FŒHN, Heft 15
Mai
1991

Haben wir davon gewußt? Haben wir mitgemacht? Haben wir uns gewehrt? Haben wir es gesagt?

Wir haben uns an dieses System gewöhnt, es als unabänderlich hingenommen — und erhalten es so am Leben.

Das Volk müßte ... die Österreicherinnen und Österreicher sollten ... Eines schönen Tages merkst du, daß wir es sind, obwohl du glaubtest, es seien die andern.

Die Masse, die teilnahmslos, träg, geduldig ist, sind wir ja selber. Die Masse, von der es abhängt, ob es anders wird.

Das ist der Vorsprung, den sie haben. Unser Pessimismus.

In zwanzig Jahren wird man sagen, du hast gewußt, wie verbrecherisch diese Ordnung ist, du hast es aus Angst vor Strafe unterlassen, es auch zu sagen.

Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir unterlassen zu tun.

Die Korruption in Wien, die Parteienfinanzierungsmaschin’ in Innsbruck, gewiß! - Aber was tust du dagegen? (Du wählst vielleicht sogar!)

Das Schlimmste ist ja nicht die Koalition von SP und VP, sondern unsere stille Koalition mit denen!

Worauf warten wir? Auf uns selbst. Oh, das kann lange dauern.

Der Zeitschrift, die schreibt, daß die EG-Schuschniggs uns mit Haut und Haar verraten und verkaufen, spenden dieselben

Leute Beifall, die sich nicht weigern, die ungerechte Regierung zu stützen, die diese Politik betreibt.

Was hält uns? Ist das eine vielleicht zuwenig, das andre vielleicht zuviel?

Es ist nicht so, daß wir in eine Welt geboren wären, wo ein Staat besteht, dem wir uns unterzuordnen hätten.

Sondern: Wir sind da, wir sind jetzt die Bevölkerung der Welt. Wir stehen auf dem Boden unter unseren Füßen. Und die Ordnung, die uns richtig erscheint, müssen wir uns erst schaffen.

Aber: Wie — wirklich! — setzen wir einen Fuß vor den anderen — in die richtige Richtung?

Wie geht es? Hat es einen Anfang? Wo geht es los? Kann man drauf warten oder dauert es länger? Werden wir verständigt?

Wieviele Informationen braucht der Mensch zum Handeln? Welche? Warum handelt man nicht, wo doch jede Einzel-Information einem über die Hutschnur geht? 15 Millionen Kinder sterben in den unterdrückten Ländern Jahr für Jahr, weil sie nicht zu essen haben. Ab wann handelt mann? Ab 20 Millionen?

Wie gelangen wir aus der Hilflosigkeit, in die uns das Anschauen der ganzen ganz gewöhnlichen Ungeheuerlichkeiten in diesem Heft treibt, heraus?

Wenn die Ware benutzt, verbraucht ist, was dann? Was tut die Leserin, der Leser nach dieser Lektüre? Er, sie reagiert wie nach dem Konsum jeder anderen Ware auch: bestellt die nächste Nummer, die vorige, ordert ein Abonnement.

Wer die Hände nur zum FOEHN-Umblättern aus dem Sack nimmt, könnte man sagen, kann sie drinnenlassen.

Daß fünftausend oder zehntausend Leute das lesen, das kann es nicht sein. Die Ganze Woche lesen mehr Leute.

Wenn du das Heft ins Regal stellst, haben wir verloren. Beide. Du und ich.

Das, was hier steht, bedeutet nichts. Was wir tun hat Bedeutung.

Unsere Meinung interessiert niemanden. Wir können eine richtige haben oder eine falsche — kein Unterschied. Wenn wir über das nicht hinauskommen.

Es läuft auf eine österreichische Befreiungsbewegung hinaus, wie immer sie auch aussehen mag. (Wie geht das?)

Die Geschichte ist offen. Es brodelt.

Vieles wartet aufs Insichzusammenstürzen. Wenn du zu brechen anfängst, bricht vieles.

Wir haben die Wahl! Was meinst du?
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