FORVM, No. 105
September
1962

Am linken Ufer der Moskwa (II)

voriger Teil: Am linken Ufer der Moskwa

Jewtuschenko nimmt es mit seinen Verpflichtungen als Delegierter im Ausland sehr genau. Ein glänzend begabter Dichter von gesunder Fruchtbarkeit, ein junger Mann von Geist, Intelligenz, gutem Aussehen und Charme, ist Jewtuschenko zugleich glühender Patriot und leidenschaftlicher Anhänger der Revolution, deren Sache er für nicht weniger „heilig“ hält, weil „schmutzige (d.h. stalinistische) Hände“ sie zu Übeltaten mißbraucht hatten. Jewtuschenko glaubt an das Recht, Ungerechtigkeit zu kritisieren, wo immer er sie sieht. Er bewundert mit Offenheit vieles am Westen und mißbilligt genug anderes, um der Beschuldigung des „Kotaus vor dem Westen“ zu entgehen. Daß der Versuch unternommen wird, Jewtuschenko dem Ausland als Gagarin der Dichtkunst zu präsentieren, ist unvermeidlich. Aber dies sollte weder seine wirkliche Begabung verdunkeln, noch seine Bedeutsamkeit für die junge Generation in seinem Heimatland.

An legendärem Ruhm ist Jewtuschenko einzigartig. Die große Popularität teilt er jedoch mit etlichen anderen, unter denen er Bela Achmadullina und Andrej Woznezenski für die bedeutendsten hält.

Der erste junge Autor, den ich aus dem Kreis um Jewtuschenko in Moskau kennenlernte, war Robert Roshdestwenski, der in den vergangenen sechs Jahren sechs schmale Gedichtbände publiziert hat und dessen Name gerade in großen Lettern auf Plakaten zu lesen war, die einen Vortragsabend ankündigten. Er ist 29 Jahre alt, aus dem Altai gebürtig und bewohnt mit seiner Frau sowie einer kleinen Tochter drei Zimmer in einem Neubau, blitzblank, mit finnischen Einbaumöbeln — ein Zukunftstraum, verglichen mit den normalen Moskauer Behausungen.

Ich befragte Roshdestwenski über die „neuen Tendenzen“ in der Sowjetliteratur. Die Autoren in der Provinz, denen ich bis dahin begegnet war, hatten das Bestehen von dergleichen glattweg abgeleugnet; die Sache roch ihnen nach „Gruppenbildung“, welche seit den Zwanzigerjahren als Erzketzerei gilt. Roshdestwenski betonte zwar, daß es keine solchen Gruppen gäbe, gestand jedoch fröhlich „eine neue Bewegung in der Dichtkunst“ — neu, weil sie die Sprache der neuen Generation spreche. Er riet mir dringend, den Majakowski-Platz zu besuchen und mir dort ein eigenes Urteil über den Erfolg zu bilden, den die neue Bewegung bei der Jugend hat. Jewtuschenko erklärte mir später, das Gemeinsame der Dichter dieser neuen Welle bestehe darin, daß jeder vom andern verschieden und somit „unabhängig“ sei.

Ich fragte Roshdestwenski, ob er sich einer erzieherischen Aufgabe verpflichtet fühle. Er antwortete mit rührender, an die Naivität des vorigen Jahrhunderts gemahnender Aufrichtigkeit: „Ich möchte meinen Lesern helfen, bessere Menschen zu werden.“ Er fügte hinzu, daß Dichtung vielseitig sein und philosophischen Inhalt haben solle; niemand bezweifle die Wichtigkeit der Natur- oder gar der Liebesdichtung, aber „wenn Shakespeare nur seine Sonette geschrieben hätte, wäre er bloß ein Genie der Virtuosität“.

