FORVM, No. 181
Januar
1969

Prosit Proporz!

Hauptkriegsschauplatz ist die verstaatlichte Industrie, Nebenkriegsschauplätze sind Unternehmen wie die AUA oder die Austria-Wochenschau, an denen der Bund beteiligt ist. In kaum modernisiertem Louis-Quartorze-Stil bekennen sich die beiden großen Parteien zu einem unverblümten „L’état c’est moi“-Standpunkt: Eigentümer der verstaatlichten Unternehmen ist der österreichische Staat — was selbstverständlich ist —, und repräsentiert wird dieser Staat — was nicht so selbstverständlich ist! — von den im Nationalrat vertretenen Parteien.

Aber nicht um juristische Spitzfindigkeiten geht es beim Proporz, sondern primär um die Effizienz: Welche Vorteile und welche Nachteile hat dieses System für die Gestion des ihm unterworfenen Bereiches?

Naive Gemüter mögen hier nur an Vorstandsbezüge und Aufsichtsratstantiemen denken. Diese Beträge aber fallen noch am wenigsten ins Gewicht: Daß ein paar nur auf der Parteileiter in die Führungsspitze großer Unternehmen gelangte Nebbochanten das Fünffache dessen bekommen, was sie auf einem freien Stellenmarkt wert sind, wird mehr als ausgeglichen durch die im internationalen Vergleich höchst bescheidenen Bezüge jener Vorstandsmitglieder, die mit dem erforderlichen Parteibuch auch die für ihre Posten erst recht erforderlichen Fähigkeiten verbinden (und auf der Vorstandsebene sind die Nur-Parteimitglieder in der Minderzahl). Was aber die Besetzung der Aufsichtsräte mit politischen Pfründnern betrifft, ist es auch bei privaten Aktiengesellschaften vielfach so, daß die Aufsichtsratstantiemen Douceurs für Günstlinge sind. (Wie denn überhaupt in Österreich der Nepotismus kein Spezifikum der Verstaatlichten ist; der Unterschied liegt nur an der Art der benötigten Protektion.)

Die — schwer zu quantifizierenden — Kosten des Proporzsystems schlagen sich an ganz anderer Stelle der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zu Buch: unmittelbar, aber nicht so entscheidend im budgetären Nullsaldo der Verstaatlichung (insgesamt haben die von den florierenden Unternehmen an den Alleineigentümer Bund ausgeschütteten Dividenden gerade ausgereicht, die als Kapitalnachschüsse oder Darlehensstreichungen getarnten Verlustdeckungen aus Steuergeldern ungefähr auszugleichen); mittelbar und wirklich ins Gewicht fallend in Form der jetzt vielzitierten Strukturschwächen, die (je nach persönlichem Standpunkt) trotz oder wegen der Verstaatlichung weitestgehend auf den verstaatlichten Teil der österreichischen Industrie konzentriert sind.

Unmittelbar auf das Proporzsystem gehen diese Strukturschwächen nur zum Teil — wahrscheinlich sogar nur zum geringeren Teil — zurück; was eine nennenswerte Anzahl verstaatlichter Unternehmen in ihre mißliche Lage hineinmanövriert hat, war die zwei Jahrzehnte lang dauernde „Ideologisierung“ der Verstaatlichung in beiden großen Lagern:

Unter dem Titel „Gemeinwirtschaft“ bürdete die SPÖ diesen Unternehmen Erlösminderungen, lohn- und sozialpolitische Schrittmacherdienste und insbesondere den Verzicht auf rechtzeitige Betriebsstilllegungen und Entlassungen auf, und aus ideologischen Gründen trachtete die ÖVP das Ja zur Verstaatlichung, das sie in ihrer christlich-sozialen Anfangsphase 1946 ausgesprochen hatte, dadurch ungeschehen zu machen, daß sie diese Unternehmen finanziell auszuhungern, ihr Ausweichen in die Finalfertigung zu bremsen und jede konzernmäßige Führung zu verhindern verstand.

