FORVM, No. 218
Februar
1972

Konsumterror

Zur Ästhetisierung des Marktes

Faschistischer und Konsumterror

Die weitgehende Eliminierung der Klassenunterschiede aus dem Bewußtsein der Massen ist ein Resultat des Faschismus, welches ihn überlebt hat. Im Kapitalismus ist es eine Funktion der Ästhetik, den realen Befund der sozialen Verhältnisse zu verdrängen. Sie wird dem Bereich der Kultur zunehmend entfremdet und auf Gebiete wie Politik und Ökonomie angewendet. Die Ästhetisierung von Politik oder Ökonomie hat die Funktion, den Widerspruch zwischen Produktion und Aneignung des Mehrwertes zu verschleiern: Jene basiert auf gesamtgesellschaftlicher Anstrengung, diese wird privat von einzelnen Nicht-Arbeitern vollzogen. Ihr Gegensatz stellt die kapitalistische Gesellschaft permanent in Frage und wird reproduziert im Widerstreit von Arbeits- (Produktions-) und Marktökonomie der entwickelten Industriegesellschaft. Der rationalen Entfaltung der Produktivkräfte stellen sich die Interessen des Besitzes an den Produktionsmitteln entgegen; sie orientieren sich am anarchisch strukturierten Markt.

Faschismus und Konsumterror erscheinen als Mittel desselben Zweckes. Beide dienen der herrschenden Klasse als ein Instrument, die Emanzipation der Produktivkräfte zu verhindern. In der Reduktion des unterschobenen Privat- und Gemeinschaftsinteresses auf den Konsum ist ein Vehikel gefunden, das es gestattet, die Absicherung der kapitalistischen Herrschaft vom Faschismus, der dieser Aufgabe in einer revolutionären Phase gerecht wurde, auf die Fetischisierung der Ware zu übertragen.

Die zunehmende Proletarisierung der heutigen Menschen und die zunehmende Formierung der Massen sind zwei Seiten eines und desselben Geschehens. Der Faschismus versucht, die neu entstandenen proletarisierten Massen zu organisieren, ohne die Eigentumsverhältnisse, auf deren Beseitigung sie hindringen, anzutasten. Er sieht sein Heil darin, die Massen zu ihrem Ausdruck (beileibe nicht zu ihrem Recht) kommen zu lassen. Die Massen haben ein Recht auf Veränderung der Eigentumsverhältnisse; der Faschismus sucht ihnen einen Ausdruck in deren Konservierung zu geben. Der Faschismus läuft folgerecht auf eine Ästhetisierung des politischen Lebens hinaus. Der Vergewaltigung der Massen, die er im Kult eines Führers zu Boden zwingt, entspricht die Vergewaltigung einer Apparatur, die er der Herstellung von Kultwerten dienstbar macht.

(Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit; in: Illuminationen, Suhrkamp 1961, p. 174/5)

Im Faschismus ist es die „Ästhetisierung des politischen Lebens“, die eine Vermittlung des objektiven Befundes der Proletarisierung (insbesondere auch des Kleinbürgertums) und der subjektiven Selbsteinschätzung unterbindet. Trade-Marks wie das Hakenkreuz, die in Werbeveranstaltungen produzierte Massenhysterie (vgl. Michael Siegert, De-Sade-Kommentar NF Aug./Sept., Anf. Okt., Okt./Nov., Mitte Nov. 1970 sowie ders., De Sade und wir, Makol Verlag, Frankfurt 1971) und die Auflösung aller sozialen Gegensätze im „Volk“ lassen die Produktivkräfte nicht zu ihrem Bewußtsein, sondern zum falschen ihrer Beherrscher kommen.

Nachdem der Monopolkapitalismus in der Zwischenkriegszeit wirtschaftlich bankrott gemacht hatte, mußte er sich des Faschismus bedienen, um durch die Okkupation der totalen politischen Macht seine Herrschaft zu sichern. Dieses Faktum wurde durch die Ästhetisierung der Politik den Massen verschleiert. Der Regreß auf ein „Volk“ und einen „Führer“ ist der klägliche Versuch, durch die veräußerlichte Darstellung eines „Über-Ichs“ die Innenlenkung der kapitalistischen Persönlichkeits-Programmierung zu zementieren. Auf lange Sicht hatte er die Entpolitisierung der Massen überhaupt zur Folge.

Dieses Faktum prägt auch noch die soziale Wirklichkeit in der Nachkriegszeit. Die Kriegswirtschaft schuf dem Monopolkapitalismus die Bedingungen für seine Genesung. Als System blieb er auch in den Verlierermächten mit ihrem direkten Faschismus erhalten. Der „Wiederaufbau“ versah das Privatkapital mit jenem Feed-Back, das es ihm nun erlaubt, in großem Maßstab Konsumkompensationen bereitzustellen. In der Konsumgesellschaft ist es die Ästhetisierung der Ökonomie, die nun ihrerseits verhindert, daß die Arbeiter und Angestellten ihre eigenen, anstatt die ihnen oktroyierten Interessen wahrnehmen.