Dieser Ansicht waren auch acht oder zehn junge Leute aus dem selben Kreis, mit denen ich einen langen, vergnüglichen Abend im Schriftstellerklub verbrachte. Darunter befanden sich Andrej Woznezenski und der Romanautor Aksjonow, der einen Bestseller fast durchwegs in der Sprache der russischen Halbstarken verfaßt hat und darin die Meinung vertritt, daß diese oft gesunde und fortschrittliche Menschen sind. [*]

Anders als jener Dichter in der Provinz, dem es nur auf die „Botschaft“ ankam, zeigten diese jungen Leute ohne jede Scham ihr Interesse für die technische Seite der Schriftstellerei. Sie diskutierten über Metaphern und den Gebrauch von Bildern im weiteren Sinn — nicht anders, als sie voreinigen Jahren über Jewtuschenkos neue Halbreime diskutiert hatten. Roshdestwenski versicherte, daß die Dichtkunst „immer wissenschaftlicher“ werde. Ich fragte ihn, ob diese Entwicklung nicht die Anziehungskraft der Dichtung auf die Massen verringern werde. An Stelle einer Antwort riet er mir, nochmals den Majakowski-Platz zu besuchen.

Dichtung als neue Liturgie

Dann schilderte er mir die Reaktionen verschiedenartiger Auditorien auf seine eigenen Lesungen. Junge Wissenschaftler erwiesen sich, ihm zufolge, als besonders zugänglich; Arbeiter, die keine Ahnung von der Technik des „Dichtens“ hatten, waren dennoch imstande, das fertige Produkt nach seinem wahren Wert einzuschätzen, „gerade so, wie jemandem ein gut gebautes Auto gefallen kann, obgleich er keine Ahnung von der technischen Herstellung hat“. In einem Gefangenenlager las Rozhdestwenski vor Frauen, die dabei weinten, obgleich er gewiß war, daß sie seinen Gedichten, was deren exakten Wortlaut betrifft, um nichts besser folgen konnten als die Gemeinde der Gläubigen dem Text der altkirchenslawischen Liturgie.

Ihre Dichtkunst, erklärten mir die jungen Männer, entwickle sich tatsächlich zu einer Art Liturgie. Die Lesung erfolge stets vor einer größeren Menschenmenge, und es handle sich hiebei um den Versuch, Ersatz zu finden für das „feierliche Wort“, für die Symbole und Mysterien, die von der Liturgie dargeboten werden. Die zuhörende Jugend sei nicht religiös, aber auch nicht aggressiv atheistisch wie die mittlere Intelligenz im Parteiapparat.

Die neue Dichtkunst spricht, meinen jungen Gewährsleuten zufolge, mit „vielen Stimmen“, greift nach immer neuen Themen und erforscht „private Welten“. Es schien mir paradox, daß diese Art von Dichtung ausgerechnet am Fuß der Statue Majakowskis vorgelesen wird. Aber paradox war es ja auch gewesen, daß diese Statue überhaupt errichtet wurde — von Stalin, welcher die revolutionäre Originalität Majakowskis nie geduldet hätte, wäre dieser nicht schon Bestandteil der heroischen Vergangenheit gewesen, als er 1930 durch Selbstmord endete.

In gewissem Sinn bedeutet die neue Dichtkunst das Ende der Entwicklung, die Majakowski begonnen hatte. Sein Versuch, die Dichtung aus der Isolierung zu befreien, indem er sie in den Dienst des revolutionären Staatswesens stellte, hatte unter Stalin mit einer neuerlichen, nur noch gründlicheren Isolierung geendet. Die meisten Dichter waren entweder tot oder im Gefängnis — entweder schwiegen sie oder sie mußten sich von den tiefsten Quellen der Dichtung trennen, von den privaten Gefühlen und daher von ihrem Publikum. Und die neuen Dichter haben vor allem durch die Wiederentdeckung dieser Quellen zu einer Sprache zurückgefunden, die sie nun mit ihrem Publikum — mit ihrer Generation — gemeinsam haben.

