ZOOM 3/1997
Juni
1997

Publizistikförderung: Beschwerde und Klage

Mitte April wurde im Hauptaus­schuß des Parla­ments der Bericht der Bundesregierung zur Pu­blizistikförderung 1996 (siehe ZOOM 7/96) gegen die Stim­men der drei Oppositionspar­teien zur Kenntnis genommen. Dabei soll es, wie Anwesende berichten, recht lustig zuge­gangen sein. Der in Vertretung des Kanzlers anwesende Staats­sekretär Wittmann gestand — ungeschickt, wie es so seine Art ist — die Erpressung der ÖVP im Ministerrat offen ein. Ver­dutzt mußte er sich von Volker Kier belehren lassen, daß es sich hierbei um einen straf­rechtlichen Tatbestand handelt. Der liberale Abgeordnete be­zeichnete es als „unerträglich, wenn die ÖVP, verkörpert durch Klubobmann Khol, die Publizistikförderung als Selbst­therapie verwendet.“ Die Grü­nen forderten eine rückwir­kende Auszahlung der Förde­rung für die rechtswidrig ab­gelehnten Zeitschriften Alter­native, akin und ZOOM.

Da die drei Zeitschriften es ebenfalls unerträglich finden, Andreas Khol weiterhin als Couch zu dienen, haben sie beim Verfassungsgerichts­hof (VfGH) Beschwerde nach Artikel 144 und Klage nach Ar­tikel 137 Bundes-Verfassungs­gesetz eingebracht. Diese grün­den sich auf die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art 7 B-VG) und fehlenden Rechts­schutz bei Vorliegen einer Ver­letzung der Pressefreiheit (Art 10 und 13 EMRK).

Die Möglichkeit der Be­schwerde ergab sich, nachdem der VfGH jüngst der FPÖ trotz Fristversäumnis 30 Millionen Schilling Wahlkampfkosten­rückerstattung zugestanden hat­te. In dem Erkenntnis wertet der VfGH ein einfaches Schreiben des Bundeskanzleramtes als Be­scheid. Analog dazu sind daher auch die Schreiben des Bundes­kanzleramtes, mit denen dieses die drei Zeitschriften über die Nichtzuerkennung der Publizi­stikförderung informierte, als Be­scheid zu werten. Und erst ein solcher eröffnet den Weg zu ei­ner Beschwerde beim Höchst­gericht. (Die recht diffizile juri­stische Argumentation ist in ex­tenso bei Maria Windhager: Wer Recht hat, soll Recht bekom­men, in: Juridikum 2/97 nach­zulesen.)

Die akin durfte übrigens un­längst Andreas Khol in ihren Re­daktionsräumlichkeiten be­grüßen. Auch der VP-Klubobmann wollte sich die Premiere des neuen Kabarettprogramms jener „linksanarchistischen Ver­einigung“ (Richard Weihs und Claus Tieber) nicht entgehen las­sen, für die geworben zu haben er in seiner parlamentarischen Anfrage zur Publizistikförde­rung der Alternative zum Vor­wurf gemacht hatte. Willkom­men im Netzwerk!

Eine Nachricht, ein Kommentar?
Vorgeschaltete Moderation

Dieses Forum ist moderiert. Ihr Beitrag erscheint erst nach Freischaltung durch einen Administrator der Website.

Wer sind Sie?
Ihr Beitrag

Um einen Absatz einzufügen, lassen Sie einfach eine Zeile frei.

Hyperlink

(Wenn sich Ihr Beitrag auf einen Artikel im Internet oder auf eine Seite mit Zusatzinformationen bezieht, geben Sie hier bitte den Titel der Seite und ihre Adresse bzw. URL an.)