FORVM, No. 329/330
Mai
1981

Jugendwünsche erfüllen

Vorschläge des SP-Polizeiministers

Sonntag, 1. März 1981, fanden die ersten Wiener „Zürcher“ Jugendkrawalle statt. Donnerstag, 5. März 1981, fand eine außerordentliche Konferenz der Wiener SPÖ statt mit dem Thema: Jugendpolitik. Zum letztenmal darüber diskutiert hatte vor 30 Jahren ein Gesamtparteitag der SPÖ. ‒ Diesmal beschloß man Knall und Fall gleich ein halbes Dutzend jahrelang verschleppter Projekte für selbstverwaltete Jugendheime und ähnlich Schönes. Es referierte Erwin Lanc, sozialdemokratischer Innen- und damit auch Polizeiminister. Seine eindeutige Ablehnung polizeilicher Lösungen verdient die volle Dokumentation.

G.N.
„Kampf dem bürgerl. System“:
Wiener Jugenddemo, 7. März

Was ich sage, ist meine persönliche Meinung und nicht die der Wiener Partei oder die des Innenministers der Republik. Wie ich es sage, ist vielleicht nicht die herkömmliche Form auf Wiener Konferenzen.

Die Medien ‒ vielleicht ohne es zu wollen ‒ berichten in erster Linie über Randgruppen der Jugend. Denn diese agieren spektakulärer. Der vergangene Sonntag ist ein Beispiel dafür. Ich rede heute daher nicht über die Probleme von und mit etwa 400 Jugendlichen, sondern über die der übrigen Viertelmillion. Rücksichtnahme auf Minderheiten ist ebenso demokratischer Bestandteil wie die Entscheidungen durch die Mehrheit ‒ das kann aber nicht bedeuten, daß der Schwanz mit dem Hund wedelt.

30 Jahre sind vergangen, seit auf dem Parteitag 1951 das Thema „Jugend und Gesellschaft“ diskutiert und in Referaten der unvergeßlichen Genossen Waldbrunner und Strasser eingeleitet wurde. Unmittelbarer Anlaß war das große internationale sozialistische Jugendlager 1952 im Hörndlwald; ebenso wie die heutige Wiener Konferenz Vorläufer des IUSY-Camps im Juni 1981 in Wien ist.

In den drei Jahrzehnten seither hat sich die Jugend unterschiedlich entwickelt. Das gilt auch für unsere Jugendorganisationen. Bis zum Ende der sechziger Jahre gab es eine weitgehend integrierte, aufstiegsorientierte Jugend, die die in der Nachkriegszeit wiedergewonnenen Konsummöglichkeiten schätzen lernte. Dann kam die sogenannte Studentenrevolution, die sich auf die „Frankfurter Schule“ berief; mit kritischer Distanz zur Sozialdemokratie bis hin zur völligen Ablehnung des parlamentarischen Kräftespiels. Jugendorganisationen mit einer Nabelschnur zu einer Partei, auch zur sozialistischen Partei, hatten es damals besonders schwer.

Erst in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre wurden unsere Jugendorganisationen wieder organisatorisch stärker; und bei aller Kritik auch parteiverbundener.

Das ist aber kein Maßstab für die Situation der österreichischen Jugend am Beginn der achtziger Jahre. Die meisten dieser jungen Menschen, Schüler und Lehrlinge, leben im „Privatghetto“. Eine Minderheit tritt massiv bis aggressiv kritisch auf, mißtraut den überkommenen demokratischen Institutionen der „funktionierenden Welt der Erwachsenen“ und provoziert; sonst nehmen ja die Medien keine Notiz von ihnen. Der stillen Mehrheit wie der scheinbar rebellischen Jugend gemeinsam ist ein nur punktuelles Interesse an politischen Fragen; beide wissen mit vorgefertigten Gesellschaftssystemen nichts anzufangen.

Wie sieht diese Welt der Erwachsenen aus, wie wird sie von den Jungen gesehen ? Und wie sehen wir dabei aus? Wir beschäftigen uns mit der Jugend und ihren Problemen offenkundig erst dann, wenn es Konflikte gibt. Selbst wir, die traditionell Jugendfragen gegenüber aufgeschlossenen Wiener Sozialisten, reden ja heute mit unseren Jungen auch erst, weil sie im Vorjahr eine solche Aussprache gefordert hatten.

