ZOOM 3/1997
Juni
1997

Der Agent als „mittelgroßer Schweinehund“

Karl Peter Weinmann war Dreifachagent im Solde des west- und ostdeutschen sowie des italienischen Nachrichtendienstes. In deren Auftrag rekrutierte er Neonazis, beteiligte sich an Verbrechen und war sogar an einem Mordplan beteiligt.

„Manipuliert ein Geheimdienst die Briefbomben?“, fragt die Stimme aus dem Off. Schnitt: ein Binnenhafen irgendwo in Deutschland. Ein Mann, langer Mantel, Schiebermütze, steht mit dem Rücken zur Kamera und philosophiert über die möglichen Attentäter: „Da stellt sich die Frage, wer der Absender ist. Es könnte durchaus ein ausländischer Dienst sein.“ Den Österreichern sei dies „überhaupt nicht zuzumuten“, denn es „ist bekannt, daß Österreich keinen Nachrichtendienst hat. Sie haben nur Sicherheitsdirektionen.“ Er selbst, so der ungenannt bleibende, habe „solche Dinge mitgesteuert“. Für die „Hoffmann-Gruppe“, jene berüchtigte Naziterrororganisation, auf deren Konto unter anderem die Ermordung des jüdischen Verlegers Shlomo Levin und dessen Lebensgefährtin Frieda Poeschke im Dezember 1980 geht, habe er Menschen nach England geschmuggelt.

Substantielles hat der Unbekannte mit der Schiebermütze in dem als sensationelle Enthüllung in Sachen Briefbomben angekündigten Beitrag des „Inlandsreports“ im Februar letzten Jahres nicht mitzuteilen. Doch dem Mann kann kein Vorwurf gemacht werden. Er braucht Geld. Schließlich hat Karl Peter Weinmann vor einigen Jahren gleich drei Arbeitgeber verloren. Da ist auch der magere Obolus für ein ORF-Interview nicht zu verachten. Daß er seiner Jobs verlustig ging, hängt damit zusammen, daß eine der Firmen, für die er arbeitete, Konkurs anmelden mußte: das ostdeutsche „Ministerium für Staatssicherheit“ (MfS). Da war es dann auch mit der Arbeit für das westdeutsche „Bundesamt für Verfassungsschutz“ (BfV) und den italienischen Geheimdienst SISMI vorbei.

Der Drei- oder gar Vierfachagent – Weinmann selbst behauptet, auch für den Bundesnachrichtendienst gearbeitet zu haben, ein Angebot des ihn ebenfalls umwerbenden militärischen Abschirmdienstes MAD habe er abgelehnt – war, wie der Spiegel schreibt, „kein großer Fisch, eher ein mittelgroßer Schweinehund“. Weinmann prahlt damit, seine Informationen gleich mehrfach verkauft zu haben: „Der Agent ist pausenlos im Einsatz“, ein „Naturtalent“, das „Politik gemacht“ habe, mit einem „IQ weit über dem Durchschnitt“, und so weiter. [1] 24 Stunden am Tag spionieren, straffrei Verbrechen begehen können, das alles gut bezahlt und obendrein steuerfrei: So sieht sich der gescheiterte Friseur und Bademeister, der so gerne ein großer Agent gewesen wäre, selber. Es ist die Mischung aus strammer rechter Gesinnung und dem Traum von Philip Marlowe, die Weinmann gleichzeitig Nazi sein und Nazis verpfeifen läßt: „Ein Rechter, wie er sich heute noch selbst sieht, gegen die Rechten.“

Weinmann hat nichts gegen das Dritte Reich, geht regelmäßig in die Kirche und verehrt Che Guevara. Er zeigt eine herrliche Neigung zu Kampftrinkern und mag Würstchen mit Senf (auf Porzellanteller + Silberbesteck).