Die Parallele zwischen faschistischem und Konsumterror besteht darin, daß beide die antagonistische Konstruktion der Gesellschaft verdunkeln: Jener blockiert die Einsicht in den Klassencharakter der politisch-wirtschaftlichen Macht und Herrschaft, dieser trübt darüber hinaus die Wahrnehmung, daß es der negativen Dialektik zwischen eigengesetzlich funktionierenden Produktionsautomaten und kapitalistischer Marktillusion überlassen bleibt, Produktion und Bedürfnisbefriedigung zu manipulieren.

Der Monopolkapitalismus sucht sich am Leben zu erhalten, indem er nicht-reproduktive Werte produziert. Im Bereich der Konsumgüterindustrie hat er es darauf angelgt, den Konsum — jenseits der Marktillusion als freies Spiel von Angebot und Nachfrage — auf eine Funktion der Produktion zu reduzieren. Die Werbung leistet das Krisenmanagement, den Gegensatz zwischen Arbeits- und Marktökonomie zu glätten. Diese wird durch jene bedroht, weil Automatisation und moderne Produktionsverfahren keinen Spielraum lassen zur Reaktion auf Absatzschwankungen. Die anarchische Konstruktion des Marktes, der zusammengesetzte Prozeß der Kapitalverwertung macht eine rationale Organisation der Produktion unmöglich. Statt dessen sichert die Werbung den Absatz, ohne Rücksichtnahme auf rationale Mechanismen, welche sich auf der Nachfrageseite aus den Notwendigkeiten materieller und geistiger Reproduktion ergeben. Die Anpassung des Konsumverhaltens an die Erfordernisse dieser Wirtschaft gelingt, wenn die gesamte öffentliche Meinung so auf den einzelnen einwirkt, daß sich dies auch im massenpsychologischen Verhalten konkretisiert.

Die Lenkungsfunktionen der Werbung haben heute an Bedeutung gewonnen. Im Gegensatz zur früh- und hochkapitalistischen Epoche baut sie jetzt, psychoanalytisch gesprochen, auf der Externalisierung des Über-Ich auf und kann daher ihren Einfluß auf den Verbraucher verstärken, der bereits zum Massenkonsum präformiert ist.

Dieser Vorgang der Externalisierung des Über-Ich-Systems entsprach wiederum der eigengesetzlichen Dynamik und den Erfordernissen einer industriellen Massenproduktion, deren Absatz auf dem Markt nur möglich war, wenn das Hindernis des strengen asketischen Über-Ich der puritanischen Innenlenkung aus dem Weg geräumt wurde, welches der regressiven Desublimierung und Enthemmung eines zwanghaft-süchtigen Massenkonsums im Wege stand. Das Problem wurde dadurch gelöst, daß der Massenkonsum selber zum Über-Ich, zur ersten Bürgerpflicht und zum Zeichen eines moralisch erfolgreichen Wirtschaftswunderleistungslebens erhoben wurde.

(Hans Kilian, Das enteignete Bewußtsein, Soziologische Texte, Luchterhand 74, Neuwied 1971, p. 190)

Dieser Entwicklung konnte sich auch die Kulturindustrie nicht entziehen. Die Bildung relevanter sozialer und intellektueller Normen verlagert sich von der bürgerlichen Kultur auf das System der Warenproduktion und -distribution. Deren Ästhetisierung fungiert als Strahlenschild, hinter dem sich die reine Tauschwertfetischisierung unbemerkt durchsetzt. Der Markenartikel ersetzt jene „Aura“, die das bürgerliche „Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ (W. Benjamin) verloren hat.

Marketing statt Planung

Im Zeichen von Massenkonsum und Massenproduktion ist das von Konkurrenz- und Angebot/Nachfrage-Mechanismen gesteuerte Marktsystem zu einer Illusion geworden. Der Monopolkapitalismus sieht vielmehr in der Konsumgesellschaft ein adäquates Vehikel, um jene Hemmnisse zu überwinden, auf denen er aufbaut: Das System muß seine Prämissen hinter sich lassen, um am Leben zu bleiben. Seine Idiologie besteht darin, sich verbal weiterhin auf Phrasen wie „Freier Markt“, „Wettbewerb“, „Freies Spiel von Angebot und Nachfrage“ zu berufen, praktisch aber laufend gegen diese Bekenntnisse zu verstoßen.

Dies ist begründet in der modernen Produktionstechnologie, deren Effizienz von konstanter Kapazitätsauslastung abhängt, wie sie sinnvoll nur in einer geplanten Wirtschaft berechnet werden kann. Unvorhergesehene Änderungen auf dem Gebiet der Nachfrage können nicht durch eine Änderung der Produktionsziffern ausgeglichen werden, ohne daß die Kosten unverhältnismäßig stark ansteigen. Im Marketing, der Planung auf Betriebsebene, hat man ein Substitut für den Plan der Gesamtwirtschaft gefunden.