Mit dem Satz „... daß wir mit euch überhaupt reden, ist eine große Ausnahme“ begann ein Zürcher Jugendlicher ein Spiegel-Gespräch. Das ist typisch. In vielen westeuropäischen Ländern scheint der Gesprächsfaden gerissen zu sein. Daraus ergibt sich für mich die

1. These:

Das gegenseitige Verhalten zwischen Jugend und Gesellschaft hängt von der Gesprächsfähigkeit und -willigkeit beider Seiten ab. Da es sich um ein Gespräch der machtausübenden Mehrheit der Erwachsenen mit der Minderheit der Jugend handelt, kommt der Gesprächsbereitschaft der Erwachsenen und dem dafür gewählten Zeitpunkt eine zwar nicht allein ausschlaggebende, aber doch dominierende Rolle zu. Oder: Zu spät gesprochen ist zu früh gebrochen.

Das klingt sehr banal. Das sind doch einfach Grundregeln für die Beziehungen zwischen Menschen. Aber keine Staatsform war jemals so auf die Beachtung dieser Grundregeln angewiesen wie die Demokratie unserer Zeit.

Anläßlich der Staatsvertragsfeiern haben wir im Vorjahr gehört, was alles am „Österreichischen Wunder“ schuld ist. Niemand soll da seiner Verdienste beraubt werden. Aber Voraussetzung für alles war nicht nur die Zusammenarbeit der demokratischen Parteien, sondern ihr hoher Organisationsgrad und ihre doch beachtliche Fähigkeit, mehrere Generationen von Jugendlichen nach 1945 zu integrieren. Diese Integrationsfähigkeit war ungleich größer als in allen anderen westeuropäischen Demokratien. Sie muß erhalten werden.

2. These:

Nur offene (nicht standpunktlose) und gesprächsbereite Massenparteien können jene Vielzahl von menschlichen Kontaktformen herstellen, die eine Entfremdung der Jugend gegenüber unseren demokratischen Institutionen verhindert.

Kaderparteien mit selbsternannten Führungseliten schaffen das schon rein arbeitsökonomisch nicht. Diesbezügliche Vorschläge meines geschätzten Freundes Dr. Norbert Leser werden daher auch dadurch nicht besser, daß er sie alle zehn Jahre von neuem macht.

Die Jugenddiskussion 1951 stand inhaltlich im Zeichen der Not der Jugend nach dem Krieg und der Besatzung ‒ einer materiellen, seelischen und politischen Not. Der Satz des Genossen Waldbrunner, „Die Wiedergutmachung, die wir der Jugend schuldig sind, ist die dringendste Wiedergutmachung, die wir nach dem Kriege zu erfüllen haben“, überzeugt auch heute noch. Aber diese Zeit, diese Probleme sind vorbei.

Anders verhält es sich mit einem von Peter Strasser 1951 geäußerten Gedanken. Er sagte damals: „Wir sollen es uns nicht immer zu einfach machen und alles, was wir an der jungen Generation mit Recht kritisieren und mit Recht anders wünschen, nur auf den Krieg und nur auf den Faschismus zurückführen. Wir müssen sehen, daß heute die Lage unseres Kontinents, die Zerrissenheit und die Ohnmacht unseres Kontinents, die neu ist auch für die alte Generation, daß diese Zerrissenheit und Ohnmacht unseres Kontinents auf die Jugend und auf die gesamte politische Entwicklung in Europa einen lähmenden Einfluß genommen hat und daß die Wurzel der Krise in der Lösung dieses Problems liegt.

Diese Worte haben, sieht man vom wiedererlangten wirtschaftlichen Stellenwert Europas ab, auch heute noch Gültigkeit. Die europäische und damit auch die österreichische Jugend lebt ‒ wie wir alle ‒ in einer Gesellschaft der Ohnmacht, mit vollem Bauch. Die politischen Sprechblasen platzen in Washington und Moskau. Nicht das vereinigte Europa, sondern das Europa wirtschaftlicher Vertragssysteme ist geworden. Die Supermächte halten sich in Europa ihre Militärdependancen, daneben gibt es noch ein paar neutrale Schrebergärten.

Wir haben uns auch einen ergattert und wir wissen das gutgedeihende Spalierobst zu schätzen. Wir haben ja vorher von wurmigen Erbsen gelebt.