Weinmann über Weinmann

23 Jahre war Weinmann Spitzel, bis er nach der „Wende“ enttarnt wurde. In den Stasi-Akten wurde ein Bericht gefunden, den der vom MfS als „Rolf Römer“ geführte informelle Mitarbeiter über einen in Sachen Südtirol aktiven Bundeswehrkapitän erstellt hatte. Fast die ganze Zeit über hat Weinmann als V-Mann „Werner“ für den Verfassungsschutz gearbeitet, seit 1976 spionierte er als „Sigmund“ für die Italiener und die letzten fünf Jahre eben auch für die Stasi.

Weinmann bei den Nazis

Berufliche und finanzielle Schwierigkeiten und eine ehemalige Mitgliedschaft bei der NPD sind 1969 die idealen Voraussetzungen für eine Anwerbung durch den Verfassungsschutz. Weinmann beginnt seine Spitzelkarriere bei der von NPD-Mitgliedern gegründeten bewaffneten „Wehrsportgruppe Hengst“. 1972 stürmt er eine Veranstaltung der Kommunistischen Partei. Die daraufhin erhobene Anklage wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Gefangenenbefreiung und anderer Delikte kommt gerade recht. Sie dient „als Alibi-Anklage zur Festigung im rechten Lager“. Der Führungsoffizier erklärt Weinmann, er könne sie „gleich in die Mülltonne werfen“. Der Weg in die Szene ist frei.

In der „Aktion Neue Rechte [2] trifft Weinmann auf die Naziterroristen Michael Kühnen und Friedhelm Busse. Mit seinem engen Freund Busse gründet er die „Partei der Arbeit“ (PdA), die später in „Volkssozialistische Bewegung Deutschland“ (VSBD) umbenannt und 1982 wegen terroristischer Aktivitäten verboten wird. Von der VSBD geht es, immer „zum Nutzen des Verfassungsschutzes“, zur „Wiking Jugend“, zur „Nationalistischen Front“ (NF) und schließlich zur Wehrsportgruppe Hoffmann. Um Geld für die Naziterroristen aufzutreiben, betätigt sich der V-Mann auch als Schlepper, mit Verfassungsschutzgeldern dreht er einen Film über Hoffmann und seine Kameraden. Weinmann wirbt Jugendliche an und organisiert Wehrsportübungen – in einer Kiesgrube direkt neben einem Gelände des Bundesgrenzschutzes –, bei denen er sich mit seinen Sprengstoffkenntnissen brüstet. Jahre später erstellt er für die mittlerweile ebenfalls verbotene „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“ (FAP) eine Broschüre zum richtigen Umgang mit Sprengstoff. Unter Kameraden gilt er als Experte, der auch Munition und Sprengstoff von der Bundeswehr beschaffen kann. Zu dieser Zeit wird er auch für die „Republikaner“ tätig, arbeitet für rechtsextremistische Blätter wie „Frank und Frei“ oder „Europa Vorn“.

1987 versucht der Nazispion, sich auch bei der Gegenseite einzuschleichen. Er biedert sich unter anderem bei Funktionären der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN) an und versucht, Zugang zu einem antifaschistischen Pressedienst zu bekommen.

Weinmann bei den Separatisten

Als sich Weinmann 1976 mit einem bis unter das Dach mit Nazipropaganda beladenen VW-Bus der Wehrsportgruppe Hoffmann in Richtung Südtirol aufmacht, nimmt ihn die Polizei an der österreichisch-italienischen Grenze fest. Auf Vermittlung der politischen Polizei DIGOS landet er beim militärischen Geheimdienst SISMI. Ein deutschsprachiger Spion ist genau das, was die Italiener in Südtirol benötigen. Mit der Legende eines Reisejournalisten für einen Pressedienst ausgerüstet, hat er schon bald „zwei ganz große Fische“ des „Südtiroler Heimatbundes“ an der Angel. Bei Eva Klotz, Tochter des Terroristen Georg Klotz, und Franz Pahl geht er ein und aus. Die fanatische Klotz ist heute führender Kopf und Landtagsabgeordnete der separatistischen „Union für Südtirol“.