Das lebensnotwendige Wachstum jedes Unternehmens hängt von der Fähigkeit seines Managements ab, eine gut funktionierende Vermittlungsinstanz zwischen Arbeits- und Marktökonomie zu etablieren. Diese zentrale Stabsstelle hat die Aufgabe, die negative Dialektik zwischen rational organisierter Produktion und irrationaler Verteilung zu steuern. Als Instrumente dienen ihr die Marktforschung, um den Produktionsrahmen nach den zu erwartenden Absatzchancen abzustecken, und die Werbung, um die produzierten Waren auch tatsächlich zu verkaufen. Diese Arbeit wird durch die anarchische Konstruktion des Marktes erschwert. Zwischen Firmen, die gemeinsam einzelne Märkte dominieren, kommt es aus diesem Grund zu Preisabsprachen und Aufgabenteilung. Das macht es möglich, zentrale unbekannte Faktoren aus der ökonomischen Rechnung zu entfernen.

Ein Resultat diese Entwicklung ist es, daß der „Markt“ im traditionellen Sinn des Wortes nicht mehr existiert. Die Preisbildung hat sich von der Kostenrechnung weitgehend emanzipiert. Die Knappheit einer Ware oder Dienstleistung ist kein Kriterium mehr. Die Nachfrage ist vom Korrektiv des Angebotes zu dessen Sekundärfunktion verkommen.

Die zunehmende Bedeutung der Markenartikel beweist es. Sie signalisieren die endgültige und totale Lostrennung des Tauschwertes einer Ware von ihrem Gebrauchswert: Der Markenartikel sucht nicht mehr einen vorfindliichen Bedarf zu decken; er schafft vielmehr die Bedürfnisse, welche durch ihn befriedigt werden. Dies gilt insbesondere etwa für die Diversifikation des Wasch- und Reinigungsmittelangebotes, der Automarken und -typen, der elektrischen Haushaltsgeräte, der Produkte der milchverarbeitenden Industrie und für Einzelphänomene wie papierene Unterhosen, die allerdings keine Ausnahme, sondern die Regel monopolkapitalistischer Markenartikelproduktion sind und sie bloß transparent machen.

Wo Mehl noch Mehl sein darf und bloß die gewiefte Hausfrau zwischen glattem und griffigem unterscheidet, trifft das für ebenso banale Waschmittel nicht mehr zu. Sie werden zum Markenartikel hinauflizitiert, werden „Persil“, „OMO“ oder „Weißer Riese“ genannt und vollführen unter dieser ihnen vom Betriebsmanagement mitgegebenen Charaktermaske einen Salto mortale in eine Preiskategorie, über die man, würde es bei der Bezeichnung „Waschmittel“ bleiben, nur lachen könnte. Der Markenartikel stellt den Gebrauchswert, den er da und dort noch besitzen mag, unter den Scheffel seiner an der Tauschwertrealisierung orientierten Verpackung.

Im Markenzeichen und der auf den Tauschwert bezogenen äußeren, zweiten Gestalt der Ware schlägt sich die Ästhetisierung des Marktes im Detail nieder. Die für den Massenkonsum produzierten Gebrauchsgüter sind nicht nur wegen der kurzen Innovationszyklen der Produktionsmittel auf Verschleiß angelegt, sondern sind noch zusätzlichen Wertminderungen unterworfen, weil ihre modischen Strömungen ensprechende „Ästhetik“ der äußeren, verpackungsmäßigen Erscheinung ständig erneuert wird. Dies kann beobachtet werden, angefangen bei Zahnpaste bis zu Automobilen.

Da der Weg zu gesamtgesellschaftlicher Einsparung von Arbeit auf die Abschaffung des Kapitals hinauslaufen würde, stößt das Kapital sich jetzt an der zu großen Haltbarkeit seiner Produkte. Eine Technik, mit der auf diese Situation geantwortet wird, besteht in der Verschlechterung der Produkte, wobei die Verschlechterung in der Regel durch Verschönerung kompensiert wird. Aber selbst so halten die Gebrauchsdinge noch zu lang für die Verwertungsbedürfnisse des Kapitals. Die radikalere Technik greift nicht nur beim sachlichen Gebrauchswert des Produkts an, um seine Gebrauchszeit in der Konsumsphäre zu verkürzen und die Nachfrage vorzeitig zu regenerieren. Diese Technik setzt bei der Ästhetik der Ware an. Durch periodische Neuinszenierung des Erscheinens einer Ware verkürzt sich die Gebrauchsdauer der in der Konsumsphäre gerade fungierenden Exemplare der betreffenden Warenart. Diese Technik sei ... als ästhetische Innovation bezeichnet.