Woher nehmen wir dann aber den Mut, unserer Jugend ihren Rückzug ins Privatleben, ihr nur sporadisches, zu sehr ich-bezogenes Engagement vorzuwerfen?

3. These:

Die Jugend ist Teil der Gesellschaft. In ihr spiegelt sich diese, höchstens in der Dimension verzerrt, wider. Die Stützen der Gesellschaft erschrecken vor ihren Zerrbildern. Ihre Neigung ist daher groß, den Spiegel zu zerschlagen, statt zu schauen, was sich da spiegelt.

Peter Strasser sprach von der Nachkriegsjugend als einer Generation, die sich mit der neuen Demokratie schwertut, der zum Teil sogar die Geborgenheit des totalitären Staates abgeht. Die Jugend von heute schätzt durchaus die soziale Geborgenheit unserer stabilisierten Demokratie. Sie fürchtet zum Teil sogar ihren Verlust; aber sie identifiziert sich nicht voll mit den demokratischen Institutionen und ‒ sie hat Zukunftsangst.

38 Prozent der österreichischen Jugend meinte im vergangenen Herbst, die Politik nehme zu wenig Rücksicht auf sie. Demgegenüber sind immerhin 46 Prozent dieser 15- bis 20jährigen der Meinung, daß für sie getan wird, was möglich ist. Nur 16 Prozent haben dazu keine Meinung.

Die Wiener Jugend ist da allerdings wesentlich kritischer: 45 Prozent meinen, es werde zu wenig Rücksicht auf sie genommen, nur 41 Prozent glauben, es werde für sie getan, was möglich ist.

Die Tatsache, daß die Wahl von Jugendsprechern auf Gemeinde- und Bezirksebene von 57 Prozent 15- bis 20jähriger Österreicher, in Wien sogar von 67 Prozent begrüßt werden würde, spricht nicht gerade für eine prinzipielle Ablehnung unserer Demokratie. Man hält sie für adaptionsfähig. Mehr noch: im eigenen Lebensbereich will die Jugend mehr direkten Einfluß. Was hindert uns eigentlich daran, diesen Wunsch zu erfüllen? Prüfen wir das. Schließlich haben wir ja auch Jugendvertrauenspersonen in den Betrieben durchgesetzt.

35 Prozent der im vergangenen Herbst befragten österreichischen Jugendlichen glauben, daß sich die Sozialisten stärker für ihre Anliegen einsetzen. Nur 14 Prozent glauben das von der ÖVP. In Wien ist dieses Verhältnis noch krasser: 50 Prozent attestieren der SPÖ Einsatz für ihre Anliegen, nur 5 Prozent der ÖVP.

Demgegenüber trauen nur 10 Prozent keiner Partei zu, sie zu vertreten. Allerdings machen in Österreich 40 Prozent, in Wien 31 Prozent der jungen Menschen dazu keine Aussage.

4. These:

Ein Großteil der österreichischen Jugend steht zur politischen Ordnung in unserem Land, will aber mehr Mitsprache; auch die, die nicht wissen, ob ihre Interessen von einer der bestehenden Parteien vertreten werden.

Die Stadtjugend ist an einer Beteiligung an Entscheidungsprozessen ‒ Städteplanung, Wohnbau-, Familien-, Schul- und Ausbildungspolitik — besonders interessiert. Sie ist ja auch vom kommunalen Entscheidungsprozeß weiter entfernt als die Jugend in der kleinen Gemeinde. Sie ist aber auch kritischer, weil sie zu einem geringeren Teil im Berufsleben steht. 3 von 5 Wienern zwischen 15 und 20 Jahren sind Schüler oder Studenten, nur 2 sind Lehrlinge oder berufstätig.

In Tirol und Vorarlberg ist das Verhältnis fast umgekehrt. Idealvorstellungen gedeihen offenbar in der Abgeschiedenheit von Schule und Universität leichter als im Betrieb.

Zur Zukunftsangst der Jugend: 9 von 10 berufstätigen Jugendlichen halten ihren Arbeitsplatz für völlig oder für einigermaßen sicher, aber 4 von 10 Studenten befürchten, nach Abschluß ihres Studiums keinen angemessenen Arbeitsplatz zu erhalten. Bezogen auf alle Österreicher glauben allerdings nur 9 Prozent unserer 15- bis 20jährigen, daß deren Arbeitsplätze völlig sicher sind. Für „einigermaßen sicher“ werden sie von 73 Prozent gehalten, immerhin 16 Prozent halten sie für gefährdet.