Den Auftrag, auch Karl Außerer von der Terrorgruppe „Ein Tirol“ zu beschatten, lehnt Weinmann ab. Vor Attentaten, bei denen der Geheimdienst seine Finger mit im Spiel hat – etwa den drei Bomben, mit denen Anfang 1987 Wählerstimmen für den neofaschistischen „Movimento Sociale Italiano“ (MSI) herbeigebombt werden sollten –, wird Weinmann von seinen Führungsoffizieren „Franz Gamper“ und „Doktor“ gewarnt: „Bleib zu Hause und rühr dich nicht vom Fleck.“

Für den SISMI spioniert Weinmann auch die bundesdeutsche Unterstützerszene der Südtiroler „Freiheitskämpfer“ aus. Er erkundet, wie die Gelder der „Hermann-Niermann-Stiftung“ über den Brenner gelangen. Über die 1987 von Norbert Burger mitgegründete Stiftung flossen bis vor ein paar Jahren zwei bis drei Millionen Schilling jährlich als Unterstützung für Familien verurteilter Attentäter nach Südtirol.

Weinmann in Ostberlin

21. August 1984: In Mailand besteigt der nimmermüde Agent einen Jet der „Interflug“ in Richtung Ostberlin – in seiner Tasche den SISMI-Auftrag, SS-20-Raketenbasen auszuspionieren. Er nutzt die Gelegenheit für eine Vorsprache im Ministerium für Staatssicherheit. Es klappt: Weinmann wird angeworben und trifft sich ab diesem Zeitpunkt alle drei Monate mit Stasi-Offizieren. Die 10–20.000 Schilling für jedes Treffen sind leicht verdientes Geld. Der nunmehrige „Rolf Römer“ braucht lediglich seine für den SISMI verfaßten Berichte über Neonazis und Südtiroler Separatisten zu kopieren, denn „der Auftragsgegenstand war immer derselbe“. Die Materialübergabe erfolgt wie in einem der zahlreichen im kalten Krieg spielenden Agententhriller: über die Gepäcksaufbewahrung im Ostberliner S-Bahnhof Friedrichsstraße. „Bei jedem Anschlag“, so Weinmann, „haben sich die Stasi-Leute gefreut, weil damit im NATO-Land Italien eine instabile Zone sichtbar wurde.“

Während der Dreifachspion für Westdeutsche wie Italiener operativ tätig war, fungierte er für die ostdeutsche Staatssicherheit lediglich als Informeller Mitarbeiter. Trotzdem ist es – wenig erstaunlich – gerade diese Tätigkeit, die Weinmann im Februar 1994 vor ein deutsches Gericht bringt. Es ist ein ungewöhnlicher Prozeß, in dem der Angeklagte vom Richter ermahnt wird, den Mund zu halten. Weinmanns Engagement für den Verfassungsschutz soll gar nicht erst zur Sprache kommen, ebensowenig dasjenige für den befreundeten Dienst aus Italien. Auch des Agenten neonazistische Umtriebe im Auftrag der Verfassungsschützer eignen sich nicht für eine Erörterung vor Gericht. „Aus guten Gründen“, so der Richter, wird die Anklage daher auf die Lieferung von Informationen über Verfassungsschutz, Bundeswehr, Bundesgrenzschutz und die christdemokratische Parteijugend an die Stasi eingeschränkt. Weinmann kommt mit neun Monaten auf Bewährung mehr als glimpflich davon, die Öffentlichkeit jedoch hat ihren Stasi-Prozeß.

Mordplan Kienesberger

Zu den Dingen, die die deutschen Richter unter den Teppich kehren wollten, gehört auch jene, die Weinmann bei einem Telefonat mit dem Journalisten Hans Karl Peterlini rausrutscht: „Au, au, da fällt mir ein Ding ein. Herrgott, jetzt weiß ich es, aber das war wirklich unbeabsichtigt. Ich war über Kienesberger gründlich instruiert worden, ich kannte alle Aktionen von Kienesberger. Ich habe in diesem Zusammenhang mal einen Haus- und Wohnungsgrundriß erstellt“: Die Terrasse ebenerdig, drei Meter vom Haus zu den Garagen, zum Bahnhof dreihundert. 1000 Mark Prämie erhält Weinmann für den Spezialauftrag.