Schmale Bände dreier rehabilitierter Zeitgenossen Majakowskis — Pasternak, Akmatowa, Tswetajewa — erschienen gerade rechtzeitig zum XXII. Parteikongreß. Frau Tswetajewa, die 1942 Selbstmord begangen hatte (nach Rückkehr aus der Emigration und Vernichtung ihrer Familie), war seit den frühen Zwanzigerjahren nicht mehr publiziert worden. Frau Akmatowa hatte im Schatten gelebt, seit sie 1948 von Shdanow angegriffen worden war. Und Pasternaks letzte zwei Gedicht-Zyklen waren in Rußland nicht mehr publiziert worden. Von diesen bedeutenden Vertretern des „Silbernen Zeitalters“ der russischen Literatur, welches in den späten Zwanzigerjahren durch völlige Verfinsterung sein Ende fand, laufen Verbindungslinien zur neuen Dichtergeneration. Alle jungen Autoren fühlen sich Pasternak verpflichtet, den einige von ihnen persönlich gekannt haben. Zwei weitere Ströme dichterischer Tradition werden von Frau Akmatowa und Tswetajewa repräsentiert; man erläuterte mir, daß der eine Strom „schön und traurig wie die Akmatowa selbst“ sei, der andere männlich und tragisch. Akmadullina, die erste Frau Jewtuschenkos (man beschrieb sie mir als „die russische Françoise Sagan“) sei zur erstgenannten Richtung zu zählen, Roshdestwenski fühle sich der zweitgenannten näher.

Unter den älteren Schriftstellern von heute ist Ilja Ehrenburg der anerkannte Schirmherr für Jewtuschenko und dessen Freundeskreis. Er hat während der letzten paar Jahre durch den Mut, von dem viele seiner Schriften Zeugnis ablegen, den Respekt der Jungen in immer stärkerem Maß auf sich gezogen, und derzeit empfiehlt er sich als deren Wegweiser vor allem durch die ihm eigentümliche Mischung aus geistiger Raffinesse und praktischer Lebensklugheit. Die jungen Leute, die einst zu Füßen Pasternaks saßen, sitzen nun zu Füßen Ehrenburgs. Pasternaks tollkühne Unbekümmertheit war für das „Tauwetter“ charakteristisch; für die heutige Situation ist es die Eigenschaft Ehrenburgs, jeweils am Rand des Abgrunds haltzumachen.

Ich verließ den Schriftstellerklub voll Freude über den unterhaltsamen Abend. Meine Gastgeber waren auf gewinnende Weise zugleich freundlich und respektlos, talentiert und witzig; der Erfolg hatte sie nicht verdorben. Abgesehen von der Eleganz ihres Bohème-Stils, wären sie weder am linken Ufer der Seine noch an einem sonstigen „linken Ufer“ einer westlichen Metropole aufgefallen. Sie sind jedoch keine „Bohèmiens“, sondern eine durch sorgfältige Auslese entstandene Gruppe, deren Stellung sowohl höchst bevorrechtet wie höchst gefährdet ist. Manche unter ihnen haben Anspruch auf eine Wohnung, ein Auto, ausländische Bücher, Auslandsreisen, gesellschaftlichen Verkehr mit ausländischen Diplomaten — und das wiegt nach Moskauer Standard schwerer als alle Privilegien, die man sich im Westen durch Reichtum erkaufen kann.

Anderseits stehen diese Menschen unter sorgsamer Beobachtung, und die ihnen gegenüber gewählte Politik scheint ständig überprüft zu werden. Einige liberale Intellektuelle verlassen sich, um den Bereich der erlaubten Freiheiten zu erweitern, auf ihr Talent, auf ihre Zähigkeit und Diplomatie. Andere beschuldigen bestimmte Kollegen, daß diese für die Freiheiten, deren sie sich erfreuen, einen zu „hohen Preis“ zu zahlen bereit sind.

Der Lyrik eine Gasse

Ganz anders als im Schriftstellerklub war die Szenerie auf dem Majakowski-Platz, den ich eines Abends aufsuchte. Hier handelte es sich offensichtlich um keinen privilegierten Weidegrund, und die etwa vierhundert Leute, die vor der Statue Majakowskis in Bewegung waren, hatten nichts von der Friedlichkeit einer Lämmerherde an sich. „Drushinniki“ — Freiwillige aus dem Komsomol, die mit der Polizei zusammenarbeiten — taten ihr Bestes, um die Menge zu zerstreuen. Junge Dichter rezitierten hartnäckig inmitten des Wirbels.