(Wolfgang Fritz Haug, Zur Kritik der Warenästhetik; in: Kursbuch 20, 1970, p. 148/9)

Dem Industrialdesign fällt die Aufgabe zu, den technisch nicht oder nur in unwesentlichen Details veränderten Produkten der Textil-, Auto-, Heizungs-, Sportartikel- und Campingindustrie jedes Jahr ein neues Kleid zu schneidern. Opel, der deutsche Zweig von General Motors, stellt praktisch in jedem Jahr ein neues Modell einer alten Type vor. Für die Besitzer der alten Autos dieser Marke stellen sich diese Innovationen als horrender Verlust am Tauschwert ihrer Fahrzeuge dar, mit denen sie als Renommierobjekte ihres gesellschaftlichen Status spekuliert hatten. Opel-Fahrer werden vom Industrial-Design hinter das Licht ihrer Angeberei geführt: Es ist ja gerade die „ästhetische Innovation“ der Fahrzeuge, welche sie einerseits zum Kauf reizt, aber anderseits die Gebrauchsdauer ihrer Autos objektiv verkürzt.

Der Markenartikel löst eine Trennung der Preisbildung von der Kostenrechnung und der Angebot/Nachfrage-Relation aus. Da er sich künstlichen Individualitäts- und Unikatscharakter anmaßt, können von den Unternehmen die Preise willkürlich festgelegt werden.

In den Tricks der Werbung werden die Dogmen der kapitalistischen Ökonomie auf den Kopf gestellt. Preissenkungen sind nicht mehr die Folge von steigendem Absatz und, damit verbunden, besserer Kapazitätsauslastung der Produktionsanlagen sowie steigender Produktivität der Arbeitskraft. Da Weichspülmittel als Markenartikel aufgrund der „preisbrecherischen“ Konkurrenz kleiner Firmen und der hohen Preise schlecht abzusetzen sind, versucht die Werbung der Waschmittelgiganten den Käufern weiszumachen, man habe derartig gewaltige Verkaufserfolge, daß man eine fühlbare Preissenkung vornehmen könne. Nicht das Zurückgehen auf einen realistischen Preis ist zu kritisieren, sondern die Unterstellung, wer nicht Weichspülmittel verwende, sei nicht auf der Höhe seiner Zeit. Daß sich diese Werbestrategie als ein Schlag ins Wasser herausstellte, spricht dafür, daß die Instinkte der Konsumenten nicht völlig verdorben sind; ein erstaunliches Faktum, wenn man bedenkt, mit welchem massiven Aufwand der totale Werbe-„Krieg“ geführt wird.

Das angeführte Beispiel stellt insofern einen Sonderfall dar, als es einem Bereich entnommen ist, in dem für kleine Firmen noch Chancen bestehen. Es ist die flottgemachte Konkurrenz, die den Absatz der Giganten beeinträchtigt und ihre Preisabsprachen ad absurdum führt. Die Perversion wirtschaftlichen Denkens ist indessen dermaßen dominierend in der öffentlichen Meinung, daß es sich große Unternehmen nicht leisten können einzugestehen, den Preis eines ihrer Produkte wegen stagnierender Nachfrage senken zu müssen.

Im allgemeinen haben sich jedoch die Unternehmer von diesen Einschränkungen emanzipiert. Berücksichtigt man ihre Kosten, so erscheinen die ständigen Preissteigerungen absurd. Die Stückkosten nehmen durch die steigenden Kapazitäten der Produktionsmittel und die Produktivitätssteigerungen der Arbeitskraft ständig ab. Dies trifft auch dann zu, wenn man aus der zunehmenden Diversifikation des Angestelltensektors, aus der Erhöhung der Werbekosten und den fortlaufenden Modelländerungen zusätzliche Belastungen ableitet.

Ein Hauptwiderspruch ergibt sich aus der Hartnäckigkeit der Unternehmerseite, Preissteigerungen nach wie vor mit Lohnkosten (Lohn-Preis-Spirale) zu rechtfertigen. Gerade dieser Kostenanteil spielt in der Preiskalkulation eine untergeordnete Rolle. Der gewaltsam hergestellte Zusammenhang ist ideologisch: Einerseits wird die Marxsche Mehrwerttheorie geleugnet, anderseits bleibt es dabei, daß die vom Kapital angestrebte Profitmaximierung auf der Ausbeutung der Arbeitskraft beruht. Die Löhne verhalten sich nicht zu sich selbst, sondern zum Nutzen, den die gekaufte Arbeitskraft dem Unternehmen bringt: also zum Anteil an der Gesamtarbeitszeit des Arbeiters, für den er bezahlt wird bzw. der zur Verfügung des Unternehmens (Mehrwertproduktion) steht.

Unter diesem Gesichtspunkt stellen die vom systemimmanenten Gewerkschaftsbund geforderten Tariferhöhungen in der Regel keine Minderung der Ausbeutung der Produktivkräfte dar, sie schmälern nicht den vom Unternehmen angeeigneten Mehrwert, sondern sind bloß ein Versuch, die Schere zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeitszeit zu stabilisieren.

Mit der Verbesserung der Produktionsmittel und der Rationalisierung der Produktion geht ein ständiger Schwund des Teiles der Arbeitszeit einher, den der einzelne Arbeiter aufwendet, um den Wert des ihm ausbezahlten Lohnes zu verdienen. Folglich wird jener Teil seines Arbeitstages ständig größer, den er umsonst — nicht für seine Tasche also, sondern die des Unternehmers — arbeitet. Die Lohnentwicklung auf gesamtgesellschaftlicher Basis steht in keinem Verhältnis zur Rate der Produktivitätssteigerung der Wirtschaft.