In dieser zwanzigjährigen Periode des ideologischen Krieges um die Verstaatlichten — ein Waffenstillstand wurde erst mit dem ÖIG-Gesetz geschlossen — fiel der personelle Proporz (der mit Ideologie wenig, um so mehr aber mit der Attraktivität des BSA und des ÖAAB als Postenvermittlungsstellen zu tun hat) nicht sonderlich auf. Auch könnte man rückblickend sagen, daß es ganz überwiegend die ohnehin notleidenden unter den Verstaatlichten waren, wo — linke oder rechte — Proporzidioten in den Vorstand verpflanzt wurden (in den Aufsichtsräten gibt es überall parteipolitisch verdiente Nasenbohrer, aber dort können sie wenig Schaden stiften), wogegen in die Vorstände der „guten“ Unternehmen auch „gute“ Leute entsandt wurden. Könnte aber der Kausalnexus nicht auch der umgekehrte sein: Daß bei den VÖEST oder bei den Stickstoffwerken erstklassige Manager viel zu deren günstiger Entwicklung beigesteuert, anderswo aber die zweit- und drittklassigen Parteibuch-„Fachleute“ ihr gerüttelt Maß beigetragen haben, diese Betriebe noch weiter herunterzuwirtschaften?

Für diese Annahme spricht, daß begreiflicherweie nur Manager, die kraft ihrer Tüchtigkeit auch ohne Parteibuch Karriere gemacht hätten, die für die Führung eines großen Unternehmens notwendige Nackensteife aufbringen. Wer um seinen Posten zittern muß, weil er genau weiß, daß er ohne das Wohlwollen der jeweiligen Parteiführung keinen annähernd gleichwertigen bekäme, wird sich wohlweislich hüten, allen jenen — vom Betriebsratsobmann über Gschaftelhuber in der jeweils zuständigen Zentralstelle bis zu Landeshauptleuten und Bürgermeistern —, die ihm vorschreiben wollen, was er zu tun und zu lassen hat, höflich, aber bestimmt die Tür zu weisen.

Die Nachteile des Proporzsystems sind in dieser — viel zu langen — „Justamentphase“ der Nationalisieung weniger aufgefallen, weil die verstaatlichte Industrie auch sonst der Spielball der Politik und daher mit einer einzigen Ausnahme nach jeder Wahl beim Austarieren der neuen Machtverhältnisse die Draufgabe für den Sieger war. Jetzt wurde aber mit der ÖIG-Lösung und insbesondere mit dem Bestreben, im Aufsichtsrat der neuen Holding alle Beschlüsse einstimnig zu fassen und auf das Dirimierungsrecht des Verkehrsministers zu verzichten, eine ganz neue Situation geschaffen:

Die Vertreter beider Parteien im ÖIG- Aufsichtsrat bemühen sich ernstlich, für die vielen schweren Probleme der verstaatlichten Industrie jeweils eine Lösung zu finden, die sich der sachlich richtigsten so weit nähert, wie dies politisch gerade noch tragbar erscheint. (Diese „geschwollene“ Formulierung wurde mit Absicht gewählt: Von der Neuregelung bei Elin bis zur Verwirklichung der Stahlgutachten hätte es auch ökonomisch bessere Lösungen als die getroffenen beziehungsweise geplanten gegeben, aber die „Technokraten“ im ÖIG-Aufsichtsrat sind Realisten, die genau wissen, daß jede einzelne Entscheidung ein gefährlicher Balanceakt zwischen dem eigentlich Richtigen und dem eben noch Zumutbaren ist.)

Da die Verwirklichung des Koren-Planes — trotz gedruckter Zwischenbilanz — noch in den Anfängen steckt, ist die schrittweise Neuordnung der verstaatlichten Industrie jener Bereich, wo die Österreichische Volkspartei beweisen kann, wie ernst es ihr mit dem lautstark verkündeten „neuen Stil der Sachlichkeit“ ist, und die Sozialistische Partei, ob das „Wirtschaftsprogramm für Österreich“ mehr ist als eine moderne Form des Wählerfanges. Daher mußte gerade auf diesem Exerzierfeld des Ideologieabbaues das neuerliche Hochspielen der Proporzfrage besonders unliebsam auffallen und der vorweihnachtliche Schacher als Rückfall in ein schon überwunden geglaubtes System erscheinen.

