Heft 4-5/1999
November
1999

Liebe Leserin, lieber Leser!

Aus den meisten Zeitungen und Zeitschriften ist das Thema „Jugoslawienkrieg“ schon wieder verschwunden. Über die Gründe, die zu diesem Krieg geführt haben, herrscht deswegen noch lange keine Einigkeit. Mit Uli Krugs Erwiderung auf Hannes Hofbauers Artikel in der letzten Nummer von Context XXI versuchen wir, die Diskussion über diese Gründe fortzuführen. Während wir das tun, findet in einer anderen Weltregion bereits die nächste Intervention im Namen des Humanismus statt. Den historischen Hintergrund des Eingreifens in Osttimor beleuchtet für uns Rainer Werning, der sich zur Zeit wieder in Südostasien aufhält. Aber auch Länder, die gerade nicht im Zentrum des Interesses der Weltöffentlichkeit stehen, sollen bei uns weiterhin Beachtung finden — in diesem Heft mit einem Beitrag unseres reisefreudigen Autors Thomas Schmidinger über den Sudan.

Nach dem rassistischen Wahlkampf der FPÖ, der den Stimmenzuwachs der Freiheitlichen vermutlich erst ermöglicht hat, schien es uns geboten, dem Thema „Rassismus“ erneut einige Aufmerksamkeit zu schenken. Vor allem die Verbindung der Freiheitlichen von rassistischer Hetze und Ressentiments gegen VerkäuferInnen von verbotenen Rauschmitteln, die in der vernichtungsschwangeren Plakataufforderung „Keine Gnade für Drogendealer“ ihren Höhepunkt fand, haben uns animiert, Ihnen, werte LeserInnen, einige Klarstellungen zum Zusammenhang von Drogen, Polizeiaufrüstung, DealerInnen, Rassismus und Antisemitismus zuzumuten.

Eine Zumutung der anderen Art war die Manifestation des demokratischen Antifaschismus am 12. November. Demokratische IdealistInnen mobilisierten zu einer Demonstration, bei der mit überschwenglichem Patriotismus — „Wir sind Österreich“, hieß es in dem Aufruf — gegen den bösen Nationalismus protestiert werden sollte. Was das jeweils eine mit dem jeweils anderen zu tun hat, interessiert dabei offensichtlich nicht.

Die Anrufung des Staates als ideeller Gesamtantirassist verschweigt die Schaffung und Sicherung der Grundlage des modernen Rassismus, die staatliche Trennung von In- und Ausländern. Die Demokratie mag die eine oder andere Form von sich nicht nach Verwertungs- und Herrschaftsbedürfnissen richtenden rassistischen und nationalistischen Äußerungen verwerfen, ansosten ist ihr Rassismus aber in etwa so wesensfremd wie Wahlen. Der moderate Antirassismus des demokratischen Staates wird ergänzt durch seine Rolle als rassistischer Moderator, die der demokratische Antifaschismus aber ignoriert, da er den Staat als Hüter der Menschenrechte affirmiert. Mit denen kommt man dem demokratischen Rassismus aber sowieso nicht bei, denn die unterschiedliche Behandlung von Menschen auf Grund ihrer Herkunft ist vollkommen menschenrechtskonform.

Die Widersinnigkeit ihres Unterfangens, im Namen Österreichs, also im Namen der Nation, gegen den Nationalismus anzurennen, scheint den demokratischen Antifaschisten, die in der FPÖ nur das „Ewiggestrige, Unaufgeklärte“, nicht aber das Moderne, demokratisch-faschistische und daher auch für Krisenmanager und -managerinnen anderer Parteien Vorbildhafte sehen können, gar nicht erst in den Sinn zu kommen. Mit ihren Plakaten hat sich die FPÖ nicht „selbst ausgegrenzt“, sondern die von der Demokratie betriebene Ausgrenzung auf die Spitze getrieben. Haider steht nicht für „einen totalen Bruch mit dem demokratischen Grundkonsens“, wie es in dem Aufruf hieß, sondern für die endgültige Verwirklichung der Drohungen des demokratischen Rechtsstaats.

Die Freiheitlichen sind Österreich und die Organisatoren der Demo vom 12. November sind Österreich — wo sind seine Kritiker?

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