Was so harmlos klingt, war in Wirklichkeit Beihilfe zum versuchten Mord. Es geht um den Plan des SISMI, den heute in Nürnberg lebenden Neonazi und Südtirolterroristen Peter Kienesberger zu entführen oder gegebenenfalls zu ermorden. Senator Marco Boato von den italienischen Grünen zitiert in seinem Bericht für den Gladio-Untersuchungsausschuß einen Amtsvermerk des Dienstes, demzufolge der SISMI-Agent Francesco Stoppani, Leiter einer Gladio-Spezialeinheit, im Jahr 1980 „in Nürnberg den Terroristen Kienesberger lokalisiert habe und daß er die Aufgabe habe, diesen über die Schweiz nach Italien zu entführen. Dabei sollte er ihn unterwegs mit einem mit Sprengstoff gefüllten Rucksack liegenlassen, um so seine Verhaftung herbeizuführen. Sollte der Entführungsversuch jedoch scheitern, so sollte Kienesberger in seinem Haus mit einer Präzisionswaffe getötet werden“.

1979 hatte die deutsche Justiz, die immer wieder ihre schützende Hand über Kienesberger und seine Kameraden legte, die Auslieferung des Ex-Terroristen abgelehnt. Stoppani wollte die Angelegenheit nun wohl auf seine Art erledigen. Weinmann jedoch will von dem Mordplan nichts gewußt haben. Aber wer wollte das schon an seiner Stelle?

Während die deutsche Justiz den Tatbeteiligten Weinmann nur wegen seiner relativ harmlosen Informationstätigkeit für die Stasi belangt, erhebt die italienische Justiz Mitte der neunziger Jahre Anklage gegen ihre eigenen Agenten. Im November 1994 mußten sich der die Gladio-Abteilung beim SISMI leitende General Paolo Inzerilli, Stoppani und der als Verbindungsmann eingesetzte Offizier Sergio Mura wegen politischer Verschwörung, Menschenraub zu terroristischen Zwecken und Anschlag auf die demokratische Ordnung in Rom vor Gericht verantworten. Es war der erste Prozeß gegen die Geheimorganisation Gladio überhaupt. Neben der beabsichtigten Ermordung Kienesbergers warf ihnen die Staatsanwaltschaft vor, in Österreich und Deutschland Sprengstoffattentate geplant zu haben, um feindliche Reaktionen der nördlichen Nachbarländer gegen Italien zu provozieren. Der Prozeß endete mit Freisprüchen.

Quellen

  • ZDF, „Studio 1“, 16.2.1993; zitiert nach: Dolomiten, 17.2.1993.
  • Jürgen Grewen: Geheimdienste – oder wie krimnell dürfen V-Männer sein. In: Der Rechte Rand 22/93.
  • Der Spiegel 7/93.
  • FF – Die Südtirol-Illustrierte 8/93.
  • Peter Weinmann – Ein Spitzel für alle Fälle; Beilage zu: Der Tiroler 42/1994.
  • Die Presse, 18.11.1994.

[1Alle folgenden wörtlichen Zitate Weinmanns aus: Der Spiegel 7/1994 bzw. der Tiroler-Beilage „Peter Weinmann – Ein Spitzel für alle Fälle“. Die in der dritten Person verfaßte „Dokumentation“ hat Weinmann nach eigener Aussage selbst verfaßt und beim Prozeß gegen ihn verteilt.

[2Nicht zu verwechseln mit der österreichischen ANR.

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Karl Peter Weinmann (* 1. März 1946 in Schwäbisch Hall) ist ein deutscher Journalist, der als V-Mann enttarnt wurde und für drei verschiedene Geheimdienste teilweise gleichzeitig tätig war. 1994 wurde er wegen Spionage für die DDR verurteilt.