„Warum lesen sie nicht Majakowski?“ rief ein Mann, der wie ein verdrießlicher Oberlehrer aussah.

„Das tun sie doch!“ antwortete ein anderer älterer Mann.

„Nur die schlechten Stücke!“

„Warum sollen sie nicht lesen, was ihnen gefällt?“

„Sie können lesen, was sie wollen, aber es muß etwas Gutes, Repräsentatives sein.“

Die Menge antwortete darauf mit Schmährufen.

„Warum trefft ihr euch nicht in einem Jugendklub?“ fragte ein Drushinnik einen jungen Arbeiter.

„Man muß eine Studentenkarte haben, um hinein zu kommen. Ich bin kein Student.“

„Wenn Sie mir Ihre Adresse geben, werde ich Ihnen eine Karte für nächsten Samstag schicken.“

Ein prächtiger, neuer Jugendklub war eben eröffnet worden, und die erste dort veranstaltete Dichterlesung sollte im Fernsehen übertragen werden. Aber die Menge rief bloß: „Ihr wollt uns ja nur von der Straße wegbekommen.“

„Hier sind wir schon am rechten Ort“, sagte ein Student und blickte vertrauensvoll zu Majakowski empor.

Ein hochaufgeschossener Dichter lief die Stufen am Fuß der Statue hinauf und versuchte zu rezitieren, aber die Drushinniki zogen ihn wieder herunter. Dann führten sie hintereinander zwei junge Männer ab, die heftig um sich schlugen; weibliche Drushinniki trippelten hinterher.

Das war für die meisten ein Signal, sich zu verflüchtigen. Nur etwa zwanzig blieben zurück und hörten dem hochaufgeschossenen Dichter zu, der nun ein langes Gedicht von Alexander Blok rezitierte und ein eigenes folgen ließ. Sobald er geendigt hatte, marschierte er mit seinen Freunden Arm in Arm zur Untergrundstation. Einige junge Leute gingen ihm nach, bedankten sich und schüttelten ihm die Hand.

Die Dichterlesungen auf dem Majakowski-Platz fanden mehr als zwei Jahre hindurch regelmäßig an Wochenenden und Feiertagen statt. Eine Zeit lang las ein Student Woche für Woche das selbe Gedicht vor. Es hieß „Das Manifest des Menschen“ und behandelte dessen Versklavung durch die Maschine. Schließlich wurde der Vorleser von den Drushinniki entfernt. Ein anderer Student nahm seinen Platz ein und rezitierte wiederum das selbe Gedicht, bis auch er entfernt wurde und durch ein Mädchen Ersatz fand, das gleichfalls arretiert wurde. Eine Woche später erschien es wieder auf dem Platz, nachdem es anscheinend die Behörde von seiner Harmlosigkeit überzeugt hatte. Seither hat es eine Reihe weiterer Zwischenfälle gegeben, und knapp vor meiner Ankunft in Moskau wurde eine Ansammlung mit mehr als dem üblichen Aufwand an Rohheit auseinander getrieben.

Daß solche Versammlungen überhaupt stattfinden können, bedeutet eine verblüffende poststalinistische Veränderung. Optimisten haben daraus Zuversicht geschöpft. Pessimisten sagen: „Es beeindruckt die Fremden, weiter nichts.“ Auf mich hat der Geist dieser jungen Leute tatsächlich tiefen Eindruck gemacht.

Die Polizei hätte solchen Versammlungen selbstverständlich zu jedem beliebigen Zeitpunkt für immer ein Ende setzen können. Daß statt dessen die Drushinniki auf den Platz geschickt wurden, war eine Geste in Richtung auf die Legalität. Offiziell behauptet man ja, daß niemand wegen seiner Meinung verfolgt werde und daß niemand die Staatsorgane zu fürchten brauche, außer wenn er das Gesetz bricht.