Wie der Faschismus die Politik durch die Ästhetisierung zur Farce macht, so läuft die Ästhetisierung der Ökonomie auf die totale Verzerrung des „Marktes“ hinaus. Vom Regulator der Wirtschaft verkommt er zu ihrem Zerrspiegel. In ihm enthüllt sich der Monopolkapitalismus als ein System, das sich sämtliche Bereiche des gesellschaftlichen Lebens unterjocht, um am Leben zu bleiben, welches durch seine irrationale Konstruktion bedroht ist. Er versucht den gesellschaftlichen Konnex noch immer durch den Warenaustausch herzustellen, anstatt die Synthesis in der Produktion zu fundieren; freilich käme dies seiner Selbstaufgabe gleich.

Die Rücksichtnahme auf die irrationale Ökonomie des Marktes behindert die Entfaltung der Ökonomie der Produktion. In der Diskrepanz zwische Produktionsverhältnissen und Entwicklungsstand der Produktivkräfte besteht die objektive Notwendigkeit zu einer Veränderung dieser Produktionsverhältnisse, die durch den Besitz an den Produktionsmitteln determiniert sind. Umso größer sind die Anstrengungen der herrschenden Klasse, den gegenwärtigen Zustand zu stabilisieren. Dies gilt insbesondere auch für den Bereich der Warendistribution, um den es hier im weiteren geht.

Verkaufsformen und Konsum-„Freiheit“

Die von Hans Kilian angemerkte Voraussetzung des Massenkonsums, die „Externalisierung des Über-Ich-Systems“, um „das Hindernis des strengen asketischen Über-Ich der puritanischen Innenlenkung aus dem Weg“ zu räumen, findet im ökonomischen Bereich sein Äquivalent in der Veränderung der Verkaufsformen und der Kaufsituation für den Konsumenten. Diese ist nicht Produkt einer konkreten Strategie, sondern zunächst durch handgreifliche wirtschaftliche Notwendigkeiten erzwungen. Die fortlaufende Rationalisierung der industriellen Produktion hat als Sekundärfunktion ein schrittweises Ansteigen der Löhne zur Folge. Dadurch werden auch die übrigen Branchen gezwungen, sowohl ihren Arbeitern und Angestellten mehr zu zahlen, als auch zu rationalisieren. In der Form der Selbstbedienungsläden etwa ist eine Möglichkeit gefunden, nicht nur dem Handelskapital aus der Patsche, sondern auch der ästhetisierten Ökonomie und ihren Markenartikeln zum Durchbruch zu verhelfen.

Im traditionellen Greißlerladen beschränkt sich der Kaufmann darauf, durch den Verweis auf den fragwürdig gewordenen Gebrauchswert eines Produktes seine Waren umzusetzen. Der Ladentisch als Bollwerk macht den freien Zugriff der Käufer unmöglich und wird von vornherein als ein Eingriff in die Oberhoheit des Verkäufers gewertet. Diese klare Gegenüberstellung von Sachautorität und Autorität des Geldes, von Kaufmann und Kundschaft, wobei sich der Bediente immer auch „bedient“ vorkommt, hemmt im Zeitalter der Ästhetisierung des Marktes die Kauflust der Konsumenten.

Wo Markenartikel durch massenmediale Werbung höheren Bekanntheitsgrad als Spitzenpolitiker haben und sich die Konkurrenz ähnlicher Produkte auf die Durchschlagkraft ihrer Werbeagenturen beschränkt, muß dem Käufer der direkte Zugang zum Warenangebot — wie das in den Selbstbedienungsläden der Fall ist — offenstehen. „Der Kunde, der im Selbstbedienungsiaden in ‚Einsamkeit und Freiheit‘ der Ware direkt gegenübertritt und sie ‚aus freiem Willen‘, autonom, souverän auswählt, scheint erst wirklich ‚König‘ zu sein“ (Robert Hepp, Selbstherrlichkeit und Selbstbedienung, Verlag C. H. Beck, München 1971, p. 15).

Im SB-Laden ist die „freie Wahl“ des Konsumenten bloß Schein; tatsächlich besteht diese freie Wählbarkeit darin, daß der Markenartikel Besitz ergreift vom Konsumenten. Die „two-way-communication“ der Werber verspricht dem Verbraucher für den Fall des Kaufes eines bestimmten Produktes nicht nur dessen Gebrauchswert, sondern — und das vor allem — Statusgewinn und den Anstieg seines gesellschaftliichen Ansehens, zumindest aber das Gefühl, dazuzugehören oder für eine gute Sache zu sein. Der Vorwand, dem Käufer einen doppelten Nutzeffekt zu bieten, erlaubt es den Unternehmen, sich mit Hilfe der Markenartikel überproportionale Tauschäquivalente anzueignen. Gleichzeitig eignet sich der Markenartikel den Verbraucher an — dieser wird von jenem abhängig: Die Beschädigung seines Autos ist für jeden Neuwagenbesitzer eine Katastrophe.