Peter Weinmann wuchs als Waisenkind bei Pflegeeltern in Ilshofen auf. Nach dem Besuch der Volksschule erlangte er den Gesellenbrief als Frisör. Zweimal wurde er als bester Haarschneider Nord-Württembergs ausgezeichnet.[1] Es folgte eine Ausbildung zum Polizeiwachtmeister in Baden-Württemberg bis 1965. Danach zog er nach Westfalen und arbeitete vorübergehend als Frisör und Bademeister. 1968 zog er nach Gütersloh und betätigte sich als Journalist und Buchhändler.[2]

V-Mann „Werner“

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Seine politische Karriere begann Weinmann 1966, als er 20-jährig der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) beitrat. Über den Beginn seiner Arbeit als V-Mann für das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) unter dem Decknamen „Werner“ gibt es unterschiedliche Angaben. Weinmann selbst gab in einem Interview das Jahr 1968 an.[3] Auch in seinen Stasi-Unterlagen findet sich als Anfangsjahr der Eintrag „seit 1968“,[4] andere Quellen nennen das Jahr 1969.[5][6] In den folgenden Jahren wurde er vom BfV aufgebaut und ausgebildet[4], betätigte sich im militanten rechtsextremen Spektrum als Agent Provocateur und belieferte den Verfassungsschutz mit Informationen über diese Szene.[6] Die Informationen beschaffte er sich manchmal illegal, so etwa durch Einbrüche.[5]

1969 arbeitete Weinmann beim Westfalen-Blatt in Gütersloh. Auf Druck seines Vorgesetzten verließ Weinmann 1969 die NPD und wurde Mitglied der CDU. Er war zeitweilig Pressesprecher der Jungen Union im Kreis Warendorf.[3]

Ab 1970 betätigte sich Weinmann als Anheizer der Aktion Widerstand[4] und beteiligte sich an gewalttätigen Aktionen der Deutsch-Sozialen Aktion. In dieser Zeit befreundete er sich mit Friedhelm Busse, den er aus der NPD kannte. 1971 zog Weinmann nach Bonn, wo er Partner von Bernd Hengst gewesen sein soll. Mit Jugendlichen soll er Wehrsportübungen in einer Kiesgrube in Sankt Augustin veranstaltet haben.[7]

Einladung des Freundeskreises der WSG-Hoffmann, im Impressum Peter Weinmann

Zusammen mit Busse gründete Weinmann am 17. Juni 1971 in Krefeld die Partei der Arbeit (PdA).[7] Am 9. Januar 1972 war Weinmann Mitgründer der Aktion Neue Rechte (ANR) und zeichnete später für einige ANR-Schriften verantwortlich. 1971 und 1972 trat Weinmann als Kontaktperson für Rebell, dem „Zentralen Jugendorgan“ der Außerparlamentarischen Mitarbeit (APM) auf.[2] Im Jahr 1972 wurde auf Betreiben des BfV eine Anklage gegen Weinmann aufgrund verschiedener Straftaten im Zusammenhang mit der Erstürmung einer Veranstaltung der DKP in Düsseldorf eingestellt.[1]

Laut seiner Stasi-Akte war Weinmann im Auftrag des BfV mehrmals in Berlin eingesetzt, um sich als „Agent Provocateur an terroristischen und provokatorischen Aktionen gegen die Grenzsicherungsanlagen der DDR“ zu beteiligen.[4]

1976 stieß Weinmann zur Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG) und firmierte in Flugblättern als deren „Informationsstelle Bonn“. Gleichzeitig engagierte er sich im „Freundeskreis zur Förderung der Wehrsportgruppe Hoffmann“ und sammelte Gelder für die WSG ein.[7] So drehte er mit Einverständnis von Karl-Heinz Hoffmann den ersten Film über die WSG, den er an die Redaktion des Magazins Monitor des WDR verkaufte. Das Honorar floss als Spende in die WSG ein.[8] Eine andere Geldquelle, laut Eigenangaben, war der Schmuggel von Menschen.[2] Ein anderes Mal kaufte Weinmann mit den Geldern des BfV einen VW-Bus für die WSG.[9]

Die Angaben über die Beendigung der Zusammenarbeit mit dem BfV sind ebenfalls widersprüchlich. In einem Interview gab Weinmann an, von 1968 bis 1977 für das BfV gearbeitet zu haben. Einige Fragen weiter räumte er ein, 1985 erneut für das BfV tätig gewesen zu sein.[10] In seiner Stasi-Akte findet sich der Vermerk, dass er 1987 den Kontakt zum BfV abgebrochen habe.[11]