Des weiteren wird behauptet, daß der Kommunismus so nahe bevorstehe, daß die Staatsorgane ihre Funktionen bereits gemeinsam mit der Öffentlichkeit ausüben, welche somit über sich selbst Gewalt habe. Die Drushinniki verkörpern diese sich selbst bezwingende „Öffentlichkeit“. Wie abstoßend auch der Trick mit den Drushinniki und deren unter der Hand in Funktion tretende Brutalität sein mögen, die Stammgäste des Majakowski-Platzes zogen daraus den Vorteil, daß sie durch ihre Zusammenstöße mit den Drushinniki bloß in die Kategorie der „Hitzköpfe“ gerieten, während sie durch Widerstand gegen die Polizei unweigerlich zu „Kriminellen“ geworden wären.

Unterdessen mag das Problem insofern gelöst sein, als die Versammlungen auf dem Majakowski-Platz die jüngsten Attacken der „Komsomolskaja Prawda“ möglicherweise nicht überleben werden.

Zum erstenmal in seiner Geschichte hat das kommunistische Regime eine Generation vor sich, die nach den Maßstäben der Älteren als „normal“ gelten muß. In den mittleren Altersgruppen gibt es kaum Menschen, die von der Vergangenheit nicht gezeichnet worden wären; in ihrem Innern ist eine Feder gebrochen. Die Jungen hingegen haben keine eigenen Erinnerungen an die Schreckensherrschaft, noch irgendwelche Schuldgefühle, wirkliche oder eingebildete, was den berüchtigten „Kult der Persönlichkeit“ betrifft.

Die Maschinerie des Terrors wurde nicht demontiert, und ein gelegentlicher Druck auf den Knopf genügt, um die meisten Leute in Habtacht-Stellung zu halten. Doch würde es das Regime offensichtlich gern vermeiden, die Maschinerie wieder in vollen Betrieb zu nehmen. Dies befände man vermutlich für nötig, wenn es ernsthafte Anzeichen dafür gäbe, daß zwischen den jungen Intellektuellen und den Jungen Arbeitern so etwas wie ein Bündnis nach ungarischem Muster entstünde. Eben deswegen könnten die Versuche der jungen Dichter, ihre Werke, wie sie sagen, „auf die Straßen und Plätze zu tragen“, von der Regierung als eine Aktion klassifiziert werden, deren Tolerierung sie sich nicht leisten darf.

Auf anderen Gebieten werden die Schriftsteller und sonstigen Intellektuellen nun dazu ermuntert, die Grenzen der erlaubten Freiheiten auf dem Weg des Experimentes herauszufinden. Diese Grenzen sind viel weiter als ehemals, und möglicherweise will das Regime die Ergebnisse solchen Experimentierens abwarten, ehe es über den genauen Grenzverlauf entscheidet.

Einige junge Leute haben aus dieser Situation die Ermutigung gewonnen, auf „gefährlich“ zu spielen und jeweils am äußersten Ende der in Bewegung geratenen Grenzen zu manövrieren. Und einige der Älteren und Vorsichtigeren befinden sich am äußersten Ende ihrer Nervenkraft, weil diese Grenzen nicht mehr deutlich markiert sind.

„Du bist mutig“, hat man mir gesagt.
Ich bin es nicht.
Nie habe ich durch Übermaß an Mut gesündigt.
Es schien mir bloß unter meiner Würde
Herabzusteigen aufs Niveau der Feigheit
Gewisser meiner Schriftstellerkollegen.
Ich habe nicht versucht, die Welt zu verbessern,
Ich habe geschrieben
Und ...
Ich habe gewiß niemals Denunziationen verfaßt.
Alles Übertriebene macht mich lachen.
Desgleichen belustigt mich Heuchelei.
Ich habe versucht, mit lauter Stimme zu sagen, was ich denke.
Die Zeit wird kommen, da unsre Söhne schamerfüllt sich erinnern werden
Dieser seltsamen Tage, in denen die Ehrlichkeit,
Die einfachste Ehrlichkeit, als Mut bezeichnet wird.
Jewgenij Jewtuschenko
(„Politika“, Warschau, 9. Dezember 1961)

[*Siehe unseren Abdruck in diesem Heft, S. 359 ff.

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