Der Greißler schreibt jeden Posten auf den Rechnungszettel. Das erinnert beim Einkauf fortwährend an die abschließend zu leistende Zahlung. Im SB-Laden verleitet hingegen die offene Anordnung des Warensortiments zum Zugriff ohne derartige Verunreinigungen der Kauflust.

Die Manipulation der Kundschaft, früher im Verkaufsgespräch unvermittelt ausgeübt, wird nun in recht raffinierten Methoden der ‚Konsumentenpsychologie‘ eingepackt. Alle Mittel der Überredung und der Demonstration werden dabei eingesetzt, an erster Stelle graphische. Um die Selbstbediener zu ‚Impulskäufen‘ anzureizen, die nach Ansicht von Experten mindestens 50 Prozent des ganzen Einkaufs ausmachen, wird das Sortiment möglichst so offeriert, daß dem Kunden jene Artikel in die Augen springen, die er nicht unbedingt braucht. Lebenswichtige Waren wie Brot und Kartoffeln treten in den Hintergrund und müssen meist mühsam aufgespürt werden. Die Strategen der Konsumentenpsychologie sind sich darin einig, daß etwa die Frischfleischabteilung als stärkster ‚traffic puller‘ in den Hintergrund des Ladens gehört, ‚damit der Kunde möglichst am ganzen Sortiment vorüber muß‘. Sie achten auch darauf, daß schwere Waren nicht am Anfang des Kundenweges aufgestellt werden, damit besonders Frauen das schwere Gewicht im Korb nicht mit dem Verzicht auf weitere Käufe quittieren. Dafür sollen geschickt placierte Gondeln mit ‚Sonderangeboten‘ an taktisch günstigen Orten (Kasse) zu spontanen Käufen verführen.

(Robert Hepp, a.a.O., p. 17)

Hepp hebt hervor, daß die Funktionalisierung der Selbstbedienung darauf zielt, die Konsumenten herumzukriegen. Die positiven Elemente der Distributionsform kommen nicht zum Tragen: Die Aufhebung des Verkaufens als Bedienen, der klare Überblick über die angebotenen Produkte, die Rationalisierung des Einkaufes usw. Anstatt den Kaufvorgang zu rationalisieren, spekuliert man mit der Manipulation der Konsumenten: Markenartikelhersteller, Werbung und Verkauf spielen einander gegen den Käufer in die Hände. Der Zweck der Illusion eines „freien Zugriffs“ zu den Waren, zum ausgeklügelten und überwölbenden Warenangebot erfüllt sich, wenn es ans Zahlen geht, an der Kasse. Sie muß stimmen und stimmt auch — nicht für den Verbraucher, sondern für den Laden und die Lieferanten.

Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem sprunghaften Anstieg der Marken- und Konsumartikelproduktion und der Entwicklung der Verkaufsformen. In einer Aufsatzsammlung („Produktivität und Rationalisierung“, Fischer Bücherei 1971) des „Rationalisierungs-Kuratoriums der Deutschen Wirtschaft e.V.“ wird dazu ausgeführt:

... explosiv sich erweiternde, differenziertere und sich wandelnde Sortimente drängen zum Markt. (Bis 1980 werden voraussichtlich allein im Sektor Lebens- und Genußmittel 10.000-12.000 neue Artikel auf den Markt kommen.) Sie erfordern größere Verkaufseinheiten wie Großraumläden, Supermärkte und SB-Warenhäuser mit wachsender Anlagen- und Kapitalintensität. Der daraus erwachsende Zwang zur Umsatzkonzentration verschärft den Wettbewerb. Zum anderen stößt der Warenhandel auf zunehmende Konkurrenz im wachsenden Sektor der Dienstleistungen (Freizeit, Bildung, Kultur). Diese Entwicklung wird den gewaltigen Prozeß der Kooperation und Konzentration im Unternehmensbereich in einem bisher noch nicht völlig abzusehenden Ausmaß weiter vorantreiben.

(Karl Trescher, Neue Entwicklungen im Handel; in: a.a.O., p. 276)

Auf der Distributionsebene wird nachgeholt, was in der Produktionsebene bereits weitgehend abgeschlossen erscheint: die Monopolbildung und, damit verbunden, die Aufhebung der direkten Konkurrenz durch Preisabsprachen, Gebiets- und Aufgabenteilungen, von Trescher schlicht „Prozeß der Kooperation und Konzentration“ genannt.

