FŒHN, Heft 22
 
1996

Schema F

Haider ist immer ein Abklatsch. Bevor er die starken Männer in den USA entdeckt hat, hatte er’s mit Franz Josef Strauß. Oder umgekehrt: An Ross Perot und Newt Gingrich klammerte er sich an, als ihm das Vorbild aus Bayern in der Erinnerung verblaßt war. Nicht nur einmal bezeichnete sich Haider „als legitimen Erben des bayerischen Ministerpräsidenten“ (Spiegel 11/1992). Gegenüber den Salzburger Nachrichten formulierte er: „Ich glaube, daß ich in vielen Dingen Parallelitäten aufweisen kann, auch von meinem Denken und meiner Zielsetzung.“ (28.9.94) Die Sprache überführt ihn hier der bewußten Nachahmung. Er sagt nicht: Es gibt Parallelitäten. Sondern: Ich kann Parallelitäten aufweisen. Das heißt, daß es ihm darum zu tun ist. Haider ist nie Haider. Immer jemand anderer. Aber den Strauß hat er gut drauf. Der Journalist J. Gross beschrieb bereits vor 30 Jahren, wie sich dieser gerne als Opfer, als von allen Verfolgter, präsentiere: „Alle seien gegen ihn — die Russen, die Amerikaner, die Liberalen, die Sozialisten, die norddeutschen Protestanten, der hohe katholische Klerus usw. usw.“ Da kann Haider leicht Parallelitäten aufwei­sen. Strauß 1979: „Der KGB oder andere kommunistische Geheimdienste veranlassen — wie inzwischen unwiderlegbar bewiesen ist — Hakenkreuz-Schmierereien auf jüdischen Friedhöfen bei uns.“ (Deutschland-Magazin, 8/79) Haider stellte 1993 „ausländische Geheimdienste“ und „Ex-Stasi-Leute“ als tatverdächtig für die Briefbomben hin (Neue Freie Zeitung, 22.12.93). Den Hakenkreuzschmierer W. Köhler auf dem jüdischen Friedhof in Eisenstadt verwies er gekonnt in die „linksextreme Szene“. (Neue Freie Zeitung, 2.2.94) Selbst Haiders vielgefürchteter Natio­nalismus ist plumpe Nachäfferei des F. J. Strauß: „Man muß sich der nationalen Kräfte bedienen, auch wenn sie noch so reaktionär sind — mit Hilfstruppen darf man nicht zimperlich sein!“ (Spiegel, 12,11970) Wer, wie Haider, keinen Standpunkt hat, muß sich immerfort anlehnen: „So wie Franz Josef Strauß es definiert hat, ‚rechts von mir keine demokratische Alternative‘, so gilt das auch für mich.“ (SN, 28.9.94)

Strauß und Haider gleichen einander wie ein Straußen-Ei dem anderen, ein größeres einem kleineren. Lob für die SS da und Lob für die SS dort, Verteufelung der Gegner als Faschisten beim einen wie beim anderen, Attacken auf Künstler damals und Attacken auf Künstler heute. Als Kärntner Landeshauptmann wollte er „einen Freistaat nach bayrischem Vorbild“ ausrufen (Standard, 9.1.91). Haider bindet sich geradezu sklavisch an Strauß’ Linie. Das geht soweit, daß er gegen die Stimmung in der Bevölkerung offen die NATO-Mitgliedschaft sowie NATO-Atomwaffen und NATO-Truppen in Österreich (Presse, 20.4.95) fordert. Warum tut er das? Weil es ihn voranbringt. Er will international (in Washington, Brüssel, Paris, Bonn) als total verläßlich angesehen werden, er will in der Bundesheerführung punkten, um sich da eine Machtbasis zu schaffen. (Und es ist vor allem ein Signal an das in Österreich tätige große österreichische und internationale Kapital.) Da ist soviel langfristige Strategie dahinter wie bei der Verbündung mit Bischof Krenn, die auch wenig populär ist. Natürlich zerkugeln sich Haider und Rumpold und Meischberger über den Dicken in St. Pölten, wenn sie unter sich sind. Aber von Strauß und Stoiber und Waigel haben sie gelernt, daß der Kapitalismus den Klerus braucht zur ideologischen Festigung seiner brutalen Macht. /Der ist so wichtig wie die Exekutive, die sich Haider ja auch zulegt.) Das Partei-Symbol F steht für Faksimile, laut Duden die „getreue Nachbildung einer Vorlage“. Die Vorlage ist z.B. die Aschermittwoch-Veranstaltung von Strauß in Passau. Die getreue Nachbildung ist z.B. die Aschermittwoch-Veranstaltung von Haider in Ried.

So plump wie Haider Strauß kopiert, kopieren nur noch die Haider-Gegner die Strauß-Gegner. Damals gab es Personenkomitees gegen den Kandidaten Strauß. Damals wurde jahrelang sich vor einem Bundeskanzler Strauß gefürchtet. Damals gabs den Vergleich mit Hitler. Damals starrte die sogenannte Linke ge­bannt auf ihren Lieblingsfeind, währenddessen die Sozialdemokraten Rasterfahndung und Lauschangriff verwirklichen konnten. Wer wissen will, was den Haider-Gegnern noch alles (nicht selber) einfallen wird, braucht sich nur die Anti-Strauß-Aktionen zwischen 1970 und 1980 anzusehen.

Wie klein, wie nichtswürdig Haider sich selber vorkommt, verrät er damit, daß er sich immer in große Politiker verknallt. Neben Strauß hatte er sich schon an Helmut Schmidt, Helmut Kohl („Ich bewundere ihn sehr.“) und Eduard Wallnöfer („Der Walli würde diesmal die FPÖ wählen“) herangemacht. Alles mögliche war Haider schon. Nur Haider war er noch nicht.

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