Agent „Sigmund“

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Am 1. Mai 1976 wurde Weinmann an der österreichisch-italienischen Grenze festgenommen, der VW-Bus der Wehrsportgruppe, unter anderem mit waffenähnlichen Gegenständen beladen, beschlagnahmt.[2] Nach Verhören durch den DIGOS wurde Weinmann im Juni 1976 vom militärischen italienischen Geheimdienst SISMI angeworben.[10] Im selben Jahr zog er von Bonn nach Bozen in Südtirol und arbeitete als freier Journalist für verschiedene Medien, so etwa für den Südtiroler Pressedienst.

Weinmanns Aufgabe als Agent „Sigmund“ war es, die konservative bis rechtsextreme Separatisten-Szene in Südtirol und ihre Kontakte in der Bundesrepublik Deutschland auszuspähen.[12] Hierbei waren Verbindungen etwa zur DVU oder den Republikanern ebenso interessant wie Standpunkte bayerischer Landtagsabgeordneter zur Südtirolfrage.[12] In Südtirol spähte er Eva Klotz und ihre Familie aus,[1] aber auch ehemalige Südtirol-Aktivisten in Deutschland, so etwa Peter Kienesberger in Nürnberg oder Wolfram Lindner in Bonn, einen ehemaligen Fregattenkapitän der Bundeswehr.[10]

Während Weinmann in Südtirol für seinen zweiten Auftraggeber „hetzte“ und „zu Gewalttaten aufrief“,[13] veröffentlichte er unter Pseudonym verschiedene Artikel mit der Thematik Südtirol in verschiedenen rechtsextremen deutschen Zeitschriften wie etwa in Nation und Europa oder der Deutschen Stimme.[2] Die Diskreditierung von konservativen Politikern erfolgte durch Lancierung ungenehmigter schriftlicher oder mündlicher Äußerungen in Blättern der NPD oder der Republikaner.[14]

1984 zog Weinmann nach acht Jahren Südtirol wieder nach Bonn, arbeitete aber noch weitere sechs Jahre (bis 1992) für den SISMI.

Wie in den Jahren zuvor wechselte Weinmann regelmäßig sein Wohnorte und betrieb in Bonn eine „Forschungsgruppe Markt & Werbung“.[15]

IM „Römer“

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Am 21. August 1984 nahm Weinmann eine Maschine der Interflug von Mailand nach Ost-Berlin, in fester Absicht sich eine weitere Erwerbsquelle zu erschließen. Dort angekommen diente er sich dem Ministerium für Staatssicherheit an.[16] Nach anfänglicher Skepsis wurde Weinmann als inoffizieller Mitarbeiter (IM) „Rolf Römer“ bis 1989 geführt.

Weinmann informierte die Stasi umfassend über die Methoden des BfV und über die militante rechtsextreme Szene in Deutschland. Die Südtiroler Separatisten und die Anschlagserie in Südtirol Ende der 1980er Jahre waren von besonderem Interesse für die Stasi. Da die Auftragsziele nahezu identisch waren, schrieb Weinmann die Berichte zunächst für die Stasi, um sie später für den SISMI erneut zu verwerten.[17]

1985 war Weinmann auf die damals neu gegründete Nationalistische Front angesetzt.[13] Hinzu kamen die Wiking-Jugend, die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) und die Borussenfront.[18]

1989 betätigte sich Weinmann als Chefredakteur der Zeitung Frank und Frei, die damals zwischen Republikanern und FAP vermittelte, und nutzte dafür eine Postfachadresse im Bundeshaus.[19] Für die Partei „Die Republikaner“ erarbeitete Weinmann ein Medienkonzept und verteilte ihre erste Pressemitteilung im Regierungsviertel.[18]

Für die neurechte Zeitschrift Elemente von Pierre Krebs erstellte er ein Redaktionskonzept und übernahm über eine weitere seiner Agenturen unter dem Namen „Zwei-Ring Verlag“ deren Anzeigenverwaltung.[18] Ebenfalls 1989 wurde Weinmann Mitarbeiter der Zeitschrift Europa Vorn von Manfred Rouhs.[19]

