Nachtrag
LeserInnenreaktionen auf den Brief an Claudia Brunner in der letzten Ausgabe der Context XXI (Nr. 6-7/2004) legen eine Klarstellung nahe.
Entgegen mancher Annahme stellt die Veröffentlichung des Briefes keinen Bruch mit den Regeln des analytischen Settings dar, wie sie für die von Jänner bis Juni 2003 öffentlich stattfindende Großgruppe vereinbart wurden. In ihrem Buchbeitrag in Schweigen die Täter — reden die Enkel, auf den sich der Offene Brief von Hannah Fröhlich bezieht, ist es die Autorin Claudia Brunner selbst, die von ihrem Outing und den Folgen in der Großgruppe erzählt und dabei ihre Sicht auf die Geschehnisse öffentlich macht. Dabei nennt sie, wie das in den Beiträgen zur Großgruppe zahlreicher JournalistInnen ebenfalls gemacht wurde, keine (anderen) Namen und bringt dazu lediglich nicht zuordenbare Zitate von Teilnehmenden. Im offenen Brief an Claudia Brunner wurde auf Brunners eigene Öffentlichmachung Bezug genommen. Es handelt sich also — weder im Buch, noch im offenen Brief — um einen Regelverstoß.
Mit der Entscheidung, den Brief an Claudia Brunner abzudrucken, ist die Redaktion nicht leichtfertig umgegangen, sondern hat in ausführlicher Diskussion vorab das Pro und Contra abgewogen. Letztlich überwog das Pro: Den Brief in dieser Form neben die umfassende Kritik an Büchern dieser Art zu stellen, wie sie von Renate Göllner für Context XXI zur Verfügung gestellt wurde, erscheint der Redaktion ein exemplarischer Beitrag zum Umgang mit dem Erbe des NS und im Zusammenhang mit der Großgruppe eine wichtige Sichtbarmachung gesellschaftlicher Realität. Claudia Brunners öffentlich gemachter Status Quo ihrer eigenen Auseinandersetzung ist keine Ausnahme, sondern belegt die Schwierigkeit, anders als abwehrend, verharmlosend oder leugnend mit der (eigenen) Geschichte umzugehen.