Wesentlich pessimistischer wird die Arbeitsplatzeinschätzung allerdings dann, wenn es um die Einschätzung ihrer eigenen künftigen Arbeitsplatzsicherheit geht. Da halten nur 8 Prozent ihren künftigen Arbeitsplatz für völlig sicher, 61 Prozent für „einigermaßen gesichert“, aber bereits 28 Prozent für gefährdet.

5. These:

Die aus ihrer größeren Lebenserwartung heraus zwangsläufig stärker zukunftsorientierte Jugend hat, weit über ihre persönliche Erfahrung hinaus, Zukunftsangst. Immerhin fürchten 78 Prozent mehr oder weniger eine Jugendarbeitslosigkeit, 46 Prozent einen wirtschaftlichen Zusammenbruch und 58 Prozent, in Wien sogar 64 Prozent den Terrorismus. Die Atomfurcht ist kaum größer.

Die Furcht vor Linksextremismus (35%) und Neonazismus (20%) ist demgegenüber in der österreichischen Jugend wesentlich geringer, in der Wiener Jugend liegt sie allerdings wesentlich über dem österreichischen Durchschnitt.

Jugendlicher Zukunftspessimismus wird auch noch aus einer anderen Quelle gespeist: Die Berufsziele der Jungen liegen weit über dem Niveau, das ‒ nach eigener Einschätzung ‒ ihre Vätergeneration erlangt hat. Sie haben daher Angst, die ersehnten Ziele nicht erreichen zu können.

Da nur 15 Prozent der Jugend häufig, 46 Prozent selten und 39 Prozent nie politische Gespräche im Elternhaus gehört haben und andere Informationsquellen, nicht ganz zu Unrecht, von ihr vorsichtig beurteilt werden, sind ihre Ängste das Produkt von zu hohen Erwartungen und zu wenig Information. Bei dieser Gelegenheit muß besonders zu denken geben, daß Kinder aus Arbeiterfamilien zu Hause am wenigsten über Politik hören.

Mehr als die Hälfte der Jugendlichen fühlt sich der politischen Mitte zugehörig. Über ein Viertel bezeichnet sich als rechts- und nur 15 Prozent als linksstehend. Über ein Viertel der in der politischen Mitte oder rechts stehenden Jugendlichen kommt aus Elternhäusern, die dem politischen Lager der SPÖ zuzurechnen sind. 35 Prozent der sich als Linke einschätzenden Jugendlichen kommen dagegen aus nichtsozialistischen Elternhäusern.

Da ist wohl einiges in Bewegung zwischen den traditionellen politischen Lagern, aber auch in der politischen Begriffswelt „Links ‒ Mitte ‒ Rechts“. Beispielsweise unterscheiden sich die Meinungen der Linken und der Rechten in der Jugend zur Frage, ob derzeit die Politik genügend Rücksicht auf sie nimmt, nur geringfügig. Ganze zwei Prozent der Jugend fühlen sich der Alternativbewegung zugehörig, verbunden mit einer starken Skepsis gegenüber den Parteien. Nicht als Ersatz, aber als notwendige Ergänzung werden hingegen die Alternativbewegungen von der überwiegenden Mehrheit der Jugendlichen angesehen. Mit der Alternativbewegung verbindet sie z.B. die Angst vor unnatürlicher Ernährung, vor Übertechnisierung bzw. das Eintreten für strengere Umweltschutzbestimmungen.

Protest im Einkaufszentrum, Fußgängerzone Kärntner Straße:
Wiener Jugenddemo, 7. März

6. These:

Die Berücksichtigung der Alternativbewegung in der Jugendpolitik ist besonders in Großstädten eine politische Notwendigkeit. Das entbindet die sozialistische Partei aber nicht von der Verpflichtung zu sagen, daß die Sozialdemokratie lange vor allen anderen ‒ vor allem in der Kommunalpolitik des roten Wien ‒ „Grüne Politik“ verwirklicht hat und daß „Grüne Politik“ nicht Vorwand für die Aufrechterhaltung von Privilegien sozialer Oberschichten sein kann.

