die Errichtung sowjetischer Militärbasen in China ab, Chruschtschew stellte 1959 die in einem Geheimvertrag zugesagte Unterstützung für die chinesische Atomrüstung wieder ein, und seit dem Moskauer Vertrag von 1962 ist sogar die Gültigkeit des sowjetisch-chinesischen Beistandspakts von 1950 fraglich geworden.

Es bleibt beim „eigenen Weg“

Der Versuch der sowjetischen Führung, bei den Moskauer Beratungen der 81 Parteien im November 1960 das Prinzip der Einstimmigkeit und damit das Vetorecht jeder Partei durch ein Mehrheitsprinzip abzulösen und ein Fraktionsverbot durchzusetzen, um eine Handhabe gegen die ungehorsamen Chinesen zu erlangen, scheiterte allerdings auch am Widerstand der um ihren „eigenen Weg“ besorgten anderen Parteien. Die sowjetische Führung stand einerseits der radikalen Kritik der Chinesen, anderseits den Beschwichtigungsversuchen der auf ihre Unabhängigkeit erpichten Parteien gegenüber und befand sich damit selbst in jener Situation, die sie vorher anderen bereitet hatte, so unter Lenin der Zweiten Internationale oder unter Chruschtschew den Vereinten Nationen.

Der in der Moskauer Erklärung 1960 geschlossene Kompromiß konnte nicht verhindern, daß erneut intrigenreiche Schachzüge und erbitterte Fraktionskämpfe um die „Mehrheit“ im Weltkommunismus einsetzten und Moskau wie Peking mit Versprechungen oder Spaltungsversuchen die Zuneigung und Stimmen möglichst vieler Parteien für sich zu gewinnen versuchten. Auf dem XXII. Parteitag gelang es Chruschtschew nicht einmal mit Feuer- und Leichenzauber, die Chinesen und Albaner zu schrecken oder die anderen Parteien mit der Erinnerung an die Untaten Stalins und Molotows für eine Isolierung der Chinesen zu gewinnen. Peking konnte in der Folge nicht nur die meisten asiatischen Parteien hinter sich versammeln, sondern auch in Europa und Amerika prochinesische Fraktionen und Parteien aufziehen. Chruschtschew wiederum traf schon im Sommer 1962 Vorbereitungen zur Gründung einer neuen kommunistischen Organisation nach dem Vorbild der Kominform auf der Basis der Comecon-Länder unter Einbeziehung Jugoslawiens und unter Ausschluß der chinesischen Fraktion; diese Pläne hat der Sowjetführer bei seinem Besuch in Ungarn anfangs April wieder aufgegriffen. Peking warf sich dagegen zum Wortführer und Schutzpatron des „Nationalkommunismus“ auf, trat für „Gleichheit und Unabhängigkeit aller Parteien“ ein und unterstützte die Opposition der Rumänen gegen eine weitergehende Wirtschaftsintegration des Ostblocks.

Moskau wurde auf diese Weise in eine Position gedrängt, in der es wieder die „internationale Disziplin“ verteidigen und die alte Formel Dimitroffs hervorholen muß, daß die Einstellung zur Sowjetunion der Prüfstein für die Glaubenstreue eines jeden Kommunisten sei. Während die Sowjetführung es noch 1962 und anfangs 1963 ablehnte, eine von den Chinesen geforderte Beratung aller Parteien einzuberufen, ist Chruschtschew seit Herbst 1962 darauf aus, seinerseits Anhänger für die Veranstaltung eines neuen kommunistischen Konzils zur Exkommunizierung der Chinesen zu gewinnen.

Angesichts der mangelnden Bereitschaft seiner Parteigänger, insbesondere Gomulkas und Togliattis, und wohl auch wegen der sowjetischen Agrarkrise war Chruschtschew im Oktober 1962 gezwungen, Peking ein Waffenstillstandsangebot zu machen, das die Chinesen aber mit neuen Angriffen beantworteten. Das Februar-Plenum des sowjetischen Zentralkomitees beschloß darauf, den Herausforderungen Pekings eine „entschiedene Abfuhr“ zu erteilen, und Michail Suslow formulierte in seiner Rede vom 14. Februar die Anklage gegen die chinesischen Genossen, denen er kleinbürgerlichess Abenteurertum, nationalistischen Großmacht-Chauvinismus und Neo-Trotzkismus vorwarf und die er, mit einer gewagten Interpretation der Moskauer Beschlüsse, der verbotenen Fraktionstätigkeit in der internationalen Kommunistischen Bewegung beschuldigte.

Bevor aber Moskau am 3. April diese Anklagerede veröffentlichen konnte, reagierte Peking am 31. März mit der Erklärung, daß es wegen des sowjetischen Mißbrauchs die Moskauer Beschlüsse nicht mehr als bindend betrachte und daß eine Aussöhnung nur nach einer „Liquidierung des Chruschtschew’schen Revisionismus“ möglich sei. Dem Vorschlag Suslows nach Durchführung eines internationalen Kommunistentreffens im Herbst stellten die Chinesen ihrerseits die Forderung nach Beratungen der kommunistischen Parteien auf der „Basis der revolutionären Prinzipien“ entgegen.

Es sieht jetzt danach aus, daß zwei Kommunistentreffen, in Moskau und in Peking, vorbereitet werden. Sie würden nur die längst eingetretene Spaltung im Weltkommunismus besiegeln und die anfangs 1963 ausgesprochene Warnung bestätigen, daß es „zwei kommunistische Bewegungen, zwei kommunistische Parteien in einem Land und zwei verschiedene kommunistische Theorien und Wahrheiten“ gibt.

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