FORVM, No. 452-454
Juli
1991

Unser Heer — zu Wasser, zu Land und in der Luft

Unter diesem Motto initiierten die »Journalisten News« eine Pressefahrt, dienlich der Imageverbesserung des Heeres.

Um 8:45 Uhr war Treffpunkt an der Bootsanlegestelle Reichsbrücke, und nach einer kurzen Begrüßung durch Divisionär Semlitsch, Militärkommandant für Wien, Oberleutnant Call, Pressesprecher, und Oberst Leutgeb, Chef des Stabes, legte die »Niederösterreich« ab. Der eisigen Kälte konnte man nur in der Kombüse entfliehen, wo auch ein kleines Frühstücksbuffet aufgebaut war. Vier Tassen Kaffee und eine Liptauersemmel waren unerwarteterweise garniert mit Bonmonts des Oberst des Generalstabes Leutgeb. Xenophobie, die Volksseuche Nr. 1 ließ ihn auch gleich zur Sache kommen:

„Österreich ist in Gefahr durch Überfremdung denn sogar beim Bundesheer gibt es jetzt Neger, Rumänen, Polen und Bangladeshis.“ (Merkwürdig, daß er das erwähnt, wo hat er das gelesen.) „Die werden eingebürgert und die können nicht deutsch. Schauen Sie sich die Zahlen an: im letzten Jahr wurden 6500 Personen eingebürgert, darunter waren nur ein Deutscher und zwei Niederländer. [*] Diese Leute werden doch immer ihrem Land verbunden bleiben. In der zweiten Generation ist das dann was anderes.“ „Ein Heer ist immer rechts, weil es national ist.“ Zur Lage im Osten faßt er sich kurz: „Die Slowenen wollen zu uns, sie wollen unseren Schilling“‚ die positive Seite daran: „wir haben dann einen Zugang zum Meer“. Dann macht er hurtig „40 Krisenherde in Europa“ aus, die nur „durch militärischen Einsatz bereinigt werden können“. Und auch unter Politikern vermutet er Feinde: „Bestimmte Kräfte wollen uns aushungern“, aber nun mache er sich um die Zukunft des Heeres keine Sorgen mehr, denn: „unsere Aufgabe ist jetzt der Grenzschutz, wir werden gebraucht an den Grenzen, denn was glauben Sie, was da auf uns zukommt. Denken sie nur an die Sahelzone“.

Die Zwischenfrage: „Heißt das, daß die Menschen dort in ihrem Gebiet verhungern müssen?“, pariert er: „Schauen Sie, das wäre Ihnen doch auch nicht recht, wenn plötzlich vier Leut’ in ihre Wohnung ziehen wollen. An erster Stelle stehen für uns die Österreicher. Außerdem sind das ja großteils Wirtschaftsflüchtlinge.“

Und was hält er von Frauen im Militärdienst? — „Ich stehe dem positiv gegenüber, in Amerika haben sie gute Erfahrungen gemacht, und sie werden dort gerne genommen, denn sie haben einen höheren IQ als die Neger. Wer geht denn schon zum Heer, Neger und Puertoricaner, und da sind die Frauen beliebter.“

Er verläßt die Kombüse und das Schiff legt an. Mit dem Bus geht es weiter nach Langenlebarn, wo ein Flug nach Wiener Neustadt geplant ist. Ich will unbedingt vorne sitzen in der Pilot Porter Maschine, und bald nach dem Start drehen meine Magennerven durch, die Liptauersemmel, gewürzt mit Turbulenzen und Unverdaulichem wie auch immer, Oberst Leutgeb versteht meine Zeichensprache als Erster (die Verständigungsprobleme können so arg nicht sein) und reicht mir ein Nylonsackerl.

Beim Mittagessen nach seinem Lieblingsheeresminister befragt: „Lichal natürlich.“ Später erzürnt ihn die Frage: warum denn das Heer keine größeren Transportflugzeuge anschafft, es gab ja Probleme bei der Kurdenhilfe? — „Das ist nicht unsere vordringliche Aufgabe, und wenn die Eskimos vergessen, die Erdachse zu schmieren, können wir nicht dafür verantwortlich gemacht werden.“

Dann stand eine Rundfahrt mit dem Kampfpanzer M-60A3 am Programm. Immer wieder wurde stolz betont, das ist der, den die Amerikaner im Golfkrieg in Verwendung hatten, und wer vergißt, kann durchaus sagen, Panzerfahren ist eine Hetz.

Des Tages Resume: Beim Bundesheer kann man lustig spielen und manchmal ist’s zum Kotzen.

[*Laut Amtsrat Willinger wurden 1990 insgesamt 6521 Personen eingebürgert, wovon aus der BRD 119, der DDR 19 und 2 aus den Niederlanden stammten.

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