3 von 4, in Wien 4 von 5 Jugendlichen sind der Auffassung, daß in unserer Gesellschaft „Die oben“’ kommandieren und „Die unten“ gehorchen.

3 von 5 Jugendlichen bejahen die Existenz von Klassengegensätzen, und noch etwas mehr sind der Ansicht, daß unsere Gesellschaft in Interessengruppen zersplittert ist, die nur auf ihren Vorteil bedacht sind. Andererseits stört sie das aber wenig. Denn 73 Prozent, in Wien sogar 79 Prozent wollen die Gegensätze zwischen Arbeitnehmern und Unternehmern durch Sozialpartnerschaft friedlich ausgetragen sehen. Wenn das kein Spiegelbild der Erwachsenenwelt ist ...

Die miserable Wertung von Politikern und Beamten rundet diesen Eindruck ab.

Schon aus der 1978 erschienenen Studie von Rosenmayr und Eder geht eine überraschend hohe Übereinstimmung der politischen und sozialen Verhaltensweisen zwischen der Jugend und der Erwachsenengeneration hervor. Zunehmende Spannungen zwischen den Generationen unserer Gesellschaft werden eher darauf zurückgeführt, daß mehr junge Leute länger in irgendeiner Form zur Schule gehen als früher, daß junge Erwachsene wirtschaftlich und gesellschaftlich künstlich in einer unmündigen Schein-Jugend-Situation gehalten werden und daß die Prägung unserer Jugend durch die Familie abnimmt.

Die größte Auffassungsdifferenz ergibt sich bei den nicht materiellen Wertvorstellungen, man könnte auch vereinfacht sagen, in Fragen der gesellschaftlichen und politischen Moral.

In unserer Gesellschaft selten vertretene Anschauungen werden, um entsprechende Aufmerksamkeit zu erregen, radikal vorgetragen. Häufig vertretene Ansichten werden hingegen ohnehin durch das bestehende Instrumentarium unserer Demokratie umgesetzt. Radikal vorgetragene Minderheitsansichten stoßen aber nicht nur vom Inhalt, sondern auch von der Art ihrer Vertretung her auf Ablehnung der Mehrheit. In diesem Teufelskreis bewegen sich heute viele rein inhaltlich durchaus diskutable Anliegen der Jugend ‒ national und noch mehr international.

Da Jugendprobleme Gesellschaftsprobleme sind, müssen sie inhaltlich und nicht formal gelöst werden. Sie müssen von den Menschen, die diese Gesellschaft bilden, gelöst werden. Sie können nicht an staatliche Einrichtungen, an Beamte delegiert werden.

Ihre Lösung muß von der Politik ausgehen, nicht von der Verwaltung. Je konfliktfreier die Form der Auseinandersetzung, um so größer die Chance des Erkennens, worum es wirklich geht, desto größer die Chance, im Gespräch miteinander nach Lösungen zu suchen.

Löst sich die Demokratie nicht selber auf durch eine gewisse Unersättlichkeit in der Freiheit? (...) Sind wir überhaupt schon so weit, daß sich die Jüngeren den Älteren gleichstellen, ja gegen sie auftreten in Wort und Tat, die Alten aber setzen sich unter die Jungen und suchen sich ihnen gefällig zu machen, indem sie ihre Albernheiten und Ungehörigkeiten übersehen oder gar daran teilnehmen, damit sie ja nicht den Anschein erwecken, als seien sie Spielverderber oder auf Autorität versessen. Auf diese Weise wird die Seele und die Widerstandskraft aller Jungen allmählich mürbe. Sie werden aufsässig und können es schließlich nicht mehr ertragen, wenn man nur ein klein wenig Unterordnung von ihnen verlangt. Am Ende verachten sie dann auch die Gesetze, weil sie niemand und nichts mehr über sich anerkennen wollen. Und das ist der schöne, jugendfrohe Anfang der Tyrannei.

(Platon: Politeia)

Wir Älteren sind heute nicht unter den Jungen, um uns ihnen gefällig zu machen, sondern um mit ihnen zu reden.

Wir wollen uns gegenseitig unsere Standpunkte offen sagen; mit dem Willen zur gemeinsamen Lösung, aber nicht um den Preis der Verleugnung dessen, was wir uns zum Teil selbst erst in bitterer Erfahrung erwerben mußten.

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