BSA wichtiger als Wähler?

In der SPÖ macht der gestrige Flügel kein Hehl aus seiner Befriedigung über das der ÖVP taktisch geschickt gestellte Haxl, und Dr. Kreiskys betont zur (Fernseh-)Schau getragener Optimismus hinsichtlich der Unglückslösung für Ranshofen konnte nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Initiative zur Verewigung des Verstaatlichtenproporzes nicht von ihm ausgegangen ist. Ob sich die SPÖ damit nicht ein Eigengoal geschossen hat, wird sich bei den nächsten Wahlen herausstellen: Die Zahl derer, die sich vom BSA in nunmehr wieder gesicherte Proporzposten katapultieren lassen können, ist nämlich sicher kleiner als die jener „Randwähler“, die der Proporz anwidert.

Freilich kann es auch so sein, daß noch viel mehr der ÖVP ihr „Umfaller“ angekreidet wird, wobei sich wieder einmal gerächt hat, daß es diese Partei nicht lassen kann, sich in ihrer Propaganda just dort stark zu machen, wo sie früher oder später zwangsläufig weich werden muß: daß die ÖVP für die Verlängerung der Marktordnungsgesetze jeden Preis zahlen würde, wußte jeder politische Taferlklaßler.

Trotzdem sollten wir uns vielleicht abgewöhnen, immer nur mit der Galle zu denken. Das Proporzsystem ist unstreitig nicht das wirtschaftlich beste Verfahren der Stellenbesetzung in der verstaatlichten Industrie, aber es ist immerhin nur das zweitschlechteste. Seit dem Wechsel der Regierungsform könnte man sich nämlich theoretisch auch die Anwendung des anglo-amerikanischen Prinzips vorstellen, daß die Beute dem Sieger gehöre.

Daß die ÖVP bei Übernahme der Alleinregierung davon wohlweislich die Finger gelassen hat, war gewiß nicht ausschließlich der Ausdruck staatspolitischen Weitblicks, denn mit den Betriebsräten in einigen großen verstaatlichten Betrieben ist nicht gut Kirschen essen. Jedenfalls konnte sich in der ÖVP Dr. Taus mit seiner Grundthese durchsetzen, daß die tiefgreifenden Reorganisationsmaßnahmen im verstaatlichten Bereich — wie sehr immer ihre ökonomische Notwendigkeit außer Zweifel stehen möge — nur mit der Schützenhilfe des ÖGB oder aber überhaupt nicht durchführbar sind. (Dazu kommt natürlich noch, daß man es mit der systematischen Ausmerzung der „roten“ Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder den Arbeitnehmervertretungen politisch unmöglich gemacht hätte, den Kontakt zwischen den Sozialpartnern zu einer durchaus leistungsfähigen Ersatzkoalition auszubauen; und um der ÖVP die Alleinregierung zur Hölle zu machen, hätten auch ohne systematische Streikaktionen übermäßige Lohnforderungen vollauf genügt.)

Der Entschluß, den guten alten Proporz, obwohl ein Kind der Koalitionsära, auch in der Alleinregierung grundsätzlich nicht anzutasten, mußte der ÖVP um so leichter fallen, als an dem Proporzsystem der ÖAAB im selben Maße interessiert ist wie der BSA; oder vielleicht sogar noch um eine Spur mehr, denn bei den ÖVP-Nominierungen sind die notorischen Nieten eher stärker und die erstklassigen Topmanager eher schwächer vertreten.

Das bedeutet natürlich nicht, daß es im „bürgerlichen“ Lager weniger geeignete Leute gibt: Die Spitzenkräfte haben es hier bloß leichter, erstklassige Posten in der Privatindustrie zu bekommen (die zwar nicht auf das Parteibuch zu schauen, aber CV-Konnexionen u.dgl. zu honorieren pflegt), so daß für Posten in der verstaatlichten Industrie häufig nur die zweite Wahl zur Verfügung steht. Umgekehrt konnten und können sich strebsame junge Leute, denen jede Ideologie herzlich einerlei ist, aber auch politisch heimatlos Gewordene von früher an den Fingern ausrechnen, daß über den BSA schneller Karriere zu machen ist, weil es diesem angesichts des geringen Anteils von Arbeitersöhnen unter den Hochschulabsolventen an autochthonem Nachwuchs mangelt.