Nachdem sein Freund Friedhelm Busse bei der FAP zum Bundesvorsitzenden ernannt worden war, führte er Weinmann persönlich in die Bonner FAP unter Norbert Weidner ein. Gehandelt wurde Weinmann, so ein Informant, als Sprengstoffexperte, der sich anbot, Munition und Sprengstoff von der Bundeswehr zu besorgen. Für die FAP habe er eine Broschüre zum richtigen Umgang mit Sprengstoff erstellt und ideologische Schulungen abgehalten.[19]

Verurteilung wegen Spionage für die DDR

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Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde bei der Auswertung der Stasi-Akten Weinmann 1991 als IM enttarnt. In einem Prozess vor dem Oberlandesgericht Koblenz (OJs 15/92) wurde Weinmann am 18. Februar 1994 wegen Spionage für die DDR zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Seine Tätigkeit für den SISMI war nicht Gegenstand des Verfahrens.

Einzelnachweise

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  1. a b c Spion aus Leidenschaft, DER SPIEGEL 7/1994, S. 37; PDF online einsehbar
  2. a b c d e Selbstdarstellung Peter Weinmann In: Beilage „Tiroler“ Heft 42 (1994) S. 1f
  3. a b Rainer Fromm, Die "Wehrsportgruppe Hoffmann": Darstellung, Analyse und Einordnung: ein Beitrag zur Geschichte des deutschen und europäischen Rechtsextremismus, Lang Verlag 1998, S. 313
  4. a b c d Regine Igel, Terrorismus-Lügen: Wie die Stasi im Untergrund agierte, Langen Mueller Herbig 2012, S. 280
  5. a b Spion aus Leidenschaft, DER SPIEGEL 7/1994, S. 36
  6. a b Michaela Koller, Die Interessen und Aktivitäten der DDR-Staatssicherheit in Südtirol, In: Zeitschrift für Politik 4/2006, S. 468; PDF Online einsehbar
  7. a b c Rainer Fromm, Die "Wehrsportgruppe Hoffmann": Darstellung, Analyse und Einordnung: ein Beitrag zur Geschichte des deutschen und europäischen Rechtsextremismus, Lang Verlag 1998, S. 418
  8. Hans Karl Peterlini, Bomben aus zweiter Hand, Edition Raetia 1992, S. 310
  9. Tobias von Heymann, Die Oktoberfest-Bombe: München, 26. September 1980-die Tat eines Einzelnen oder ein Terror-Anschlag mit politischem Hintergrund?, Novitäten & Raritäten 2008, S. 192
  10. a b c Südtirol-Illustrierte 8/1993, zit. aus 'Der Tiroler', Heft 41, 1993, S. 10
  11. Regine Igel, Terrorismus-Lügen: Wie die Stasi im Untergrund agierte, Langen Mueller Herbig 2012, S. 287
  12. a b Michaela Koller, Die Interessen und Aktivitäten der DDR-Staatssicherheit in Südtirol, In: Zeitschrift für Politik 4/2006, S. 469
  13. a b Regine Igel, Terrorismus-Lügen: Wie die Stasi im Untergrund agierte, Langen Mueller Herbig 2012, S. 283
  14. Michaela Koller, Die Interessen und Aktivitäten der DDR-Staatssicherheit in Südtirol, In: Zeitschrift für Politik 4/2006, S. 470
  15. Regine Igel, Terrorismus-Lügen: Wie die Stasi im Untergrund agierte, Langen Mueller Herbig 2012, S. 282
  16. Spion aus Leidenschaft, Der Spiegel 7/1994, S. 38
  17. Spion aus Leidenschaft, DER SPIEGEL 7/1994, S. 40
  18. a b c Selbstdarstellung Peter Weinmann In: Beilage „Tiroler“ Heft 42 (1994) S. 4
  19. a b c Drucksache 12/4605, 22. März 1993, S. 1f (online einsehbar)