Der Autor weist überdies auf ein „Handikap“ des Handels hin: „50-60 Prozent seiner Kosten sind Personalkosten“. Ein anderer Beiträger des Bandes sieht in der Technisierung des Handels eine Möglichkeit, dieses Problem zu lösen. Rationalisierung und Automatisation sollen sowohl Personalkosten einsparen als auch die Arbeitsproduktivität steigern. Entsprechende Erfolge wurden bereits in den letzten Jahren erzielt. „Der Personalstand wurde weit weniger stark ausgeweitet als die Verkaufsfläche, die Geschäftsausstattung und der Warenbestand“ (Hermann J. Zellekens, Die Rolle der Technik im Handel; in: a.a.O., p. 282). Der Autor warnt allerdings davor, die Technisierung das Publikum spüren zu lassen. „Statt die Kunden mit der ‚kalten Technik‘ zu konfrontieren, wird noch weit mehr getan werden, um ihnen durch Investitionen in Ausstattung und Einrichtung den Aufenthalt im Geschäft so angenehm wie möglich zu machen. Automatische Türen, Klimaanlagen, Rolltreppen sowie hochentwickelte optische und akustische Systeme (zur Überwachung der Kundschaft — l. h.) gehören heute in jedes Warenhaus“ (a.a.O., p. 287).

Der Selbedienungsladen treibt den kapitalistischen Freiheitsbegriff auf die Spitze. Seine Grundlage ist das Geld; für Geld kann man alles haben. Die damit gewonnene Freiheit wird freilich auf die „freie“ Auswahl verkürzt. Jedem Käufer ist erlaubt, zwischen in ihrer äußeren Erscheinung verschiedenen, inhaltlich jedoch identischen Markenartikeln zu wählen. Da es Qualitätsunterschiede nicht gibt, ermangelt der Konsument der rationalen Kriterien seiner Wahl. Er kann keine sinnvolle Qualitäts/Preis-Relation herstellen, sondern muß dasjenige Produkt kaufen, dessen Werbung die höchste Suggestivkraft auf ihn ausübt.

Um die Identität der Gebrauchswerte einer Markenartikelgruppe zu verschleiern, wird dem Publikum suggeriert, man könne durch den Konsum eines bestimmten Produktes seinen gesellschaftlichen Status verbessern. Die Freiheit der Wahl, wie sie die kapitalistische Konsumgesellschaft offeriert, geht folglich auf Kosten der persönlichen Identität; sie hebt sich selbst auf und wird zum probaten Mittel, den Zwangs- und Klassencharakter der Gesellschaft zu verschleiern. In der Werbung ist es die Schicht der höheren Angestellten, an der Maß genommen wird. Durch den Kauf eines bestimmten Autos, Hemdes, Anzugs, Waschmittels, Deodorants usw. kann sich jeder selbst vormachen, dieser gesellschaftlichen Trägerschicht anzugehören. Sie hat die zentrale Aufgabe, zwischen Kapital und Proletariat in einem sozialen Rahmen zu vermitteln, der durch die Atomisierung seiner Subjekte gekennzeichnet ist. Freiheit im Kapitalismus bedeutet also Konsum-„Freiheit“ und hat Zwangscharakter.

Wenn der Konsumterror ablenkt vom Leben, dann geschieht das durch die Anbindung der Wunschvorstellungen an ein Mehr als das, was man haben kann. Dieses Surplus verführt, absorbiert die Wunschvorstellungen. Wer in einer schönen Gegend wohnt mit weniger schönen Geschäften, wird automatisch in seinen Wünschen hingelenkt auf die Straßen mit der schönen, variationsreicheren Architektur, mit den Geschäften, die das schöner gestaltete Angebot zeigen.

(Rüdiger Stiebitz, Ästhetik und Erziehung zur Gewalt; in: Ästhetik und Gewalt, Bertelsmann Kunstverlag 1970, p. 128/9)

An der Aufrechterhaltung der Illusion von Freiheit haben die neuen Detailhandelsformen einen wesentlichen Anteil. Die der herrschenden Freiheitsideologie am besten angepaßte Distributionsform ist die Selbstbedienung. Die unter diesem Prinzip organisierten Läden vermitteln dem Konsumenten den Eindruck, sich tatsächlich in einem Kaufparadies zu befinden, die Voraussetzung für die Reduktion des einzelnen auf den Verbraucher. Pausenlos auf den Käufer einhämmernde visuelle Reize wollen die Illusion eintrichtern, man habe nur zuzugreifen, um sein Glück zu machen: Der bittere Nachgeschmack des Zahlens kommt erst hinterher.

Im Fall der Automaten und Automatenläden ist die abstrakte Tauschform vollends realisiert. Das Geld muß zuerst auf den Tisch, bzw. in den Schlitz, damit man das Recht zu wählen hat. Die Ware erhält man, wenn man sie schon gekauft hat.

Eine Sonderform ist der Verkauf der Versandhäuser per Katalog. Der Käufer muß hier seine Wahl nach den idealisierten Abbildern der Waren treffen, ohne sie prüfen oder probieren zu können. Sobald er die Bestellkarte in den Postkasten geworfen hat, ist er zum Warten verurteilt. Er wartet auf den Briefträger, der ihm Tage später nach Aushändigung der Nachnahmegebühr den Karton mit den bestellten Artikeln ausfolgt. Die totale Zersplitterung des Kaufvorgangs bedeutet, daß der Käufer das Gekaufte erst in die Hände bekommt, wenn der Tauschprozeß bereits abgeschlossen ist. Um zu reklamieren muß der umständliche Weg von vorne begonnen werden.