Die Preisgabe des Proporzes hätte die ÖVP, wenn überhaupt, politisch nur über die Hürden bringen können, wenn an seine Stelle eine streng sachliche Auswahl nach der Tüchtigkeit getreten wäre, und das wie die Pest zu fürchten hat der ÖAAB zumindest ebensoviel Grund wie die Akademikerbörse Waldbrunners. Die Konstellation war und ist also einfach die, daß nach 1966 die ÖVP-Regierung weder wagen konnte, alle Posten in der verstaatlichten Industrie mit ihren Günstlingen zu besetzen, noch die Günstlingswirtschaft überhaupt abzuschaffen; die grundsätzliche Aufrechterhaltung des Proporzes ist daher nie ernstlich in Frage gestanden.

Ist demnach kein „Westfälischer Friede“ zu erhoffen, der die Manager im verstaatlichten Bereich vom heutigen Bekenntniszwang befreit?

Das Problem liegt nicht so sehr darin, daß man sich, um für einen bestimmten Posten überhaupt in Betracht zu kommen, entgegen Artikel 2 des Staatsgrundgesetzes — „Vor dem Gesetz sind alle Staatsbürger gleich“ — und Artikel 14 — „Die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit ist jedermann gewährleistet“ — zu einer bestimmten politischen Partei bekennen muß: Praktisch bedeutet das nur, daß für den Antritt eines Vorstands- oder Aufsichtsratspostens in einem verstaatlichten oder sonstwie vom Staat beherrschten Unternehmen die Lösung des entsprechenden Parteibuches ebenso Bedingung ist wie etwa für die Aufstellung eines Würstelstandes die Lösung des entsprechenden Gewerbescheines. Der Vernunft widerspricht das eine nicht mehr als das andere, und wenn die Parteien so sehr darauf erpicht sind, die Gesinnung zu einem Handelsobjekt zu machen, ist das ihre Sache.

Das Problem ist vielmehr vorrangig ein anderes: daß es an Stelle eines „globalen“ Proporzes einen höchst speziellen gibt. Darüber, daß in der verstaatlichten Industrie die Verteilung der Schlüsselstellen insgesamt etwa so erfolgen sollte, daß personell keine Partei einen über ihr demokratisches Gewicht hinausgehenden Einfluß hat, könnte man noch reden (und wird man nolens volens so lange reden müssen, wie der Umstand, daß diese Unternehmen verstaatlicht sind, schwerer wiegt als die Tatsache, daß sie industrielle Unternehmen sind). Was das Proporzsystem fragwürdig macht, ist vielmehr, daß man sich darauf kapriziert, es erstens auf jedes einzelne Unternehmen und zweitens sogar auf jeden einzelnen Posten anzuwenden: Ist der Vorstandsvorsitzende ein Schwarzer, muß der Aufsichtsratsvorsitzende ein Roter sein, und steht im Betrieb X der Posten des technischen Direktors den Sozialisten zu, muß er notfalls auch mit einem Mann besetzt werden, der als Personaldirektor viel besser geeignet wäre, diesen Posten, weil eine ÖVP-Domäne, aber nie einnehmen kann.

Auf der Vorstandsebene sind die Schwächen des strikten und „speziellen“ Proporzes so offensichtlich geworden, daß schon in den Zeiten der IBV (der Rechtsform-Großmutter der jetzigen ÖIG) mit einer vorsichtigen Lockerung begonnen wurde, beispielsweise in der Form, daß man es bei einigen bresthaften Unternehmen, bei denen ohnehin um Vorstandsposten kein „Griß“ war, mit einem einzigen Direktor hat bewenden lassen. Die bei der Schaffung der ÖIG getroffene Lösung ging einen Schritt weiter: Vorstandsposten können — zumindest theoretisch — „frei“ besetzt werden; dafür, daß der „globale“ Proporz weiterhin eingehalten wird, sorgt auf dem Papier nur noch die erforderliche qualifizierte Mehrheit für die jetzt im ÖIG-Aufsichtsrat zu treffenden Besetzungsbeschlüsse. (Für die Vorstandsposten; hinsichtlich der Aufsichtsräte war alles beim alten geblieben, aber außer dem Vorsitzenden und eventuell noch seinem Stellvertreter brauchen Mitglieder des Aufsichtsrates neben der Hand nicht auch noch den Mund aufzumachen.)

