Heft 6/2000
Oktober
2000

Wehrdienstverweigerung — ein Recht?

Was davon bleibt, ist nicht mehr viel ...

Bereits im April 2000 wur­de mit den Stimmen der Regierungsparteien eine Zivildienstgesetznovelle beschlos­sen. Die Zivildiener bekom­men seither nur mehr 3.648,— Schilling Pauschalvergütung. Das Recht, die Zuweisung zu beantragen und somit ein ge­wisses Maß an Lebenspla­nung zu ermöglichen, ist ge­fallen. Die nächste Novelle wird — so ist es geplant — mit 1.1.2001 in Kraft treten. Da­zu eine kurze Stellungnahme aus unserer Begutachtung des Gesetzesentwurfs (Wer In­teresse an der ausführlichen Fassung unserer Begutach­tung hat, kann diese unter argewdv@utanet.at anfordem).

Die ARGE für Wehr­dienstverweigerung und Gewaltfreiheit lehnt den Entwurf für die Zivildienst­gesetznovelle 2001 ab!

Die Regierung setzt klare Schritte, ihre ideologischen Vorstellungen durchzusetzen. Der Entwurf der ZDG-Novelle 2001 zielt auf eine Aus­höhlung des Rechtes auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen ab. Es soll — durch die kürzere Antragsfrist, die geringere Ent­lohnung und die lange War­tezeit auf die Ablei­stung — der Zivildienst für viele, besonders ärmere Bevölkerungsschichten, er­schwert werden. Gewissens­gründe bei der Anwendung von Waffengewalt gegen Menschen sind aber nicht schichtspezifisch. Somit stellt die Zivildienstgesetznovelle eine weitere, deutliche Be­nachteiligung sozial Schwa­cher dar.

Bereits mit der Zivil­dienstgesetznovelle 1996 wurde das Recht auf Auf­schub aus Gründen der Be­rufsausbildung massiv ein­geschränkt. Im Zusammen­hang mit der im Juni 2000 in Kraft getretenen Novel­le, dem Zivildienstpflichti­gen wurde das Recht auf Zuweisung binnen Jahres­frist genommen, bedeutet das einen unzumutbaren Eingriff in die Lebenspla­nung. Der einzelne Zivil­dienstpflichtige muss mit ei­ner Wartezeit auf die Ablei­stung des Dienstes von bis zu vier Jahren rechnen. In dieser Wartezeit ist es schwer eine geregelte Be­rufstätigkeit aufzunehmen. Das so entstehende „Berufsverbot für Zivildiener” ist eine klare Einschränkung des Grundrechtes auf Wehr­dienstverweigerung aus Ge­wissensgründen.

Deutlich kommt das unerhörte Ansinnen zum Vorschein, StaatsbürgerIn­nen Pflichten aufzuerlegen, ohne ihnen damit korre­spondierende Rechte ge­genüber dem Staat einzuräumen. Im gegenständli­chen Fall werden im Lichte der Grund- und Freiheitsrechte besonders sensible persönliche Dienstleistun­gen verlangt, die Verantwortung für die existenziel­le Sicherheit der Verpflich­teten jedoch verweigert und auf diese selbst und deren Angehörige und die Sozial­hilfeträger (die Länder) abgewälzt. Für die Zivildiener bedeutet das, sie müssen den Zwangsdienst leisten, der Staat übernimmt aber nicht die Versorgung. Die Zivildiener müssten das Ri­siko der Unterversorgung bei Pauschalvergütung, Ver­pflegung, Bekleidung, Rei­nigung und Versicherung selber tragen, ohne sich ei­nen anderen „Arbeitgeber” auswählen zu können.

Das im Vorblatt des Ge­setzesentwurfes formulierte Problem — geringeres Bud­get und lange Wartezeit auf den Dienst — wird nur ein­seitig gelöst. Die Auslage­rung der Kosten des staatli­chen Zwangsdienstes bringt dem Innenministerium zwar ein paar Millionen, die das Bundesheer wieder ausge­ben darf (siehe unten). Die Situation der wartenden Zi­vildienstpflichtigen wird aber mit der ZDG-Novelle 2001 massiv verschärft. Statt einem Abbau, wird die An­zahl an wartenden Zivil­dienstpflichtigen weiterhin steigen. Die einzige Hoff­nung bzw. Absicht der ver­antwortlichen PolitikerInnen kann darin bestehen, daß in Zukunft weniger Wehrpflichtige eine Zivildiensterklärung (fristge­recht) abgeben.

Wir fordern unter ande­rem eine deutliche Verkür­zung des Dienstes auf acht Monate und die Wiederein­führung des Rechtes auf Zu­weisung binnen Jahresfrist — oder wir schaffen den Zwangsdienst gleich ab!

Bundesheer darf pras­sen — Zivildiener müssen darben!

Alle sollen sparen, meint zumindest die Bundesregie­rung. Das Bundesheer muß nicht sparen, für die Träu­me der Offiziere ist der Re­gierung nichts zu teuer.

Für das Bundesheer wer­den Kampfhubschrauber um 2,9 Milliarden Schilling gekauft. Ursprünglich wa­ren nur 2,4 Milliarden vor­gesehen (Der Standard be­richtete in seiner Ausgabe vom 7./8. Oktober 2000). Diese halbe Milliarde ist für das Bundesheer leicht auf­zutreiben, während im So­zialbereich jeder Schilling fehlt!

Zum Beispiel wird nach dem Plan der Regierung das Budget für den Zivildienst halbiert (von ca. 880 Millio­nen Schilling 1998 auf knapp 400 Millionen Schil­ling 2001). Im Entwurf zur Zivildienstgesetznovelle werden Einsparungen für zi­vile Dienste in etwa in der selben Höhe veranschlagt, wie die Preissteigerung bei ein paar Kampfhubschrau­bern ausmacht.

Wenngleich wir ohnehin der Meinung sind, daß Österreich keine Kampf­hubschrauber (und kein Bundesheer) bräuchte, müs­sen wir trotzdem kritisieren, daß im Ministerium für Landesverteidigung mit den Milliarden locker umgegan­gen wird. Soll doch bereits 2001 ein Beschluß über neue Kampfflugzeuge ge­troffen werden. Und wir können uns sicher sein, das Geld kommt wieder über ein schönes Sparpaket durch erzwungene Enthalt­samkeit bei den sozial Schwachen zustande.

Eine Nachricht, ein Kommentar?
Vorgeschaltete Moderation

Dieses Forum ist moderiert. Ihr Beitrag erscheint erst nach Freischaltung durch einen Administrator der Website.

Wer sind Sie?
Ihr Beitrag

Um einen Absatz einzufügen, lassen Sie einfach eine Zeile frei.

Hyperlink

(Wenn sich Ihr Beitrag auf einen Artikel im Internet oder auf eine Seite mit Zusatzinformationen bezieht, geben Sie hier bitte den Titel der Seite und ihre Adresse bzw. URL an.)