Das Publikum der Versandhäuser rekrutiert sich aus der Bevölkerung der Kleinstädte und Dörfer, aus Regionen also, in denen das lokale Unternehmertum nicht finanzkräftig genug ist, ein reichhaltiges Warenangebot zu offerieren, und in denen es sich für Warenhausketten nicht lohnt, eine Filiale zu gründen. Das Versandhaus erfüllt im wesentlichen die Funktion, unentwickelte Gebiete in die Konsumgesellschaft zu integrieren.

Die Produktion und Distribution sind aufeinander bezogen: Die Entwicklung der Produktion führt zu einer Steigerung der Lohnkosten und zwingt damit das Handelskapital zur Rationalisierung, die in den beschriebenen Bahnen verläuft. Diese Verkaufsformen verhelfen ihrerseits der entwickelten Markenartikelproduktion zum Durchbruch. Sie betreiben die weitere Ankurbelung der Verschleißproduktion zum Massenkonsum. Der Massenkonsum wird durch SB-Läden, Automatengeschäfte und Versandhäuser verstärkt, verselbständigt sich und wird zum Inhalt des kapitalistischen Freiheitsbegriffes. Werbung und Massenmedien vermitteln die Vorstellung, Leben sei Konsum und Konsum verschaffe Status: der Mensch als das Produkt der angebotenen Markenartikel.

Angestellten-„Faschismus“

Der Mensch verkürzt sich dem Kapitalismus auf zwei Funktionen: einerseits auf die Mehrwert produzierende Arbeitskraft, anderseits auf den Konsumenten der auf dem Markt angebotenen Waren. Es ist das Ergebnis der Ästhetisierung des Marktes, daß dies nicht offenkundig ist; vielmehr wird die Totalisierung des Konsums zur einzig legitimierten Kompensation. Die Konsumgesellschaft darf sich als Paradies gebärden, das alle übrigen Bereiche der gesellschaftlichen Wirklichkeit und der individuellen Bewußtseinsprozesse verdrängt.

Den für den individuellen Konsum zugänglichen Waren wächst die ihnen an sich inadäquate Bedeutung zu, ein größtenteils in Lohnsklaverei verbrachtes Leben mit einem Sinn zu versehen, für den es sich lohnt. ... Je irrationaler von der Klassenlage her das erzwungene Opfer sinnlich-sinnhafter Ansprüche ist, desto wichtiger für die Stabilisierung wird die Belohnung in Warenform. Die Stabilisierung ist nur möglich, weil hier Naturkraft gegen Naturkraft gerichtet ist, indem beherrschte Sinnlichkeit die Beherrschung der Sinne abstützt.

(Wolfgang Fritz Haug, Die Rolle des Ästhetischen bei der Scheinlösung von Grundwidersprüchen der kapitalistischen Gesellschaft; in: Das Argument 64, 1971, 19. Jg., Heft 3, p. 208)

Dies hat politische Folgen. Die Ästhetisierung des Marktes löst nicht bloß die Ästhetisierung der Politik, den Faschismus ab, sondern bringt überdies einen Faschismus neuer Art hervor. Die dargestellten Veränderungen in Produktion und Distribution sind Folgen der Konzentration des Kapitals und der Monopolisierung der Zugänge zum Markt. Das Kleinbürgertum verliert damit seine wirtschaftliche Existenzgrundlage und wird politisch irrelevant. Anderseits nimmt der Angestelltensektor ständig zu. Seiner objektiven Proletarisierung stellt er das subjektive Bedürfnis gegenüber, die herrschende Klasse in ihrer „Kultur“, in ihren „Formen“ und Modeströmungen nachzuäffen. Das Integrationsbedürfnis der Angestellten richtet sich gegen ihre eigenen Interessen und bietet der herrschenden Klasse die Chance, sie als Trägergruppe der nach ihren Zielen konstruierten Gesellschaft zu mißbrauchen.

Die Entpolitisierung der Angestellten wird kompensiert vom vorgegaukelten Konsumparadies. Sie garantieren den Bestand der Gesellschaft, wie sie ist, und tragen dazu bei, jede soziale Veränderung zu verhindern. Das Monopolkapital kann getrost den Brutalfaschismus der Zwischen- und Kriegszeit in der Rumpelkammer der Weltgeschichte lassen; mit dem sanfteren Konsumfaschismus der Angestellten fährt es augenblicklich besser, weil es damit gelungen ist, eine scheinbare Übereinstimmung der Interessen zwischen Lohnabhängigen und Unternehmertum herzustellen. Typische Fetische der auf den Markenartikel verkommenen Angestelltenkultur wie Autos, James-Bond-Filme und Mode im military look machen allerdings augenfällig, daß der in den Konsum eingebettete Mechanismus von Aggressionsstauung und -entladung, der gegenwärtig die Angestellten gängelt, jederzeit aktiviert und direkt gegen sozialistische Tendenzen gekehrt werden könnte.

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