Diese Lösung scheint einerseits eine ausreichende Garantie dafür zu bieten, daß nicht ein ÖVP-Protektionskind einen tüchtigen SPÖ-Kandidaten überrunden kann, anderseits aber auch die wünschenswerte Flexibilität aufzuweisen: Bei einigem guten Willen (und diesen gibt es erstmals seit zwanzig Jahren auf beiden Seiten) könnte sich das Auswahlverfahren so abspielen, daß heute die von der SPÖ nominierten ÖIG-Aufsichtsräte die Besetzung eines vakant gewordenen „roten“ Vorstandssessels mit einem geeigneten Mann auch dann nicht verhindern, wenn dieser der ÖVP nahesteht, und daß dafür morgen die ÖVP-Fraktion im ÖIG-Aufsichtsrat einem fachlich qualifizierten „Roten“ ihre Stimmen gibt, selbst wenn der betreffende Posten bisher eine „schwarze“ Planstelle war. Und vielleicht wäre man, wenn sich dieses System hätte einspielen dürfen, irgendwann in weiter Ferne sogar zu dem völlig unösterreichischen Idealzustand gekommen, daß bei einer Neubesetzung überhaupt nicht mehr nach der Couleur und nur noch nach der Eignung gefragt worden wäre.

Die Aussicht, daß so etwas eintreten könnte (und diese Aussicht hatte eine Zeitlang durchaus bestanden!), mußte in beiden Parteien als alarmierend empfunden werden, und von Mal zu Mal wurde bei angeblich „freien“ Vorstandsbesetzungen der Druck der Parteien, der Bünde, der Länder usw. stärker. Zähneknirschend mußte der ÖIG-Aufsichtsrat die Verträge von Vorstandsmitgliedern verlängern, die zur Inkarnation der Reformscheu geworden waren, und neue Verträge mit drittbesten, aber politisch genehmen Aspiranten abschließen; vollends gescheitert ist schließlich die ÖIG mit der Absicht, freigewordene Vorstandsposten — insbesondere im Stahlbereich — unbesetzt zu lassen, damit eine Fusion nicht noch zuallerletzt durch überschüssig gewordene Direktoren vereitelt wird.

Warum dennoch jene ÖIG-Aufsichtsratsmitglieder, die bei einem ÖVP-„Umfaller“ in der Proporzfrage ganz offen mit ihrem Rücktritt gedroht hatten, diese Drohung dann doch nicht wahrgemacht haben? Vielleicht aus der bitteren Erkenntnis heraus, daß in Österreich auch der spektakulärste Rücktritt die öffentliche Meinung höchstens zwei Tage lang beschäftigt; vielleicht aus der Befürchtung, daß die Parteisekretariate die gute Gelegenheit nützen würden, bequem zu manipulierende Marionetten nachrücken zu lassen. Oder vielleicht in der wenig tröstlichen Erwartung, daß sich im Zuge der beabsichtigten Neuordnung der verstaatlichten Industrie noch viel triftigere Anlässe für einen demonstrativen Rücktritt ergeben könnten.

Das aber bringt den leidigen Proporz wieder in die richtige Dimension: Um die Zukunft der verstaatlichten Unternehmen und mittelbar um das Schicksal der Regionen, die mit solchen Unternehmen auf Gedeih und Verderb verbunden sind, brauchte uns weniger bang zu sein, wenn im Verstaatlichungsbereich die Besetzung der Aufsichtsrats- oder selbst der Vorstandsposten das einzige wäre, wo die sachlich richtige Lösung an politischen Hindernissen scheitert.

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